Brunner
,
Sebastian, kathol. Theolog und Schriftsteller, geb. zu Wien, [* 2] studierte daselbst Theologie, fungierte, 1838 zum Priester geweiht, an verschiedenen Orten der Wiener Diözese als Kaplan und wurde 1843-48 von Metternich verwendet, um die Gesandtschaftsberichte über die religiöse und politische Bewegung zusammenzustellen und zu beurteilen. 1846 vom Staatskanzler nach Deutschland [* 3] und Frankreich gesandt, machte er über seine Beobachtungen ein Referat, worin er das Losbrechen der Revolution in längstens zwei Jahren voraussagte. Im J. 1848 begründete er die »Wiener katholische Kirchenzeitung«, die er bis 1865 herausgab, und wurde Doktor der Theologie, bekleidete darauf 1853-65 die Stelle eines Universitätspredigers zu Wien und wurde dann zum apostolischen Protonotar und päpstlichen Hausprälaten, 1875 zum fürsterzbischöflichen Konsistorialrat in Wien ernannt.
Als Schriftsteller erinnert Brunner
durch kapuzinerhaften
Humor und
Witz an
Abraham a Santa Clara, während er in
Bezug auf edle
Gesinnung das Gegenteil von ihm bildet. Wir nennen von seinen zahlreichen, fast alle
Erscheinungen des modernen
Lebens vom ultramontanen Standpunkt aus bekämpfenden
Schriften: das didaktische Gedicht »Die
Welt ein
Epos«, eine fanatisch-geistlose
Verketzerung der
Philosophie
(Wien 1844; 4. Aufl., Regensb. 1857);
die gegen die politischen, litterarischen und religiösen Zustände gerichteten Dichtungen: »Der Nebeljungen Lied« (das. 1845, 3. Aufl. 1852) und »Der deutsche Hiob« (2. Aufl., das. 1846; daraus besonders abgedruckt: »Johannes Ronge, der Luther des 19. Jahrh.«);
ferner »Blöde Ritter. Poetische Galerie deutscher Staatspfiffe« (das. 1848);
die Romane: »Des Genies Malheur und Glück« (Leipz. 1843, 2 Bde.),
»Fremde und Heimat« (Wien 1845),
»Die Prinzenschule zu Möpselglück« (Regensb. 1847) und »Diogenes von Azzelbrunn« (Wien 1853);
die Schrift »Das deutsche Reichsvieh« (2. Aufl., das. 1849);
die skandalösen »Keilschriften« (das. 1856);
»Woher? Wohin?«, eine Art Selbstbiographie (das. 1855, 2 Bde.).
Später folgten Reisebeschreibungen, wie: »Kennst du das Land? Heitere Fahrten durch Italien« [* 4] (Wien 1857),
»Aus dem Venediger- und Longobardenland« (das. 1860),
»Unter Lebendigen und Toten« (das. 1862),
sowie historische Werke, wie: »Klemens Maria Hoffbauer und seine Zeit« (das. 1858),
»Die theologische Dienerschaft am Hof [* 5] Josephs II.« (das. 1868),
»Die Mysterien der Aufklärung in Österreich [* 6] 1770-1800« (Mainz [* 7] 1869),
»Der Humor in der Diplomatie und Regierungskunde des 18. Jahrhunderts« (das. 1872, 2 Bde.),
die Biographie Josephs II. (Freiburg [* 8] 1874),
»Ein Benediktinerbuch«, Geschichte etc. der Benediktinerstifter (Würzb. 1880),
»Ein Chorherrenbuch« (das. 1883) und
»Hau- und
Bausteine zu einer Litteraturgeschichte
der
Deutschen«
(Wien 1884 ff.). Nicht ohne
Interesse für die
Kunstgeschichte sind: »Die Kunstgenossen der
Klosterzelle«
(Wien 1863) und
»Heitere
Studien und
Kritiken in und über
Italien« (das. 1866, 2 Bde.).
Auch
gab Brunner
die »Correspondances intimes de l'empereur
Joseph II avec son ami
le comte de
Cobenzl et son premier ministre le
prince de
Kaunitz«
(Mainz 1871) heraus. Seine »Gesammelten
Erzählungen und poetischen
Schriften« erschienen
in 18
Bänden (Regensb. 1863-77).