Broye
(La) (Kt. Freiburg, Waadt u. Bern). ^[Supplement drei Kantone inkl. Einzugsgebiet.] Fluss, Zu- und Ausfluss des Murtensees; steht durch den Neuenburgersee, die Zihl und den Bielersee mit der Aare in Verbindung. Die etymologische Ableitung des Namens ist unsicher. Urkundliche Formen: Brodia, Broia, Brovia, 1295 Broya, Bruya, auch Brolius; deutsch Brusch, Brüw, Breuw, Bruch. Entweder vom Freiburger Dialektausdruck la brouye = Fluss oder (nach Alb. S. Gatschet) von Althochdeutsch brogil, dem Diminutiv von bruoh = Sumpf, Bach, oder pruohil = Sumpfwiese, Bach (= neuhochdeutsch Brühl = mittellateinisch brogilus = französisch breuil = italienisch broglio etc.) Vergl. J. J. Egli. Etymolog. -geograph. Lex., 2. Aufl. Art. Brühl.
Das Einzugsgebiet der Broye umfasst ca. 690 km2, wovon 570 km2 auf die Strecke oberhalb des Murtensees entfallen; es ist von S.-N. orientiert, gehört ganz dem schweizerischen Mittelland und damit der Molasse an und reicht im SW. bis zum Mont Jorat. Wald und Feld herrscht vor; Tabakbau. Gewöhnlich bleiben die Hochwasser des Flusses unter einer Wasserführung von 40 m3 pro Sekunde, können aber zu Zeiten auch bis zu 150 m3 anwachsen (an der Mündung in den Murtensee gemessen). Nur ausnahmsweise erreichen sie den abnorm hohen Stand von 500-700 m3, der dann jedesmal mehr oder weniger verheerende Ueberschwemmungen zur Folge hat. Im Laufe des 19. Jahrhunderts war dies z. B. der Fall in den Jahren 1852, 1876, 1888 und 1895.
Wie das Einzugsgebiet liegt auch der 79 km (mit dem Murtensee 86 km) lange Lauf im Gebiet der beiden Kantone Waadt und Freiburg. Die verwickelten territorialen Verhältnisse bringen es mit sich, dass die Broye sechsmal Freiburger Gebiet (Bezirke Veveyse, Glâne u. Broye; 26 km) und fünfmal Waadtländer Boden (Bezirke Oron, Moudon, Payerne und Avenches; 39 km) durchfliesst.
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Quelle und Mündung gehören zu Freiburg. Auf den übrigen 14 km bildet der Fluss die Grenze zwischen den beiden Kantonen, so unterhalb Oron, zwischen Moudon und Payerne und gegen die Mündung in den Neuenburgersee. Hier stösst die Broye auch an Berner Gebiet.
Der Flusslauf kann in vier Abschnitte gegliedert werden: 1. Die obere Broye, von der Quelle bis Brivaux (1,3 km oberhalb Bressonnaz) 32 km; 2. die mittlere Broye, von Brivaux bis zum Pont-Neuf oder Chanalet (4 km unterhalb Payerne) 29,5 km; 3. die aventicensische Broye, vom Pont-Neuf bis zum Murtensee 9,5 km und 4. die untere Broye, vom Murten- bis Neuenburgersee 8 km. Das mittlere Gefälle des ganzen Flusses bis zum Murtensee beträgt 6‰, das des Oberlaufes (eine 8,6 km lange Strecke mit 20‰ eingeschlossen) 11‰ des Mittellaufes bis Payerne 3‰, der aventicensischen Broye 1,4‰ und des Unterlaufes 1‰.
Die Broye entspringt w. der Alpettes (Niremont), 4 km n. Semsales, in 865 m; sie fliesst von Pravex an nach SW., biegt in scharfem Knie nach NW. um und behält diese Richtung bei bis Moudon, wo sie sich bis zum Murtensee endgültig nach NO. wendet. Von dem tief in eine Vorkette des Jorat eingeschnittenen Engpass von Brivaux an verlässt sie ihr bisheriges enges u. tiefes Thal und tritt bei Bressonnaz (528 m) in eine neue Senke über, der sie zunächst, die Stadt Moudon durchfliessend, 2 km weit nach N. folgt, um dann in die NO.-Richtung abzubiegen.
Hier geht sie in wiederum engem und steilem Thal ö. an den grossen Dörfern Lucens und Granges und an der Terrasse von Surpierre vorbei, tritt unterhalb Granges (465 m) in sanft gewelltes Gelände, quert Payerne, betritt als aventicensische Broye den breiten, von Hügelzügen und dem Murtensee begrenzten Thalboden der sog. Plaine de la Broye und mündet bei Salavaux in den Murtensee. Dieser See, 433 m hoch gelegen, liegt zwischen der Plaine de la Broye und dem sog. Seeland und wird im O. vom Hügelland um Murten, im W. von dem des Mont Vully begleitet. Nach ihrem Austritt aus dem See wendet sich die Broye nach W., umfliesst den Mont Vully im N., schneidet den sw. Zipfel des Seelandes und erreicht den Neuenburgersee bei dem La Sauge geheissenen Gebäude (432 m).
