Titel
Busch
,
1)
Hermann von dem (Hermannus Buschius
Pasiphilus), Humanist, geb. 1468 auf Sassenburg in
Westfalen
[* 2] aus ritterlichem
Geschlecht, widmete sich früh unter
Rudolf v.
Langen in
Münster
[* 3] und
Alexander
Hegius in
Deventer dem
Studium der
Wissenschaften,
hielt sich 1486-91 mit
Langen in
Italien
[* 4] auf, wo er sich eine gediegene Kenntnis und eine große Gewandtheit
im
Gebrauch der lateinischen
Sprache
[* 5] aneignete, studierte dann noch in
Paris
[* 6] und
Köln
[* 7] und durchzog darauf mehrere Jahre lang
die
Städte und
Universitäten Norddeutschlands als humanistische Wanderlehrer, indem er mit
Begeisterung das klassische
Altertum pries und die Anhänger der alten
Schule bekämpfte. In
Leipzig
[* 8] hielt er sich 1503-1507 auf und ging 1508 nach
Köln,
wo er mit den
Dominikanern und ihrem
Haupt Ortuinus
Gratius in heftigen Streit geriet, für
Reuchlin
Partei nahm und wohl auch
an den
»Epistolae obscurorum virorum« sich beteiligte.
Der Reformation schloß er sich sofort an und war mit Hutten eng befreundet. 1526 ward er vom Landgrafen Philipp von Hessen [* 9] an die Universität Marburg [* 10] berufen, wo er die Klassiker erklärte. Er starb im April 1534 in Dülmen. Von seinen durch edle Sprache und kernigen Inhalt ausgezeichneten Schriften sind drei Bücher Epigramme, die Satire »Oestrum«, »Florae« (ein Lobgedicht auf Köln) und besonders »Vallum humanitatis« (1518), eine vortreffliche Verteidigung der humanistischen Studien, zu nennen.
Vgl. Liessem,
Herm. van dem Busche
(Köln 1884 ff.)
2)
Emil, Industrieller, geb. zu
Berlin
[* 11] als Enkel des
Predigers
Duncker (gest. 1843), des Begründers der
optischen
Industrie in
Rathenow,
[* 12] welcher daselbst 1800 die erste
Fabrik für Brillengläser, Brilleneinfassungen und
Linsen errichtete
und dieselbe 1824 seinem Sohn
Eduard
Duncker übergab. Dieser erweiterte die
Fabrik bedeutend und bestimmte, da er kinderlos
war, seinen
Neffen
Emil Busch
zum Nachfolger.
Letzterer hatte bis 1845 seine wissenschaftliche, technische und kaufmännische
Ausbildung absolviert, und nachdem er die
Fabrik übernommen, gelang es ihm, die ganze Fabrikationsweise umzugestalten und
die Zahl der
Branchen erheblich zu vermehren. Der Handbetrieb wurde durch Dampfbetrieb ersetzt, und zu Hauptzweigen der Fabrikation
entwickelten sich allmählich eine ganze
Reihe von
Artikeln, wie
Brillen,
Lupen,
Mikroskope,
[* 13]
Fernrohre, Operngläser und photographische
Objektive. Von letztern wurden mehrere
Gattungen, wie das Pantoskop, das Universaltriplet und ein neues, für alle
Zwecke, namentlich
aber für Porträtaufnahmen, geeignetes
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Objektiv, von Busch
erfunden und konstruiert. Die Fabrik (seit 1872 im Besitz einer Aktiengesellschaft) liefert die Rekognoszierungstuben
und Doppelfernrohre für die preußische Armee, in welcher auch die leichten Militär-Doppelperspektive sehr verbreitet sind.
Die zwölfgläserigen Operngläser stehen bis jetzt unübertroffen da.
3) Moritz, Publizist, geb. zu Dresden, [* 15] studierte in Leipzig Theologie und Philosophie, widmete sich aber seit 1847 ganz der Schriftstellerlaufbahn, redigierte die »Novellenzeitung« und übersetzte verschiedene Romane von Dickens und Thackeray. Der radikalen Partei angehörig, dabei entschieden von der nationalen Idee erfüllt, empfand er den Niedergang der 1848 erweckten Hoffnungen so tief, daß er 1851 nach den Vereinigten Staaten [* 16] auswanderte. Nachdem er einen großen Teil der atlantischen und westlichen Staaten bereist und sich vorzüglich in Ohio aufgehalten, kehrte er indes schon 1852, vielfach enttäuscht in seinen Erwartungen, in die Heimat zurück.
