Bürgerschulen
sind städtische Schulanstalten für
Kinder aus dem
Bürgerstande, die eine für die Bedürfnisse der
letztern berechnete allgemeine
Bildung gewähren sollen. Im 18. Jahrh. zuerst wurden solche Bürgerschulen
von
vielen
Pädagogen, besonders von den
Pietisten, mit
A. H. Francke an der
Spitze, im Gegensatze zu den damaligen Lateinschulen
gefordert.Man hatte und hat dabei vorzugsweise den bemittelten
Bürgerstand im
Auge,
[* 2] für den man Anstalten haben will, die
über das Ziel der gewöhnlichen
Volksschule hinausgehen.
Hat eine Bürgerschule
noch Jahreskurse, die über die allgemeine Schulpflichtigkeit hinausgehen, so
bezeichnet man sie als eine höhere Bürgerschule.
In manchen
Städten nennt man alle
Volksschulen und unterscheidet niedere,
mittlere und höhere; in andern, z. B.
Leipzig,
[* 3] werden nur diejenigen, in denen höheres
Schulgeld bezahlt wird, die also von
den
Kindern des bemittelten
Bürgerstandes besucht werden, Bürgerschulen
, die andern dagegen mit geringerm
Schulgelde,
obschon sie in der Hauptsache gleiche Organisation und gleiche Ziele haben,
Bezirksschulen genannt, wogegen wieder anderwärts,
wie z. B. in
Dresden,
[* 4] die Bürgerschulen
zugleich ein höheres Ziel und eine größere Stundenzahl als die
Bezirksschulen haben. In Süddeutschland
hat man allgemeine Bürgerschulen
für die
Kinder aller
Stände.
Verschiedene Gesetze der neuern Zeit, wie das sächsische, vermeiden den
Namen Bürgerschule
ganz und wenden dafür den
Namen
Volksschule an, die sie in niedere, mittlere und höhere gliedern. In
Preußen
[* 5] sind durch die Unterrichtsordnung vom und
die Lehrpläne vom feste Bestimmungen auch für die höhern Bürgerschulen
getroffen
worden. Freilich ist die
Grenze zwischen ihnen und den Realschulen, wie auch in
Sachsen,
[* 6] sehr unbestimmt gelassen. Nach den
Falkschen
«Allgemeinen Bestimmungen» vom 15. Okt. 1872 werden die sämtlichen gehobenen
Volksschulen, die bis dahin unter dem
Namen
Bürger-,
Mittel-, Rektor-, höhere
Knaben- oder Stadtschulen, in ihrer Einrichtung den socialen Verhältnissen
angepaßt, in beträchtlicher Anzahl vorhanden waren, unter dem
Namen Mittelschulen zusammengefaßt. In
Österreich
[* 7] bestehen
die Bürgerschulen
seit 1869, und es ist ihnen die
Aufgabe zugewiesen, «denjenigen, welche eine Mittelschule (worunter hier,
anders wie in
Preußen, die unmittelbar auf die
Universität vorbereitenden Gymnasien und Realgymnasien
verstanden werden) nicht besuchen, eine über das Lehrziel der allgemeinen
Volksschule hinausgehende
Bildung zu gewähren».
Sie umfassen entweder die ganze Schulzeit und sind dann achtklassig, oder sind nur als dreiklassige selbständige Schulen
auf die 5 vorhergehenden Volksschulklassen aufgesetzt. -
Vgl. K. Mayer, Die deutsche Bürgerschule (1840);
Schurig, Die deutsche Bürgerschule nach ihrem Wesen und Werden (Gotha [* 8] 1872);
Ostendorf, Volksschule, Bürgerschule und höhere Schule (Düsseld. 1872);
Viereck, [* 9] Die höhere Bürgerschule (Braunschw. 1891).