Titel
Buchbinderei
nennt man das vorzugsweise mit Heften und
Binden von
Büchern, jedoch auch mit der
Anfertigung von
Arbeiten in
Pappe, Papier und verwandten
Stoffen beschäftigte
Gewerbe. Die Fabrikation von
Portefeuillewaren
(s. d.) und Kartonnagen (s. d.) hat
sich von der Buchbinderei
im engern
Sinne abgezweigt und tritt in neuerer Zeit immer mehr als selbständiges
Gewerbe
oder besonderer Fabrikbetrieb auf. Neben der noch vielfach int
Kleinen, handwerksmäßig betriebenen Buchbinderei
ist schon seit vielen
Jahren und insbesondere in neuerer Zeit immer mehr der Groß- und Fabrikbetrieb mit
Maschinen und
Arbeitsteilung zur Herrschaft
gelangt.
Die
Arbeit des Buchbindens besteht zunächst im Falzen oder Zusammenlegen,
Brechen des
Bogens in das vorgeschriebene
Format, in 2
Teile Folio, 4
Teile
Quart,
[* 2] 8
Teile Oktav u. s. w. Gegenüber der vielfach angewendeten Handfalzerei bietet die
heute sehr verbreitete Falzmaschine, die ein großes Arbeitsquantum liefert, viele
Vorteile. Eine Falzmaschine von Martini
& Comp. liefert stündlich bis 1500, eine Doppelfalzmaschine (s.
Tafel: Buchbinderei
III,
[* 1]
Fig. 8) 2000 und
mehr
Bogen.
[* 3] Die gefalzten
Bogen werden der richtigen Reihenfolge nach zusammengetragen und darauf kollationiert. Früher als
man noch zum Druck Papier ohne Leimung verwendete, ging dem Falzen das Planieren voraus; die
Bogen wurden durch mit etwas
Alaun
[* 4] versetztes Leimwasser gezogen, getrocknet und zur Erleichterung des Falzens mit dem
Schlaghammer
(Taf. I,
[* 1]
Fig. 8) geschlagen, oder man ließ die
Bogen durch ein
Walzwerk
[* 5] gehen. Da die Papierfabrikation
[* 6] jetzt bedeutend fortgeschritten
und die Buchdruckerei die
Bogen gleich geglättet (satiniert) an den Buchbinder
liefert, so kommt das Planieren und
Schlagen
vor dem Falzen nur höchst selten noch vor. Sind also nach dem Falzen die
Bücher kollationiert, so werden
sie beim Handbetrieb mit dem
Schlaghammer geschlagen, bis jede Unebenheit ausgeglichen ist, beim Maschinenbetrieb gewalzt,
indem man je 5-6
Bogen auf einmal durch ein Satinierwalzwerk (Taf. I,
[* 1]
Fig. 1) gehen
läßt. Dem zu bindenden
Buche werden nun die ihm zum Halt und zur Zierde dienenden
Vorsatzblätter beigefügt,
die in der Regel aus zwei ganzen
Blättern und einem halben
Blatt
[* 7] bestehen, das der Falz
[* 8] genannt wird; dann erfolgt das Heften
auf der
Heftlade (Taf. III,
[* 1]
Fig. 7) durch
Zwirn in
Verbindung mit Bindfaden
(Bünde).
Für die
Bünde, deren man 2-5, je nach
Größe des
Buches anwendet, macht man Sägeschnitte in den Rücken
der
Bücher, wenn die
Bünde vertieft liegen sollen; ohne Einschnitte auf Bindfaden geheftete
Bücher erhalten erhabene
Bünde.
Das Einsägen geschieht in größern Buchbinderei
durch die Einsägemaschine (Taf. I,
[* 1]
Fig.
4), in die man mehrere kreisförmige Sägen,
[* 9] entsprechend der Zahl der für die
Bünde nötigen Vertiefungen,
einsetzen und beliebig auseinander rücken kann.
