in der Sanskritsprache als Neutrum die als Drang und Fülle des Gemüts auftretende und den
Göttern zustrebende Andacht, heiliger Spruch (so nach dem Petersburger Sanskritwörterbuch), oder Gewächs, Wachstum, Mittel
zum Wachstum (Opfergaben, heilige Gesänge), Triebkraft der ganzen Natur, das schlechthin Absolute (so Haug in und die Brahmanen«,
Münch. 1871). Als Maskulinum (Brahmâ) hat Brahma die Bedeutung eines Beters von Beruf, also eines Priesters
oder Brahmanen, dann des Schöpfers der Welt, einer konkreten mythologischen Gestalt des Brahma als des abstrakten Prinzips der
Welt.
Als solcher erhält Brahma den Charakter eines obersten Gottes im indischen Panthéon, der allem Leben einhaucht und mit Wischnu,
dem Erhalter, und Siwa, dem Zerstörer (s. Trimûrti), an der Spitze der zahlreichen Götter und des Universums
steht. Seine Gattin ist Saraswatî (s. d.). Als Produkt der Abstraktion ist Brahma kein Gegenstand öffentlicher Verehrung; seinem
Kultus waren niemals Tempel geweiht, er ist nur Gegenstand der frommen, andächtigen Betrachtung.
Vgl. auch Roth, und die Brahmanen
(in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 1, Leipz.
1846);
J. ^[John] Muir, Original sanskrit texts, Bd. 5 (Lond.
1872).
ein Wort der Sanskritsprache, das in der ind. Religionsentwicklung
eine große Rolle spielt. Das Neutrum bráhman (Nominativ bráhma) bezeichnet ursprünglich die Fähigkeit, welche sich die
Priester zuschrieben, durch ihre Lieder und Sprüche die Götter zu stärken und sie ihren Wünschen und denen der übrigen
Menschen geneigt zu machen. Es ist daher auch direkt soviel wie «Zauberspruch».
Ein Priester, der das bráhman kennt, heißt in der ältesten Sprache bráhman (Maskulinum), später brāhmaṇa, wonach man
von Brahmanismus, Brahmanentum u. dgl. spricht. Schon frühzeitig begannen die Priester über die Kraft des bráhman Betrachtungen
anzustellen, und sie gelangten zu dem Resultate, daß das bráhma und damit auch der Brahmane «Das Haupt
dieses Alls», das bráhma «das edelste unter den Göttern» sei.
Als Gott wurde das Brahma zunächst in Brahmanaspati (s. d.) oder Bṛhaspati personifiziert, an dessen Stelle im Laufe der Entwicklung,
wohl aber nur in den Kreisen der Priester selbst, das neutrale Brahma als eine göttliche Substanz, als das
«Eine, Unvergängliche» trat. Damit zugleich trat der Brahman, der ursprünglich
nur eine untergeordnete Rolle spielte, an die Spitze der übrigen Priester. In der Religion des Volks blieb an der Spitze der
Götter ein männlicher Gott, der Brahman (Nominativ brahmā), der zwar über allen andern Göttern steht, sich aber
selbst nicht an deren Thaten beteiligt.
Einer seiner häufigsten Namen ist Pitāmaha, «Großvater», und als solchen behandeln ihn die
Götter. Da er die Zukunft weiß, so wenden sie sich an ihn, so oft sie in Not sind, und er giebt ihnen das Mittel an, wodurch
sie sich helfen können. So wird er gedacht als Leiter des Schicksals, als Lehrer der Götter und als ihr
Herr; er gilt als Schöpfer und Regierer der Welt, Verfasser des Veda und anderer Werke und bildet später mit Çiva und Wischnu
eine Einheit, die Trimūrti, «Dreieinigkeit». Er wohnt in seinem eigenen Himmel, dem
Brahmalōka, der als Ort der Glückseligkeit namentlich den Kriegern in Aussicht gestellt wird, die in der
Schlacht mit dem Gesicht gegen den Feind gefallen sind.
Einen eigenen Kultus hat Brahma fast gar nicht gehabt; der einzige Tempel des Brahma befindet sich heute in Pokhara, einem stark besuchten
Wallfahrtsort bei Adschmīr. In alter Zeit wurde ihm alljährlich im Herbste ein Fest mit Tierkämpfen
und Ringspielen gefeiert. Dargestellt wird er mit vier Köpfen und vier Armen; in den vier Händen hält er den Veda, einen Opferlöffel,
einen Rosenkranz und eine Opferschale. Er sitzt entweder auf einem Schwane oder auf einer Lotosblume, die dem Nabel
des Wischnu entsprießt. Als Frau des Brahma gilt Sarasvatī (s. d.).
-
Vgl. Haug, und die Brahmanen (Münch. 1871);
Holtzmann in der «Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft» (Bd.
38, 167 fg.).
(Vgl. Brahmanismus.)