Titel
Burnouf
(spr. bürnüf), 1) Jean Louis, franz. Philolog, geb. zu Urville im Departement Manche, ward 1808 Hilfslehrer am Lycée Charlemagne, darauf Professor der Rhetorik am Lycée impérial, erhielt 1811 eine Stelle an der Normalschule, wurde 1817 Professor der Beredsamkeit am Collège de France, 1826 Inspektor der Universität, 1830 Generalstudiendirektor, 1836 bei seiner Quieszierung Universitätsbibliothekar, in demselben Jahr auch Mitglied der Akademie der Inschriften und starb in Paris. [* 3]
Seine viel aufgelegten Schulbücher, die »Méthode pour étudier la langue grecque« (Par. 1814, zuletzt 1882) und die »Méthode pour étudier la langue latine« (das. 1840, 27. Aufl. 1879),
sowie die Auszüge daraus, die »Premiers principes de la grammaire grecque« (zuletzt 1879) und die »Premiers principes de la grammaire latine« (24. Aufl. 1883), werden noch jetzt in Frankreich meist dem Unterricht in den klassischen Sprachen zu Grunde gelegt. Wir nennen außerdem seine treffliche Übersetzung des Tacitus (1827-33, 6 Bde.; zuletzt 1881) sowie die Textrezension und Übersetzung von Plinius' »Panegyricus« (1834, 3. Aufl. 1845).
2) Eugène, ausgezeichneter franz. Orientalist, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, studierte anfangs Rechtswissenschaft, dann unter Abel Rémusat und Chézy orientalische Sprachen, namentlich das Indische und Persische, ward 1829 an der Normalschule angestellt und erhielt 1832 als Nachfolger Chézys die Professur des Sanskrits am Collège de France, die er bis an seinen Tod bekleidete. Seit 1832 auch Mitglied der Akademie der Inschriften, starb er in Paris, nachdem er einige Tage zuvor zum ständigen Sekretär [* 4] derselben ernannt worden war.
Burnoufs
durch streng methodisches
Verfahren und durch klare und anziehende
Darstellung ausgezeichnete
Arbeiten wirkten namentlich
nach zwei
Richtungen hin epochemachend: für das
Studium des
Buddhismus und für dasjenige des
Zendavesta.
Das
Pâli, die heilige
Sprache
[* 5] der südlichen Buddhisten, unterzog er im
Verein mit
Lassen in
Bonn
[* 6] der ersten eingehenden Untersuchung
in dem von beiden
Gelehrten zusammen herausgegebenen »Essai sur le
Pali« (Par. 1826),
worauf Burnouf
allein noch weitere »Observations
grammaticales« (das. 1827) über das
Pâli folgen ließ. Als 1837 die
Société Asiatique in
Paris von
Mr.
Hodgson, dem englischen
Ministerresidenten in
Nepal, eine bedeutende Sammlung dort von ihm entdeckter buddhistischer Sanskrithandschriften
zum
Geschenk erhalten hatte, ging Burnouf
mit
Eifer an die Untersuchung dieser
Manuskripte. Er erkannte in ihnen bald die ältesten
Schriften der nördlichen Buddhisten und konnte auf
Grund derselben schon 1844 sein ausgezeichnetes Werk
»Introduction à l'histoire du Bouddhisme indien« (2. Aufl.
1876) veröffentlichen, dem später noch die Übersetzung des
»Lotus de la bonne loi« aus dem
Sanskrit nachfolgte (nach seinem
Tod hrsg. von
Mohl, Par. 1852).
Schon vorher hatte Burnouf
seine
Aufmerksamkeit der ältesten religiösen Litteratur der
Iranier zugewendet, wie sie in dem sogen.
Zendavesta bewahrt ist. Er gab den wichtigsten Teil desselben, den
»Vendidad
Sadé«,
lithographiert heraus (Par. 1829-43); namentlich aber stellte er in seinem vortrefflichen »Commentaire
sur le Yacna« (das. 1833) zum erstenmal genau den
Charakter der Zendsprache fest und rekonstruierte ihre grammatischen
Formen
durch den
Vergleich mit dem
Sanskrit.
Hieran schlossen sich noch »Études sur la langue et les textes zendes«
(Par. 1840-50). Einen bedeutenden Fortschritt in der Entzifferung der mit dem
Zend nahe verwandten altpersischen
Sprache, wie
sie in den Keilinschriften der Achämeniden vorliegt, machte in seinem
»Mémoire sur deux inscriptions cunéiformes«
(Par. 1836).
Endlich hat auch mehrere
Arbeiten auf dem Gebiet der eigentlichen Sanskritlitteratur veröffentlicht, namentlich
eine
Ausgabe und Übersetzung des »Bhâgavata
Purâna« (Par. 1840-47, 3 Bde.).
Max
Müller,
Goldstücker,
Gorresio,
Nève und andre bedeutende
Orientalisten sind
Schüler Burnoufs.
3)
Emile
Louis, Philolog,
Neffe von Burnouf
1), geb. zu
Valognes
(Departement
Manche), besuchte seit 1841 die
Normalschule, wurde
Professor der alten Litteratur an der
Fakultät zu
Nancy,
[* 7] dann
Direktor der
École française zu
Athen.
[* 8] 1875 in
diesem
Amt ersetzt, lehnte er eine Professur in
Bordeaux
[* 9] ab und erhielt 1878 den
Titel eines Honorardirektors der
Schule von Athen.
Er veröffentlichte: »Méthode pour étudier la langue sanscrite« (mit Leupol, Par. 1859; 3. Aufl.
1885);
»Essai sur le Vèda, ou introduction à la connaissance de l'Inde« (1863);
»Dictionnaire classique sanscrit-français« (1863-65);
»Histoire de la littérature grecque« (1869, 2 Bde.);
»La science des religions« (4. Aufl. 1885);
»La ville et l'Acropole d'Athènes aux ¶
mehr
diverses époques« (1877);
»La mythologie des Japonais« (1875);
»Mémoires sur l'antiquité« (1879);
»Le [* 11] catholicisme contemporain« (1879).