(altdeutsch bruch, pruh), ein
Wort, welches außer seinem gewöhnlichen
Sinne noch verschiedene spezielle Bedeutungen
hat. In der alten Rechtssprache bezeichnet es z. B. ein
Vergehen sowie die darauf gesetzte
Strafe (s.
Brüche). - In der
Mineralogie
heißt Bruch die Gestaltung der
Fläche, welche entsteht, wenn ein
Mineral beim Zerschlagen in einer andern
Richtung als derjenigen seiner etwanigen
Spaltbarkeit (s. d.) zerspringt; vgl.
Mineralien
[* 3] (physikalische
Eigenschaften). - In der
Jägerei heißt ein
Zweig von
Laub- oder Nadelholz, welcher zum Zeichen einer erfolgreichen
Jagd an die Kopfbedeckung gesteckt
wird; auch ein
Zweig, durch welchen man den
Anschuß sowie die
Fährte
[* 4] desHoch- oder
Schwarzwildes, namentlich
bei der Nachsuche aus ein verwundetes
Stück, bezeichnet, wobei man den Bruch so legt, daß das abgebrochene Ende nach der
Richtung
zeigt, wohin das
Wild gezogen ist
(Verbrechen derFährte).
(gebrochene Zahl,Fractio), in der
Arithmetik eine Zahl, welche aus einer bestimmten Anzahl gleicher Teile der
Einheit besteht. Die Zahl, welche angibt, in wieviel gleiche Teile die
Einheit zerlegt ist, heißt der
Nenner; die Zahl dagegen,
welche angibt, wieviel solcher Teile der Bruch enthält, wird der
Zähler des
Bruches genannt. Beide werden durch einen horizontalen
oder schrägen
Strich getrennt, wobei der
Zähler zu oberst oder zuerst gesetzt wird; z. B. 5/7 oder 5/7,
d. h. fünf Siebentel.
Ein Bruch heißt echt, wenn sein
Zähler kleiner ist als der
Nenner, z. B. 5/7; im entgegengesetzten
Fall unecht, z. B. 12/5, 16/9.
Man unterscheidet ferner gewöhnliche oder gemeine
Brüche, wie die genannten, und Dezimalbrüche, das sind solche, deren
NennerPotenzen von 10 sind, wie 15/100, 1625/1000 etc. Bei den Dezimalbrüchen
schreibt man aber den
Nenner nicht hin, sondern man scheidet zunächst die Ganzen ab oder setzt, wenn keine Ganzen vorhanden
sind, eine
Null, dahinter ein
Komma als Dezimalzeichen und darauf den
Zähler des Dezimalbruches, also in den beiden angegebenen
Fällen 0,15 und 1,625. Dabei ist die
Regel festzuhalten, daß der
Nenner eine 1 mit so viel
Nullen ist,
als der
ZählerZiffern hat.
Will man daher 15/1000 ausdrücken, so schreibt man 0,015; ebenso ist 0,0015
= 15/10,000. Die
Ziffern rechts vom Dezimalzeichen nennt man Dezimalstellen, und es gibt die erste derselben die
Zehntel, die folgende die Hundertstel, die nächste die Tausendstel an etc. Öfters, aber nicht
immer, werden sie durch kleinere
Ziffern von den Ganzen unterschieden (wie durchweg im
»Konversations-Lexikon«). Außer dem
Komma dient auch der
Punkt, entweder aus der
Linie oder über derselben, als Dezimalzeichen, z. B. 0.15 oder 0·15, 1.625 oder
1·625. Bei letzterer Schreibweise läßt man auch, wenn keine Ganzen vorhanden sind, die
Null vor dem
Punkt weg, schreibt also ·15 statt 0·15. Über die
Verwandlung gemeiner
Brüche in Dezimalbrüche und umgekehrt vgl.
Bruchrechnung.
dieser etwas veraltete
Ausdruck bezeichnet nur das
Produkt zweier
Brüche, z. B.
⅔ von 4/5 = ⅔. 4/5 = 8/15. Ein in welchem
Zähler oder
Nenner oder beide
Brüche enthalten, heißt ein
Doppelbruch;
z. B. 4 ⅔ /7, 5/8 /9, 3/ 4/7, 4/5 / 7/8, 2 2/5 / 3 5/6. Man verwandelt
einen solchen in
einen gewöhnlichen Bruch, indem man
Zähler und
Nenner mit dem
Produkt der
Nenner der beiden vorkommenden
Brüche
oder mit dem
Nenner des darin vorkommenden
Bruches multipliziert;
Schenkelbrüche (H. femoralis s. cruralis), wobei es durch den
Kanal
[* 7] austritt, durch welchen die
Schenkelpulsader und der Schenkelnerv aus der
Bauchhöhle heraus an den
Schenkel sich begeben;
einen Bruch der weißen
Linie (H. lineae albae) nennt man
das Austreten des
Eingeweides durch eine Öffnung der weißen
Linie;
einen Bauchbruch das Austreten des
Eingeweides durch eine
in der
Regel von einer frühern
Verletzung der Bauchwand herrührende Öffnung, welche sich vorn
oder an der Seite oder nach
hinten vorfinden kann;
einen Zwerchfellbruch (H. diaphragmatica) das Eintreten des
Eingeweides durch eine
Öffnung des
Zwerchfelles in die Brusthöhle;
einen Bruch des eirunden
Loches (H. foraminis ovalis s. obturatoria) das Austreten
des
Eingeweides durch die Ausgangsöffnung der
Gefäße aus dem
Becken durch die das eirunde
Loch verschließende
Membran;
einen
Hüftausschnittbruch (H. ischiadica) das Austreten desEingeweides durch die Incisura ischiadica major;
einen Scheidenbruch (H. vaginalis)
die Einlagerung von
Eingeweiden in einen Scheidenvorfall.
