Borsten
werden diejenigen
Haare
[* 2] genannt, welche sich durch gerade Gestalt, Steifheit und Elasticität auszeichnen.
Technische Verwendung finden namentlich die Borsten
des (zahmen und wilden) Schweins, deren Benutzung zu
Bürsten, Pinseln u. s. w.
bekannt ist. Am geschätztesten sind die längs des Rückgrats stehenden sog. Kammborsten.
Die
geringern von andern Körperteilen, sog. Seitenborsten
, werden von Bürstenfabriken so hergerichtet,
daß solche auch zu
Bürsten und
Besen verwendet werden; die ganz kurzen dieser Seitenborsten
sowie die sog.
Wolle, welche sich
beim Auskämmen ergiebt, werden unter Pferdehaar gesponnen und geben das billigere Polsterhaar, finden
teilweise auch, nach vorausgegangenem Kräuseln, Anwendung zum
Ausstopfen von Sattelkissen
u. dgl. und bei den Maurern als
bindender Zusatz zum
Lehmputz. Man gewinnt die Borsten
teils durch
Abschneiden auf lebenden
Tieren (in welchem Falle an ihrer Länge
etwas verloren geht), teils durch Ausraufen geschlachteter Schweine,
[* 3] nachdem dieselben durch Übergießen
mit heißem Wasser abgebrüht sind (wobei sie aber
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mehr
durch das heiße Wasser an Elasticität verlieren); in manchen Gegenden wird Harz auf das Tier gestreut, und werden diese
auch Harzborsten
genannt. Man zieht die Borsten des wilden Schweins denen des zahmen, die aus nördl.
Ländern denen aus südlichern Gegenden, die von alten Tieren denen von jungen vor und schätzt rein weiße
oder schwarze höher als andersfarbige. Gelbliche Borsten
können durch Bleichen mittels schwefliger Säure heller gemacht werden;
auch künstliche Färbung findet zuweilen statt; graue Borsten
werden mittels Bleizucker und starkem Kochen schön und haltbar schwarz
gefärbt, deshalb auch viel mehr schwarze Bürsten, wie z. B. Wichsbürsten u. s. w., in den
Handel kommen.
Weiche Borsten
durch Leimwasser steif zu machen, ist ein auf eine Täuschung berechnetes und leicht zu erkennendes
Verfahren, welches jedoch selten mehr vorkommt, da steife Surrogate weit mehr verwendet werden. Die meisten und besten Borsten
kommen
aus Rußland, Polen, Ungarn
[* 5] und den Donauländern, weniger geschätzte Sorten aus China
[* 6] und Ostindien.
[* 7] Bei
Anfertigung der Bürsten findet zuweilen eine Verfälschung der Borsten
statt durch Einmengung der starken Fasern des Aloehanfs (aus
den Blättern der Agava americana L. und mexicana Lam.),
welche an Elasticität und Dauerhaftigkeit den Borsten
weit nachstehen.
Auch andere Surrogate aus dem Pflanzenreiche, wie die Reiswurzeln, die Piassava- und die Kokosnußfaser,
werden in neuerer Zeit anstatt der in der Bürstenfabrikation angewendet. Der Hauptmarkt für Borsten
ist Leipzig,
[* 8] wo nicht nur
zu den Messen der Artikel gehandelt wird und nach England, Frankreich, Amerika
[* 9] u. s. w. Absatz findet, sondern auch außerdem
jährlich zwei Borsten
märkte abgehalten werden. England hat trotz seiner bedeutenden Schweinezucht gar
keinen Ertrag an Borsten
, da es seine alten Landschweine hat aussterben lassen und die jetzigen, durch künstliche
Zucht erzeugten Tiere fast nackt sind. Die Versendung der Borsten
geschieht in Fässern von leichtem Holze, die oft sehr umfangreich
sind. Die Einfuhr von Borsten
im Deutschen Reiche (allerdings inkl. Borstensurrogate) ist von 1 610000 kg im
J. 1880 auf 2 710 900 kg im J. 1890 gestiegen. Die Ausfuhr betrug im gleichen Zeitraum 1 532 900 kg.
Die beste Sorte Borsten kostet 15 M. pro 1 kg.