[* 3] ein Gesellschaftsspiel, das unter vier
Personen mit der vollständigen franz. Karte gespielt wird. Jeder Teilnehmer
empfängt in zwei Würfen 13
Blätter, und die
Vorhand bestimmt aus einem vorgemischten zweiten
Spiele durch Abheben und
Aufschlagen
des untersten
Blattes die «beste» oder à-tout-Farbe. Die ihr verwandte, z. B.
Coeur, wenn
Carreau aufgeschlagen wurde, heißt die «gute»,
die ihr entgegengesetzte, also in diesem Falle Pique und
Trefle, die «schlechte»
Farbe.
Das von der
Vorhand angesagte niedrigere
Spiel kann durch den zur Linken folgenden Teilnehmer mittels Erbieten
zu einem höhern übernommen werden. Die einzelnen Karten haben dieselbe Geltung wie bei dem
Whist, wie denn überhaupt der
innere
Gang
[* 5] des Boston diesem ähnelt. Gewinn und
Verlust berechnen sich nach der Art der gewählten
Tour, desgleichen, wenn nicht
Misère gespielt wurde, nach der
Farbe. Wegen der vielen hierbei zu beobachtenden Vorschriften hat man
eigene
Tabellen der für jede Spielart zu fordernden Zahl von
Marken (fiches). Das
Spiel stammt ans Nordamerika,
[* 6] bezieht sich
auf den
Freiheitskrieg der Nordamerikaner gegen England und führt seinen
Namen nach der Stadt Boston, dem Wohnorte
Franklins. Als
Franklin nach
Frankreich kam und hier das Interesse an der amerik. Revolution rege ward, fand auch das
amerik.
Spiel Eingang, dessen Kunstausdrücke sich auf jene Begebenheit beziehen.
[* 3] (spr. boßt'n),Municipalstadt, Parlamentsborough und Seehafen in der engl.
Grafschaft Lincoln, an beiden Ufern des von einer eisernen
Brücke
[* 7] überspannten Witham, dessen nahe Mündung
in den Washbusen einen sichern, nur durch die sog.
Boston-Untiefe behinderten
Hafen bildet, hat (1881) 14932 E., eine St. Botolphskirche
(die größte flügellose
Kirche Englands mit 91 m hohem
Turme), eine Lateinschule, Freischule, Handwerkerinstitut,
Bibliothek,
Theater,
[* 8] Markthalle, Schiffswerfte, Fabrikation von Segeltuch, landwirtschaftlichen Geräten und Leder,
Eisen- und Messingwerke,
Brauereien und sehr bedeutende Viehmärkte. an der
Stelle des 870 von den Dänen zerstörten
Klosters des
heil. Botolph entstanden, hat gegen früher an Bedeutung verloren.
[* 3] (spr. boßt'n),Hauptstadt des nordamerik.
Staates Massachusetts und des County
Suffolk, liegt unter 42°21'5”
nördl.
Br. und 71° 4' westlich non Greenwich, an der Mündung des Charles-River in die Boston- oder
Massachusettsbai des Atlantischen Oceans und hat (1890) 448477 E.
Anlage,
Straßen,
Denkmäler. Boston bedeckt eine
Fläche von 9564 ha. und besteht aus mehrern verschiedenartigen
Teilen. Der älteste
und größte
Teil auf einer Halbinsel südlich des
Flusses ist Geschäftsstadt mit zum
Teil engen und gewundenen
Straßen und macht in seiner Bauart mehr den Eindruck einer europ. Großstadt als einer
jungen amerik. Schöpfung. Die Hauptverkehrsstraßen sind
Harrison-Avenue,
Washington-Street und Shawmutt-Avenue; ein
Brennpunkt
des Getriebes ist Haymarket-Place.
In der Mitte der Stadt liegt das Common, ein großer mit Denkmälern geschmückter Part; daneben ein öffentlicher
Garten
[* 9] mitTeich und dem
Washington-Denkmal; von hier aus durchzieht zwischen
Anlagen die breite
Commonwealth-Avenue
das vornehme Viertel West-Bostons. Im
SW. des eigentlichen Boston schließt sich
Highland, früher Roxbury, mit dem
BackBay-Park,
im SO.