Auch das Heften geschieht in neuester Zeit nicht mehr mit der
Hand
[* 10] und durch
Zwirn, sondern durch
Drahtheftmaschinen (Taf. II,
[* 1]
Fig. 3
u. 7). Ist das
Buch geheftet, so werden die
Bünde in
die richtige Länge geschnitten und das Vorsatzpapier, d. h.
der schmale
Bruch innen mit
Kleister an den zweiten
Bogen gut angeklebt, die
Bünde aufgeschabt, sodaß ein flach liegendes Faserwerk
entsteht, und dann mit heißem Leim geleimt, um eine innigere
Verbindung zu erzielen. Nach dem
Trocknen beschneidet man die
Vorderseite und klopft das
Buch rund, wodurch die gleichmäßige Wölbung des Rückens und die gleiche,
hohlkehlenartige Rundung des Vorderschnittes hergestellt wird, setzt dann das
Buch zwischen
Bretter, doch so, daß diese so
weit vom Rücken abstehen, als der nun zu bildende Falz stark werden soll, in die
Presse
[* 11] und dreht diese mit dem
Preßbengel
(Taf. I,
[* 1]
Fig. 7) stark zu. Die
Stärke
[* 12] des anzubringenden Falzes richtet sich nach den Deckeln, die das
Buch erhalten soll, und wird dadurch erzeugt, daß man den geleimten Rücken erst mit
Kleister ein wenig erweicht, hierauf
mit dem Kaschiereisen nach links und rechts herüberdrückt und dann noch mit dem Hammer
[* 13] durch leichtes
Schlagen in die richtige
Form klopft. Dies wird in allen größern Buchbinderei
mit der Endossier- oder
Abpreßmaschine (Taf. I,
[* 1]
Fig. 6) ausgeführt; der mit
ihr zu erzielende Nutzen ist sehr bedeutend,
da man bis zu 200
Bücher stündlich damit abpressen kann. Um den Rücken schön
und gleichmäßig abzurunden, bedient man sich der Rückenrundemaschine (Taf.
III,
[* 1]
Fig. 2), die gleich vorzüglich die mit
Draht
[* 14] und die mit
Zwirn gehefteten Rücken rundet. Sind die
Bücher abgepreßt,
so werden sie in kleinern Werkstätten in der
Beschneidepresse (Taf. II,
[* 1]
Fig. 5) mittels des Beschneidehobels
[* 1]
(Fig.
6) beschnitten, während man fast in jeder größern Buchbinderei
Beschneidemaschinen
[* 1]
(Fig. 1, 4
u. 14) eingeführt
hat, die mit Leichtigkeit ein großes Arbeitsquantum bewältigen.
Der farbige Beschnitt wird meist farbig verziert, und zwar wird bei einfarbigem Schnitt die anzuwendende Farbe erst mit Wasser und ein wenig Kleister auf einem Stein gut verrieben und die Schnitte mit einem Borstenpinsel gleichmäßig bestrichen; nach dem Trocknen preßt man die Bücher ein und glättet den Schnitt mit dem Glättzahn (Taf. III, [* 1] Fig. 4). Eine andere Art ist der gesprengte oder gespritzte Schnitt. Die Bücher werden dabei eingepreßt und die Farbe mit einem feinen Drahtgitter (Sprenggitter, Taf. I, [* 1] Fig. 3) und einer mit Farbe versehenen Bürste (Sprengbürste, [* 1] Fig. 2) aufgespritzt.
Durch die Wahl passender Farben und deren Aufsprengen in möglichst gleichmäßigen kleinen Tropfen können sehr hübsche Wirkungen erzielt werden. Der marmorierte Schnitt ist der beliebteste und gut ausgeführt auch der schönste. Seine Herstellung war früher mit vielen Umständlichkeiten und Schwierigkeiten verbunden, jetzt sind Marmorierapparate (Taf. III, [* 1] Fig. 6), die alle nötigen Präparate und Utensilien in bester Qualität enthalten, billig zu beziehen.
