Botanische
Gärten, Anstalten, in denen
Pflanzen aus allen
Weltteilen und Klimaten zum
Zweck des
Unterrichts und der Erweiterung
der
Wissenschaft gezogen werden. Sie bilden daher auch gegenwärtig ein notwendiges
Institut an höhern Lehranstalten, namentlich
an
Universitäten, polytechnischen
Schulen und
forst- und landwirtschaftlichen
Akademien. Zu Anfang des 14. Jahrh.
legte
Matthäus Sylvaticus zu
Salerno den ersten eigentlichen botanischen
Garten
[* 2] an; bald darauf (1333) ließ die
Republik
Venedig
[* 3] den ersten öffentlichen medizinisch-botanischen
Garten einrichten.
Aber die eigentliche
Epoche für allgemeinere
Anlage botanischer
Gärten beginnt erst mit Wiederherstellung der
Wissenschaften. Die reichen
Städte
Italiens
[* 4] wetteiferten damals in deren
Anlage, ihnen folgten die
Universitäten
Frankreichs
und
Spaniens nach.
Herzog
Alfons von
Este ging in
Ferrara
[* 5] mit rühmlichem
Beispiel voraus, indem er Pflanzengärten
anlegte. Mehrere
reiche Einwohner von
Ferrara thaten es ihm nach, und
Ferrara erlangte am frühsten in
Europa
[* 6] den
Ruf, die
Pflanzenkultur auf die höchste
Stufe der Vervollkommnung erhoben zu haben.
Gegründet wurden sodann in botanische Gärten
Padua
[* 7] gegen 1533, in
Pisa
[* 8] 1544, in
Bologna 1568; um dieselbe Zeit waren der botanische
Garten
zu
Florenz
[* 9] und der Penellische zu
Neapel
[* 10] berühmt. Der älteste botanische
Garten in
Frankreich ist der akademische
zu
Montpellier,
[* 11] welcher gegen Ende des 16. Jahrh. von Belleval angelegt wurde. Die erste
Nachricht von einem botanischen
Garten zu
Paris
[* 12] geht bis 1597 zurück, wo der triviale
Zweck, den Stickerinnen der Hofkleider
neue Blumenmuster zu liefern, zur Anlegung eines solchen Veranlassung gab. J. (Anmerkung des
Editors:
Jean)
Robin
war der
Gründer des
Pariser
Gartens; aber erst 1626 wurde auf den
Vorschlag des Leibarztes
Guy de la Brosse der
Garten für den
großartigen wissenschaftlichen
Zweck umgewandelt, sämtliche
Pflanzen der
Erde in demselben zu ziehen. Man stellte 1635
an
demselben, der später den
Namen
Jardin des plantes erhielt, drei
Professoren an, um
Botanik,
Pharmakologie
und
Chemie zu lehren.
In den
Niederlanden entstand 1577 der akademische
Garten zu
Leiden
[* 13] auf Bontius' Betrieb. In
Deutschland
[* 14] waren
im 16. Jahrh. nur Privatgärten
bekannt, als der berühmteste galt der des J. (Anmerkung des
Editors:
Joachim d. J.)
Camerarius in
Nürnberg.
[* 15]
Ein allgemeiner
Eifer für die
Anlage botanischer
Gärten gab sich im 17. Jahrh. kund. Es wurden angelegt:
der botanische
Garten des
Kardinals A.
Farnese zu
Rom und
[* 16] der beim
Collegium della sapienza daselbst;
der sogen. Hortus catholicus in Messina, [* 17] vom Fürsten della Cattolica gegründet;
der königliche englische Garten in Kew, von der Königin Elisabeth gegründet;
der Apothekergarten
zu
Chelsea, von den
Londoner Apothekern 1673 angelegt;
der botanische
Garten zu
Amsterdam,
[* 18] seit 1646 einer
der reichsten in
Europa;
viele akademische Gärten entstanden in Deutschland und den Ländern Nordeuropas, wie z. B. zu Leipzig [* 19] 1580, zu Breslau [* 20] 1587, zu Heidelberg [* 21] 1597, zu Gießen [* 22] 1610, zu Kiel [* 23] 1669, zu Helmstedt 1683, zu Jena [* 24] 1629 etc. Auch reiche Privaten gründeten solche;
der Bosesche Garten in Leipzig erlangte europäischen Ruf.
Während des 18. Jahrh. behaupteten
die botanischen
Gärten
Englands einen vorzüglichen
Rang, besonders der zu
Chelsea und der der
Brüder Sherard zu Eltham sowie
der Universitätsgarten zu
Cambridge. Der berühmteste von allen aber in neuerer Zeit wurde der königliche
Garten zu
Kew, den W.
Aiton beschrieb.
In den
Niederlanden machten die botanischen
Gärten des
Lords
Clifford zu Hardecamp bei
Haarlem
[* 25] unter K.
Linnés
Verwaltung
Epoche, und gleichzeitig behaupteten in
Italien
[* 26] die
Gärten zu
Turin,
[* 27]
Pisa und
Florenz, in
Spanien
[* 28] der
zu
Madrid
[* 29] verdientes Ansehen. In
Frankreich war zu Anfang dieses
Jahrhunderts der berühmteste der
Jardin
des plantes, sodann jener der
Kaiserin
Josephine zu
Malmaison, den Ventenat und
Bonpland beschrieben haben.