Von rechts erhält die Broye nur wenige nennenswerte Zuflüsse: bei Oron die von dem zwischen Rue und Bulle gelegenen Hochplateau kommenden Bäche La Mionnaz u. Le Flon, bei Lucens den Ruisseau des Vaux und bei Dompierre die in das alte Broye-Bett einmündende Arbogne oder Erbogne. In den Murtensee fliesst von rechts der Chandon und in das Stück der Broye zwischen Murten- und Neuenburgersee die teilweise Berner Gebiet durchziehende Biberen. Diese zwei entwässern das zwischen Saane und Murtensee gelegene Hügelland.
Zahlreicher sind die linksseitigen Zuflüsse der Broye: von den Alpettes und dem Niremont kommen eine Reihe von Bächen herab (z. B. die Mortivue und der Riau-Vésenand);
bei Palézieux mündet die Biordaz, die mit ihrem Nebenbach Corbéron die Wasser des Mont Vuarrat und Mont Pélerin (südlicher Jorat) sammelt;
dann folgen Grenet, Parimbot, bei Bressonnaz die vereinigten Bressonnaz und Carrouge (oder Flon) und bei Moudon die Mérine, die alle dem südlichen u. zentralen Jorat entspringen;
den nördlichen Jorat entwässern die Cerjaulaz (Mündung bei Lucens), die Lembaz (Mündung bei Granges) und endlich, nahe dem Murtensee, die der Broye ungefähr parallel fliessende Kleine Glâne, ihr in Bezug auf Grösse des Einzugsgebietes und Länge des Laufes beträchtlichster Nebenfluss.
Schiffbar ist nur die untere Broye, zwischen den beiden Seen; hier verbindet ein Dampfbootkurs Neuenburg mit den Haltestellen La Sauge (einzeln stehendes Haus; früher an der Mündung der Broye in den Neuenburgersee, seit der Juragewässerkorrektion 1,3 km von diesem gelegen), Sugiez (kurz nach dem Austritt des Flusses aus dem Murtensee gelegen) und mit Murten. Längs der Broye hat sich nur wenig industrielle Thätigkeit entwickelt. Ausser einigen Sägen und Mühlen sind zu nennen eine Backsteinfabrik oberhalb Châtillens (bei Oron), eine Spinnerei in Moudon und mehrere Fabriken in Payerne (so z. B. eine Fabrik von kondensierter Milch, die das Flusswasser zur Abkühlung ihrer Kondensatoren verwendet).
Ueber die Broye führen zirka 22 Strassenbrücken, von denen einzelne, z. B. die von Palézieux, Châtillens und
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Bressonnaz, aus dem 18. und vielleicht noch aus dem 17. Jahrhundert stammen; neu sind die Brücken Saint-Eloi und La Rollaz in Moudon, die Brücken von Granges, Chanalet und die zwischen Villars-le-Grand und Avenches. Zwischen Saint-Aubin und Domdidier überbrückt die Strasse Portalban-Freiburg den Fluss. Andere Brücken sind geplant oder im Bau, darunter eine dritte in Moudon und eine bei Salavaux. Am bemerkenswertesten ist die mit 24 m weiter Oeffnung 1859-1864 erbaute Steinbrücke von Lucens, die eine von der Ueberschwemmung von 1852 zerstörte, dreibogige Brücke des 17. Jahrhunderts ersetzt. Neben den Strassenbrücken zählt man noch sechs Eisenbahnbrücken.
Die ziemlich häufigen Hochwasser der Broye, die besonders in der Ebene zwischen Payerne und dem Murtensee verderbliche Ueberschwemmungen zur Folge hatten, machten grössere Verbauungsarbeiten und eine Geradelegung des windungsreichen Flusslaufes unterhalb Payerne notwendig. 1853-56 grub man dem Fluss ein etwas weiter w. gelegenes und kürzeres Bett, das aber, kaum vollendet, seinem Zwecke schon nicht mehr völlig entsprach. Neue, 1860-65 fortgesetzte Studien führten zu einer Kanalisation zwischen Fétigny und Payerne, die sich an den eben genannten Kanal unterhalb Payerne anschloss und der in Kürze eine Verbauung auch flussaufwärts, auf dem Boden der Gemeinden Henniez und Granges, folgte.
Beim Hochwasser von 1876 versagten aber auch diese Arbeiten. Die während der folgenden Jahre unternommenen Projektstudien führten zu keinem Resultat, bis die Ueberschwemmung von 1888 die Frage dringend werden liess und den Entschluss zeitigte, den Fluss auf seiner ganzen Länge von Brivaux bis zum Murtensee zu verbauen. Zunächst bestimmte man mit Hülfe von Querprofilen die Wasserführung bei Hochwasser und suchte nach möglichst erfolgreichen Methoden des Uferschutzbaues.
Das die Kosten einer derartigen Korrektion auf 2850000 Fr. veranschlagende Projekt von 1889 stiess jedoch bei den Bewohnern des Unterlandes auf solchen Widerstand, dass die zu verbauende Strecke auf den Flusslauf zwischen Brivaux und Chanalet beschränkt werden musste. 1891 begannen die Arbeiten; 1895 trat neuerdings Hochwasser in so verheerendem Umfange auf, dass sich die Anwohner der aventicensischen Broye nun gegen die Fortführung der Schutzbauten auch auf ihr Gebiet nicht mehr sträubten. Die Kosten des derart erweiterten Unternehmens tragen der Bund (40%), der Kanton Waadt (40%), sowie die in Frage kommenden Gemeinden und Anstösser (20%) gemeinsam.
[A. Liardet.]