Brom
(v. griech. bromos
, ȟbler
Geruch«)
Br, chemisch einfacher
Stoff, findet sich nicht im freien Zustand in der
Natur; aber seine
Verbindungen begleiten in
geringer
Menge nicht selten die entsprechenden Chlorverbindungen, mit welchen sie große
Ähnlichkeit
[* 2] haben. Meerwasser enthält
in 1
Lit. 0,061
g B. als Brom
natrium oder Brommagnesium (das
Wasser des
Toten
Meers ist bedeutend reicher
daran); außerdem finden sich Brom
verbindungen in vielen
Salzquellen
(Schönebeck,
Kreuznach,
[* 3]
Sulza,
Ohio,
Pennsylvanien), in den
Staßfurter
Abraumsalzen und in ähnlichen Vorkommen in
Nevada und
Ostindien,
[* 4] in Seegewächsen und Seetieren, auch in den
Steinkohlen;
Bromsilber kommt als
Bromit, zusammen mit
Chlorsilber als Embolit vor.
Wenn Meerwasser zur Gewinnung von
Kochsalz verdampft wird, so kristallisieren zuerst die in großer
Menge vorhandenen und schwerer
löslichen
Salze, vor allen das
Kochsalz selbst, heraus, und die
Salze, von denen das Meerwasser nur wenig enthält, sowie die
leichter löslichen sammeln sich in der
Mutterlauge an. Ebenso konzentrieren sich Brom
verbindungen in
den
Mutterlaugen der
Salzquellen und in denen von der Verarbeitung der
Staßfurter
Kalisalze bis zu 0,15 und 0,35 Proz.
Brom
gehalt.
Zur Gewinnung des Broms
aus diesen
Mutterlaugen vermischt man dieselben mit
Schwefelsäure,
[* 5] um die Chlorverbindungen in
Schwefelsäuresalze
zu verwandeln; die dadurch frei gemachte Chlorwasserstoffsäure verflüchtigt sich beim Erwärmen auf
120°. Die gebildeten
Schwefelsäuresalze werden beim Erkalten großenteils durch
Kristallisation abgeschieden, und der Rückstand
ist nun noch reicher an Brom.
Man destilliert ihn mit
Braunstein und
Schwefelsäure und leitet die hierbei entwickelten Brom
dämpfe
in
Natronlauge.
Dabei entstehen Brom
natrium und bromsaures
Natron; man verdampft die
Flüssigkeit, glüht den Rückstand,
um das brom
saure
Natron ebenfalls in Brom
natrium zu verwandeln, und destilliert
dann abermals mit
Braunstein und
Schwefelsäure.
Die nun übergehenden reinern Brom
dämpfe verdichtet
man in kalter konzentrierter
Schwefelsäure. Bei dem neuern kontinuierlichen
Verfahren benutzt man mehrere übereinander stehende, durch
Röhren
[* 6] miteinander verbundene Destillationsgefäße.
In das oberste dieser
Gefäße tritt die brom
haltige
Mutterlauge, in das unterste ein Chlorstrom und Wasserdampf.
Das durch das
Chlor frei gemachte Brom
entweicht mit etwa überschüssigem
Chlor in die übrigen
Gefäße, und aus dem letzten
tritt reines in den
Kühlapparat, in welchem die Bromdämpfe verdichtet werden. Ist das unterste
Gefäß
[* 7] genügend
abgetrieben, so wird der
Inhalt mit Wasserdampf gekocht, um
Chlor und Brom vollständig auszutreiben. Die
Laugen fließen dann
aus jedem
Gefäß in das nächst niedriger stehende, und das oberste wird mit frischer
Lauge beschickt.
Das rohe Brom wird durch Rektifikation aus Glasretorten gereinigt. Brom bildet eine dunkel braunrote, in dünner Schicht hyacinthrote Flüssigkeit vom spez. Gew. 3,19, riecht und wirkt auf den Organismus wie Chlor und erzeugt auf der Haut [* 8] sofort eine Wunde. Das Atomgewicht ist 79,75, es erstarrt bei -7° (wenn es chlorhaltig ist, bei sehr viel niedrigerer Temperatur) zu einer rotbraunen, blätterigen, fast metallglänzenden Masse, es siedet bei 63°, löst sich bei 10° in 30 Teilen Wasser, leichter in Alkohol, Äther, Schwefelkohlenstoff, Chloroform, Chlor- und Bromwasserstoffsäure.
Das gelbrote Bromwasser zersetzt sich am Licht, [* 9] wird unter Sauerstoffentwickelung farblos und enthält dann Bromwasserstoffsäure. Brom verhält sich dem Chlor sehr ähnlich, verbindet sich direkt mit Metallen, aber bei gewöhnlicher Temperatur nicht mit Wasserstoff; mit Kalilauge bildet es Bromkalium und bromsaures Kali, auch wirkt es oxydierend und daher oft bleichend und desinfizierend. Es ist einwertig, seine Verbindungen gleichen denen des Chlors, werden aber durch Chlor zersetzt.
Man benutzt Brom im freien Zustand nur selten; man hatte es als Arzneimittel empfohlen, ist aber von seiner Anwendung meist wieder zurückgekommen; in gewissen Fällen kann es als Desinfektionsmittel benutzt werden, weil die wässerige Lösung leichter herzustellen ist als Chlorwasser. Die Benutzung des Broms ist sehr erleichtert worden durch das von Frank angegebene Bromum solidificatum, Würfel oder Cylinder aus Infusorienerde, welche 75 Proz. ihres Gewichts Brom aufgesogen enthält und nur langsam wieder abgibt.
Mehrere seiner Verbindungen (Bromkalium, Bromammonium, Bromkadmium etc.) werden in der Photographie und als Arzneimittel, andre (Äthyl-, Methyl-, Amylbromür) zur Darstellung von Teerfarben benutzt, namentlich seitdem durch die Staßfurter und die nordamerikanische (Salzquellen in Ohio und Pennsylvanien, Salzlager in Churchill County in Nevada) Bromindustrie der Preis des Broms sehr gefallen ist. Brom wurde 1826 von Balard in der Mutterlauge des Meerwassers entdeckt, fand aber erst in neuerer Zeit ausgedehntere Verwendung. Die Produktion beträgt etwa 5000 Ztr., davon entfallen auf Staßfurt [* 10] 1000, auf Nordamerika [* 11] 3650, auf Schottland 200 und auf Frankreich 100 Ztr.