Brabant
,
Landschaft in der Mitte des holländisch-belg. Tieflandes, war ehemals ein deutsches Herzogtum, bildete dann seit 1815 die erste Provinz des Königreichs der Niederlande [* 3] und wurde bei Errichtung des Königreichs Belgien [* 4] in zwei Teile getrennt. Die holländische Provinz Nordbrabant (s. Karte »Niederlande«),
zwischen Limburg, [* 5] Geldern, Holland, Zeeland und Belgien gelegen, enthält 5127,73 qkm (93,19 QM.). Das Land ist im W. und NW. eben, niedrig, abwechselnd mit fruchtbaren Gegenden, Heiden und Sumpf, wie z. B. der Peel im östlichen Teil, der 36 km lang und 4-10 km breit ist. Die Maas bildet hier den Biesbosch, die Hollandsdiep und Volkerak; im Innern fließen: Aa, Dommel (nach beider Vereinigung Diese genannt), Mark, in ihrem Unterlauf Dintel;
unter den vielen Kanälen verdienen der Kanal [* 6] von Breda und der Süd-Wilhelmskanal Erwähnung.
Das Klima [* 7] ist gemäßigt, zwar feucht, doch gesund. Die Einwohner (1883: 480,996 Seelen), meist katholisch, zeichnen sich aus durch Mäßigkeit, Anhänglichkeit an alte Sitten und Gebräuche, Einfachheit in Tracht und Lebensart, sind aber in geistiger Bildung zurückgeblieben. In den kulturfähigen Landstrichen baut man Weizen, Roggen, Gerste, [* 8] Buchweizen, Flachs, Hanf, Hopfen [* 9] etc. Ausgedehnt ist die Zucht von Schafen, Schweinen und Gänsen, nicht minder die von Bienen und Seidenwürmern, für deren Erhaltung große Anpflanzungen von Maulbeerbäumen bestehen.
Trotz zahlreicher Laubwälder herrscht Holzmangel, wobei jedoch die reichen Torflager zu statten kommen. Die Industrie steht in hoher Blüte; [* 10] es gibt Fabriken für Tuch (Tilburg), Leinwand (Eindhoven und die Umgegend von Herzogenbusch), baumwollene Zeuge, Hüte, Leder, Kattundruckereien, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Töpfereien etc. Die Provinz ist eingeteilt in 3 Bezirke und 21 Kantone, die Hauptstadt ist Herzogenbusch (Bois le Duc, 's Hertogenbosch).
Die belgische
Provinz Brabant
(s.
Karte
»Belgien«) grenzt im
W. an
Ostflandern, im
S. an
Hennegau und
Namur,
[* 11] im O. an
Lüttich
[* 12] und
Limburg,
im N. an
Antwerpen
[* 13] und enthält 3283 qkm (59,6 QM.). Nur im
S. und O. sind unbedeutende
Hügel; sonst ist das Land eben, äußerst
fruchtbar
und sehr dicht bevölkert. Es wird durch zahlreiche kleine
Flüsse
[* 14] bewässert, von denen nur
Dyle und
Senne kahnbar sind, und durch drei Hauptkanäle. Das
Klima ist gemäßigt und gesund. Die
Bevölkerung
[* 15] zählte 1884:
1,031,319
Seelen.
Die Dichtigkeit betrug 314 Einw. auf 1 qkm, die jährliche Zunahme seit 1832: 1,6 Proz., seit 1872: 1,3 Proz. im Durchschnitt. Die Einwohner, meist katholisch, sprechen im nördlichen Teil vlämisch, im südlichen wallonisch. Sie sind sehr betriebsam; neben dem sorgfältig gepflegten Landbau und der Viehzucht [* 16] blühen Fabriken für Spitzen, Leinwand, baumwollene Zeuge, Leder, Hüte, Tuch, Tapeten, Tabak, [* 17] Stärke, [* 18] Papier, Fayence, [* 19] Seife, metallurgische und chemische Fabriken, Brauereien, Brennereien etc. Die Provinz ist mit einem dichten Netz von Eisenbahnen bedeckt, dessen Zentren Brüssel [* 20] und Löwen [* 21] sind. Eingeteilt ist sie in drei Arrondissements: Brüssel, Löwen, Nivelles. Der von Charleroi über Brüssel zur Rupel führende Kanal durchzieht in der Richtung von S. nach N. Hauptstadt ist Brüssel.