In der
Schweiz
[* 30] gelangte der früher unter Jos.
Geßner zu Zürich
[* 31] angelegte
Garten unter J. J. (Anmerkung des
Editors:
Johann
Jacob)
Römer
[* 32] in
Ruf. In Rußland entstanden in botanische Gärten
Petersburg
[* 33] 1725, in
Dorpat
[* 34] und
Wilna;
[* 35] der reichste aber war der, welchen der
Graf
Alexis
Rasumowski bei
Moskau
[* 36] unter
Fischers
Aufsicht anlegte. Die übrigen
Nordländer blieben nicht zurück. Der botanische
Garten zu
Kopenhagen
[* 37] unter Hornemann, der zu
Upsala
[* 38] unter
Thunberg und
Wahlenberg und der zu
Lund unter
Agardh erlangten
Berühmtheit. In
Deutschland entstanden gegen Ende des 18. Jahrh. sehr viele neue
Gärten, und jetzt entbehrt keine deutsche
Universität einer solchen
Anlage.
Außer den Universitätsgärten
erlangte vorzüglich der kaiserliche
Garten zu
Schönbrunn bei
Wien
[* 39] unter J. (Anmerkung des
Editors:
Joseph) v.
Jacquin große Berühmtheit, wie überhaupt in dieser Beziehung in neuerer Zeit in den
österreichischen
Staaten äußerst viel geschehen ist.
Preußen
[* 40] ist stolz auf seinen
Berliner
[* 41] botanischen
Garten, um den
Willdenow,
Link,
Braun und
Eichler große
Verdienste haben; besondere Erwähnung verdienen dann noch die botanischen
Gärten zu
Halle
[* 42] und
Breslau
(Göppert). In
Sachsen
[* 43] zeichnet sich aus der botanische
Garten zu
Leipzig, in
Bayern
[* 44] die botanischen
Gärten zu
München
[* 45] und
Nymphenburg, in
Württemberg
[* 46] der königliche
Garten zu
Stuttgart,
[* 47] in
Baden
[* 48] der zu
Schwetzingen, in
Hessen
[* 49] der zu
Weißenstein bei
Kassel,
[* 50] im Weimarischen der großherzogliche zu
Belvedere bei
Weimar,
[* 51] in
Hannover
[* 52] der königliche
Garten
zu
Herrenhausen und der botanische
Garten zu
Göttingen.
[* 53] Unter den großartigen
¶
mehr
Privatgärten
, die in neuerer Zeit entstanden, ist vorzüglich der des Fürsten zu Salm-Dyck in Dyck bei Düsseldorf
[* 55] zu bemerken.
Auch viele großartige Handelsgärten
in Holland und England machen durch ihre wissenschaftliche Anordnung und durch ihren großen
Pflanzenreichtum auf den Charakter von botanischen Gärten Anspruch. Von außereuropäischen botanischen Gärten sind hervorzuheben:
in Asien
[* 56] die Gärten zu Kalkutta,
[* 57] zu Madras,
[* 58] auf Ceylon,
[* 59] in Batavia,
[* 60] in Kanton;
[* 61]
in Afrika [* 62] die Gärten am Kap, auf Mauritius, auf Teneriffa;
in Amerika [* 63] der bei Kingston auf Jamaica, der französische in Cayenne, die nordamerikanischen zu New York, Philadelphia [* 64] und Cambridge, in Brasilien [* 65] der zu Rio de Janeiro [* 66] und der sehr bedeutende zu Mexiko; [* 67]
in Australien [* 68] die zu Sydney, [* 69] Melbourne, [* 70] Adelaide. [* 71]
Berühmte Botaniker haben die Schätze der unter ihrer Aussicht stehenden Gärten in meist sehr kostspieligen Prachtwerken, öfters auf öffentliche Kosten, ediert. Dahin gehören die Werke: Dillenius, Hortus Elthamensis (Leid. 1732);
Linné, Hortus Cliffortianus (Amsterd. 1737);
Jacquin, Hortus Schoenbrunnensis (1797, 4 Bde.);
Aiton, Hortus Kewensis (Lond. 1789-1810);
Ventenat, Jardin de Malmaison (Par. 1803);
Schrader, Hortus Goettingensis (Götting. 1809);
Willdenow, Hortus Berolinensis (Berl. 1800-1809, 2 Bde.);
Link, Otto und Klotz, Abbildungen aus dem Berliner Garten (das. 1820-28, 10 Hefte);
Link, Hortus regius botanicus Berolinensis (das. 1827-1832, 2 Bde.);
Salm-Reifferscheidt-Dyck, Hortus Dykensis (Düsseld. 1835);
Schlechtendal, Hortus Halensis (Halle 1841).
Beschreibungen botanischer Gärten gaben ferner: Göppert: Breslau (Bresl. 1868), Kolb: München (Münch. 1867), Willkomm: Dorpat (Dorp. 1873), Rees: Erlangen [* 72] (Erlang. 1878), Wigand: Marburg [* 73] (Marb. 1880), Pfitzer: Heidelberg (Heidelb. 1880);
Eichler und Garcke, Jahrbuch des königlichen botanischen Gartens und des botanischen Museums zu Berlin [* 74] (Berl. 1881-83).