Ist an einer dieser Öffnungen nicht eine ganze
Darmschlinge, sondern nur eine Wand des
Rohrs vorgestülpt, so nennt man dies
Littreschen Bruch. Je nach dem
Eingeweide, welches
sich in dem Bruch befindet, unterscheidet man: den Darmbruch
(Enterocele), Netzbruch (Epiplocele), Darmnetzbruch (Enteroepiplocele),
Magenbruch (Gastrocele), Blasenbruch
(Cystocele), Gebärmutterbruch
(Hysterocele) und Eierstocksbruch (Oophorocele). Ein Bruch kann
ferner, er mag ein
Eingeweide enthalten, welches er wolle, durch die Austrittsöffnung in der Rückenlage
von selbst wieder zurücktreten oder mit größerer oder geringerer Leichtigkeit zurückgebracht werden und wird alsdann
ein beweglicher Bruch (H. mobilis) genannt; oder er kann wegen
Verwachsung des Bruchinhalts mit dem Bruchsack und wegen andrer,
später zu erwähnender Verhältnisse, ohne weitere
Erscheinungen zu veranlassen, nicht zurückgebracht
werden: unbeweglicher Bruch (II. immobilis, irreponibilis);
oder er kann endlich in der Gegend der Austrittsöffnung von den
umgebenden Teilen so eingeschnürt werden, daß dadurch der
Inhalt des
Eingeweides, wenn es ein Darmbruch ist, oder die
Zirkulation
des
Bluts in denGefäßen¶
mehr
gehemmt wird: eingeklemmter Bruch (H. incarcerata, strangulata). Ein Bruch ist zuweilen angeboren, d. h.
er zeigt sich schon bei Neugebornen, entweder gleich nach der Geburt oder wenige Tage nachher: angeborner Bruch (H. congenita),
oder er ist erworben (H. acquisita). Brüche kommen beim männlichen Geschlecht ungleich häufiger vor als beim weiblichen.
Besonders die Leistenbrüche werden bei männlichen Individuen am häufigsten beobachtet, während die
Schenkelbrüche öfter bei Weibern angetroffen werden. Leute, welche bei ihrer Arbeit viel stehen, wie Schreiner etc., leiden
viel öfter an Brüchen als solche mit sitzender Lebensweise; ferner kommen die Brüche auf der rechten Seite öfter vor als
auf der linken. Nicht selten werden mehrere Brüche an Einem Individuum beobachtet, zwei Leistenbrüche
oder zwei Schenkelbrüche, oder ein Leistenbruch und ein Schenkelbruch auf verschiedenen Seiten; weniger häufig sind zwei verschiedene
Brüche auf Einer Seite.
Der Bruch besteht aus zwei Hauptteilen: dem Bruchsack und dem Bruchinhalt. Da die innere Wand der Bauchdecken
(s. Bauch)
[* 9] von dem Bauchfell (s. d.) ausgekleidet ist, so muß dieses von den aus der Bauchhöhle unter die äußern Bedeckungen
heraustretenden Eingeweiden vorgedrängt werden, so daß es die Bruchhöhle auskleidet. Man nennt diese beutelförmige Ausstülpung
den Bruchsack; die Öffnung, durch welche der Bruch hervortritt, heißt die Bruchpforte, und in ihr
liegt der dünnere Teil des Bruches, der Bruchsackhals (collum), dem gegenüber sich der Grund des Bruches (fundus) befindet.
Zwischen beiden liegt der ausgedehnte Teil des Bruches, der Körper (corpus) desselben. Dieser ist bald kugelförmig, bald
cylindrisch, birnenförmig etc. Die innere Fläche des Bruchsackes trägt in der Regel und im Anfang alle
Charaktere des normalen Bauchfellesan sich, sie ist glatt und feucht, während die äußere, aus Bindegewebe bestehend, nach
und nach eine beträchtliche Dicke erreichen kann. Der Bruchsack ist jedoch nicht überall von gleicher Dicke; durch die beträchtliche
Ausdehnung,
[* 10] welche er zuweilen erleidet, verdünnt er sich an einzelnen Stellen so, daß hier zuweilen
sogar Zerreißungen stattfinden können und die Eingeweide dann unmittelbar unter die Haut gelangen, während an andern Stellen
sich bedeutende Verdickungen bilden, so daß mehrere Schichten entstehen, zwischen denen Flüssigkeiten (zuweilen 50-100 g)
und Fettmassen sich ansammeln.
Außer der Bauchspeicheldrüse und dem Zwölffingerdarm sind alle Baucheingeweide schon in Brüchen gefunden
worden; am häufigsten aber sind es der Dünndarm und das Netz, welche den Inhalt derselben bilden. Im Anfang ist es in der
Regel nur eine Darmschlinge; bleibt aber der Bruch sich selbst überlassen, so senken sich allmählich mehrere
Darmschlingen in denselben, bis sich zuweilen fast der ganze Darm
[* 11] in denselben einlagert. In der Folge
entstehen dann mannigfaltige Veränderungen, strangförmige und membranartige Verklebungen und Anheftungen, durch welche
die Zurückbringung eines alten Bruches unmöglich wird, und Absperrungen, Einschnürungen, wodurch die Bewegungen des Darminhalts
gehindert und durch Hemmung der Blutzirkulation bedeutende Störungen veranlaßt werden.