South-Boston, das alte Dorchester-Neck an, das durch die vielfach überbrückte
South-Bay getrennt wird.
Auf dem linken Ufer des Charles-River liegt Charlestown mit der großen Kriegswerft der
Union, einem Trockendock
von 164 m Länge und dem 67 m hohen Granitobelisken zum Andenken an das
Treffen am
Bunkershill. Dem alten Boston gegenüber liegt,
durch Dampffähren erreichbar, East-Boston. Thatsächlich zu Boston gehörig sind die
StädteCambridge (s. d.) und Chelsea (s. d.),
ersteres am linken Ufer des Charles-River, oberhalb Charlestown, letzteres zwischen Mystic- und Chelsea-River
im innersten Winkel
[* 10] der
Bai. Außerdem sind rings um Boston zahlreiche Vorstädte (wie
Brookline mit 12103, Sommerville mit 40152 E.)
erstanden, deren Einverleibung nur eine Frage der Zeit sein kann. Groß-Boston hat in diesem
Sinne 598669 E. Der
Hafen hat an dem engen Eingänge viele
Untiefen, ist aber durch zahlreiche zum
Teil befestigte
Inseln vor
Winden
[* 11] geschützt, bietet 500 großen
Schiffen hinreichend Platz und ist mit Lagerhäusern, Werften und Docks aller Art ausgestattet.
Gebäude. Die Stadt hat etwa 150
Kirchen und 4
Theater. Das 1804 gegründete
Athenäum besitzt eine Gemälde-
und Skulpturengalerie und eine
Bibliothek. Die Faneuil-Halle, Geschenk von
Peter Faneuil, einem Hugenotten, wurde, weil schon
während der Revolutionszeit zu öffentlichen Versammlungen benutzt, «die
Wiege der amerik.
Freiheit» genannt. Die Musikhalle
besitzt eine prachtvolle Orgel und eine
StatueBeethovens. Ferner sind zu nennen das Staatshaus von Massachusetts mit
seiner goldenen
Kuppel, das
Stadthaus, Zollhaus, Tremont-Hotel, die
Börse, Post, die
Hallen der Freimaurer und Odd-Fellows,
der
Quincy-Markt, das Massachusetts- und Stadthospital, das Museum der schönen Künste und der
Society of Natural History.
Bildungswesen. Unter den höhern
Bildungsanstalten sind hervorzuheben die 1869 von J. Rich mit 2 Mill. Doll. gestiftete
Rich-Universität, das 1861 gegründete technolog.
Boylston-Institut und das 1863 von den
Jesuiten organisierte Boston-College.
Auch die bedeutendste
Bildungsanstalt der
Union, die Harvard
University in
Cambridge (s. d.), ist hier zu nennen. Der
Buchhandel
ist bedeutend; einige der wissenschaftlichen Zeitschriften sind von Einfluß, die
Zeitungen, zum
Teil von überaus starker
Verbreitung, haben nur lokale Bedeutung.
auch Sitz vieler wissenschaftlicher Gesellschaften, hat von jeher viel für
Bildungs- und Erziehungszwecke gethan (über 400 Schulen)
und wird zuweilen «das amerik.
Athen»
[* 12] genannt. Das
Lowell-Institut zur
Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse, namentlich durch
Vorlesungen wurde 1836 durch J. Lowell gestiftet. Die Stadtbibliothek
(Public Library) mit 556283
Bänden ist
eine der besten
Bibliotheken der
Vereinigten Staaten.
[* 13] Unter den wohlthätigen Anstalten sind die Howeschen
Blinden- und Taubstummeninstitute
besonders hervorragend.
