Titel
Brechung
des
Lichts
(Refraktion), die Richtungsänderung, welche ein Lichts
trahl beim Übergang aus einem durchsichtigen
Mittel in ein andres erleidet. Fällt z. B. ein Lichts
trahl ln
[* 1]
(Fig.
1) aus der
Luft schräg auf eine ruhige Wasseroberfläche, so wird er daselbst zum Teil zurückgeworfen;
zum größern Teil aber dringt er in das
Wasser ein und geht auch in diesem als geradliniger Lichts
trahl weiter, aber in einer
andern, weniger schrägen
Richtung ns.
Um den Verlauf des
»einfallenden« (ln) und des
»gebrochenen«
Strahls l (ns) bequem angeben zu können, denkt man sich in dem Einfallspunkt n eine
Senkrechte nd errichtet
und auch in das
Wasser hinein (nach nf) fortgesetzt; man nennt sie das Einfallslot.
Man bemerkt nun zunächst, daß die
Ebene, welche den einfallenden
Strahl und das Einfallslot enthält (die
Ebene der
Zeichnung),
stets auch den gebrochenen
Strahl
in sich aufnimmt. Sie heißt deshalb
die Brechung
sebene. Die
Richtung
der
Strahlen selbst wird durch die
Winkel
[* 3] bestimmt, welche sie mit dem Einfallslot bilden, nämlich durch den
Einfallswinkel
(Inzidenzwinkel) i und den Brechung
swinkel (Refraktionswinkel) r. Jedem
Einfallswinkel entspricht ein Brechung
swinkel von bestimmter
Größe.
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1. Brechung
sgesetz.]
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Indem man die zusammengehörigen Winkel mißt, findet man z. B. zu dem
Einfallswinkel 0° | den Brechungswinkel 0° |
15° | 11½° |
30° | 22° |
45° | 32° |
60° | 40½° |
75° | 46½° |
90° | 48½° |
In
[* 4]
Fig. 1 ist nach der Angabe dieser kleinen Tabelle zu dem Einfallswinkel i = 60° der zugehörige Brechung
swinkel r =
40½° gezeichnet. Beschreiben wir nun in der Brechung
sebene um den Einfallspunkt n einen Kreis
[* 5] mit beliebigem Halbmesser und
ziehen von den Punkten a und b aus, in welchen der einfallende und der gebrochene Strahl die Kreislinie schneiden, die Geraden
ad und bf senkrecht auf das Einfallslot, so ergibt sich, daß bf ¾ ist von ad oder ad 4/3 von bf. Verfahren
wir ebenso für alle in der obigen Tabelle aufgeführten Winkelpaare, so finden wir stets, daß die zum Einfallswinkel gehörige
Senkrechte 4/3mal so groß ist als die zum Brechung
swinkel gehörige.
Die Zahl 4/3 oder 1 ⅓, welche als Maß gelten kann für die Stärke
[* 6] der Brechung
beim Übergang des
Lichts aus
Luft in Wasser, heißt das Brechung
sverhältnis oder der Brechungsindex (Brechungskoeffizient, Brechungsexponent) des
Wassers.
Aus Luft in Glas
[* 7] werden die Lichts
trahlen stärker gebrochen, und zwar ist hier das Verhältnis jener beiden zum Einfallslot
senkrechten Geraden ausgedrückt durch die Zahl 3/2 oder 1,5. In dieser Weise besitzt jeder durchsichtige
Körper ein ihm eigentümliches Brechung
sverhältnis; für einige derselben sind die Brechungsverhältnisse in der folgenden
kleinen Tabelle zusammengestellt:
Wasser | 1,333 |
Crownglas | 1,530 |
Alkohol | 1,365 |
Flintglas v. Fraunhofer | 1,635 |
Kanadabalsam | 1,530 |
Flintglas von Merz | 1,732 |
Schwefelkohlenstoff | 1,631 |
Diamant | 2,487 |
Diese Werte gelten für Strahlen mittlerer Brechbarkeit; über die Brechung
sverhältnisse verschiedenfarbiger
Strahlen s. Farbenzerstreuung.
