Bucheinband
(hierzu die Tafel: Bucheinbände) nennt man die innere Verbindung der einzelnen Teile und die äußere Hülle eines Buches (s. d. und Buchbinderei). Soll zwar dessen Inhalt stets die Hauptsache sein, so hat man doch schon früh, seinem Werte entsprechend, der Hülle reichen künstlerischen Schmuck gegeben, der namentlich bei veralteten, aber prächtig gebundenen Büchern höher geschätzt wird als der Inhalt. Museen wie auch Private (Bibliophilen) kaufen und sammeln diese Bücher um ihrer Einbände willen.
Die noch erhaltenen Einbände aus alter Zeit zeigen die Anwendung höchster Kunstübung. Bei Buchdeckeln aus der Karolingerzeit, z. B. dem zu den deutschen Reichskleinodien gehörenden Evangeliarium Karls d. Gr., sind die hölzernen Decken mit Metallplatten von Gold [* 2] und Silber belegt und diese mit getriebener Arbeit, mit Edelstein und Email verziert. Andere aus dem 10. und 11. Jahrh. haben geschnitzte Elfenbeintafeln mit figürlichen Reliefs. Da die Bücher im Mittelalter gelegt und nicht wie heute auf die schmale Seite gestellt und in die Repositorien eingeschoben wurden, so konnten sie zur größern Festigung bronzene Ecken und Mittelstücke erhalten, die zu weiterer Verzierung mit Laub, [* 1] Figuren und Knöpfen versehen wurden.
Das den Überzug der Holzdecken bildende Leder wurde seinerzeit figürlich wie ornamental verziert, und zwar in leichtem Relief durch Schneiden, Heben und Punzieren, was im nassen Zustande des Leders ausgeführt wurde. (S. Lederschnitt.) Als sich nach Erfindung der Buchdruckerkunst die Bücher unverhältnismäßig vervielfachten, ornamentierte man in Gold, Farbe oder auch ohne eine Färbung (Blindpressung) durch Pressen mit größern Stanzen, in welche die Verzierung vertieft hineingeschnitten war. Im 16. Jahrh. wurde das Flachornament am meisten als Deckenverzierung angewendet, auch die Ledermosaik (s. d.) sehr gepflegt. Mit seltenem Kunstverständnis verzierte der um die Buchdruckervergoldekunst äußerst verdiente Italiener Thomaso Maioli Einbanddecken vorzugsweise durch Band- und Cartouchenmuster in Blindpressung, die von Goldlinien eingefaßt und mit goldenen Blättern ¶
mehr
und Ranken durchflochten waren. Jean Grolier de Servin, ein Franzose, schuf farbenprächtige Ledermosaikarbeiten. Anfangs Maiolis
Arbeiten nachahmend, verwendete er bald hellere Farben, legte die Band- und Cartouchenornamente farbig aus und umzog sie mit
Goldlinien zur Begrenzung der Farben. In Deutschland
[* 4] verschaffte sich im 16. Jahrh. vorzugsweise die Rahmenform für Deckenverzierung,
in Golddruck und Blindpressung ausgeführt, Geltung. Die Vergoldung stand nicht auf der Höhe der ital.
und franz. Kunstleistungen, doch zeigt oft die Behandlung der Formen an Blatt- und Blütenornamenten große künstlerische
Gewandtheit. Im 17. Jahrh. führte Le
[* 5] Gascon (1640 - 55) Bucheinband
von hohem künstlerischem
Wert und großer Schönheit aus, vorwiegend mit dem Bandornament als Grundlage.
Durch den Dreißigjährigen Krieg, der in Deutschland das Kunsthandwerk zerstörte, geriet auch die Buchbinder
kunst in Verfall,
und die spätern Bucheinband
des 18. Jahrh. zeigen die Merkmale des Rokoko- und Barockstils. Die dekorative Kunst wie die Kunst überhaupt
sank, und charakterloses Allerlei trat als Zierat an die Stelle früherer Kunstleistungen. In den letzten
Jahrzehnten des 19. Jahrh. hat sich durch das allgemeine Erwachen der Kunstindustrie überhaupt
auch die Vergoldekunst und Buchdeckenverzierung wieder zu bedeutender Höhe emporgeschwungen, eine selbständige, neuzeitliche
Stilart oder Verzierungsweise hat sich jedoch nicht herausgebildet. Sehr beliebt sind in unserer Zeit die Bucheinband
nach
Grolierschen Vorbildern geworden, welche die Anwendung von Gold-, Schwarz-, Blinddruck und Ledermosaik gestatten und in feinfühlig
stilisierten Blumen, schmuckvollem Rankenwerk und Arabesken, Schildereien die reichste Abwechselung zulassen. -
Vgl. Fritzsche,
Moderne Bucheinband
(Lpz. 1878).
Maul, Deutsche
[* 6] Bucheinband
der Neuzeit. Eine Sammlung ausgeführter Arbeiten hg. unter Mitwirkung von Hans Friedel
(ebd. 1888): Lempertz, Bilderhefte zur Geschichte des Bücherhandels (13 Jahrg., Köln
[* 7] 1853 - 65): Le Roux de Lincy, Recherches
sur Jean Grolier (Par. 1866);
Libri, Monuments inédits de l'ornement des livres (Lond. 1862);
Julien (Pseudonym für Bachelin), Album de reliures artistiques et historiques des 16e - 19e siècles (Par. 1869): Marius Michel, La reliure française depuis l'invention de l'imprimerie jusqu'à la fin du 18e siècle (ebd. 1880);
ders., La reliure française commerciale et industrielle (ebd. 1881);
Zähnsdorf, The art of bookbinding (Lond. 1880);
O. Uzanne, La reliure moderne artistique et fantaisiste (Par. 1887);
Bickel, Büchereinbände des 15. bis 18. Jahrh. (42 Taf. mit Text, Lpz. 1892).
S. auch die Litteratur zu Buchbinderei.