Brandgeschosse,
mit Brandsatz (s. d.) gefüllte Hohlgeschosse (s. Brandkugel) oder Pfeile (s. Brandpfeil), welche abgeschossen zum Entzünden brennbarer Körper (Häuser, Schiffe etc.) dienen sollen.
506 Wörter, 3'814 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
mit Brandsatz (s. d.) gefüllte Hohlgeschosse (s. Brandkugel) oder Pfeile (s. Brandpfeil), welche abgeschossen zum Entzünden brennbarer Körper (Häuser, Schiffe etc.) dienen sollen.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
alle Geschosse (s. d.), deren Zweck die Erzeugung von Brandwirkung ist, wie sie im Kriege häufig Vorteile bringt, wenn es sich um Zerstörung von Gebäuden, Ortschaften, hölzernen Kriegsschiffen und überhaupt von brennbarem Kriegsmaterial handelt. Schon vor Erfindung des Schießpulvers bediente man sich solcher Geschosse in Gestalt von brennenden Pfeilen oder von Röhren, die mit einer Mischung von Erdöl, Salpeter, Schwefel u. s. w. (dem sog. Griechischen Feuer, s. d.) gefüllt waren. Man schleuderte diese sog. Feuerpfeile oder Feuerlanzen mittels größerer Wurfmaschinen. Nachdem man zu den Pulvergeschützen übergegangen war, verwandte man zu diesem Zwecke Brandkugeln, d. i. mit einem lebhaft brennenden Satz (Salpeterschwefel, Mehlpulver, Kolophonium) gefüllte, mit einem eisernen Gerippe versehene und in Pech getauchte Beutel, die im Rohre Feuer fingen und in brennendem Zustande dem Ziele zugeschleudert wurden. An ihre Stelle traten späterhin die Brandgranaten und Brandbomben, die sich von den gewöhnlichen Hohlkugeln durch eine Füllung von Brandsatz und mehrere in der Wandung angebrachte Brandlöcher unterscheiden, haltbarer sind und eine regelmäßigere Bahn als die Brandkugeln beschreiben. Auch setzte man den gewöhnlichen Granaten und Bomben, die vermöge ihres Zünders und ihrer Sprengladung eine gewisse Brandwirkung (gegen leicht entzündliches Material, wie Stroh, Heu) zu äußern im stande sind, noch Stücke von Brandsatz (Warmgeschmolzenzeug) zu, um diese beiläufige Wirkung noch zu erhöhen. Während man Brandkugeln wie Brandgranaten und -Bomben nur aus Mörsern und Haubitzen, also mit schwachen Ladungen und in gekrümmter Bahn verfeuern konnte, bediente man sich bei den Kanonen (seit 1472) der glühend gemachten Eisenkugeln, Glühkugeln genannt, die man mit größerer Ladung zu verschießen und daher auch da anzuwenden vermochte, wo eine größere Durchschlagskraft nötig war (gegen Schiffswände, hölzerne Blockhäuser u. s. w.). Endlich wandte man noch Brandraketen (s. Raketen) an, denen man eine mit Brandsatz gefüllte Brandhaube gab. Auch aus Handfeuerwaffen schoß man Brandgeschosse (Brandschwärmer, Gewehrraketen).
Mit der Annahme der gezogenen Geschütze waren sowohl glühend gemachte wie auch überhaupt im Rohre bereits in Brand zu setzende Brandgeschosse ausgeschlossen. Man half sich, indem man der Sprengladung der gewöhnlichen Granaten kleine Brandröhren zusetzte, die mit der Explosion der Sprengladung Feuer fangen und dann thätig werden sollen, ohne daß indes hierdurch eine nennenswerte Steigerung der Brandwirkung der gewöhnlichen Granaten erreicht worden wäre. Sodann füllt man Hohlgeschosse mit Brandsatz und giebt ihnen einen Perkussionszünder sowie eine kleine Sprengladung, durch die bei der Ankunft am Ziele mehrere größere Brandlöcher geöffnet und der Brandsatz gleichzeitig entzündet wird, worauf derselbe dann aus den Löchern mit einer stechenden Flamme ausbrennt. Diese sog. volle Brandgranate besitzt eine große, an fünf Minuten andauernde Zündwirkung, die indes wesentlich durch die Lage der Brandlöcher zu dem zu entzündenden Gegenstande bedingt wird. Die Aufgabe, gutwirkende Brandgeschosse für gezogene Geschütze zu konstruieren, ist indes noch nicht endgültig gelöst. Für die gezogenen Gewehre hatte man früher die Explosionsgeschosse (s. d.), die eine Brandwirkung gegen Pulverbehälter äußern, seit der Petersburger Konvention vom 4./16. Nov. 1868 aber nach internationalem Rechte verpönt sind. In Deutschland sind Brandgeschosse nicht mehr gebräuchlich; in Österreich-Ungarn gehören sie zur Ausrüstung der Artillerie.