Resultate des Aufenthalts in Amerika [* 17] waren die »Wanderungen zwischen Hudson und Mississippi« (Stuttg. 1853, 2 Bde.) und das Büchlein »Die Mormonen« (Leipz. 1857). Im J. 1853 bereiste er im Auftrag einer Gesellschaft von Patrioten die Elbherzogtümer sechs Monate, um deren Sache dann in den »Schleswig-hosteinischen Briefen« ^[richtig: »Schleswig-holsteinischen Briefen«] (Leipz. 1854, 2 Bde.) und in zahlreichen Aufsätzen in Zeitschriften zu führen. Später unternahm er im Auftrag des Österreichischen Lloyd mehrere Reisen in die Levante. 1857 war er in Ägypten [* 18] und Nubien, das Jahr darauf in Griechenland, [* 19] 1859 in Palästina, [* 20] Syrien, Kleinasien, der europäischen Türkei, [* 21] Rumänien [* 22] und Ungarn. [* 23]
Früchte dieser Reisen waren unter andern: »Eine Wallfahrt nach Jerusalem« [* 24] (3. Aufl., Leipz. 1881);
»Bilder aus dem Orient« (Triest [* 25] 1862) und »Bilder aus Griechenland« (das. 1863),
beide mit Stahlstichen von A. Löffler;
ferner Reisehandbücher für die Türkei, für Ägypten und für Griechenland für den Verlag des Lloyd in Triest.
Seit 1856 beteiligte er sich an der Redaktion der »Grenzboten«, die er von 1859 bis zum Ausbruch des schleswig-holsteinischen Kriegs selbständig führte. 1864 trat er in die Dienste [* 26] des Herzogs Friedrich von Augustenburg, dessen Sache er von Kiel [* 27] aus in der Presse [* 28] verteidigte, bis er sich überzeugte, daß der Herzog der nationalen Idee auch nicht das notwendigste Opfer bringen wollte. Im Januar 1865 seinen Abschied nehmend, kehrte er nach Leipzig zurück, wo er die Redaktion der »Grenzboten« von neuem übernahm und bis kurz vor dem Ausbruch des deutschen Kriegs führte. Ein entschiedener Anhänger der Politik Bismarcks, war er dann 1866 und 1867 während des Übergangsjahrs als Adlatus für die Presse in der Umgebung des Freiherrn v. Hardenberg in Hannover [* 29] thätig und stellte seine Erfahrungen während dieser Zeit in der Schrift »Das Übergangsjahr in Hannover« (Leipz. 1868) zusammen.
Nach Leipzig zurückgekehrt, veröffentlichte er die Bearbeitung von Lenormants »Urgeschichte des Orients« (2. Aufl., Leipz. 1872, 3 Bde.) und eine »Geschichte der Mormonen« (das. 1870). Im Januar 1870 in das Preßbüreau des auswärtigen Amtes zu Berlin berufen, begleitete er den Reichskanzler in den Krieg gegen Frankreich und verblieb, mit ihm von Versailles [* 30] zurückgekehrt, noch bis zum März 1873 in jener Stellung, die er dann aufgab, um die Redaktion des »Hannoverschen Kuriers« zu übernehmen. 1878 siedelte er dauernd nach Berlin über, von wo aus er namentlich in den politischen Artikeln der »Grenzboten« die neuesten politischen und nationalökonomischen Gedanken des Reichskanzlers vertritt.
Selbständig erschienen von Busch
noch: »Zur Geschichte der Internationale« (Leipz. 1872);
»Amerikanische Humoristen« (Übertragungen von Romanen Aldrichs, Mark Twaines, Bret Hartes u. a., das. 1875 ff.);
die kulturhistorischen Schriften: »Deutscher Volkshumor« (das. 1877),
»Deutscher Volksglaube« (das. 1877),
»Die gute alte Zeit« (das. 1878, 2 Bde.),
»Wunderliche Heilige. Religiöse und politische Geheimbünde« (Hannov. 1879);
ferner »Graf Bismarck und seine Leute während des Kriegs mit Frankreich. Nach Tagebuchsblättern« (Leipz. 1878, 2 Bde.; 6. Aufl. 1884);
»Neue Tagebuchsblätter« (das. 1879) und »Unser Reichskanzler« (das. 1884).