Als Hauptursache der Entstehung von Brüchen gilt eine gewisse Anlage. Es befinden sich beim Fötus eine
Anzahl von Öffnungen in den Bauchwänden, welche zur Zeit der Geburt schon verschlossen sein sollten, öfters jedoch über
die Geburt hinaus offen bleiben oder wenigstens sich nicht derartig verschließen, daß sie dem Andrang der Eingeweide
widerstehen
könnten. Auch durch Krankheitszustände, wie z. B. durch Wassersucht, Schwangerschaft, große Fettleibigkeit,
wenn eine rasche Abnahme der Ausdehnung des Bauches eintritt, werden an gewissen Stellen des Unterleibes wieder Öffnungen erzeugt,
die vorher verschlossen waren.
Selten jedoch entsteht ein Bruch plötzlich und auf einmal (wobei die betreffenden Individuen einen schmerzhaften
Ruck wahrnehmen), ohne daß der Bruch schon vorher in der Entwickelung begriffen gewesen wäre, welche aber von dem Kranken in der
Regel unbeachtet bleibt. Selbst für den Laien ist die Erkennung eines Bruches in der Regel leicht. An irgend
einer der öfters genannten sogen. natürlichen Bruchpforten erscheint eine Hervorragung, eine
Geschwulst, ohne Farbenveränderung der sie bedeckenden Haut.
Diese Geschwulst ist bei aufrechter Stellung größer, tritt auch beim Husten oder nach der Mahlzeit stärker hervor, während
sie beim Liegen und bei erschlafften Bauchdecken kleiner wird, ja sogar ganz verschwindet. Ist letzteres
nicht der Fall, so bedarf es nur eines leichten gleichmäßigen Druckes, um sie vollständig zu beseitigen. Die Geschwulst
ist an und für sich nicht schmerzhaft, mehr oder weniger elastisch. Beim Zurückbringen hört man einen eigentümlich gurrenden
und gluckernden Laut. In der Regel leiden Bruchkranke an Verdauungsbeschwerden, an ziehenden Schmerzen nach
der Geschwulst, an Blähungsbeschwerden, zuweilen an Übelkeit und Brechneigung.
Die Brüche mögen noch so klein und noch so leicht zurückbringbar sein, so sind sie doch immer mehr oder weniger lästig,
rufen öfters Schmerzen oder mindestens unangenehme Empfindungen hervor und können zu jeder Zeit sogar
gefährlich werden. Bei jedem Bruch können geringfügige Veranlassungen eine Einklemmung hervorrufen, die stets lebensgefährlich
ist und nur durch die allerumsichtigste Kunsthilfe beseitigt werden kann. Es muß deshalb jeder Bruch vor allen Dingen zurückgebracht
und dann auch zurückgehalten werden.
Die Zurückbringung (taxis, repositio) geschieht durch die Hand
[* 13] eines kunstgeübten Chirurgen; das Zurückhalten
(retentio) wird durch Bandagen (Bruchbänder) bewirkt. Die sogen. Radikalheilung der Brüche, für welche sehr verschiedene
Operationsmethoden angegeben und ausgeführt worden sind, soll einem Bruch, der nicht zurückgehalten werden kann,
den Patienten aber in höherm Maß belästigt, auf operativem Weg den Ausweg durch Verheilen oder Verödung des
Bruchsackes verschließen. Sie führen aber aber mehr oder weniger beträchtliche Gefahren für das Leben mit sich, indem sie
leicht Entzündung des Bauchfelles erregen, und ihr Erfolg ist durchgängig ein zweifelhafter, indem über kurz oder lang der
Bruch doch wieder zum Vorschein kommt.
Die unbeweglichen, irreponibeln Leibschäden führen in der Regel alle Nachteile mit sich, welche von
den beweglichen Brüchen, wenn sie längere Zeit
¶
mehr
bestehen bleiben, angeführt worden sind. Sie erreichen aber oft eine ganz enorme Größe, und wenn Leistenbrüche in den Hodensack
treten, wird dieser zuweilen bis zu der Größe eines Manneskopfs ausgedehnt. Für solche Brüche gibt es dann kein andres
Mittel als Tragbeutel, welche mit breiten Riemen um die Lenden befestigt werden. Obgleich wahre Einklemmungen
gerade bei diesen Brüchen am seltensten beobachtet werden, so kann doch Anhäufung von Kotmassen kolikartige Schmerzen und
Austreibung durch Blähungen herbeiführen. Auch bei diesen Brüchen ist der Versuch, sie zurückzubringen, zu jeder Zeit geboten.
Es bedarf hierzu aber stets längerer Zeit, während welcher der Patient in ruhiger Lage verharren muß.
Gelingt die Reposition, so ist der Darm durch ein Bruchband
[* 15] zurückzuhalten; im andern Fall müssen Bruchbänder mit hohlen Pelotten
(s. Bruchband) wenigstens das stärkere Vordringen des Darmes zu verhüten suchen.
