Titel
Brest.
1)
Arrondissement im franz. Depart.
Finistère, hat (1891) 236 060 E., 83 Gemeinden und zerfällt in die 12 Kantone
Brest
I., II., III., Daoulas (223,22 qkm, 19 999 E.),
Landerneau (161,79 qkm, 22 904 E.), Lannilis (113,58 qkm, 14 470 E.), Lesneven
(152,95 qkm, 18 419 E.), Ouessant (2490 E.), Plabennec (200,22 qkm, 13 604 E.), Ploudalmézeau (164,59
qkm, 14 939 E.), Ploudiry (100,50 qkm, 6023 E.), St. Rénan (200,76 qkm, 15 296 E.). - 2) Hauptstadt des
Arrondissements Brest
im
franz. Depart.
Finistère, wichtigster Kriegshafen
Frankreichs und Seefestung erster
Klasse, an der Linie
Paris-Brest der
Franz.
Westbahn, hat (1891) 62 943, als Gemeinde 75 854 E. und ist amphitheatralisch an dem Abhange zweier die
Forts tragender Hügel erbaut, auf der Nordseite der
Reede von Brest
, eines tief ins Land eindringenden
Busens, dessen etwa 1650-3000
m breiter, 5 km langer Eingang durch die Pointe du Porzie und Pointe-des-Espagnoles geschlossen, durch starke
Batterien gedeckt
und durch fünf
Leuchttürme erleuchtet wird. Die
Reede, von 30 km
Umfang, wird durch die Halbinsel Plougastel
in zwei Hauptarme mit vielen einzelnen
Buchten geteilt, kann 400 Linienschiffen Schutz gewähren und ist tief und sicher,
da die umliegenden Anhöhen vor
Sturm und Wogen schützen. In dieselbe mündet die
Aune, die mit dem
Blavet,
dem Oust, der Vilaine und
Erdre künstlich verbunden ist, wodurch die über 370 km lange Wasserstraße, der
Canal de Nantes
[* 2] à Brest
, hergestellt wird.
Der neue, noch nicht vollendete Handelshafen im S. der Stadt besteht aus drei kleinen und einem großen Nordost-Bassin, hat einen Flächenraum von 41 ha und wird durch 2 Molen und einen quer vorgelagerten 1 km langen Wellenbrecher, die Digue du Sud, geschützt. Er ist 12,30 m tief und hat Quais von 2320 m Länge. Der Kriegshafen wird gebildet durch die erweiterte Mündung des Flüßchens Penfeld und ist eigentlich ein 5 km langer Kanal von [* 3] 100 m mittlerer Breite [* 4] und 10-13 m Tiefe, der, von starken Batterien gedeckt, 15 Panzerschiffe [* 5] und 55 andere Kriegsfahrzeuge aufnehmen kann.
Den Eingang schützt eine auf einem 65 m hohen steilen Felsen erbaute Citadelle, le Château. Dieselbe stammt aus dem 13. Jahrh., steht an der Stelle eines röm. Kastells, erlitt aber seit Vaubans Umbau vielfache Veränderungen. Sie hat sieben untereinander verbundene Türme; innerhalb erhebt sich eine andere, durch Gräben abgetrennte Festung, [* 6] der Donjon, mit großen Sälen und Küchen, Souterrains, Gefängnissen und einer Kapelle. Zu beiden Seiten des Kriegshafens liegen die großen Werkstätten, Schmieden, die Marine- und Proviantmagazine, die Marinekaserne (La Cayenne) für 3500 Mann, das große Seearsenal, welches 8-9000 Arbeiter beschäftigt, das großartige Marinehospital (das schönste Frankreichs) und das 1858 geschlossene Bagno für 3000 Galeerensklaven. Die Stadt selbst ist mit bedeutenden Festungswerken umgeben und ¶
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wird von dem Flüßchen Penfeld in zwei Teile geteilt, in die eigentliche alte Stadt auf dem linken Ufer, mit engen, krummen,
schmutzigen, abschüssigen Straßen und der Kirche St. Louis und in den neuern Stadtteil Recouvrance (nach einer alten Kapelle)
auf dem rechten Ufer. Beide Teile sind durch eine kleine Brücke
[* 8] für Fußgänger und eine großartige
eiserne Drehbrücke verbunden. Diese, 1861 mit einem Kostenaufwand von 3 Mill. Frs. erbaut, besteht aus zwei je 53 m langen
Flügeln und ruht auf zwei 28 m hohen (über dem Ebbeniveau), 106 m voneinander entfernten Türmen. Vier Menschen können sie
innerhalb 10 Minuten leicht öffnen. Unter den öffentlichen Anlagen der Stadt ist die 1769 angelegte
Promenade Cours Dajot mit Marmorstatuen des Neptun und der Abundantia und einem weiten Blick auf die Reede zu erwähnen. (Hierzu
Plan: Brest.
