Burns
(spr. borns), Robert, berühmter schott. Liederdichter, geb. in der Grafschaft Ayr im südlichen Schottland, war der Sohn eines armen Pachters und verlebte eine Jugend voll Not und Armut. Durch seine Mutter lernte er die romantischen Traditionen der Heimat und die im Volk lebenden Lieder kennen, die in seinen eignen den schönsten Widerklang finden sollten. Die ersten Bücher, die nachhaltigen Eindruck auf ihn machten, waren eine Lebensbeschreibung Hannibals und die Geschichte des schottischen Helden Wallace, welche ihn mit glühender Vaterlandsliebe erfüllte.
Pflicht - Pflug

* 2
Pflug.Auch die bedeutendsten Dichter Englands, besonders Pope und Shakespeare, selbst philosophische Schriften, wie von Locke und Bayle, hatte er im Alter von 16 Jahren bereits gelesen. Dies förderte ihn mehr als der Privatunterricht, den er trotz der dürftigen Verhältnisse der Eltern empfing. Der Vater hatte inzwischen eine Pachtung, Mount Oliphant, übernommen, und der heranwachsende Sohn mußte ihm bei der Feldarbeit beistehen. Hier, hinter dem Pflug, [* 2] war es, wo sein dichterischer Genius, durch die Liebe zu einem Landmädchen geweckt, seinen ersten Flug versuchte. 19 Jahre alt, kam er auf die Schule zu Kirk-Oswald, einem Städtchen an der Meeresküste, um mathematische Studien zu treiben; aber auch diese wurden bald wieder durch die Liebe unterbrochen.
Der junge Bauernsänger, zugleich der munterste
Gesellschafter, erregte bald die
Aufmerksamkeit seiner Nachbarn und wurde nun
in einen
Strudel rauschender Vergnügungen hineingezogen,
dem er bei seiner
Erregbarkeit nur zu wenig
Widerstand leistete. Als
der
Vater mit Strenge dagegen einschritt, verließ Burns
das väterliche
Haus und etablierte in
Gesellschaft
eines
Webers einen Flachshandel in
Irvine. Aber sein
Haus ging in
Feuer auf, und sein
Kredit war dahin. Nach dem
Tode des
Vaters
(1784) fühlte Burns
die Verpflichtung, die
Stütze der
Familie zu werden, und übernahm mit seinem
Bruder
Gilbert
eine kleine Pachtung in Mosgiel bei Mauchline, wo er eine rastlose Thätigkeit entwickelte, ohne jedoch, von Mißernten heimgesucht,
dem Unglück wehren zu können.
Die ernstere
Richtung, auf die ihn die Verhältnisse geführt hatten, zeigte sich zugleich in einem geregeltern
Leben wie in der
größern
Stetigkeit seiner
Neigungen. Hier an den
Ufern des
Ayr fand er jene
Hochland-Mary
(Mary
Campbell,
Milchmädchen auf dem nahen
Schloß
Montgomery), der seine schönsten
Lieder gewidmet sind, und der er lebenslang (sie starb
früh) das treueste Andenken bewahrte. Trotzdem knüpfte er schon kurze Zeit nach
Marys
Tod mit einem andern Mädchen,
Jean
Armour, ein
Verhältnis an, das bald vor den
Augen der
Welt eine
Rechtfertigung durch die
Ehe erheischte.
Burns
war dazu bereit, allein die
Verbindung stieß von seiten des streng calvinistischen
Vaters auf Hindernisse.
Edidit - Edinburg

