Titel
Breithaupt
,
1) Joachim Justus, Hallescher Pietist, geb. 1658 zu Northeim, [* 2] lernte in Frankfurt [* 3] a. M. Spener kennen und schätzen, ward nach Kiel [* 4] (woselbst er früher studiert und dann sich habilitiert hatte) als Professor der Theologie berufen, ging 1685 als Hofprediger nach Meiningen [* 5] und 1687 als Prediger und Senior des Ministeriums nach Erfurt. [* 6] 1691 nach Halle [* 7] als Professor der Theologie berufen, vertrat er an der daselbst neuzugründenden Universität mehrere Jahre hindurch allein das gesamte Gebiet der Theologie; später im Verein mit Anton, Francke und Lange wirkend, machte er Halle zum Mittelpunkt des gesamten Pietismus. Mit der Professur vereinigte er seit 1705 die Stellung eines Generalsuperintendenten des Herzogtums Magdeburg; [* 8] er starb 1732 als Abt zu Klosterberge. Unter seinen zahlreichen Schriften sind besonders zu nennen die »Institutiones theologicae«. S. Pietismus.
2) Johann Christian, geb. aus dem Hartenauer Hof [* 9] bei Darmstadt, [* 10] ward 1768 Mechanikus am Hof des Landgrafen Friedrich, übernahm die Leitung von dessen Sammlung physikalischer und astronomischer Instrumente und konstruierte einen großen Mauerquadranten und einen Distanzmesser, dessen Konstruktion in neuerer Zeit vielfach wieder aufgenommen ist. Er starb 1800 in Kassel. [* 11] -
Sein ältester Sohn, Heinrich Karl Wilhelm, geb. zu Kassel, war zuerst Gehilfe seines Vaters, studierte dann Mathematik, ward 1817 Professor zu Bückeburg [* 12] und starb daselbst. Er schrieb zahlreiche Werke über angewandte Mathematik und Technologie, besonders die »Beschreibung eines neuerfundenen Markscheideinstruments« (Kassel 1800), welche die vom Verfasser 1798 ausgeführte Berechnung und Kartierung eines Teils des Richelsdorfer Bergreviers enthält, bei welcher ein von dem bisher üblichen völlig abweichendes und viel zuverlässigeres Verfahren angewandt wurde, nämlich die Berechnung der rechtwinkeligen Koordinaten [* 13] aus den Ergebnissen der mit neuen selbstkonstruierten Instrumenten ausgeführten Längen- und Winkelmessungen und die nach diesen Koordinaten und nicht mehr auf dem Weg des unbehilflichen und ungenauen sogen. Zulegens bewirkte Anfertigung des Grundrisses. -
Sein jüngerer Bruder, Friedrich Wilhelm, geb. zu Kassel, trat in die väterliche Werkstatt ein und errang gegen 1810 die ersten Erfolge mit den von ihm gefertigten Grubenkompassen, vervollkommte die Meßtische, Bussolenapparate und Nivellierinstrumente, baute 1836 die ersten Grubentheodolite, gewann eine sehr feine Einstellung bei den Mikrometerschrauben durch Anwendung der Differentialschraube [* 14] und lieferte in Deutschland [* 15] die erste vorzügliche große Kreisteilmaschine (1803-18). Im J. 1827 begründete er das »Magazin neuester mathematischer Instrumente«, von welchem 1835 das zweite und 1846 das dritte Heft erschien. Nachdem er inzwischen die Stelle eines Münzmeisters und Konservators der physikalischen und astronomischen Abteilung der Kasseler Museums erhalten hatte, übergab er 1851 das zu einer weithin gekannten Bedeutung erhobene Geschäft seinem Sohn Georg August. Er starb in Kassel. -
Sein Sohn
Georg
August, geb. zu
Kassel, seit 1851
Inhaber des
Instituts, baute 1850 eine große
Längenteilmaschine, welche ein
Meter ohne
Unterbrechung in jedem beliebigen
Verhältnis mit der Genauigkeit des Tausendstels
eines
Millimeters teilt, wandte zuerst für geodätische
Instrumente aus
Glas
[* 16] gezogene
Kreuze an, erfand den kleinen Grubentheodolit,
konstruierte 1866 die sogen. neuere Breithauptsche
Kippregel,
[* 17] 1873 für den
Großen
Generalstab in
Berlin
[* 18] die Normalkippregel mit
Meßtisch
[* 19] und vervollkommte die
Theodolite, Nivellierinstrumente und
Kathetometer. Von dem durch seinen
Vater begründeten
»Magazin« gab er das 4.-6. Heft heraus, welche die Grubentheodolite, die Nivellierinstrumente und die
Theodolite
behandeln, und folgte seinem
Vater auch als
Konservator am
Kasseler
Museum.
