1) Joan, rumän. Staatsmann, geb.
1822, in Paris gebildet und dort für republikanische Ideen gewonnen, mußte nach dem Fehlschlagen der rumänischen Revolution
von 1848 nach Frankreich fliehen, kehrte 1857 zurück, betrieb die Union der Walachei und Moldau unter dem Fürsten Cusa, erlangte
jedoch erst 1866 mit des Fürsten Karl von Hohenzollern Regierungsantritt als Führer der Roten (Liberalen)
größern Einfluß. Seit März 1867 Minister, brachte er durch seine namentlich auf Siebenbürgen gerichteten Vergrößerungspläne,
die Vermehrung der Armee und die Türkenverfolgungen, die er zuließ, die Finanzen in die ärgste Verwirrung und die Regierung
mit den Schutzmächten in Konflikt.
Allgemein angefeindet und auch von dem ihm bisher völlig folgenden Fürsten fallen gelassen, mußte Bratianu im
November 1868 zurücktreten. Seitdem warf er sich in die Opposition und arbeitete, besonders seit Errichtung der französischen
Republik, auf den Sturz des Fürsten hin. Schon 20. Aug. 1870 wurde in Plojescht die Republik ausgerufen und eine aus Golesko, Joan
Ghika und Bratianu bestehende provisorische Regierung ernannt. Aber der Aufstand, von welchem das Ministerium Epureano unterrichtet
war, wurde rasch unterdrückt.
Die Revolution, zu der die Störung der von den Deutschen veranstalteten Feier des 22. März 1871 in Bukarest das Signal geben sollte,
mißglückte ebenfalls, und und seine zahlreichen und hochgestellten Mitwisser mußten ihre Pläne aus
gelegenere Zeiten aufschieben. Erst 1876 trat er wieder an die Spitze der Regierung und leitete dieselbe seitdem, gemäßigter
und besonnener geworden, während und nach dem russisch-türkischen Krieg mit Umsicht und Erfolg, indem er die Anerkennung
der rumänischen Souveränität und die Erhebung Rumäniens zum Königreich erlangte, die Beziehungen zu
den Machten erfreulich gestaltete und im Innern sowohl die Parteileidenschaften beschwichtigte, als auch heilsame Reformen
anbahnte. Mit König Karl steht er im besten Einvernehmen.
2) Demeter, älterer Bruder des vorigen, geb. 1818, wurde ebenfalls in Paris erzogen, mußte 1848 fliehen, hielt sich in England
auf, kehrte 1859 nach Rumänien zurück, ward Mitglied des Diwans, 1867 bis 1868 unter seinem Bruder Unterrichtsminister,
dann Gesandter in Konstantinopel und 1881 kurze Zeit Ministerpräsident.
Ioan, rumän. Ministerpräsident, nahm 1888 seine Entlassung. Obwohl noch die neuen Wahlen für die Kammern
im Februar eine große Mehrheit für die herrschende nationalliberale Partei ergeben hatten, so schien Bratianu seine Stellung doch
nicht mehr haltbar, weil die Linke in der ministeriellen Partei ihm wiederholt Schwierigkeiten bereitete und in seinem eignen
Ministerium Unordnungen vorgekommen waren. Bratianu reichte daher 4. März seinen Abschied ein, erhielt aber, da der Senatspräsident
Ghika kein Kabinett zu stande brachte, von neuem den Auftrag, ein Ministerium zu bilden, das 12. März zu stande
kam.
Indes die Radikalen unter Demeter Bratianu, dem Bruder des Ministers, verbanden sich mit der Bojarenpartei unter dem Protektorat des
russischen Gesandten Hitrowo zum Sturz des verhaßten Bratianu, versuchten 26 März in den königlichen Palast einzudringen und riefen 27. in der
Kammer einen großen Skandal hervor. Da der König Bratianus Absicht, mit Strenge vorzugehen, nicht billigte,
nahm Bratianu 1. April seine Einlassung und erlitt bei den Neuwahlen im Oktober mit seiner Partei eine völlige Niederlage, erst bei den
Nachwahlen wurde er in die Kammer gewählt. Ein von der siegreichen Bojarenpartet beabsichtigter Prozeß gegen Bratianu wurde nicht
genehmigt.
Joan, rumän. Staatsmann, geb. 1822 in Pitesci,
erhielt seine Erziehung in Paris, wo er die ersten Verbindungen mit der republikanischen Partei anknüpfte. In der Walachei
beeinflußte er die Erhebung von 1848, die zum Sturz des Hofpodars Georg Bibesco führte, ging dann, als alle durch die Revolution
Kompromittierten ins Exil geschickt wurden, wiederum nach Paris und kehrte erst 1857, nachdem durch den
Pariser Frieden von 1856 die Verhältnisse Rumäniens neu geregelt waren, mit den andern Verbannten zurück.
Unter dem Fürsten Cusa gelang es Bratianu nicht, zur Geltung zu kommen. Desto mehr Einfluß gewann er 1866 nach der
Thronbesteigung des Fürsten, spätern Königs Karl von Hohenzollern, unter dem er im März 1867 ans Staatsruder
gelangte. Bratianu strebte die Erweiterung des rumän. Staates an (dacorumän. Agitation) und brachte den allerdings für Rumänien
ungünstigen Strousbergschen Eisenbahnvertrag zu stande. Die allseitige Aufregung über seine Politik zwang ihn im Nov. 1868 seine
Entlassung zu nehmen.
Doch kam er 1876 wieder an die Regierung und hielt sich bis April 1881; er ließ die rumän.
Armee den Russen vor Plevna zu Hilfe kommen, proklamierte 21. Mai 1877 die Unabhängigkeit Rumäniens und 26. März 1881 auch dessen
Erhebung zum Königreich. Sein Nachfolger in der Ministerpräsidentschaft wurde April 1881 sein Bruder Demeter Bratianu (geb. 1818),
bis dahin Gesandter in Konstantinopel. Schon im Juni 1881 übernahm Bratianu wieder den Vorsitz des neuen liberalen
Ministeriums, trat aber 1. April 1888 infolge von Aufständen, die sein Bruder Demeter mit Hilfe des russ. Gesandten Hitrowo und
panslaw. Oppositioneller gegen ihn angezettelt hatte, zurück. Bratianu starb 16. Mai 1891 auf seinem
Landgut Florica bei Bukarest, sein Bruder Demeter 21. Juni 1892 in Bukarest.