(»Sohn des Brahma«),
einer der Hauptströme Asiens, entspringt im westlichen Tibet unter 30¾° nördl. Br.
und 82° östl. L. v. Gr., östlich von den heiligen
Seen Mansarowar, an deren Westseite der Satledsch und Indus ihre Quellen haben, und fließt unter dem Namen
Dsangpo (Machang Dsangpo) in der Richtung von W. nach O. parallel mit der Kette des Himalaja durch Tibet bis zum 95.° (etwa 1650 km
weit). Dann nach S. umbiegend, durchbricht er unter dem Namen Dihong das wilde, noch ziemlich unbekannte
Alpenland, welches
sich an das östliche Ende des Himalaja anschließt, und tritt, jetzt erst den Namen Brahmaputra annehmend, in die
indische Landschaft Assam ein, wo sich von N. her der wasserreiche Dibong, von O. her der Lohit mit ihm vereinigen.
Südwestlicher Richtung folgend, durchströmt er dann ganz Assam (570 km weit), umzieht in einem Bogen die
Garo Hills und tritt endlich, südlich gewendet, in die bengalische Tiefebene ein. Da, wo sich dieselbe erweitert, verzweigt
er sich; bei Goalanda vermengen sich seine Wasser mit dem Ganges und fließen, in zahlreiche Arme sich zerteilend, dem Bengalischen
Meerbusen zu. Der wasserreichste Arm ist die Megna. Die gesamte Länge des Stroms wird auf 2900 km berechnet;
sein Quellgebiet kommt an Umfang fast dem Doppelten des Deutschen Reichs gleich.
Bemerkenswert ist der große Reichtum des Stroms an Inseln. Der Brahmaputra ist mit Dampfern fahrbar bis Dibrugarh in Oberassam. Die Schiffe
verkehren ab Goalanda, Endstation der von Kalkutta kommenden Eisenbahn; sie gehören der India General Steam
Navigation Co., verfrachten jährlich allein Thee im Wert von 30 Mill. Mk., legen aber die Bergfahrt erst in 20-22 Tagen zurück,
während Eildampfer nur 5 Tage für die Berg-, 3 Tage für die Thalfahrt bedürfen. Ein regelmäßiger Postkurs zwischen
beiden Orten mit Regierungsunterstützung ist in Einrichtung begriffen. Der Brahmaputra gilt den Indern als Sohn des Brahma und gehört
daher zu den heiligen Strömen. Um die Erforschung des lange unbekannten Mittellaufs hat sich besonders der englische Reisende
Cooper (»The Mishmee Hills: an account of a journey made in an attempt to penetrate Thibet from Assam«, Lond.
1873) verdient gemacht.
Name des dritten Hauptstroms von Indien. Der Lauf desselben zerfällt in drei verschieden
genannte Teile oder Abschnitte, einen obern, mittlern, untern. Nur diesem letztern, innerhalb Indiens gelegenen Teil kommt eigentlich
der von den europ. Geographen auf den ganzen Strom übertragene Name Brahmaputra zu. Derselbe entspringt im westl. Tibet, unter 31°
30' nördl. Br. und 82° 5' östl. L., am nördl. Fuße des Himalaja, östlich
von dem heil. See Manassarowar (s. d.), an dessen Westseite
die Quellen des Indus und Satladsch gelegen sind, und durchströmt, Jaru, Jaru-Sangpo-tsiu, Matschang-Sangpo oder bloß Sangpo
genannt, genau in der Richtung von W. nach O., nördlich gleichlaufend mit der Kette des Himalaja, das
südl. Tibet in 1650 km. Seine beträchtlichsten Nebenflüsse in diesem obern Teile seines Laufs, sämtlich auf seinem linken
oder nördl. Ufer gelegen, sind, von W. nach O. gezählt, der Tschatra-Sangpo, der Raka-Sangpo
und der Kiho oder Kischo, an welchem Lhassa, die Hauptstadt von Tibet, gelegen ist.
Hierauf macht der Brahmaputra im südöstl. Teile von Tibet eine Krümmung gegen O., durchbricht alsdann, seinen
Lauf von N. nach S. nehmend, unter dem Namen Dihong (Dihang) das hochgelegene, sich an das östl. Ende des Himalaja anschließende,
unzugängliche und wenig bekannte Alpenland und tritt als in die ind. Landschaft Assam ein. Daß der Dihong
wirklich eine Fortsetzung des Sangpo und die mittlere Strecke des Brahmaputra sei, ist erst durch die Reisen ind. Pandits, durch die
von T. T. Cooper («The Mishmee Hills: an account of a journey made in an attempt to penetrate Thibet from Assam etc.», Lond.
1873),
durch R. Gordons Bericht über die «Hydrography and Hydraulics of the Irawadi», sowie durch Kapitän
Harmans Reise längs des Sangpo wahrscheinlich gemacht. Nach seinem Eintritt in Assam vereinigen sich mit ihm, von Norden kommend,
der Sanßiri und der Dibong, sowie von O. sich in ihn ergießend der Lohit (Brahmakund), den man früher
für den obern Lauf des Brahmaputra hielt. Diese Vereinigungsstelle liegt unter 27° 50' nördl.
Br. und 95° 20' östl. L. Hier nimmt der Brahmaputra die Richtung von O. nach SW. an, durchströmt ganz Assam in der Länge von 570 km,
umzieht hierauf unterhalb der Stadt Goalpara in einem gegen SW. gerichteten Bogen das Garogebirge, tritt
alsdann in die Ebene von Bengalen ein und durchströmt diese zuerst in südl., später in südöstl.
Richtung. Nach einem Laufe von 386 km erhält er den Namen Meghna, empfängt 40 km weiter unten einen Teil des Ganges und tritt
nach einem Laufe von noch 144 km mit drei, zur Bildung des östlichsten Teils der Sundarban mitwirkenden
Hauptmündungen in das Meer. Der Brahmaputra ist durch seinen
Inselreichtum sowie durch An- und Abschwemmung von Land im großartigsten
Maßstabe ausgezeichnet. Seine ganze Länge beträgt 2888 km, also genau soviel wie die des Indus, der Flächeninhalt seines
Thals 395435 qkm. H. Schlagintweit fand den Brahmaputra bei Gauhati, 26° 9' nördl. Br. und 91° 45' östl. L., 1509 m
breit und 23,930 m tief. Er berechnete, daß in einer Sekunde 25330 cbm Wasser vorbeiflössen. Wie der Ganges als weibliche
Gottheit, wird der Brahmaputra als männliche, als Sohn des Brahma, von den Hindu für heilig gehalten und verehrt.
Außer von den Dampfschiffen zweier engl. Gesellschaften wird der Brahmaputra von
einheimischen Segelschiffen befahren.