Ausgeführt wird er so, daß man einen Blechkasten zur Hälfte mit Grundwasser, [* 15] bestehend aus Carrageenmoos oder Traganthgummischleim, füllt und darauf die in Wasser und Spiritus [* 16] abgeriebenen Farben, denen ein geringer Zusatz von Ochsengalle beigefügt wurde, spritzt. Durch weiteres Aufspritzen von verdünnter Ochsengalle zerteilt sich die Farbe zu einem marmorähnlichen Gewebe, [* 17] in das man den Schnitt leicht eintaucht, der die Farbe abhebt. Beim Kamm-Federschnitt zieht man die aufgespritzten Farben mit einer Nadel oder einem Stäbchen von der einen ¶
mehr
Seite des Kastens nach der andern herüber und hinüber, hierauf wird der Kamm an der einen Seite des Kastens angesetzt und durch die Farbstreifen hindurchgezogen; langsames Ziehen giebt runde, rasches spitzige federartige Zeichnung. Beim Goldschnitt werden die Schnittflächen der Bücher aufs feinste geschabt und geglättet und mit in Wasser und Eiweiß abgeriebenem Bolus bestrichen und dann das Gold [* 19] aufgelegt, das mit dem Goldmesser (Taf. II, [* 18] Fig. 15), das eine flache, vorn abgerundete Klinge von etwa 2–3 cm Breite [* 20] hat, von dem Goldkissen [* 18] (Fig. 10), einem flachen Polster von festem Leder, die Fleischseite nach außen und durch Haarfüllung hergestellt, auf dem das Gold vorher geschnitten wird, abgehoben wird.
Nach dem Trocknen wird der Schnitt wieder mit dem Glättzahn geglättet. Weitere Schnittarten von schöner gediegener Wirkung sind: der ciselierte Schnitt, bei dem mit kleinen Instrumenten, sog. Punzen, Sterne, Linien, Bogen u. dgl. frei aus der Hand oder nach Zeichnungen eingeschlagen werden;
der sog. spanische Schnitt, durch Aufdrücken von Stempeln;
der Pariser Schnitt, durch Malen und teilweises Vergolden erzeugt.
Ist der Schnitt fertig, so erfolgt das Kapitalen, eine Verzierung unmittelbar vor dem Buchrücken, die auch zur Befestigung des Rückens dient und aus einem Streifen Zeug besteht, das nach außen mit einer Schnur versehen ist, die bei Prachtbänden mit farbiger Seide [* 21] überstochen wird. Bei Büchern, die nur mit Papier (Pappband) oder engl. Leinwand (Leinwandband) überzogen werden, macht sich zunächst das Anbringen eines von dünner Pappe gebrochenen Rückens notwendig, dann erfolgt das Ansetzen der stärkern Deckelpappen, die man mit dazu passenden Linealen (Kantenlinealen) und Messern an den drei Buchseiten abschneidet oder formiert.
Meist bedient man sich zum Schneiden der Pappen einer Maschine,
[* 22] Pappschere (Taf. I,
[* 18]
Fig. 5) und Pappenkreisschere (Taf.II,
[* 18]
Fig. 13), zum Ritzen der Ritzmaschine
[* 18]
(Fig. 2), sowie zum Schrägen der Deckelpappen einer Kantenschrägmaschine (Taf. III,
[* 18]
Fig. 3). Zur Bearbeitung (Schärfen) fast aller Ledersorten, die in der Buchbinderei
, Portefeuillewaren- und Albumfabrikation
Verwendung finden, dient die Lederschärfmaschine (Taf. I,
[* 18]
Fig. 9). Um
Reise-, Notiz- und Geschäftsbücher an den Ecken abzurunden, benutzt man viel die Eckenrundstoßmaschine
[* 18]
(Fig. 11). Nun erfolgt
das Überziehen des Einbandes mit verschiedenen Stoffen, als Papier, Kaliko, Leder, Pergament, Seide und Sammet, um dem Buche
die noch fehlende Haltbarkeit, gutes Aussehen und Eleganz zu verleihen. Die Ausstanzmaschine (Taf. II,
[* 18]
Fig. 12) wird in der
Buchbinderei
vielfach benutzt, um die genannten Stoffe in Massen nach bestimmten Formen zu verarbeiten und auszuschneiden.