[* 8] Über das Verfahren zur genauen Bestimmung der Brechung
sverhältnisse s. Prisma.
[* 9]
In der Geometrie nennt man die Senkrechten ad oder bf
[* 4]
(Fig. 1), falls der Halbmesser des
Kreises = 1 genommen worden ist, die
»Sinus« der zugehörigen Winkel i und r. Wir können daher das Brechung
sgesetz in folgender Weise aussprechen:
Der Sinus des Einfallswinkels steht zum Sinus des Brechung
swinkels in einem unveränderlichen Verhältnis oder, wenn man den
Brechung
sindex mit n bezeichnet, sin i : sin r = n.
Bei dem Übertritt des Lichts aus der Luft in einen flüssigen oder festen Körper wird der gebrochene Strahl
dem Einfallslot genähert. Kommt aber ein Lichts
trahl in der Richtung sn aus dem
Wasser, so erleidet er ganz dieselbe Ablenkung
wie der in der Richtung ns ins Wasser eintretende Strahl; er schlägt beim Austritt aus dem Wasser die Richtung nl ein und wird
sonach durch die Brechung
vom Lot entfernt. Für die zusammengehörigen Winkel r und i gelten jetzt genau dieselben
Werte wie vorhin, nur daß der Einfallswinkel im Wasser dem frühern Brechungswinkel, der jetzige Brechungswinkel dem frühern
Einfallswinkel in der Luft gleich ist; das Brechungsverhältnis für den Übergang aus Wasser in Luft ist sonach
¾, während dasjenige aus Luft in Wasser 4/3 beträgt. Läßt man den aus dem Wasser (etwa von dem Punkt A,
[* 4]
Fig. 2) kommenden
Strahl immer schräger auf die Wasseroberfläche fallen, so nimmt auch der austretende Strahl eine immer schrägere Richtung
an, indem er mit dem Einfallslot stets einen größern Winkel bildet als jener und sich der Wasseroberfläche
mehr und mehr nähert.
Endlich, wenn der Einfallswinkel im Wasser den Wert 48½° erreicht hat, streift der austretende Strahl an der Wasseroberfläche hin: sein Austrittswinkel beträgt jetzt 90°. Einen größern Austrittswinkel kann es aber nicht geben;
mit ihm ist die Grenze der Möglichkeit des Austrittes erreicht.
Wenn daher der Strahl noch etwas schräger von innen auf die Wasseroberfläche trifft, so tritt kein Licht [* 10] mehr in die Luft hinaus; die Wasserfläche erweist sich für so schief auffallende Strahlen als völlig undurchdringlich. Während sich bei den weniger schrägen Strahlen das Licht zwischen einem austretenden und einem in das Wasser zurückgeworfenen Strahl teilte, so kommt dasselbe jetzt, da der erstere nicht mehr zu stande kommt, ohne allen Verlust dem letztern zu gute; es wird bei jenem Einfallswinkel sowie bei jedem größern vollständig zurückgeworfen oder total reflektiert. Der Einfallswinkel, bei welchem der Austritt aufhört und die »totale Reflexion« [* 11] (Totalreflexion) beginnt, also derjenige, zu welchem ein Austrittswinkel von 90° gehört, heißt der Grenzwinkel; er beträgt für Wasser 48½°, für Glas 40¾°, für Diamant [* 12] 23¾°. Der Grenzwinkel g wird gefunden aus der Gleichung: sin g = 1/n. Umgekehrt kann, wenn der Grenzwinkel gemessen ist, daraus der Brechungsindex gefunden werden (Totalreflektometer).