Die Einklemmung oder Einschnürung (incarceratio, strangulatio) besteht darin, daß das ausgetretene Darmstück durch die
Bruchöffnung derart umfaßt wird, daß sowohl der Darminhalt als auch und namentlich das Blut in seiner
Fortbewegung mehr oder weniger vollkommen behindert wird. Der Bruchinhalt wird dunkelrot, seine Gefäße strotzen von Blut,
das Bruchwasser ist vermehrt und von dem ausgeschwitzten aufgelösten Blutfarbstoff ebenfalls rötlich gefärbt, die Häute
des Darmes schwellen an, auf der äußern Oberfläche setzen sich Gerinnsel ab; weiterhin und beim höchsten
Grad wird der Darm brandig, wobei er grünliche, aschgraue oder rotgraue Flecke zeigt und sehr zerreißbar wird.
Bei diesem Grad ist das Bruchwasser übelriechend, und wenn der Darm bereits durchbrochen ist, findet man deutlichen Kotgeruch.
Selbst der Bruchsack und die äußere Haut können brandig werden, so daß der Bruch nach außen durchbricht
und der Darminhalt sich durch eine abnorme Öffnung nach außen ergießt. Sobald sich der Darm eingeklemmt hat, ist die Bruchgeschwulst
prall und schmerzhaft und die Zurückbringung für den Kranken unmöglich. Im Unterleib entsteht ein Gefühl von Zusammenschnürung
und Kolikschmerzen, obgleich der Leib selbst anfänglich gegen Berührung nicht empfindlich ist.
Bald darauf stellen sich Aufstoßen, Brechneigung und Erbrechen, zunächst der genossenen Speisen, ein. Gleichzeitig ist Verstopfung
vorhanden. Der Kranke bekommt große Angst, seine Gesichtszüge entstellen sich, der Puls wird klein, härtlich, außerordentlich
beschleunigt, und der Unterleib treibt sich auf. Währt die Einklemmung fort, so dehnt sich die Bruchgeschwulst
aus, wird immer härter und schmerzhafter, namentlich um die Bruchpforte herum, es werden gallig gefärbte, schleimige Massen
erbrochen, die Kräfte des Kranken sinken zusehends; noch später hört dann das Erbrechen aus, statt dessen stellt sich Schluchzen
ein, der Puls wird kaum fühlbar, kalte Schweiße treten auf, das Gesicht
[* 16] ist in hohem Grad eingefallen,
blaß, verzogen, die Augen werden glanzlos (facies hippocratica), die Geschwulst wird blaurot, knistert unter dem Fingerdruck,
aus der Haut erheben sich Blasen, mit übelriechender Flüssigkeit gefüllt (s. Brand), und es entstehen Brandschorfe. Da die
Schmerzen in diesem Stadium aufhören, der Bruch zuweilen sogar zurückgeht, so glaubt der Kranke, der sich
sehr erleichtert fühlt und in der Regel bei klarem Bewußtsein bleibt, er befinde sich auf dem Weg der Besserung.
Der Tod tritt aber gerade hier oft überraschend schnell ein. Nur selten stößt sich der Brandschorf los, während im
Innern Verwachsungen sich einleiten, so
daß der Darm sich nicht mehr zurückziehen, seinen Inhalt nicht in die Bauchhöhle,
sondern nur nach außen ergießen kann, und es bildet sich dann der Zustand, welcher als widernatürlicher After (s. d.) bezeichnet
zu werden pflegt, selten vollkommen heilt, immer aber längere Zeit eine Kotfistel zurückläßt.
Zuweilen hebt sich jedoch die Einklemmung, zumal wenn sie nicht den höchsten Grad erreicht hat, einige Zeit nach ihrer Entstehung,
ohne solche lebensgefährliche Zufälle hervorzurufen, und der Bruch geht zurück, oder es gelingt, ihn zu reponieren. Dies ist
jedoch ein sehr seltener Ausgang, und in den meisten Fällen bedarf es, wenn die Reposition nicht bald gelingt,
der Bruchoperation (Bruchschnitt, Herniotomie). Dieselbe beruht in Durchschneidung der Haut, Bloßlegung des Bruchsackes und
Eröffnung desselben, Spaltung des einklemmenden Ringes und Zurückbringung der Eingeweide.
Nachdem dies gelungen, wird die Wunde mit Scharpie ausgefüllt, über den Verband
[* 17] eine Binde angelegt und die Heilung der Wunde
durch Eiterung erzielt. In der Folge ist es geraten, ein Bruchband zu tragen, da die Bruchpforte eine Nachgiebigkeit gegen die
andringenden Eingeweide behält und der Bruch gern wiederkehrt. Der Patient muß außerdem noch einige Zeit lang in der Diät sehr
vorsichtig sein, alle blähenden, schwerverdaulichen und den Darmkanal beschwerenden Speisen meiden und
starke Anstrengungen noch Wochen hindurch unterlassen.
Ihre Gestalt erscheint in der Regel mehr lang, schmal und ausgezackt als rund. Außer der Eller (daher Ellernbruch)
kommen nicht selten auch Pappeln, Eschen, Weiden, Birken und viele Gesträuche darauf vor. Solche Brücher, bei denen sich über
weichem Schlamm, Morast oder Sumpf eine ziemlich starke Pflanzendecke gebildet hat, trocknen fast nie aus, tragen
oft verkrüppeltes Nadelholz, zeigen auf der Oberfläche viele faulige Wasserpfützen und heißen Fern- oder Vehnenbrücher;
Moorbrücher dagegen bestehen aus einer mit Bäumen und Gesträuchen stärker bewachsenen Moorerde, die sich jedoch nicht
zum Brennen eignet.
