Borstenwürmer
(Chaeopoda), Ordnung der Gliederwürmer (s. d.). Die überall und namentlich am Kopfe entwickelten Anhänge sind sehr verschieden (meist faden- oder blattförmig) gestaltet und fungieren teilweise als Sinnesorgane (Fühler, Cirren am Kopfe) oder Kiemen. Der äußerlich sichtbaren Gliederung des Leibes entspricht auch die innere; die einzelnen Metameren sind durch häutige Septen (Dissepimente) voneinander getrennt. Den Kopf bilden zwei Segmente, deren vorderes als Kopf- oder Stirnlappen die Mundöffnung überragt.
Die innere Organisation entspricht der der Anneliden im allgemeinen. Nach der Zahl der Borsten unterscheidet man 1) Polychäten (Polychaetae, Vielborster), ausnahmslos marine Formen, deren deutlich abgesetzter Kopf mit wohlentwickelten Sinnesorganen (Augen, Fühlern u. s. w.) ausgestattet ist. Sie sind getrennten Geschlechts; die Geschlechtsprodukte werden zur Zeit der Reife durch die Seqmentalorgane nach außen befördert. Aus den Eiern schlüpfen mit Wimperkränzen ausgestattete Larven, die sich durch Metamorphose in die Geschlechtstiere umbilden. Auch eine ungeschlechtliche Vermehrung durch Querteilung, seltener durch Knospung kommt vor. (S. Tafel: Würmer, [* 2] Fig. 33.) Ein Teil der Polychäten lebt frei (Polychaetae errantes, Errantia). Es gehören hierher u. a. die Nereïden (Nereïdae), z. B. Nereïs pelagica der Nordsee [* 1] (Fig. 26) und die Seeraupen (Aphroditidae), deren zahlreiche Borsten im Lichte oft irisieren und glänzen, so bei Hermione hystrix Savigny [* 1] (Fig. 15). Die festsitzenden Polychäten (Polychaetae sedenteriae, Tubicolae), deren Körper oft in mehrere ungleichartige Abschnitte zerfällt, leben in selbstgefertigten Röhren [* 3] und besitzen im Umkreise der Mundöffnung sehr zahlreiche und zierliche Cirren zur Herbeiholung der Nahrung. Es gehören hierher die Serpuliden (Serpulidae, Kalkröhrenbewohner), in allen Meeren zu Hause, z. B. Serpula vermicularis L. und Vermilia conigera [* 1] (Fig. 24 a u. b, in ihren Röhren), Serpula contortuplicata (s. Tafel: Meerwasser-Aquarium, [* 1] Fig. 12); ferner die Terebelliden (Terbelidae), die ihre Röhren aus kleinen Fremdkörpern zusammenkleben, z. B. Terebella emmalina Quatref. (aus der Röhre herausgenommen, s. Tafel: Würmer, Fig. 18). Im Sande aller Meeresufer leben oft in ungeheurer Menge die Sandwürmer (Arenicolidae), deren bekanntester Vertreter, der Pier oder gemeine Sandwurm (Arenicola piscatorum Lamark, [* 1] Fig. 25), als Angelköder dient.
Diesen Polychäten stehen gegenüber 2) die Oligochäten (Oligochaetae, Wenigborster), deren Körper keinerlei Anhänge, und auf den nur schwach hervortretenden Parapodien auch nur wenige (gewöhnlich nur zwei) und kleine, einfach gestaltete Borsten trägt. Sie sind Zwitter und durchlaufen keine Verwandlung. Die Oligochäten leben teils im Süßwasser und vom Schlamme (Oligochaetae limicolae), wie die Wasserschlängelchen oder Naïden (Naïdae, z. B. Naïs proboscidea, [* 1] Fig. 19), die sich auch ungeschlechtlich durch Teilung fortpflanzen, oder sie leben in feuchter Erde (Oligochaetae terricolae). Der bekannteste Vertreter dieser Erdwürmer ist der gemeine Regenwurm; es gehört hierher u. a. der rote Regenwurm (Lumbricus rubellus, [* 1] Fig. 31). (S. Regenwürmer.)