Eine Glasfläche, an welcher das Licht vollständig zurückgeworfen wird, erscheint in erhöhtem, metallähnlichem Glanz; sie bildet den klarsten und vollkommensten Spiegel, [* 13] den man herstellen kann. Man verwendet daher bei optischen Instrumenten häufig ein total reflektierendes Prisma (Reflexionsprisma, [* 4] Fig. 3), um die Strahlen ohne merklichen Verlust an Lichtstärke in eine andre Richtung zu lenken. Dasselbe besteht aus einem Glasstück, an welches zwei zu einander rechtwinkelige Flächen AC und BC und eine dritte Fläche AB angeschliffen sind, welche zu jenen unter Winkeln von 45° geneigt ist.
[* 4] ^[Abb.: Fig. 2. Totale Reflexion.]
^[Abb.: Fig. 3. Total reflektierendes Prisma.] ¶
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Lichts
trahlen, welche senkrecht auf die Fläche AC fallen, dringen ohne Ablenkung in das Glas und treffen unter einem Einfallswinkel
von 45° (welcher sonach größer ist als der nur 40¾° betragende Grenzwinkel) auf die Fläche AB; hier werden sie, ohne
daß auch nur eine Spur von Licht in die hinter AB befindliche Luft austritt, vollständig zurückgeworfen
und treten sodann, wieder ohne Ablenkung, aus der Fläche AC aus.
Ein lichts
trahlender Punkt
[* 14]
(Fig. 2 A), welcher sich unter Wasser befindet, wird von einem Auge,
[* 15] welches von obenher in das Wasser
schaut, nicht an seinem wirklichen Ort, sondern an einer höher liegenden Stelle gesehen, weil die aus
dem Wasser austretenden Strahlen stärker auseinander gehen als die im Wasser verlaufenden und daher von einem der Wasserfläche
nähern Punkt herzukommen scheinen. Daraus erklärt es sich, daß ein Gewässer, dessen Grund man sehen kann, weniger tief
zu sein scheint, als es wirklich ist. Aus demselben Grund zeigt sich der unter Wasser befindliche Teil
eines lotrecht stehenden Pfahls verkürzt und ein schief ins Wasser gehaltener Stab
[* 16] an der Eintauchungsstelle geknickt. Eine
unter Wasser liegende Münze wird, von oben betrachtet, schwach vergrößert gesehen, weil sie dem Auge genähert und daher unter
einem größern Sehwinkel erscheint.
Geht ein Lichts
trahl durch eine von parallelen Flächen begrenzte Platte (BB), so wird er, wie in
[* 14]
Fig. 4 erläutert
ist, beim Eintritt dem Einfallslot zugelenkt, beim Austritt aber ebensoviel von demselben weggelenkt. Der austretende Strahl
n' l' bildet zwar nicht die geradlinige Fortsetzung des eintretenden ln, er bleibt ihm aber parallel; er hat keine
Ablenkung aus seiner ursprünglichen Richtung, sondern nur eine seitliche Verschiebung erlitten, welche um so geringer ausfällt,
je dünner die Platte ist. Dünne Platten, wie z. B. unsre Fensterscheiben, bringen nur eine so unmerkliche Verschiebung der
Strahlen hervor, daß man durch sie die Gegenstände in ihrer richtigen Gestalt und Größe und an ihrem
wirklichen Ort wahrnimmt. - Die Brechung erklärt sich aus dem Umstand, daß die Lichtwellen in dem stärker brechenden Mittel sich
langsamer fortpflanzen als in dem schwächer brechenden, z. B. im Wasser langsamer als in der Luft. Das Brechungsverhältnis
ist nichts andres als das Verhältnis der Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichts im ersten und im zweiten
Mittel; so verhält sich z. B. die Lichtgeschwindigkeit in der Luft zu derjenigen im Wasser wie 4 zu 3, oder die Lichtgeschwindigkeit
im Wasser beträgt nur ¾ von derjenigen in der Luft. Vgl. Wellenbewegung.
[* 17]
^[Abb.: Fig. 4. Brechung durch eine Platte mit parallen Flächen.]