Geschichte. Brabant
war zur Zeit der
Römer
[* 22] von Menapiern bewohnt, nach deren Unterwerfung durch die
Römer
es zur
Provinz Gallia
Belgica gehörte. Im 5. Jahrh. bemächtigten sich die
Franken Brabants;
870 kam es als Teil
Lothringens
zu
Deutschland
[* 23] und bildete seit 959 einen
Gau des Herzogtums Niederlothringen, der von den
Grafen von
Löwen
beherrscht wurde.
Graf
Gottfried V. erhielt 1106 das Herzogtum Niederlothringen; sein Urenkel
Heinrich I. nahm 1190 den
Titel
eines
Herzogs von an. Die
Herzöge gelangten bald zu Macht und Selbständigkeit, wurden aber mit den Nachbarn in vielfache
Fehden verwickelt und schwankten zwischen der Hinneigung zu
Deutschland und
Frankreich.
Von ihnen sind besonders merkwürdig: Johann I., der durch den
Sieg bei
Worringen (1288)
Limburg mit Brabant
vereinigte und auch als
Minnesänger bekannt ist;
sein Sohn Johann II., welcher 1312 den Grund zu einer ständischen Verfassung legte, die später in der Joyeuse entrée geregelt wurde, und Johann III., welcher die Bestimmungen erweiterte durch die sogen. Brabanter Goldene Bulle 1349, wonach die Brabanter nur von einheimischen Gerichten nach Brabanter Recht gerichtet werden durften, was Kaiser Karl IV. bestätigte.
Nach
Johanns III.
Tod 1355 vereinigte der Gemahl seiner Tochter
Johanna,
Wenzel von
Luxemburg,
Bruder
Kaiser
Karls IV., Brabant
mit seinem
Erbland; unter ihm aber kam das Land in große Verwirrung. Nach
Wenzels
Tod 1383 setzte seine
Witwe
Johanna
ihre
Nichte
Margarete von
Flandern und deren Gemahl,
Herzog
Philipp den
Kühnen von
Burgund, als
Erben ein; die
Regierung übernahm
zunächst
Philipps zweiter Sohn,
Anton, 1404, welcher auch
Luxemburg mit Brabant
vereinigte.
Anton fiel 1415 bei
Azincourt, seine zwei
Söhne und Nachfolger starben kinderlos, und so fielen Brabant
,
Limburg und
Luxemburg 1430 völlig an
Philipp
den
Guten von
Burgund, dann durch die Vermählung
Marias von
Burgund mit dem
Erzherzog
Maximilian 1477 mit den übrigen niederländischen
Provinzen an das
Haus
Österreich.
[* 24] Brabant
war das Hauptland des niederländischen
Staats,
Brüssel dessen Hauptstadt.
Durch den
Aufstand der
Niederlande ward der nördliche Teil
(Herzogenbusch) losgerissen und 1648 unter dem
Namen der
Generalitätslande
der niederländischen
Union einverleibt, während
Südbrabant bis 1714 der spanisch-österreichischen
Linie verblieb. Nach dem
österreichischen
Erbfolgekrieg fiel Brabant
mit den übrigen südlichen
Provinzen der
Niederlande an das
¶
mehr
deutsch-österreichische Kaiserhaus zurück. Als unter Joseph II. sich ein heftiger Streit über die provinziellen Rechte Brabants
,
welche es in der Joyeuse entrée besaß, entspann, sagten sich die Stände Brabants
1790 von dem Haus Österreich los, fügten
sich aber wieder, als Leopold II. ihnen die verlangten Rechte zurückgab. 1794 ward Brabant
von den Franzosen
erobert und im Frieden zu Campo Formio 1797 mit Frankreich vereinigt. Das nördliche Brabant
wurde das Departement der beiden Nethes,
mit der Hauptstadt Antwerpen, das südliche das Departement Dyle, mit der Hauptstadt Brüssel, genannt.
Als Napoleon I. 1810 auch das holländische Brabant
mit dem französischen Reich vereinigte, ward aus demselben
nebst einem Teil von Geldern das Departement Rheinmündungen gebildet. Infolge des Pariser Friedens von 1814 und der Beschlüsse
des Wiener Kongresses wurde ein Hauptteil des Königreichs der Niederlande und bildete die drei Provinzen Nordbrabant, Antwerpen
und Südbrabant. Letztere mit der Hauptstadt Brabants, Brüssel, ward 1830 der Herd des belgischen Aufstandes
und die Hauptprovinz des neuen Königreichs Belgien, während Nordbrabant Holland verblieb.