Titel
Bruchsal.
1)
Amtsbezirk im bad.
Kreis
[* 2]
Karlsruhe,
[* 3] hat (1890) 58 435 (28 828 männl., 29 607 weibl.) E., darunter 8776
Evangelische
und 1278 Israeliten; 12 378 Haushaltungen und 30 Gemeinden.- 2) Hauptstadt des
Amtsbezirks Bruchsal
, 21 km von
Karlsruhe, in 144 m
Höhe, an dem Saalbach, bei dessen
Austritt aus dem Kraichgauer Hügelland in die Rheinebene, an den Linien
Heidelberg-Karlsruhe-Bruchsal-Germersheim
(25,6 km) und
Bruchsal-Stuttgart (78,5 km) der
Bad.
[* 4] Staatsbahnen,
[* 5] besteht aus der eigentlichen Stadt und 2 jenseit
des Saalbachs liegenden Vorstädten
(Württemberger und Durlacher) und hat (1890) 11 902 (6279 männl., 5623 weibl.) E., darunter 2958
Evangelische
und 736 Israeliten, in Garnison (637 Mann) die 1., 2., 3., 5. Eskadron des 21. Dragonerregiments und
eine Compagnie des 110.
Regiments zur Bewachung der
Strafanstalten; Post erster
Klasse,
Telegraph,
[* 6]
Bezirksamt,
Amtsgericht (Landgericht
Karlsruhe), Obereinnehmerei, Domänenverwaltung, Obersteuerkommissariat, Eisenbahn-Oberbetriebsinspektion, Bahnbauinspektion,
Bahnamt (37,39 km Linien) und ein Proviantamt.
Bemerkenswert sind das früher fürstbischöfl. Schönbornsche Residenzschloß, 1720-70 in Barock aufgeführt, jetzt teilweise als Kaserne und Garnisonlazarett benutzt, die Schloßkirche (Simultankirche), die kath. Peterskirche in ital. Bauart mit der Gruft der Fürstbischöfe, die neue Synagoge, das Zellengefängnis, 1845 von Hübsch erbaut, das Kriegerdenkmal für 1870/71 im deutschen Renaissancestil, die Büste des bad. Ministers Beck (gest. 1855), das neue Pfründnerhaus, das Hoheneggerhaus (altes Herrenhaus aus dem 15. Jahrh.). Ferner bestehen ein großherzogl. Gymnasium, 1757 gestiftet (Direktor Ammann, 15 Lehrer, 9 Klassen, 300 Schüler), höhere Bürgerschule nebst Pensionat, höhere Mädchenschule, Gas- und Wasserwerk, ein Männerzuchthaus nach pennsylvan.
System (1848), ein Landesgefängnis nebst Frauenstrafanstalt im alten Schloß, ein
Theater,
[* 7] ein schönes Schwimmbad und mehrere
Vereine.
Die Industrie besteht in der Fabrikation von Eisenbahnbedarfsgegenständen (besonders Centralweichenstellung),
Malz,
Tabak
[* 8] und Cigarren, Seife,
Kerzen, Lampen,
[* 9] Gewehrschäften, Kisten und Faßdauben; auch giebt es mehrere Sägewerke,
Ziegeleien und
Brauereien. Der bedeutende
Handel, unterstützt durch eine Reichsbanknebenstelle, erstreckt sich auf
Tabak, Hopfen
[* 10] und Gerste.
[* 11] Die in der Mitte des 18. Jahrh. errichtete Saline ist seit
Anlage der Salzwerke zu Dürrheim
(s. d.) und Rappenau (seit 1824) aufgegeben worden. - Bruchsal
(zuerst
noch 937 Bruxolegum) war früher eine kaiserl. Pfalz, die
Kaiser
Otto III. 1002 seinem Vetter, dem
Herzog
Otto von Francien,
übergab, um ihn für den alten
Palast zu Worms
[* 12] schadlos zu halten, den dieser nach seinem Wunsche dem
Bischof Burkard von Worms abgetreten hatte.
Nach dem Aussterben der
Herzöge von Francien kam Bruchsal
durch Erbschaft an das jüngere Speiersche Haus, dessen Haupt damals
König Konrad II. der Salier war. Doch schon dessen Sohn
Heinrich III. schenkte Bruchsal
1056 dem Hochstift
Speier,
[* 13] unter dessen
Schutz der Ort als Sommerresidenz der
Bischöfe von
Speier seit 1105 allmählich zur Stadt heranwuchs,
und dem es bis zum Luneviller Frieden verblieb, worauf es 1802 nebst den
Teilen des
Bistums am rechten Rheinufer an
Baden
[* 14] kam.
Das Schloß im Rokokostil mit Fresken von Zick und feinen
Stuckarbeiten wurde 1801 Witwenresidenz der Markgräfin
Amalie von
Baden, nach deren
Tode (1832) es nicht mehr von Fürstlichkeiten bewohnt wurde. -
Vgl. Feigenbuz, Der Kraichgau und seine Orte,
das Bruchsaler
Schloß;
Stocker, Der
Amtsbezirk Bruchsal.