3)
Johann
August
Friedrich, Mineralog, geb. zu Probstzella bei
Saalfeld,
[* 20] studierte 1809-11 in
Jena
[* 21]
Naturwissenschaften
und
Mathematik, dann in
Freiberg
[* 22]
Geologie
[* 23] und ward 1813 Inspektor der akademischen Sammlungen und
Hilfslehrer an der
Bergakademie, 1827
Professor
der
Oryktognosie und starb Breithaupt
förderte die
Kristallographie und führte namentlich eine sorgfältige
Untersuchung aller
Mineralien
[* 24] durch, bei welchen er eine größere Mannigfaltigkeit der Kristallisationsformen nachwies, als
bisher bekannt gewesen.
Auch die Zahl der Spezies vermehrte er bedeutend, und die Paragenesis untersuchte er mit besonderer Rücksicht auf den praktischen Bergbau. [* 25] Bei Zwickau [* 26] erschloß er ausgedehnte Kohlenfelder, auf welchen jetzt die ergiebigsten Gruben bauen. Er schrieb: »Über die Echtheit der Kristalle« [* 27] (Freiberg 1816);
»Vollständige Charakteristik des Mineralsystems« (das. 1820; 3. Aufl., Dresd. 1832);
»Übersicht des Mineralsystems« (das. 1830);
»Die Paragenesis der Mineralien« (Freiberg 1849);
»Mineralogische Studien« (Leipz. 1866);
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»Vollständiges Handbuch der Mineralogie« (Dresd. 1836-1847, 3 Bde.); »Die
Bergstadt Freiberg« (Freiberg 1825; 2. Aufl. von seinem Sohn, das. 1847). Breithaupt
gab
auch eine Fortsetzung des Hoffmannschen »Handbuchs der Mineralogie« heraus.
4) Wilhelm, Ritter von, Militär, geb. zu Kassel, trat 1825 in den kurhessischen Artilleriedienst, ging 1859 als
Major zur österreichischen Artillerie über, wurde 1862 in den Adelstand erhoben, verließ 1866 als Oberstleutnant den Dienst
und lebt seitdem in Kassel. Breithaupt
erfand 1854 die Gliederung des ringförmigen Zeitzünders durch eine drehbare Tempierplatte
mit Skala und erreichte hierdurch eine unbeschränkte Tempierbarkeit. Dieser Zünder wurde alsbald in Kurhessen eingeführt,
im Prinzip auch von Österreich
[* 29] angenommen und von Armstrong für die Schrapnells der englischen gezogenen Geschütze
[* 30] verwertet.
In der Folge übertrug Breithaupt
seinen Zünder auf das österreichische gezogene Feldgeschütz und konstruierte den Etagenzünder
mit größerer Brennzeit. Das Grundprinzip dieser Zünder ist in allen größern Artillerien zur Geltung gekommen. Breithaupt
schrieb:
»Systematik des Zünderwesens« (Kassel 1868);
»Das Sprenggeschoßfeuer« (das. 1877).