4) Wilhelm, Mediziner, geb. zu Marburg, studierte seit 1844 in Berlin Medizin und wurde durch Joh. Müller, dessen Assistent er während 2½ Jahren war, den vergleichend-anatomischen Studien zugewendet. Er nahm 1848 an dem Feldzug in Schleswig [* 31] als Kompaniechirurgus teil, widmete sich unter Langenbecks Einfluß der Chirurgie, machte 1849 und 1850 wissenschaftliche Reisen nach England, Frankreich und Wien, [* 32] unternahm auch vergleichend-anatomische Studien an der Seeküste, wurde 1851 Assistenzarzt in Langenbecks Klinik, habilitierte sich 1851 als Privatdozent in Berlin und folgte 1855 einem Ruf als Professor der Chirurgie und Direktor der chirurgischen Klinik nach Bonn. [* 33] Er machte als konsultierender Generalarzt den Krieg von 1866 in Böhmen, [* 34] 1870/71 in Frankreich mit und starb in Bonn. Seine ersten Arbeiten waren der vergleichenden Anatomie gewidmet, die spätern betreffen besonders die Mechanik der chirurgischen Krankheiten;
sie behandeln unter anderm den Einfluß des Gelenkmechanismus bei Entzündungen und Verrenkungen, die Mechanik der Brucheinklemmungen, Schußverletzungen etc. Er schrieb: »Über das Gehirn [* 35] der Selachier« (Berl. 1848);
»Beobachtungen über die Entwickelung wirbelloser Seetiere« (das. 1851);
»Chirurgische Beobachtungen, gesammelt in der Klinik zu Berlin« (das. 1854) und »Lehrbuch der Chirurgie« (das. 1857-70, 3 Bde.).
5) Wilhelm, Zeichner, geb. zu Wiedensahl (Hannover), erhielt bei seinem Oheim, einem hannöverschen Landgeistlichen, seine erste Erziehung, besuchte, ursprünglich zum Ingenieur bestimmt, vier Jahre lang die polytechnische Schule in Hannover, dann die Akademien von Düsseldorf, [* 36] Antwerpen [* 37] und München. [* 38] 1859 zeichnete er für die »Fliegenden Blätter« seine ersten Bilderbogen. Später folgten: »Rabennest«, »Die beiden Enten«, [* 39] »Der Schnuller«, »Das naturgeschichtliche Alphabet«, »Die bösen Buben von Korinth« [* 40] etc. Den Glanzpunkt bildeten zu Anfang der 60er Jahre: »Max und Moritz« und »Hans Huckebein«.
Polemisch sind die in Buchform erschienenen: »Der heil.
Antonius von Padua«,
[* 41] »Die fromme Helene«, »Pater Filucius«. Busch
besitzt sprühenden Witz und beißende Satire und versteht es, durch
bloße Umrisse Charaktere und Situationen meisterhaft zu karikieren. Seine spätern Publikationen (»Der Geburtstag«,
»Dideldumdei« etc.) sind hinter den ersten
jedoch erheblich zurückgeblieben, da er sich als Zeichner in eine rohe Formlosigkeit verloren hat. Den oft höchst gelungenen
Text verfertigt Busch
selbst. Seine Werke erfreuen sich einer ungeheuern Verbreitung; mehrere, wie »Max und Moritz« etc., sind
in fremde Sprachen übersetzt. Die »Bilderbogen« erschienen gesammelt München 1875. Busch
lebt jetzt in seinem Geburtsort als
passionierter Bienenzüchter.
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6) Klemens August, Unterstaatssekretär im auswärtigen Amt, geb. zu Köln, studierte in Bonn und Berlin neben den Staats- und Rechtswissenschaften orientalische Sprachen, bildete sich seit 1861 als Attaché der preußischen Gesandtschaft in Konstantinopel [* 43] zum Dragoman aus, ward zuletzt erster Dragoman derselben, 1872 als Legationsrat und Konsul der deutschen Botschaft in Petersburg [* 44] beigegeben und 1874 zum vortragenden Rat im auswärtigen Amte des Deutschen Reichs ernannt.
Nachdem er 1877 kurze Zeit Geschäftsträger in Konstantinopel gewesen, 1878 als Sekretär [* 45] am Berliner Kongreß [* 46] teilgenommen und 1879 einige Monate das deutsche Generalkonsulat in Pest verwaltet hatte, ward er 1881 zum Wirklichen Geheimen Legationsrat und Unterstaatssekretär des auswärtigen Amtes befördert. Nachdem er in dieser Stellung und als Vertreter des Staatssekretärs bei verschiedenen Anlässen, wie bei der Congokonferenz, dem Reiche große Dienste geleistet, ward er 1885 zum Gesandten in Bukarest [* 47] ernannt.