Brennerei
(Branntweinbrennerei), die zur
Darstellung des
Branntweins (s. d.) bestimmten Räume und
Gerätschaften; auch pflegt man den gewerblichen Betrieb der Herstellung des
Branntweins Brennerei
zu nennen. Die
Darstellung des
Branntweins aus
Wein findet sich zunächst bei den ältern Alchimisten
(Marcus Graecus im 8. Jahrh.), doch benutzten diese sowie
ihre Nachfolger ihn nur als Heilmittel, und als solches wurde er im Anfang des Mittelalters vielfach
in
Klöstern bereitet und von dort verkauft.
Nachweislich wurde von Italien [* 2] bereits im 14. Jahrh. Branntwein als Handelsartikel über die Alpen [* 3] gebracht. Im 15. Jahrh. war sein Gebrauch in Deutschland [* 4] schon allgemein bekannt, und es ist wahrscheinlich, daß um diese Zeit auch die Bereitung des Branntweins aus Kornfrüchten aufgekommen ist. 1543 wurde bereits in Altbayern eine Verbrauchsabgabe auf den Branntwein gelegt, ja so bedeutend muß der Genuß des Branntweins um sich gegriffen haben, daß verschiedene Regierungen sich veranlaßt sahen, seine Darstellung ganz zu verbieten, weil bei etwaigen Mißernten zu viel Korn der Verwendung zu Brot [* 5] entzogen werden könne.
Die Herstellung von
Branntwein ans Kartoffeln wird zuerst 1682 in einem
Buch von D. Joh. Joachim
Bacher erwähnt;
die erste Kartoffelbrennerei
soll 1750 zu Monsheim in der Pfalz errichtet worden sein. Bis 1840 wurde die Brennerei
, fast ausschließlich Kornbrennerei,
in den
Städten vorzugsweise als Kleingewerbe oder Nebengewerbe betrieben. Mit dem sich immer mehr ausdehnenden
Anbau der Kartoffel, die auf gleicher Bodenfläche im
Vergleich zu dem Getreideanbau die höchsten Stärkeerträge liefert,
wurde die ein wesentlich landwirtschaftliches
Gewerbe.
Als solches hat sie sich namentlich im
Osten
Deutschlands,
[* 6] in
Rußland und in einzelnen
Teilen
Österreichs entwickelt, während
sie in England,
Frankreich,
Belgien,
[* 7]
Italien und
Rumänien
[* 8] in gewerblichen Großbetrieben, welche Getreide,
[* 9]
Mais, Rüben oder
Melasse verarbeiten, ausgeübt wird. Die Kornbrennerei
hat sich in
Deutschland namentlich im Westen (in Westfalen,
[* 10] Rheinland,
Hannover,
[* 11] den Hansestädten) erhalten. Die Obstbrennerei
wird besonders in
Baden,
[* 12]
Württemberg,
[* 13] Elsaß-Lothringen
[* 14] in einer
großen, in den einzelnen Jahren sehr nach dem
Ausfall der Obsternte schwankenden Anzahl kleinster Betriebe
ausgeübt.
Die landwirtschaftliche Bedeutung der Kartoffelbrennerei
, wie sie sich namentlich im östl.
Deutschland entwickelt hat, liegt
darin, daß sie die sämtlichen durch den Kartoffelbau dem
Boden entzogenen Nährstoffe dem
Boden wieder zurückgiebt, daß
sie in ihren Rückständen (Schlempe) ein wertvolles
Futtermittel bietet, das eine starke Viehhaltung
und damit starke Düngererzeugung ermöglicht, daß sie durch Einführung des ausgedehnten Hackfruchtbaues eine vorteilhafte
Gestaltung der landwirtschaftlichen Fruchtfolge (s. d.) befördert und bewirkt,
daß selbst bei ausgedehntem Kartoffelbau trotz Einschränkung des für den Getreidebau bestimmten
Areals die Getreideerträge
größer werden.
Die Brennerei
bildet in allen
Ländern, wo sie in größerm
Maße betrieben wird, für den
Staat eine einträgliche
Steuerquelle (s.
Branntweinsteuer). Die neuere Gesetzgebung
Deutschlands,
Österreich-Ungarns,
Rußlands hat in Rücksicht auf
diese landwirtschaftliche Bedeutung des Brennerei
betriebes einen Schutz der landwirtschaftlichen Brennerei gegenüber
den gewerblichen zu schaffen gesucht. Nach der deutschen Gesetzgebung sind landwirtschaftliche Brennerei
diejenigen
ausschließlich Getreide oder Kartoffeln verarbeitenden Brennerei
, bei denen die sämtlichen brauchbaren Rückstände
in der eigenen Wirtschaft verfüttert werden und der erzeugte
Dünger vollständig auf den selbstbewirtschafteten Feldern
verwendet wird. Die technische Seite der Brennerei
s. unter
Spiritusfabrikation.
[* 15]