Die Leistungsfähigkeit ist außerordentlich und es können von Papier per Tag leicht 300000 Ausschnitte gemacht
werden. Hauptsächlich aber findet die Ausstanzmaschine Verwendung bei der Fabrikation von Kartonnagen, dann zum Ausstanzen
von Couverts, Etiketten, Karten u. dgl. m. Um den Überzug gut haftend zu machen, wird er und auch der Deckel mit Leim bestrichen,
glatt aufgelegt und gut angerieben, eine Arbeit, die viel Übung erfordert. In vielen größern Buchbinderei
bedient
man sich der Anreibemaschine (Taf. II,
[* 18]
Fig. 8), die vorzugsweise zum Anreiben von
Leinwanddeckeln benutzt wird, da die Leinwand durch sie keinen Glanz
erhält und die Verbindung fester wird.
Die Bucheinbände zerfallen je nach dem Material, mit dem ihr Äußeres bekleidet wird, in verschiedene Kategorien. Bei der Broschüre werden die Bogen nur mit zwei Stichen in der Mitte, teilweise auch gar nicht geheftet, und das Buch wird dann unbeschnitten in einen bedruckten Umschlag von Papier durch Ankleben an den Rücken eingefügt. Den niedrigsten Rang unter den Bucheinbänden nimmt die Steifbroschur ein, sie wird zwar auf Bindfaden, aber nur leicht, geheftet, die Deckel werden nur von dünner Pappe (Schrenz) gemacht und das Ganze mit Papier höchstens unter Anwendung eines Leinwandrückens überzogen und beschnitten.
Der Pappband erhält unter den Papierüberzug einen Rücken von dünner Pappe und stärkere Deckel mit Kanten. Mit Halbleinwand- und Halblederband bezeichnet man die Bücher, deren Rücken und Ecken mit Leinwand (Kaliko), bez. Leder versehen sind. Ist der Halblederband besonders sorgfältig im Heften, Abpressen, Ansetzen u. s. w. behandelt und der Rücken überdies vergoldet (mit Goldtitel versehen), so nennt man ihn Halbfranzband. Ist ein Buch ganz mit Leinwand oder Leder überzogen, so ist dies ein Ganzleinwand-, bez. Ganzlederband. Ganzfranz nennt man wohl auch den Lederband, der ebenso wie der Halbfranzband besonders sorgfältig gearbeitet und vergoldet ist. Weiter unterscheidet man nach den Überzugsstoffen Pergament-, Sammet- und Atlasband.
Von Verbindungen der Bogen (Blätter) miteinander ohne Heften kommen zwei Arten in der Buchbinderei
zur Anwendung. Das erste Verfahren beruht
auf der Verbindung mit Raspel gefaserter einzelner Buchblätter (durch Abschneiden des Rückens erzielt)
mit einer Lösung von Kautschuk in Benzin, mit welcher der Rücken mehrmals überfahren wird; das zweite, dem Buchbinder H.
Baumfalk in Esens 1879 patentierte Verfahren beruht auf der Verbindung des gefaserten Buchrückens mit Leim in Verbindung mit
Baumwollfaser; hierbei wird das Buch sowohl vorn wie am Rücken gleichmäßig beschnitten, in einer Hohlkehle
gerundet, eingepreßt, geraspelt, geleimt und mit Barchent überklebt. Beide Arten, besonders letztere, sind bei sorgfältiger
Behandlung sehr dauerhaft.
Als besondere Zweige der Buchbinderei
haben sich im Laufe der Jahre, begünstigt durch den immer größer werdenden
Konsum, verschiedene Specialgeschäfte gebildet, so die Liniieranstalten und Geschäftsbücherfabriken.