Der in den Brüchern häufig in großer Menge enthaltene Humus ist gewöhnlich sauer und gewährt den meisten
Gewächsen keine gedeihliche Nahrung. Viele Brücher lassen durchaus keine völlige Entwässerung zu und können daher nur zu
Weiden benutzt werden, welche besonders für Mastvieh geeignet sind. Diejenigen Brücher jedoch, welche entwässert und gegen
Überschwemmungen gesichert werden können, bieten nach ihrer Abtrocknung oft sehr ergiebigen Boden dar. Die augenfälligsten
Zeugnisse hierfür sind das Oder-, Netze-, Warthebruch und viele Brücher in Bayern
[* 19] (vgl. Bodenbearbeitung).
in der Jägersprache ein abgebrochener grüner Zweig, der auf ein erlegtes Wild oder auf die Fährte (Tritte),
den Anschuß oder den Schweiß eines Stück Wildes gelegt wird;
daher auch eine Fährte verbrechen. Bruch heißt auch
ein Zweig, den man dem glücklichen Erleger von (männlichem) Hochwild auf den Hut
[* 25] steckt.
(Kleidungsstück), auch Bruoch, Broche, Niederkleid, Niederwat, eine kurze, nur den Unterleib und einen Teil der Oberschenkel
bedeckende Hose, ähnlich den heutigen Schwimmhosen, meist ein Unterkleid, das mit Schnürriemen mit den die Beine bis zur
Mitte der Oberschenkel bedeckenden Langstrümpfen
vereinigt und schon im 12. Jahrh.
getragen wurde.
heißt in der Mathematik ein bestimmter Teil der Einheit. Man erhält einen Bruch, wenn man ein Ganzes (die Einheit)
in eine gewisse Anzahl gleicher Teile teilt und einen oder mehrere dieser Teile nimmt. Teilt man z. B.
die Einheit in vier gleiche Teile und nimmt drei derselben, so hat man drei Viertel oder Vierteile, was durch ¾ ausgedrückt
wird. Wie in diesem Falle besteht jeder Bruch aus zwei Zahlen, die bei den gewöhnlichen Bruch übereinander
gesetzt und durch einen horizontalen oder schrägen Strich getrennt werden; die untere Zahl heißt der Nenner und giebt an,
in wieviel gleiche Teile die Einheit geteilt ist, die obere Zahl dagegen heißt der Zähler und giebt an, wieviel solcher Teile
der Bruch enthält. So geschriebene Bruch heißen gemeine Bruch. Man unterscheidet
echte Bruch, bei denen der Zähler kleiner, und unechte, bei denen er ebenso groß oder größer als der Nenner ist; jene sind
kleiner, diese, je nachdem der eine oder andere der beiden angegebenen Fälle stattfindet, ebenso groß oder größer als
die Einheit.
Die Brüche mit 1 als Zähler heißen Stammbrüche, wie ½, ⅓, 1/100 u. s. w., während ein Vielfaches
davon mit Zweigbruch bezeichnet wird, wie ⅔, 5/6 u. s. w. Vertauscht man bei einem Bruch Zähler mit Nenner, so erhält man
den sog. reciproken Wert desselben; so ist 4/3 der reciproke Wert von ¾ und 9 der von 1/9
u. s. w. Der Wert eines Bruch wird nicht geändert, wenn man Zähler und Nenner mit derselben Zahl multipliziert, z. B. ⅔ =
5·2/5·3 = 10/15. Dies nennt man einen Bruch erweitern; umgekehrt spricht man von einem gekürzten Bruch, wenn
man Zähler und Nenner, die einen gemeinsamen Faktor haben, durch diesen dividiert, z. B. 9/12 = 3·3/3·4
= ¾. Hat man zwei Bruch zu addieren, bez. zu subtrahieren, so geschieht dies, wenn sie gleiche Nenner haben, indem man die
Zähler addiert, bez. subtrahiert und den gemeinsamen Nenner darunter setzt, z. B. 3/7 + 2/7 = 3+2/7 =
5/7 und 5/7 - 2/7 = 5-2/7 = 3/7. Haben die Bruch verschiedene Nenner, so bringt man sie vorher auf den kleinsten
gemeinsamen Nenner, den sog. Generalnenner und zwar indem man sie entsprechend erweitert, z. B.
2/15 + 3/30 = 2·2/2·15 + 3·3/3·10 = 4/30 + 9/30 = 13/30. Zwei B, werden multipliziert, indem man Zähler mit Zähler und
Nenner mit Nenner multipliziert, z. B. ⅔ · 4/5 = 2·4/3·5 = 8/15. Zwei Bruch werden
dividiert, indem man den als Dividendus geltenden Bruch mit dem reciproken Wert des als Divisor geltenden multipliziert,
z. B. 3/5 : ⅔ = 3/5 · 3/2 = 9/10. Über Logarithmieren, Potenzieren, Wurzelziehen von Bruch s. Logarithmus,
Potenz, Wurzel.
