deutsch
Gurin (Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia).
1506 m. Gem. und Dorf, im Boscothale, am S.-Fuss des
Pizzo Orsalia und 35 km
nw.
Locarno. Höchstgelegenes Dorf des Kantons. Postablage. Gleicht seiner ganzen Bauart nach den
Dörfern des Oberwallis,
denen es auch an Sprache und
Sitte gleich ist.
Walliser Familien aus dem Formazzathal überschritten im 13. Jahrhundert die
vordere und hintere Furka und gründeten hier in der Thalausweitung das Dorf
Gurin, welcher Name im Verein
mit Bosco heute noch gebräuchlich ist. 81, zum grössten Teil aus
Holz erbaute
Häuser, 268 kathol. Ew. deutscher Zunge, die
das Italienische nur im Verkehr mit Fremden gebrauchen. Das Dorf unterhält eine deutsche und eine italienische
Schule. Viehzucht (sehr kleiner
Schlag);
Die Männer wandern als
Maurer und Steinhauer besonders in die Nachbarkantone, aber auch nach Frankreich und Californien,
u. als Holzschnitzer und Vergolder von Heiligenbildern nach Italien aus.
Während der letztvergangenen
Jahre hat die Seidenweberei in jedem
Haus des Dorfes Eingang gefunden.
Gemeindearchiv enthält Aktenstücke bis zum Jahr 1253. Etwas
unterhalb Bosco Ueberreste eines grossen
Bergsturzes aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
(Valledi) (Kt. Tessin,
Bez. Valle Maggia).
Linkes Seitenthal zum
Val Campo, das seinerseits wieder ein rechtsseitiges Nebenthal zur
Valle Maggia
ist. Zweigt sich bei
Cerentino vom
Val Campo ab und verläuft zuerst nach NW., dann nach W. Das an seiner
Mündung zur
Schlucht eingeengte Thal erweitert sich oben bald zu einer weiten
Wanne, die rings von hohen
Bergen umschlossen
und mit schönen Alpweiden und prächtigen Lärchen- und Tannenwäldern geschmückt ist. Hier oben findet sich nur ein geschlossenes
Dorf, Bosco oder
Gurin (1506 m), mit 268 kathol. Ew. deutscher Zunge; zahlreich sind aber im ganzen Thal,
besonders an seinem N.-Hang, sehr hoch hinaufsteigende Sennhütten zerstreut.
Die meisten Alpweiden,
Berge etc. um das Dorf tragen deutsche Namen, während das Italienische schon 30 Minuten unterhalb
desselben wieder vorherrscht. Wie in Bosco, hat sich deutsches Volk auch in dem w. davon gelegenen
Val
Pommat oder
Val Formazza (oberster Abschnitt des
Thales der Tosa) angesiedelt, das mit dem Oberwallis durch den
Griespass in
Verbindung steht. Ueber diesen sind, wahrscheinlich im 13. Jahrhundert, deutsche Ansiedler aus dem Oberwallis ins Pommat
herübergekommen, die einen Ableger ins
ValBosco vorgeschoben haben.
Solche deutsche Sprachinseln finden sich überdies noch am O.- und S.-Fuss des
Monte Rosa, und es ist
zweifellos, dass alle diese Ansiedelungen (wie die der «Freien Walser»
in Graubünden
und Vorarlberg) ihre Entstehung der Einwanderung von deutschen Oberwallisern verdanken. Ihr Jahrhunderte dauerndes Fortbestehen
erklärt sich neben politischen und geschichtlichen
Gründen und dem Festhalten der Bewohner an deutscher
Sprache und
Sitte hauptsächlich auch aus der geographischen Lage der Kolonien.
Alle diese Sprachinseln, Bosco inbegriffen, liegen in abgeschiedenen und schwer zugänglichen Thälern, die, wie besonders
auch wieder Bosco, nach unten durch
Schluchten oder Thalstufen abgeschlossen sind und deren Verkehr mit dem
Ober-Wallis ein
leichterer ist als mit dem italienischen Unterland. Vom
Val Campo führt blos ein schlechter und steiniger
Fusspfad ins Valle di Bosco hinauf, das dazu in seinem eingeengten Teil wild, kahl und von zahlreichen Felsstürzen und Lawinenschlägen
heimgesucht ist. Oft ist im Winter jede Verbindung mit dem Unterlande unterbrochen. Auch hat es die an
milderes Klima gewöhnten Italiener nie danach gelüstet, sich in diesem verlorenen Bergwinkel anzusiedeln. So blieb Bosco
von jedem fremden Einfluss verschont und konnte seine Eigenart (Sprache,
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Sitte, Brauch, Tracht und Bauart) ungestört beibehalten. Die Lebensweise der Bewohner ist natürlich eine sehr einfache und
wird fast völlig von der Viehzucht und der Alpwirtschaft bedingt. Der Ackerbau ist recht unbedeutend. Vor einigen Jahren
hat ein Zürcher Haus in Bosco die Seidenweberei eingeführt und Webstühle aufgestellt, die einer Anzahl
von Frauen und Mädchen einen kleinen Verdienst sichern. Zahlreiche junge Männer wandern aus, um nach einigen Jahren Aufenthaltes
in der Fremde mit ihren Ersparnissen wieder in die stets ersehnte Heimat zurückzukehren. Die Beziehungen zum Kanton Tessin,
dem sie angehören,
zwingen die Bewohner, auch die italienische Sprache zu kennen; zu diesem Zwecke unterhält hier der Staat
eine italienische Schule. Daneben besteht noch eine stark besuchte deutsche Schule, die von einer Zürcher Gesellschaft unterstützt
wird. Der Gottesdienst wird in deutscher Sprache abgehalten. (Hardmeyer, J. Locarnound seineThäler in Europ. Wanderbilder
89-91. - Bähler, A. Das Pommat und die deutsche SprachgemeindeBosco imTessin
im Jahrb. des S. A. C. Bd. 34).