Braune Erde von Siena
12 Wörter, 66 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Braune
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Braune
Erde
von
Siena
, s. Bolus. ^[= eine feine, gewöhnlich eisenoxydhaltige Thonart, welche sich weich und fettig anfühlt, abfärbt, ...]
(Bol, lemnische Erde, Sphragid), früherer Name von Thonen, die zu medizinischen Zwecken und als braune
und rote Farben
benutzt wurden. Ihre Anwendung bei verschiedenen Krankheiten reicht bis ins Altertum hinauf. Besonders stand
die lemnische Erde als Heilmittel in hohem Ruf, während die von Sinope mehr als Malerfarbe im Gebrauch war. Erstere kam schon
im Altertum wie noch gegenwärtig mit aufgedrücktem Siegel in den Handel (Siegelerde, Sphragid, Terra sigillata).
Seit 1508 war die lichtbraune
Siegelerde von Striegau,
[* 3] später die bläulichgraue sächsische Siegel- oder
Wundererde von Stolpen wie schon vorher eine weiße von Malta im Gebrauch. Hiernach werden
unter dem Namen Bolus Thone von wesentlich
verschiedener Beschaffenheit und Zusammensetzung begriffen. Die Mineralogie beschränkt den Namen auf die mehr oder weniger fettig
anzufühlenden, schwach fettglänzenden, auf dem Strich glänzendern, in muschelige, scharfkantige Stücke
brechenden Thone, welche, ins Wasser geworfen, unter Zerknistern in eckige Stücke und endlich in eine feinerdige, plastische
Masse zerfallen.
Ihre Farbe ist isabellgelb bis kastanienbraun und wird zumeist durch Brennen rot, bei Mangangehalt braun (cyprische Umbra). Ihre
Härte ist 1-2, ihr spez. Gew. 2,2-2,5.
Ihrer chemischen Zusammensetzung nach bestehen sie aus 41-42 Proz. Kieselerde, 20-25 Proz. Thonerde, 24-25
Proz. Wasser, 0-12 Proz. Eisenoxyd, auch Manganoxyd (cyprischer Bolus) nebst kleinen Mengen von Kali, Magnesia und Kalkerde.
Am häufigsten
finden sie sich in Klüften und eingesprengt im Basalt, in basaltischer Wacke, basaltischem Tuff und im Phonolith; so zu Striegau,
Steinhau und Goldberg in Schlesien,
[* 4] bei Göttingen,
[* 5] im Habichtswald in Kurhessen, bei Seidenberg im Königreich
Sachsen,
[* 6] in der Rhön, in Böhmen,
[* 7] am Kaiserstuhl,
[* 8] besonders auch bei Siena (Terra di Siena, kastanienbraun) in Toscana, ebenso
in ältern Trappgesteinen zu Sinope und auf Cypern.
[* 9] Weit seltener
¶
ist das Vorkommen im Serpentin (Frankenstein in Schlesien), im Glimmerschiefer (Schweden, [* 11] Cykladen), in Klüften des Kalksteins (Waltershausen), im Keupermergel (Württemberg), [* 12] auf Eisenlagerstätten (Neuenburg [* 13] in Württemberg) und in andern Erzgängen (Freiberg). [* 14] Der weiße Bolus (Bolus alba) ist gräulichweiß, oft weiter nichts als feinerer oder gröberer Thon, diente früher als austrocknendes und blutstillendes Mittel, jetzt noch als Kitt bei Destillation [* 15] von Säuren.
Der braune
Bolus (braune Erde von Siena) wird namentlich in der Freskomalerei und für braune
Kupferstiche benutzt. Der rote Bolus von
Sinope und aus Nordafrika (Sinopis) wurde von den Alten viel zum Bemalen der Täfelchen, womit die Wände belegt wurden,
benutzt und zeigt sich noch in Pompeji
[* 16] in seiner vollen Farbenpracht. Der rote Bolus (Bolus rubra) dient als Anstrichfarbe und wird
besonders aus Nürnberg
[* 17] bezogen. Der armenische oder morgenländische Bolus, die feinste Sorte des vorigen, ist höchst feinerdig
und fettig.
Oft hat seine rote Farbe einen Stich ins Gelbe. In Frankreich reinigt man ihn oft schon in den Gruben, formt
ihn in kleine, runde Scheiben und drückt ein Zeichen darauf. Schon die Alten wendeten das Leukophoron als Bindemittel für das
Gold,
[* 18] wenn es auf Holz
[* 19] aufgetragen wurde, an, und so tragen ihn noch jetzt die Vergolder als Untergrund auf das
Holz. Ebenso wird er zur Grundierung des Gold- und Silberpapiers gebraucht. Aus Armenien selbst kommt dieser Bolus nicht mehr, wie
in ältern Zeiten, nach Europa;
[* 20] wohl aber geht er von da stark nach Indien, wo er noch medizinische Anwendung findet. Der gelbe
Bolus (Bolus lutea) wird von den Vergoldern dem armenischen Bolus vorgezogen. Die
Holländer holen ihn aus Berry, brennen ihn, wodurch er schön rot wird, und verkaufen ihn als Englisch- oder Berliner Rot.
[* 21] Außerdem
dient er als Kitt, zur Anfertigung von Formen für Metallguß, zu Gefäßen und Pfeifenköpfen und geschlämmt als Poliermittel
für Glas,
[* 22] Metalle u. Steine sowie früher in der Medizin als absorbierendes Mittel.
(neulat.), Bissen, Arzneiform für Menschen und Tiere, pillenartig, aber größer und weicher als die Pille, wird auf einmal verschlungen.