[* 27] Neben den gemeinen hat man die Decimalbrüche (s. d.). Eine eigentümliche Art Bruch sind die Kettenbrüche
(s. d.).
nennt man in der Medizin erstens das widernatürliche Hervortreten eines Eingeweides aus irgend einer der geschlossenen
Höhlen des tierischen Körpers durch eine anomale Öffnung, doch in der Art, daß das Eingeweide von den
allgemeinen
¶
mehr
Bedeckungen umschlossen bleibt; zweitens aber heißt auch die Verletzung des Zusammenhangs der Knochen
[* 29] (s. Knochenbrüche).
Der Eingeweidebruch (Hernia) stellt eine weiche, mehr oder weniger elastische, gewöhnlich schmerzlose Geschwulst dar, welche
von der unveränderten Haut bedeckt ist. Er besteht (von außen nach innen untersucht) erstens aus den äußern Bedeckungen,
sodann gewöhnlich (aber doch nicht immer) aus der vorgetriebenen und sackförmig ausgedehnten serösen
Membran, welche die Höhle des Organs auskleidet, z. B. des Bauchfells bei Unterleibsbrüchen (Bruchsack), und endlich aus dem
vorgelagerten Organe selbst, welches durch eine Öffnung seiner Höhlenwandung (Bruchpforte oder Bruchring) hervortrat.
Solange der Zurücktritt des Vorgelagerten aus dem Bruch durch Druck u. s. w.
in die normale Höhle möglich ist, nennt man den Bruch beweglich oder reponibel (Hernia mobilis); kann der Bruch wegen
Verwachsung des Bruchinhalts mit dem Bruchsack oder wegen anderer Ursachen nicht zurückgebracht werden, so heißt er ein
unbeweglicher oder irreponibler Bruch (Hernia immobilis, irreponibilis). Wird die Bruchpforte zu eng für
das durchtretende Organ und schnürt dasselbe ein, sodaß es zur Abschnürung des Darminhalts oder zur Behinderung der Blutcirkulation
kommt, so entsteht der eingeklemmte Bruch (Hernia incarcerata, strangulata). An jeder der drei großen Höhlen kommen Bruch vor,
und man unterscheidet danach Kopf-, Brust- und Unterleibsbrüche.
Bei denKopfbrüchen treten das Gehirn,
[* 30] bei den Brustbrüchen die Lungen, bei den Unterleibsbrüchen die Eingeweide
des Unterleibes vor. Letztere sind die häufigsten, und unter ihnen die Leistenbrüche (Hernia inguinales), Schenkelbrüche
(Herniae femorales s. crurales) und Nabelbrüche (Herniae umbilicales) die bekanntesten. Bei den Leistenbrüchen tritt das
Eingeweide durch den Leistenkanal (s. Leistengegend), bei den Schenkelbrüchen
durch den sog. Schenkelkanal hervor, durch welchen die großen Schenkelgefäße aus der Bauchhöhle
heraus zum Schenkel sich begeben; bei den Nabelbrüchen erfolgt das Hervortreten der Eingeweide durch den sog. Nabelring (s.
Nabel).
Seltenere Hernien sind der Bruch des eirunden Loches (Hernia foraminis ovalis s. obturatoria),
das Austreten des Eingeweides durch die das eirunde Loch (s. Becken) verschließende Membran, der Hüftausschnittbruch
(Hernia ischiadica), das Hervortreten des Eingeweides durch die Incisura ischiadica major des Hüftbeins, der Bruch der weißen
Linie (Hernia liniae albae), wobei das Eingeweide durch die sog. linea alba (s. Linea) hindurchtritt, der Dammbruch (Hernia
perinealis, s. Damm), der Mastdarmbruch (s. d.), der Bauchbruch (s. d.)
u. a. Bisweilen ist nur ein Eingeweide ganz oder teilweise im B. enthalten, bisweilen sind es aber auch mehrere; am häufigsten
findet man jedoch das Netz und den Darm entweder allein oder beide zusammen darin.
Der Darmbruch (Hernia intestinalis, Enterocele) enthält am häufigsten einen Teil des Dünndarms; mit ihm
sind mehr oder weniger bedeutende Störungen in der Darmausleerung (in dem Abgange von Stuhl oder Blähungen) vorhanden. Diese
Ausleerung hört ganz auf, sobald das Darmstück eingeklemmt ist, und es gesellt sich dann gewöhnlich Bauchauftreibung,
Erbrechen (zuletzt sogar Kotbrechen), große Angst u. s. w. hinzu. Da in diesem Falle das Darmstück sich
entzündet und brandig wird, so kann der Tod, wenn
nicht schnell zweckmäßige Hilfe kommt, in wenigen Stunden erfolgen, oder
es entsteht im günstigern Falle ein Durchbruch der brandigen Partie und eine Kotfistel. Der Netzbruch (Hernia omentalis, Epiplocele)
hat einen Teil des Netzes zum Inhalt, ist weniger empfindlich als der Darmbruch und weniger von Störungen
der Darmexkretion begleitet. Bei Darmnetzbruch (Enteroepiplocele) finden sich Darm und Netz zugleich im B. und die Zeichen beider
vereinigt.
Die Eingeweidebrüche sind entweder angeboren (Hernia congenita) oder erworben (Hernia acquisita). Die Erwerbung der Bruch begünstigt
alles, was die Organe nach den Bruchpforten hindrängt und was den Widerstand der Höhlenwände vermindert.
