Bürgschaft,
das Versprechen, eine fremde Schuld zu zahlen, falls der Schuldner sie nicht selbst zahle. Bürge ist hiernach derjenige, der dem Gläubiger zu dessen Sicherheit, neben der fortbestehenden Haftung des Schuldners, das zu leisten verspricht, was dieser verschuldet. Wegen der Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld bezeichnet man jene als accessorische. (S. Accession.) Es ist keine Bürgschaft, wenn sich mehrere von vornherein gleichmäßig, ein jeder für das Ganze verpflichten, wie bei der Korrealschuld. Es ist auch keine Bürgschaft, sondern ein unter andern Regeln stehender Garantievertrag, wenn jemand dafür aufzukommen verspricht, Schadenersatz oder eine fest bestimmte Summe zu leisten, sofern ein Dritter Etwas nicht leistet, was er zu leisten verpflichtet ist, ohne daß diese Verpflichtung unter den Begriff der Schuld fällt, oder was der Versprechende statt seiner nicht leisten kann: Man kann nicht dafür «bürgen», daß der Bräutigam die Ehe eingeht;
man kann auch nicht dafür bürgen, daß der Verurteilte sich der Strafvollstreckung nicht entzieht.
Dem Bürgen gleich haftet derjenige, welcher einen andern beauftragt, einem Dritten im eigenen Namen, aber auf Gefahr des Auftraggebers zu kreditieren, z. B. ein Darlehn zu geben, wenn der Auftrag ausgeführt ist (Kreditauftrag). Wer für die Bürgschaftsschuld als Bürge einsteht, ist Nachbürge, Überbürge oder Afterbürge. Wer dem Bürgen für seine Ersatzforderung gegen den Gläubiger einsteht, ist Rückbürge. Wer sich dem Gläubiger nur für den Betrag verbürgt, welchen er beim Schuldner einbüßt, ist Schadlosbürge.
Wer dem Gläubiger so zu haften verspricht wie der Hauptschuldner, also unter Aufgabe der dem Bürgen zustehenden Rechtswohlthaten, ist selbstschuldnerischer Bürge. Die Hauptschuld kann eine bereits bestehende, eine zugleich mit der Bürgschaft eingegangene, eine zukünftige oder eine bedingte sein. Der Bürge kann sich auch allgemein für die nicht näher bezeichneten Forderungen des Gläubigers gegen einen Dritten verbürgen (Kreditbürgschaft). Eine Bürgschaft für eine Schuld aus einem verbotenen oder vom Gesetz mißbilligten Geschäft ist ebenso ungültig wie eine sich auf ein solches Geschäft beziehende Bestätigung (s. d.) des Hauptschuldners (Wucher, Differenzgeschäft, Spielschuld).
Was aber der Schuldner selbst gültig zu zahlen versprechen kann, das kann, auch wenn der Schuldner ein solches Versprechen nicht abgiebt, gültig verbürgt werden, z. B. eine verjährte Schuld oder eine von einem Unmündigen oder einem Verschwender eingegangene Schuld, immer vorausgesetzt, daß die Bürgschaft mit Kenntnis des Ungültigkeitsgrundes eingegangen ist. Solche Bürgen haben die Einrede der Vorausklage nicht. Nach Preuß. Allg. Landr. I, 14, §. 203 gilt eine Bürgschaft nur, wenn sie gerichtlich oder schriftlich eingegangen ist. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn die ein Handelsgeschäft ist (Deutsches Handelsgesetzbuch Art. 317), also im Zweifel nicht, wenn der Gläubiger oder wenn der Bürge Kaufmann ist (Art. 274, 277).
Nach röm. Recht sollten sich die Frauen überhaupt nicht, namentlich Ehefrauen nicht für ihre Ehemänner verbürgen, überhaupt nicht intercedieren (s. Intercession). Das umging die deutsche Praxis, indem sie die von der Ehefrau vor Gericht und nach vorgängiger Rechtsbelehrung unter eidlichem Verzicht auf die eheweiblichen Rechtswohlthaten erklärte Intercession, auch wenn sie zu Gunsten ihres Ehemanns erfolgt war, für gültig erklärte. Diese Bestimmung gilt nicht mehr für Handelsfrauen in betreff ihrer Handelsgeschäfte (Handelsgesetzbuch Art. 6), noch für die ein selbständiges Gewerbe betreibenden Frauen bezüglich der Schulden aus dem Gewerbebetriebe (Gewerbeordn. §. 11). Sie ist überhaupt abgeschafft in den meisten deutschen Staaten. In Württemberg (Gesetz von 1828) und in Sachsen (§. 1650 des Bürgerl. Gesetzbuchs) besteht noch die gerichtliche Formvorschrift, hier sofern sich die Ehefrau für den Ehemann verpflichtet. Dem Code Napoléon und dem österr. Bürgerl. Gesetzbuch sind diese Beschränkungen unbekannt.
Ob der Bürge auch für die Nebenforderungen (Zinsen und Kosten) haftet, wenn er die Haftung dafür nicht besonders übernommen hat, ist nicht in
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allen Rechten gleichmäßig geordnet. Der Bürge wird frei, wenn der Hauptschuldner die Schuld tilgt. Auch sonst stehen ihm die Einreden des Hauptschuldners zu, ausgenommen wenn er sich, um den Gläubiger gegen jene Einreden sicher zu stellen oder in der Absicht zu schenken, verbürgt hat. An eigenen Rechtswohlthaten hat der Bürge das beneficium excussionis (Rechtswohlthat der Vorausklage), indem er fordern darf, daß sich der Gläubiger zunächst an den Hauptschuldner hält, es sei denn, daß dessen Zahlungsunfähigkeit vorliegt oder der Hauptschuldner sich im Auslande aufhält u. s. w. Mehrere Mitbürgen haften an sich, ein jeder auf das Ganze.
Doch hat der einzelne, wenn er auf das Ganze belangt wird, nach gemeinem und franz., nicht aber nach preuß., sächs. und nach österr. Recht, das Recht, Teilung zu fordern (beneficium divisionis). Diese Rechtswohlthaten sind ausgeschlossen, wenn die ein Handelsgeschäft war (Handelsgesetzbuch §. 281), und auch nach Handelsrecht haftet der Schadlosbürge nur für den Ausfall. Der Bürge, welcher zahlt, hat in der Regel, namentlich wenn er nicht schenkungsweise gebürgt hat, gegen den Hauptschuldner den Anspruch auf Erstattung und, wenn der Bürge dem Gläubiger verurteilt ist, oder der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers verzögert, auf Befreiung von der Bürgschaft. Der Bürge kann aber auch, wenn er erfüllt, Abtretung der Rechte des Gläubigers, wie sie diesem gegen den Schuldner und gegen die Mitbürgen zustehen, fordern (beneficium cedendarum actionum). Und er kann Erfüllung weigern, wenn der Gläubiger zufolge seines Verschuldens ihm solche Rechte nicht abtreten kann.