Boyer
(spr. bŏajeh), Jean Pierre, Präsident der Republik Haïti, [* 2] geb. zu Port-au-Prince, von mulattischer Abstammung, kam jung nach Frankreich, wo er sich europ. Bildung erwarb und 1792 Militärdienste nahm. Er wurde Bataillonsführer, kehrte in seine Heimat zurück und focht beim Einfall der Engländer auf San Domingo gegen diese. Als die Schwarzen unter Toussaint-Louverture gegen die Mulatten und Weißen zugleich auftraten, kämpfte er unter dem Mulattenführer Rigaud gegen Toussaint und mußte nach der Niederlage seiner Partei in Frankreich Zuflucht suchen. 1802 kehrte er mit der Expedition des Generals Leclerc zurück und trat in die große Verbindung ein, die den Zweck der Vereinigung beider Rassen und einer vollständigen Befreiung der Kolonie hatte.
Mit Pétion stellte er sich nach der Thronbesteigung des
Negers
Dessalines an
die
Spitze der Farbigen. Beide halfen mit dem
Negergeneral
Heinrich
Christoph 1806
Dessalines stürzen, verließen aber jenen, als sie sahen, daß er
sich selbst zum Herrscher machen wollte. Pétion stiftete jetzt im westl.
Teile der
Insel eine unabhängige Republik, und Boyer
erhielt
das Kommando der Hauptstadt
Port-au-Prince und die Würde eines Generalmajors. Nach Pétions
Tode 1818 wurde er zum Präsidenten
der Republik erwählt, ordnete das
Finanzwesen, verbesserte die
Verwaltung und beförderte Künste und
Wissenschaften.
Nach dem
Tode Christophs vereinigte er 1820 den monarchischen
Teil der
Insel mit der Republik, 1821 das östliche, unter span.
Herrschaft gebliebene Gebiet, und erreichte 1825 die
Unabhängigkeitserklärung des jungen
Staates von seiten
Frankreichs um
den Preis von 150 Mill.
Frs.
Entschädigung. Boyer
verwaltete von nun an die Republik Haïti mehr als 15 Jahre
im tiefsten Frieden, zog sich aber durch seine Politik, die auf die Unterdrückung der
Schwarzen zu Gunsten der Mischrasse
gerichtet war, viele Feinde zu. Infolge einer März 1843 ausgebrochenen Militärrevolution flüchtete Boyer
auf ein
engl.
Kriegsschiff, das ihn nach Jamaika brachte; dort dankte er ab und begab sich später nach
Paris,
[* 3] wo er starb.
(S. Haïti.)