Daher geben besonders Erschlaffung der Bauchmuskeln, schlechtverheilte Wunden, häufige Schwangerschaften, Wassersucht, häufig
wiederholtes Herabdrängen des Zwerchfells bei erschwertem Stuhlgang, bei behinderter Urinentleerung, Aufheben von Lasten,
ferner Reiten, Springen, Schreien, Husten, Blasen u. s. w. zu den Unterleibsbrüchen Veranlassung. Im allgemeinen sind die Bruch immer
schlimme Krankheitszustände, welche stets mehr oder weniger die Funktionen des verlagerten Teils sowie
die freie Thätigkeit des Individuums hindern und durch die Möglichkeit der Einklemmung das Leben des Kranken gefährden.
Auch für den Laien ist ein in der Regel leicht als solcher zu erkennen, wenn an einer der oben genannten natürlichen
Bruchpforten (Leistenkanal, Schenkelkanal, Nabel) eine meist schmerzlose, weiche, mehr oder weniger elastische Hervorragung
oder Geschwulst entsteht, welche bei einem gleichmäßigen leichten Druck, oder wenn sich der Kranke auf den Rücken legt,
von selbst vergeht, beim Aufrechtstehen, Husten oder Pressen aber wieder zum Vorschein kommt. Gewöhnlich leiden Bruchkranke,
wenn sie kein Bruchband tragen, auch an gewissen Beschwerden, wie schmerzhaftes Ziehen in der Bruchgeschwulst
und im Bauche, Blähungsbeschwerden, Kollern und Poltern im Leibe, trägem Stuhl oder Verstopfung u. dgl. Die Svmptome der Brucheinklemmung
sind: heftiger Schmerz im B., welcher sich prall anfühlt und nicht mehr zurückbringen läßt, Kolik, Schmerzen im Unterleib,
Aufstoßen, Verstopfung, Brechneigung und Erbrechen, selbst Kotbrechen. Wenn bei einem Bruchkranken sich
die eben genannten Erscheinungen einstellen, so ist größte Gefahr im Verzuge und so rasch wie möglich ärztliche Hilfe
in Anspruch zu nehmen, weil die eingeklemmte Darmschlinge, sich selbst überlassen, gewöhnlich bald brandig wird und durch
Hinzutreten einer akuten Bauchfellentzündung (s. d.) zum Tode oder, im allergünstigsten Falle, zur Bildung
einer häßlichen Kotfistel (s. Leistengegend) führt.
Die Behandlung hat zunächst darauf zu sehen, ob der Bruch beweglich ist oder unbeweglich. Bewegliche Bruch können bei jugendlichen
Individuen, welche das 20. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, dadurch radikal geheilt werden, daß man das
verlagerte Organ in seine normale Lage zurückbringt (was durch die Reposition oder Taxis geschieht), und dann durch eine geeignete
Bandage, ein Bruchband, sehr lange Zeit hindurch am Hervortreten hindert. Das Bruchband (Bracherium) ist ein eigentümlich geformtes
Verbandstück, bestehend aus einem Kopf (Pelotte), welcher die Bruchöffnung bedeckt und durch Druck schließt,
und dem diesen Druck
¶
mehr
ausübenden Befestigungsapparat; letzterer ist eine Stahlfeder oder ein Gummigurt. Auch unelastische Gurte hat man früher
zur Befestigung der Pelotte benutzt; doch sind diese als unzweckmäßig außer Gebrauch gekommen. Meist muß das Bruchband
einige Jahre Tag und Nacht getragen werden, wenn es eine Radikalheilung bewirken soll. Auch wenn sich die Bruchpforte
schon geschlossen, muß das Bruchband noch ein Jahr hindurch getragen werden und darf erst allmählich, anfangs bloß des
Nachts, abgelegt werden.
Nur bei kleinen Kindern geht die Heilung oft schneller von statten. Außerdem kann man die Radikalheilung durch eine Operation
zu stande bringen. Diese Radikaloperation, welche auf den Verschluß der Bruchpforte und des Bruchhalses
ausgeht, wurde, wenn auch in roher Weise, schon im Mittelalter häufig geübt, kam jedoch wegen ihrer ungünstigen Erfolge
ganz in Mißkredit, bis im Beginn des 19. Jahrh. verbesserte Operationsverfahren ihr wieder
mehr Anhänger verschafften. Da jedoch noch immer die von der Radikaloperation zu erwartenden Vorteile in
keinem Verhältnis zu ihren Gefahren standen, so machten die meisten Chirurgen von ihr keinen Gebrauch, bis durch Einführung
der antiseptischen Verbandmethode die Gefahren derselben auf ein sehr geringes Maß reduciert wurden. Demgemäß ist die Radikaloperation
in der neuesten Zeit wieder mehr in Aufnahme gekommen und wird namentlich ausgeführt im Anschluß an
die Operation des eingeklemmten Bruch, bei Brüchen, die sich durch ein Bruchband nicht zurückhalten lassen, und auch in andern
Fällen auf dringenden Wunsch des Patienten. Von den als Radikalheilmittel angepriesenen Arzneien, Bruchpflastern u. s. w.
ist nichts zu erwarten.
