Brüder
des
gemeinsamen
Lebens
oder
Brüder vom guten Willen (fratres communis vitae, fratres bonae voluntatis, fratres
devoti, auch Hieronymianer oder Gregorianer nach
¶
mehr
Hieronymus und Gregor d. Gr., die sie als Patrone betrachteten) hieß eine christl. Brüderschaft, die von Gerhard Groote (s. d.)
um 1376 gestiftet und von Florentius Radewins (Radewynzoon, d. h. Sohn des
Radewin, einem Utrechter Kleriker, geb. 1350, gest.
1400) und Gerhard Zerbolt (1367) weiter geführt wurde. Die Brüder des gemeinsamen Lebens
führten in eigenen «Fraterhäusern»
ein klösterliches Leben, hatten Besitz, Tracht, Mahlzeiten und Erbauung gemeinsam, doch ohne durch ein Gelübde gebunden zu
sein, übten strenge Ascese, beschäftigten sich besonders mit Abschreiben von Büchern, mit Gebet und Erziehung der Jugend.
An der Spitze jedes
Hauses stand ein Rektor. Alljährlich kamen die Rektoren zu gemeinsamer
Beratung zusammen.
Der Rektor des
Haupthauses zu Deventer wurde «Vater» genannt. Außer den Brüderhäusern gab es auch Schwesternhäuser. Einem
solchen Hause stand eine Pflegerin, Martha genannt, vor; über alle Schwesternhäuser führte eine Obermartha zu Utrecht
[* 3] die
Aufsicht. Trotz der Feindschaft der Bettelmönche wurde ihre Vereinigung von mehrern Päpsten, auch von dem Konzil
zu Konstanz
[* 4] bestätigt.
Die Anzahl der Brüderhäuser mehrte sich vorzüglich in den Niederlanden, wo die Häuser Windesheim
bei Deventer und Agnetenberg
bei Zwolle berühmt wurden, und in ganz Norddeutschland, aber auch in Italien,
[* 5] Sicilien, Portugal
[* 6] so, daß 1430 deren schon 45,
etwa 30 Jahre später aber mehr als 130 gezählt wurden. Das letzte entstand 1505 zu Cambrai. Später
traten viele der Brüder der Reformation bei, andere ihrer Stiftungen nahmen die Jesuiten in Besitz, sodaß die Genossenschaft
allmählich erlosch. Aus den Brüderhäusern sind viele berühmte Männer hervorgegangen, wie Hendrik Maude, Thomas a Kempis,
der Kardinal Nikolaus Cusa, Wessel u. a.; auch Erasmus verdankte ihnen seine Bildung. -
Vgl. Delprat, Die
Brüderschaft des gemeinsamen Lebens
(deutsch von Mohnike, Lpz 1840);
Ullmann, Reformatoren vor der Reformation (2 Bde., 2. Aufl., Gotha [* 7] 1866);
Acquoy, Het Kloster te Windesheim
(Utrecht 1875);
Kettlewell, Thomas a Kempis and the brothers of common life (2 Bde., Lond. 1882);
Bonet-Maury, De opere scholastico fratrum vitae communis (Par. 1889).