Buchverzierung
nennt man die künstlerische Ausstattung des Textes eines Buches (s. d.). Diese wurde schon früh beliebt und entsprach dem Werte der Bücher durch den Reichtum an Malereien, der kalligraphischen Durchbildung der Buchstaben sowie der eingeflochtenen Miniaturen (s. d.) und Illustrationen (s. d.). Die Ornamente [* 2] zum Schmuck der Manuskripte zeigen schon im 6. und 7. Jahrh. in den irländ. Schriften ungewöhnlichen Reichtum an künstlichen Bandverschlingungen.
Von roherer Art sind die Verzierungen der gleichzeitigen lombard. Schule und der merowingisch-fränk. Schriften. Die Werke der karoling. Zeit verbinden einheimische, irische und antike Elemente in geschmackvoller Weise. Bedeutend sind auch die byzant. Manuskripte bis zum 12. Jahrh. Einen sehr eigentümlichen Stil mit sorgfältiger Ausführung zeigen auch die armenischen Manuskripte. Auch die mohammed. Schrift entwickelte in den Büchern eine höchst farbenreiche Ornamentation von zierlichster Ausführung. Im Occident herrschen zur Zeit des roman. Stils runde, großgeschwungene Züge mit Verschlingungen vor, bei denen eine Zeit lang der Drache [* 3] oder Lindwurm mit den Windungen seines Schwanzes und Halses die Hauptrolle spielt.
Zur Zeit der Gotik treten spitzere Züge auf wie bei den Buchstaben; die Arabeske wird oft äußerst fein, klein und zart. Sehr mannigfach wird die Verzierungsart im 15. Jahrh. Die großen Folianten zeigen großgeschwungene Ranken mit stilisierten Blättern und Blumen; die burgund. Schule (in mancher Beziehung die erste dieser Zeit) zeichnet sich durch naturalistische Nachahmung von Früchten, Blumen, Vögeln und andern Tieren sowie durch die äußerste Feinheit und Vollendung der Malerei aus. Eine große Veränderung brachte die Buchdruckerkunst. Sie verlangte natürlich Ersatz für die gezeichneten oder gemalten Ornamente durch eine andere Verzierung, die sich auf der Buchdruckerpresse zugleich mit dem Drucke herstellen ließ. Das war ¶
mehr
zugleich der Untergang der eigentlichen Buchmalerei. Anfangs sparte man in Prachtdrucken noch den Raum für gemalte Initialen aus, man ersetzte aber bald die Malerei durch Holzschnitte (s. d.). Die Renaissance bietet in dieser Art noch sehr schon gezeichnete Initialen, aber man verlor den Geschmack an ihnen und beschränkte sich auf Bildillustrationen, teils durch den Holzschnitt, teils durch den mühsam eingedruckten Kupferstich (s. d.). Doch blieb die Sitte übrig, durch verzierte Initialen, Schluß- und Kopfleisten, Schlußvignetten und ähnliche meist in Holzschnitt ausgeführte Verzierungen die Bücher zu schmücken.
Namentlich die Kleinmeister (s. d.) des 16. Jahrh. waren unerschöpflich im Erfinden reizvoller Arbeiten dieser Art. In neuerer Zeit hat man ihre Schmückweise wieder aufgenommen und vielfach direkt nachgeahmt. –
Vgl. Faulmann, Das Buch der Schrift (Wien [* 5] 1878);
Egger, Histoire du livre (Par. 1880);
Weigel und Zestermann, Die Anfänge der Buchdruckerkunst (2 Bde., Lpz. 1866);
A. F. Butsch, Bücherornamentik der Renaissance (2 Tle., Münch. u. Lpz. 1878‒80);
R. Muther, Die deutsche Bücherillustration der Gotik und Frührenaissance, 1460‒1530 (Lpz. 1883‒84).