Bei beweglichen Bruch, welche nicht radikal geheilt werden sollen, muß wenigstens eine Palliativbehandlung
eintreten, welche die durch den Bruch bedingten Beschwerden beseitigt. Diese besteht in der Anlegung eines Bruchbandes, welches
das vorher in seine Höhle zurückgebrachte Eingeweide zurückhält. Der Bruchkranke muß stets darauf achten, daß das Bruchband
in seiner richtigen Lage sich befindet und kein Teil des Brucheingeweides unter ihm ausgetreten ist. Da
bei ruhiger Lage die Bruch nicht hervorzutreten pflegen, kann er nachts das Bruchband ablegen.
Nur wenn er an Husten leidet, wird er auch nachts das Bruchband anbehalten müssen. Wünschenswert ist es außerdem, daß der
Bruchkranke jede starke Bewegung und Anstrengung meidet und eine leichte, nicht blähende Diät führt. Unbewegliche
Bruch behandelt man, je nach der Ursache der Unbeweglichkeit, verschieden. Ist der Bruch unbeweglich, weil er eingeklemmt ist, und
ist er deshalb schmerzhaft und veranlaßt Verstopfung und Erbrechen, so muß er so frühzeitig wie möglich mit mäßiger
Gewalt und am besten in der Chloroformnarkose von einem Arzt durch vorsichtige Manipulationen zurückgebracht
werden (Reposition oder Taxis des Bruch). Gelingt dies nicht, so muß, um die Gefahr dieses Zustandes zu beseitigen, zur Bruchoperation
oder dem Bruchschnitt (Herniotomie) geschritten werden, bei der nach Durchschneidung der Bedeckungen die Einschnürung mit
dem Messer
[* 32] gelöst und dann das Eingeweide reponiert wird.
Dies ist weder eine gefahrlose noch leichte Operation; sie erfordert viel Umsicht und Geschicklichkeit.
Die Gefahr der Bruchoperation ist um so geringer, je frühzeitiger nach dem Entstehen der Einklemmung dieselbe vorgenommen
wird. Ist nach der
BruchoperationHeilung eingetreten, so muß, um das Wiedervortreten des Bruch zu verhüten, ein Bruchband getragen
werden. Ist der Bruch unbeweglich, weil er sehr groß, oder weil Teile des Brucheingeweides an dessen Umhüllungen
angewachsen sind, so kann man ihn oft noch zurückbringen und durch ein Bruchband zurückhalten, nachdem der Patient längere
Zeit bei schmaler Kost und Purgieren in der Rückenlage im Bett
[* 33] zugebracht hat. Gelingt dies nicht, so kann man demselben
das Tragen des Bruch noch durch eine geeignete Bandage (Tragbeutel, Leibbinde) erleichtern. -
Joh. Friedr., prot. Theolog, geb. zu
Pirmasens in Rheinbayern, studierte seit 1809 in Straßburg, wurde 1813 Pfarrvikar in Lohr bei Pfalzburg, 1821 Professor am
prot. Seminar in Straßburg. Seit 1831 zugleich Prediger zu St. Nikolai, ward er 1849 geistlicher Inspektor, 1852 Mitglied
des Oberkonsistoriums, 1866 des Direktoriums. Bruch hielt die Einweihungsrede bei der Eröffnung der deutschen UniversitätStraßburg und
war ihr erster Rector Magnificus. Er starb Theologisch vertrat Bruch einen spekulativen Rationalismus, kirchenpolitisch
stand er dem Protestantenverein nahe.
Besonderes Verdienst erwarb er sich um die Freiheit der elsässischen Kirche gegenüber der Revolution
von 1848 und der Reaktion (nach 1851). Von seinen Schriften sind hervorzuheben: «Lehrbuch der christl. Sittenlehre» (2 Bde.,
Straßb. 1829-32),
«Études philosophiques sur le christianisme» (Par.
u. Straßb. 1839),
«Lehre
[* 35] von den göttlichen Eigenschaften» (Hamb. 1842),
Max, Komponist, geb. zu Köln,
[* 36] wurde auf dem dortigen Konservatorium durch F. Hiller
gebildet. Als Stipendiat der Mozart-Stiftung unternahm Bruch von 1857 ab Studienreisen, die !hn bis Paris
[* 37] führten, wurde 1865 Musikdirektor in Koblenz,
[* 38] 1867 Hofkapellmeister in Sondershausen,
[* 39] privatisierte 1870-73 und leitete dann
den Sternschen Gesangverein in Berlin,
[* 40] die Philharmonic Society in Liverpool,
[* 41] 1883-90 den Orchesterverein in Breslau.
[* 42] 1891 wurde
er zum Vorsteher einer Meisterschule für musikalische Komposition bei der Akademie der Künste in Berlin
und zum Mitglied des Senats der Akademie ernannt. hat sich zwar seiner glänzenden Einführung als Komponist nicht entsprechend
entwickelt, gehört aber durch glückliche Erfindungsgabe, hohe Formvollendung, sichere Behandlung des Gesangsmäßigen und
Beherrschung der gesamten modernen Ausdrucksmittel zu den hervorragendsten Tondichtern der Gegenwart.
Seine bedeutendsten Arbeiten,"Frithjof" (Kantate für Männerchor und Soli), das erste Violinkonzert (G-moil) und die ersteSinfonie (Es-dur), gehören seiner Jugendperiode an und entstanden 1864-70. Sie bekunden ein Talent, dessen stärke und Eigentümlichkeit
in der Verbindung¶