)
Brest
ist Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz, dreier Friedensgerichte, eines Handels- und eines Marinegerichts, einer Handelskammer,
mehrerer Marinebehörden sowie der Konsulate von Belgien,
[* 9] Chile,
[* 10] Großbritannien,
[* 11] Niederlande
[* 12] und der Türkei.
[* 13] Die Stadt hat eine Filiale der Bank von Frankreich, mehrere Assekuranzen, botan. Garten,
[* 14] Lyceum, Schiffahrts- und Hydrographische
Schule, eine Schule für 4-600 Schiffsjungen, ein Marine- und ein Civilhospital, Sternwarte,
[* 15] Waisenhaus für Matrosenkinder,
Stadtbibliothek (25000 Bände), Marinebibliothek (18000), Bibliothek der Ecole de Santé (10000 Bände);
ferner eine Société d'Émulation, Akademische, Litterarische, Ackerbau- und andere Gesellschaften, ein Theater
[* 16] und drei Zeitungen.
Die Bevölkerung ist hauptsächlich für die Marine beschäftigt. Im übrigen beschränkt sich die Industrie auf Fabrikation von Lichten, Backsteinen, Wachstuch, wasserdichter Leinwand, Matrosenhüten, auf Seilerbahnen, Lohgerbereien, Bierbrauereien und Fischerei. [* 17] Der Handel, hauptsächlich Ausfuhr von Weizen, Butter, Eiern, Gemüse, Früchten, Sardinen und Einfuhr von Kolonialwaren, Kohlen, Jute, [* 18] Cement, Holz, [* 19] Eis, [* 20] Hanf, Wolle und Speck, hat bedeutenden Aufschwung genommen, seitdem die Eisenbahnverbindung mit Nantes, Rennes und Paris [* 21] hergestellt ist.
Die Reede steht in Schiffahrtsverbindung mit Port-Launay, Châteaulin, Quimper, Nantes und Landerneau; nach Havre [* 22] ist Paketbootdienst und mit Neuyork [* 23] regelmäßige Dampfschiffsverbindung eingeführt; auch führt seit 1869 ein unterseeisches Telegraphenkabel nach Cape Breton in Nordamerika. [* 24] Der Hafen besitzt (1887) eine Handelsflotte von 169 Schiffen (darunter 17 Dampfer) mit einem Gehalt von 5637 t. 1887 belief sich der Verkehr in demselben auf 270 Schiffe [* 25] von 54 348 t.
Geschichte. Brest
ist zwar ein altertümlicher Ort, seine Wichtigkeit begann aber erst als 1631 der Kardinal Richelieu
den Hafen reinigen und befestigen und ein Arsenal und Werfte für Kriegsschiffe erbauen ließ. Der Minister Colbert, der die
hölzernen
Werfte in steinerne verwandelte, erhob Brest
zum königl. Kriegshafen, welchen
Ludwig XIV. 1680-88 durch Vauban in Verteidigungszustand setzen ließ, sodaß die Engländer, als sie 1694 denselben bei einer
Landung wegzunehmen suchten, mit bedeutendem Verluste zurückgeschlagen wurden. Während des franz. Revolutionskrieges wurde
auf der Reede von Brest
die franz. Flotte unter Villaret-Joyeuse von den Engländern
unter Howe geschlagen, wobei sechs Linienschiffe den Engländern in die Hände fielen und ein siebentes
in den Grund gebohrt wurde. -
Vgl. Levot, Histoire de la ville et du port de Brest
(5 Bde., Brest
1864-75).