Bei Geschäftsbüchern ist größtmögliche Haltbarkeit, verbunden mit flachem Aufschlagen des Buchs, die Hauptsache; das erstere
wird erreicht durch Heften des Papiers auf starke Leinenbänder mit gutem Hanfzwirn sowie Überkleben des Buchrückens mit
weichem Leder oder Leinwand, Benutzung starker Pappen und durch starke Leinwand, Moleskin oder Leder als
Überzug; die letztere Eigenschaft erzielt man durch den sog. Sprungrücken, einen von sich verjüngenden dünnen Pappstreifen
geklebten Buchrücken, der, selbst unbiegsam, dem Buche eine große Elasticität beim Aufmachen verleiht. Eine der vollkommensten
in den Liniieranstalten und Geschäftsbücherfabriken verwendeten Liniiermaschinen ist die auf Taf.
III,
[* 18]
Fig. 1 dargestellte Universal-Rollenliniiermaschine von Forste+Tromm in Leipzig.
[* 23] Diese Maschinen liefern
stündlich etwa 4000 Bogen zweiseitige Liniaturen, ein- oder mehrfarbig; sie liniieren und
¶
Anfang der 42zeiligen Bibel: [* 25] Vorrede des heiligen Hieronymus.
(Phototypisches Faksimile des Originals der k. k. Hofbibliothek zu Wien.) [* 26] ¶
mehr
karieren Postpapiere, erzeugen alle Arten abgesetzte Liniaturen und eignen sich zum Liniieren der kompliziertesten Geschäftsbücher. Neben der Bekleidung mit verschiedenem Material verdient auch die sonstige Ausstattung als ein wesentlicher Teil des Buches Beachtung. Zu den Farben- und Goldschnitten gesellt sich der Präge-, Gold- und Farbendruck, der in der und den verwandten Zweigen als Verzierungstechnik von Buchdecken, Mappen, Albums u. dgl. häufig angewendet wird. Die viel Erfahrung und Kenntnisse erfordernde Technik des Handvergoldens besteht im wesentlichen darin, daß auf einen Stoff, der mit einem durch Wärme [* 28] lösbaren Bindemittel bestrichen ist, dünnes Blattmetall mittels des Goldmessers geschnitten, mit erhitzten Messinggravuren (Fileten oder Stempel), die mit einem, mit Handgriff versehenen Schriftkasten (Taf. II, [* 27] Fig. 9) zusammengestellt und -geschraubt sind, aufgepreßt und so zum Halten gebracht wird. Zum Erhitzen der Fileten und Stempel dient der Leim- und Vergoldeapparat [* 27] (Fig. 11). Der Druck muß sicher, energisch und schnell erfolgen, und nur der richtig angewendete Wärmegrad und die sichere kräftige Führung der Filete oder des Schriftkastens wird einen reinen, glänzenden und vollkommenen Golddruck erzeugen. Lange Linien oder Ornamente [* 29] werden meist statt der Filete, mit der Rolle (Taf. III, [* 27] Fig. 5) erzeugt, einem Instrument, auf dessen Kreislinie ein fortlaufendes Ornament graviert ist oder das aus Linienrollen besteht, die an einer Stelle durchbrochen und in Gehrungen zugefeilt sind, um gefällige Eckverbinduugen zu erzeugen.
Zum schnellen und sichern Vergolden haben Bolle + Jordan in Berlin [* 30] einen Kantenvergoldeapparat konstruiert, der sich vorzüglich zum Vergolden gerader Flächen, wie auch abgeschrägter Kanten eignet. Das Preßvergolden, also der Maschinengolddruck, wird besonders bei Massenherstellung von Buchdecken u. dgl. sehr erfolgreich augewendet. Hier werden nicht wie beim Handvergolden die Ornamente und Schriften einzeln oder nach und nach aufgepreßt, sondern gleich vor dem Druck zu einer ganzen Druckstäche vereinigt.
