Bulē
(grch.),
d. i.
Rat, Ratsversammlung, hieß bei den Griechen seit den homerischen
Zeiten ein
aus meist ältern Mitgliedern der Volksgemeinde bestehendes Kollegium, das in monarchischen und aristokratischen
Staaten dem
König oder den
Beamten der vollstreckenden Gewalt als beratende oder beschließende
Behörde zur Seite stand, in demokratischen
Staaten als
Ausschuß der souveränen Volksgemeinde die
Staatsverwaltung leitete. In
Athen
[* 2] war die Bule
von
Solon eingesetzt als ein Kollegium von 400 Männern, welche, je 100 aus einer der alten vier ion.
Phylen (s. d.), aus den drei obersten Vermögensklassen vom
Volke auf ein Jahr gewählt wurden und nach
Ablauf
[* 3] ihrer Amtszeit
jederzeit wieder wählbar waren.
Durch
Kleisthenes, 509
v. Chr., wurde die Zahl der Mitglieder des
Rats auf 500 (je 50 auf eine der 10 neuen
Phylen) erhöht, die nun durchs Los (unter den Bewerbern), nicht durch
Wahl ergänzt wurden. Jede
Phyle führte den 10.
Teil
des Jahres den Vorsitz in dem Kollegium; die Mitglieder dieses Fünfziger-Ausschusses hießen Prytanen (s. d.).
Die
Beschränkung der passiven Wahlfähigkeit auf die drei obern Vermögensklassen wurde durch
Aristides
aufgehoben, sodaß von da an jeder im
Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindliche athenische
Bürger, der das 30. Lebensjahr
zurückgelegt hatte, sich um das
Amt eines Ratsmannes (Buleutes
) bewerben konnte.
Die durchs Los Ernannten mußten sich vor dem
Antritt ihres
Amts der Dokimasie (s. d.) unterwerfen; wenn
einer dieselbe nicht bestand, so trat der zugleich mit ihm erlöste
Stellvertreter (Epilachon) an seine
Stelle. Das
Gleiche
geschah, wenn ein Buleut
im Laufe seines Amtsjahres mit
Tode abging. Am Ende ihres Amtsjahres mußte die Bule
als Ganzes dem
Volke Rechenschaft über ihre Amtsführung ablegen. Als 307
v. Chr. zu den bisher bestehenden 10
Phylen
zwei neue hinzugefügt worden waren, wurde auch die Zahl der Ratsmitglieder auf 600 erhöht, doch wurde sie in der röm.
Zeit wieder auf 500 herabgesetzt.
In den
Zeiten, wo in
Athen überhaupt den
Bürgern eine
Entschädigung in
Geld für ihre dem
Staate gewidmete
Thätigkeit gewährt wurde, erhielten die Buleuten
einen
Sold von je einer
Drachme für jeden Sitzungstag. Zum Geschäftskreis
der Bule
gehörte die Vorberatung aller vor die
Volksversammlung zu
bringenden Angelegenheiten und die Oberleitung und
Aufsicht
über die gesamte
Staatsverwaltung, insbesondere über
die Finanzen und gewisse
Teile des Kriegswesens (Reiterei und
Kriegsflotte).
Auch eine beschränkte Gerichtsbarkeit hatte die Bule
, indem sie Geldstrafen bis zur Höhe von 500
Drachmen verhängen konnte.
Die regelmäßigen Sitzungen der Bule
fanden in dem an der Südseite der
Agora gelegenen
Buleuterion, außerordentliche Sitzungen
oft auch in andern
Lokalen (z. B. im Eleusinion oder auf der
Akropolis)
[* 4] statt. In
Sparta und einigen andern
griech.
Städten war für die Bule
der dem röm. Senat entsprechende
Name
Gerusia üblich, deren Mitglieder
Geronten (s. d.) hießen.