* 3
Edinburg.
Schon hatte der verzweifelnde Dichter den Entschluß gefaßt, eine
Stellung als Plantagenaufseher in
Jamaica anzunehmen, als
er erfuhr, daß eine Sammlung von Gedichten, die er auf
Subskription hatte drucken lassen, in
Edinburg
[* 3] begeisterten Beifall gefunden und ihm einen Reingewinn von 20 Pfd. Sterl. abgeworfen habe.
Burns
begab sich nun nach
Edinburg, wo er eine glänzende
Aufnahme fand und allgemein bewundert und verehrt ein Jahr verweilte.
Zugleich gab er eine 2.
Auflage seiner Gedichte heraus unter dem
Titel: »Poems chiefly in the Scottish
dialect etc.« (Edinb. 1787), die ihm 500 Pfd. Sterl.
einbrachte.
Endlich kehrte er in die
Einsamkeit seinem
Hochlandes zurück, im
Herzen noch treu an
Jean hängend, die ihm inzwischen
Zwillinge
geboren, und die der strenge
Vater dem gefeierten Dichter nun nicht länger versagte. Burns
pachtete 1789 ein
Gut bei
Dumfries, das sich jedoch in etwas verwahrlostem Zustand befand; dazu nahmen ihn häufige Besuche und damit verbundene
Zerstreuungen stark in Anspruch, und so kam es, daß er schon nach 3½
Jahren die Pachtung mit großem Verlust aufgeben und
sich nach einer andern
Stellung umsehen mußte.
Festigkeit [unkorrigie
![Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert] Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0705.jpeg)
* 4
Festigkeit.
Durch Vermittelung des
Grafen von Glencairn erhielt er einen
Posten als Steueraufseher, der ihm jährlich 70 Pfd. Sterl. eintrug,
aber begreiflicherweise seiner
Neigung wenig zusagte; dazu kamen andre Widerwärtigkeiten. Trotzdem dichtete Burns
um diese Zeit
viele schöne
Lieder und schrieb politische
Aufsätze in die Tagesblätter. Die ersten Ereignisse der französischen
Revolution hatten ihn mächtig ergriffen, aber seine unumwunden ausgesprochenen
Gesinnungen zu gunsten derselben ließen ihn
als
Jakobiner erscheinen und raubten ihm die
Gunst seiner vornehmen
Gönner und
Freunde. Auch verhehlte er nicht seine warme
Liebe zu der verdrängten Dynastie der
Stuarts. Das ungeregelte
Leben, eine
Folge seines
Berufs sowohl als
der abnehmenden
Festigkeit
[* 4] des
Willens, der häufige
Genuß geistiger
Getränke,
dem er sich hingab, untergruben seine
Gesundheit.
Eine schwere
Krankheit nötigte ihn, seine Amtsthätigkeit aufzugeben, und nach kurzem Aufenthalt in einem benachbarten
Seebad
starb er in
Dumfries, erst 38 Jahre alt.
Burns
folgt in seinen
Gesängen keinem andern
Lehrer als der
Natur, kennt keine andre
Begeisterung, als die
er aus der Tiefe seines
Herzens und aus dem wirklichen
Leben schöpfte. Er dichtete nur Selbstempfundenes und Selbsterlebtes;
seine Gedichte spiegeln wechselweise seine
Freuden und seine
Schmerzen, seine
Hoffnungen als
Kind, seine Liebesneigungen als
Jüngling, seine treue Anhänglichkeit an sein
Hochland und an die
Freiheit, seine Träumereien und sein
Murren gegen die zivilen
Bande und werden schon als Zeugnisse volkstümlicher
Anschauung und
Denkungsart einer
Nation, die mehr
und mehr erstirbt, bleibenden Wert behalten, und in allen seinen Liedern klingt es und singt es wie von selbst, auch
hierin sind sie echten Volksliedern gleich.
Auf die
englische Litteratur übte seine gesunde und frische Natürlichkeit einen großen Einfluß aus: W.
Scott und Th. Moore,
die
Seeschule, selbst
Byron und
Shelley stehen auf seinen
Schultern. Auch in der
Prosa zeichnete sich Burns
aus. Seine
Briefe und
kleinen politischen
Schriften zeigen eine Reinheit und Leichtigkeit des
Ausdrucks, eine
Eleganz, Mannigfaltigkeit
und
Kraft,
[* 5] welche den Mann von
Genie bekunden. Zum
Besten seiner
Witwe und seiner
Kinder veranstaltete sein
Freund Currie eine
Sammlung seiner Werke (Lond. 1800, 4 Bde.),
worin jedoch mehrere seiner ausgezeichnetsten
Dichtungen fehlen, die sich zum Teil in den später von
Cromek herausgegebenen »Relics of
Robert Burns«
(Lond. 1808) vorfinden.
Seitdem erschienen zahlreiche
Ausgaben, meist mit
Biographie und
Noten, unter andern von
Gilbert Burns
, des Dichters
Bruder
(Glasgow
[* 6] 1820, 4 Bde.);
von Cunningham (Prachtausgabe, Lond. 1835, 8 Bde.);
von Blackie (Edinb. 1871, 2 Bde.);
von R. Chambers (mit vorzüglicher Biographie, neue Ausg. 1873, 4 Bde.);
von A. Smith (Lond. 1880, 2 Bde.);
von Paterson (Edinb. 1880, 6 Bde.).
Burnside - Burritt

* 8
Seite 3.676.Deutsche [* 7] Übersetzungen der Gedichte (meist in Auswahl) lieferten Ph. Kaufmann (Stuttg. 1840), Heintze ¶
mehr
(Braunschw. 1840), Pertz (Leipz. 1859), Bartsch (Hildburgh. 1865), Laun (3. Aufl., Brem. 1885) u. a. In Dumfries ward dem Dichter 1859 ein Denkmal gesetzt. Unter seinen Biographien sind noch die von Lockhart (Edinb. 1828 u. öfter) und Sharp (Lond. 1879) hervorzuheben. Eine treffliche Charakteristik des Dichters gibt Carlyle in seinen »Essays«, Bd. 1.