Infolge des kräftigen gleichmäßigen Druckes und der sicher regulierbaren Hitze bietet der Pressendruck weit weniger technische Schwierigkeiten als der Handdruck, und seine quantitative Leistung ist gegenüber letzterm außerordentlich groß. Die früher viel ausgeführten Balancierpressen, als Vergolde-, Blinddruck- und Prägepressen, baut man heute mit Hebeleinrichtung (Taf. II, [* 27] Fig. 16), wenn man nicht Dampfbetrieb wählt. Zu außerordentlich schweren Drucken, wie zum Vergolden von Buntpapieren, zum Pressen von Leder, Tapeten u. s. w., gebraucht man viel die hydraulischen, von J. Heim in Offenbach [* 31] gebauten Prägepressen, die einen überaus starken Kraftaufwand ermöglichen.
Der Drucktiegel ist durch Dampf [* 32] oder Gas heizbar eingerichtet. Um die Decken von dem lose auf ihnen haftenden überschüssigen Golde zu reinigen und um Verlust und Verunreinigung dieses Materials zu verhindern, kommen die vergoldeten Decken in die Goldabkehrmaschine (Taf. I, [* 27] Fig. 10), welche in der Hauptsache aus einem dicht schließenden Schrank [* 33] besteht, in dessen Innern eine Bürstenwalze gelagert ist, die, in rotierende Bewegung gesetzt, das lockere Gold abkehrt, welches durch ein Gitterwerk in einen verschlossenen Kasten fällt.
Zur Ausführung des in neuester Zeit zu hohen Vollkommenheit gelangten Farbendruckes dienen ebenfalls die vorerwähnten Pressen. Seine Technik ist vielfach dem Buchdruck entlehnt und die dazu benutzten Platten sind entweder gravierte Messing- oder geätzte Zinkplatten. Die erstern sind sehr dauerhaft, die letztern bedeutend billiger. Die geringere Haltbarkeit der Zinkplatten ist auch beim Farbendruck kein Hindernis, da die Narben des Kaliko mit einer blanken Messingplatte erst niedergedrückt werden und eine glatte Fläche keinen heißen Vordruck erfordert.
Jeder Farbendruck verlangt einen scharfen, spiegelblanken Vordruck mit heißer Presse, der wesentlich zum guten Gelingen beiträgt. Auf dunklem Grunde sind weiße oder sonst helle Farben schwer oder nur unter Anwendung besonderer Maßregeln zum Decken zu bringen. In der Regel ist erst ein mit Gold- oder Silberbronze eingestaubter Unterdruck nötig, der so eine helle, vollständig den dunklen Grund deckende Fläche erzeugt, auf der dann die aufzudruckenden hellen Farben sehr gut stehen. Die Reihenfolge der Farbenplatten giebt meist der Graveur. Die Anwendung von Deck- und Übergangstönen ist wegen der starken Deckkraft der zähen Farbe noch ziemlich beschränkt, und Übergangstöne sind am besten noch durch Anwendung des Irisdruckes (s. d.) zu erreichen.
In neuester Zeit ist für Bucheinbände auch die Ledermosaik und der Lederschnitt (s. d.) wieder in Aufnahme gekommen, auch dienen Schlösser (Schließen) und Beschläge (Ecken) oft aus edlem Metalle als Verzierung des Buchdeckels, namentlich an Sammetbänden (s. Bucheinband).
Nach der Berufszählung von 1882 (neuere Erhebungen liegen nicht vor) waren in Deutschland [* 34] für und Kartonnagenfabrikation 13213 Betriebe vorhanden, in denen 42732 Personen (32023 männliche, 10709 weibliche) beschäftigt waren. Für 1892 werden etwa 15000 Betriebe und gegen 60000 Arbeitskräfte anzunehmen sein.
Vgl. Brade, Illustriertes Buchbinderbuch (3. Aufl., Halle [* 35] 1882);
Bauer, Handbuch der Buchbinderei
(Weim. 1881);
Grosse, Der Gold- und Farbendruck auf Kaliko, Leder u. s. w. (Wien 1889);
Adam, Der Bucheinband.
Seine Technik und seine Geschichte (Lpz. 1890).
S. auch die Litteratur zu dem Artikel Bucheinband.