¶
mehr
Handel, Industrie und Verkehr. Vorwiegend ist Boston Kaufmannsstadt und verdankt sein Aufblühen namentlich dem Handel, besonders
mit Asien,
[* 15] und der Industrie. Boston ist nach Neuyork
[* 16] der bedeutendste Einfuhrhafen und nach Neuyork und Neuorleans der bedeutendste
Ausfuhrhafen der Union. 1892 betrug der Wert der Einfuhr 75593561 Doll., darunter: Zucker
[* 17] und Melasse
14,02 Mill., Wolle und wollene Waren 13,01 Häute und Felle 7,7, Chemikalien 4,6, Hanf und Flachs 3,2, Lumpen 0,9, Maschinen 1,98,
Früchte 1,9, Baumwolle
[* 18] und baumwollene Waren 2,69, Gummi 0,99 Mill. Doll. Der Wert der Ausfuhr betrug 88805203 Doll.,
darunter: Baumwolle roh 10,91, Speck 15,83, Vieh lebend 11,91. Weizenmehl 9,88, Schweineschmalz 6,43, Rindfleisch
frisch 6,69, Leder 3,82, Schinken 2,77, Weizen 5,77 Mill. Doll. Es liefen in ein: 2396 Schiffe
[* 19] mit 1,70 Mill. Registertonnen, darunter 370 amerikan., 1884 brit.
Schiffe. 1889 landeten 39102 Personen, darunter 35198 Einwanderer, die meist nach dem Westen weiter gehen.
Die Flotte B.s bestand aus 542 Segelschiffen und 113 Dampfern, von denen 57 Fahrzeuge den
Fang von Stockfisch und Makrelen, 3 Walfischfang betrieben. Der Handel in Inlandartikeln ist stark in Schuhen, Getreide,
[* 20] Fischen,
Baumwoll- und Wollwaren. Nach dem Census von 1880 betrug in diesem Jahre der Gesamtwert der Industrieprodukte 130531993
Doll., darunter: Zuckerraffinerie 16518 760, Herrenkleider 16157892, Großschlächterei und Fleischverpackung
7096777, Maschinen und Gießerei
[* 21] 6234775, Buchdruckerei 5469518, Biere 4426264, Möbel
[* 22] 3867917, Gummiwaren 2095460, musikalische
Instrumente 3117398 und Leder 3100142 Doll. Die Anzahl der Etablissements betrug 1890: 7915,
der Gesamtwert der Industrieprodukte 208 Mill. Doll. und die Zahl der Arbeiter
90198. In ganz ausgedehntem
Maße ist Bostoner Kapital an auswärtigen Unternehmungen beteiligt.
Geschichtliches. Die Stadt wurde 1630 von Eingewanderten, zum Teil aus in England unter Führung von John Winthrop, angelegt,
hieß anfangs nach den drei Hügeln, auf denen sie stand, Trimountain und hatte nach einem zehnjährigen
Bestehen schon 4000 E. Erst später empfing sie, John Cotton zu Ehren, der Prediger zu in England war und nachmals die Predigerstelle
bei der ältesten Kirche B.s erhielt, ihren gegenwärtigen Namen. Bereits seit dem Regierungsantritt Karls II. der Hauptsitz
der Opposition gegen das Mutterland, wurde Boston der Ausgangspunkt des amerik.
Befreiungskampfes. Hier erhob James Otis gegen die vom engl. Gouverneur angeordneten Verhaftungen Einspruch und regte den
ersten Gedanken der Unabhängigkeit an; hier brach die wirkliche Revolution aus, als das Volk den trotz der Nichteinfuhrakte
aus England importierten Thee ins Meer warf (Dez. 1773). Hier wurde die Schlacht bei Bunkershill geschlagen
worauf die engl. Besatzung durch Washington
[* 37] zum Abzug gezwungen wurde (März 1776). Boston ist verhältnismäßig
langsam gewachsen, 1822 wurde es zur City erhoben. Bis um 1830 gab es hier kaum eine
¶
mehr
fremde Bevölkerung.
[* 39] Jetzt bilden die Fremden (meist Irländer und wenig Deutsche)
[* 40] einen bedeutenden Teil der Einwohnerschaft.
Vom 9. bis wurde Boston von einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht, welche den Hauptgeschäftsteil
in Asche legte, 800 Häuser und Warenlager zerstörte und einen Verlust von 80 Mill. Doll. verursachte. Boston ist
der Geburtsort Franklins (s. d.). -
Vgl. Schurtleff, Topographical and historical description of Boston (Boston 1872);