welches in seiner größten
Ausdehnung
[* 5] mit Einschluß
des von ihm abhängigenKanem (s. d.) u. des von beiden eingeschlossenen
Tsadsees einen
Umfang von 242,701 qkm (4407,7 QM.) hat, in engerer Umgrenzung
zwischen
Kanem und dem Tsadsee,
Bagirmi,
Adamáua,
Sokoto und dem Tuareggebiet der
Sahara 148,405 qkm (2695 QM.) mißt. Das Land,
jetzt eins der bekanntesten Territorien Zentralafrikas, ist im ganzen eine weite Tiefebene; nur im W.
und S. treten Bergzüge von 200-300 m über die
Grenzen.
[* 6]
Der
Boden ist zum großen Teil sandig und unfruchtbar, kulturfähig aber in den sehr zahlreichen
Oasen sowie in den regelmäßig
durch
Überschwemmungen bewässerten, dicht bewaldeten Uferlandschaften der
Flüsse,
[* 7] wo auch die ziemlich starke
Bevölkerung
[* 8] zusammengedrängt ist. Unter
den Gewässern gelten der Tsadsee, durch welchen Bornu von
Kanem getrennt wird,
der Komadugu oder Waubé und der
Schari, welcher die Ostgrenze bildet, als die bedeutendsten. Die
Hitze ist außerordentlich
groß.
Zwischen den
Monaten März und Juni, wenn die glühenden
Süd- und Südwestwinde wehen, hält sich das
Thermometer
[* 9] selbst während
der
Nächte auf 40° C.
Schwere Gewitterwolken verhüllen die
Sonne,
[* 10] unter gewaltigen
Stürmen stürzen fast beständig dichte
Regengüsse nieder, und eine drückende, feuchte
Atmosphäre lastet wie ein
Alp auf allen lebenden
Wesen. Dann herrschen die
gefährlichsten
Fieber. Die trockne und verhältnismäßig kühle
Jahreszeit beginnt im
Oktober, und im
Januar geht
das
Thermometer nicht über 25° C. hinaus, sinkt des
Morgens aber bis 14° herab.
Von diesen unterscheiden sich die südlichen Anwohner des Tsadsees durch ihre körperliche
Bildung so sehr, daß die
Weiber
der
Landschaft Logone zu den schönsten ihres
Geschlechts in Nordafrika gerechnet werden. DemCharakter
nach gelten die
Kanuri für gutmütig, furchtsam und indolent.
Gleich andern
Negern pflegen sie ihre
Wangen,
Stirn,
Arme und
Schenkel
zu färben. Sie wohnen in vielen kleinen Ortschaften zerstreut und treiben fast ausschließlich
Ackerbau, während andre
StämmeKamele,
[* 19]
Rinder
[* 20] und vorzügliche
Pferde
[* 21] züchten.
Das eigentliche ReichBornu, welches früher einen Teil des ReichsKanem bildete, ward von Ali Dunamani (1472-1505)
begründet, erreichte seine höchste Macht unter Edriß Alaoma (1571-1603), geriet aber dann rasch in Verfall. Als 1808 die
Fulbe unter ihrem EmirSaki Domfodio alle umliegenden Länder unterwarfen und auch Bornu angriffen, floh der Sultan von Bornu zu den
stammverwandten Kanembu, deren Herrscher, der ScheichEmin, ein Heer sammelte, mit dem erSaki eine blutige Niederlage beibrachte.
Der Sultan von Bornu nahm nun seinen Thron
[* 27] wieder ein; doch behielt seitdem der Scheich von Bornu, wie Emin und seine Nachfolger sich
nannten, alle wirkliche Macht in in den Händen, und der Sultan sank zur bloßen Staatsfigur herab. Der
SultanOmar (1835-82) ist durch die Unterstützung, welche er den deutschen ReisendenBarth, Vogel, Beurmann, Rohlfs und Nachtigal
angedeihen ließ, bekannt geworden; 1870 sandte ihm König Wilhelm vonPreußen
[* 28] deshalb eine Anzahl Geschenke.
mächtiges, mohammed. Negerreich im mittlern Sudan, im Innern Afrikas, begrenzt im O. vom Tsadsee, im S. vom
Wandalagebirge und Adamaua, im W. von Sokoto, im N. von der Sahara. Da die Grenzen im S. und teilweise auch
im N. durch schwankende Kriegserfolge stets sich verschieben, so kann nur annähernd genau der Umfang mit 140000 qkm und die
Einwohnerzahl mit 5 Mill. angegeben werden. Oberflächengestaltung. Bornu stellt sich als eine weit ausgedehnte, flache Bodensenkung
dar, in welcher die Gewässer von den Höhen von Darfur, Dar Banda,
[* 30] Mandara und von der sanften Erhebung an der
Grenze von Sokoto in trägem Laufe sich sammeln.
Nur im SW. steigt die fast gleichmäßige Fläche zu dem 600 m hohen Hügellande von Gudschba an. Die mächtigste Wasserfülle
bringt der Schari (s. d.); er fällt aber nur mit seinem Mündungsdelta
in den Bereich von Bornu. Der Waube (Komadugu, Yën, Yoobe), im Haussaland Kano entspringend, 800 km lang, und der Mbulu, dessen
Quellen im Wandalagebirge im Süden liegen, durchziehen auf größere Strecken das Land. Der Waube, in der Regenzeit tief und
reißend, schrumpft in der Trockenzeit zu einer Reihe von Sümpfen und Tümpeln zusammen; der Mbulu staut
sich in der Schwellzeit in der Tiefebene und überschwemmt weithin die Umgegend. Alle Flußläufe nimmt das Becken des Tsadsees
(s. d.) auf.
Klima.
[* 31] Das Klima unterscheidet sich von der unmittelbar nördlich anstoßenden Sahara durch einen hohen Feuchtigkeitsgehalt
und durch die Tag und Nacht fast gleichmäßige Temperatur. Die Jahres-Mitteltemperatur beträgt 28,7° C;
im kühlsten Monat (Dezember) 24,4°, im heißesten (April) 33,5° C. Nach der Regenzeit, von Juni bis Anfang Oktober (im
Westen dauert sie länger, im Süden sogar sieben Monate), tritt eine Periode leichter Abkühlung ein. Die Regenzeit verursacht
bösartige Malaria und Augenkrankheiten.
[* 32]
Pflanzen- und Tierwelt. Der Übergang von der starren Wüste nach der tropischen Fülle des Südens ist ein allmählicher; auf
öde Savannen mit einzelnen Baumgruppen folgen Wälder von dornigen Akazien und auf diese Tamarinden, Baobab und schließlich
Dum- und Delebpalmen. Angebaut werden Durrha, Mais, Reis, Sesam, Erdnüsse, Citronen, Feigen. Während der
Norden
[* 33] von Gazellen, Straußen, Giraffen, Elefanten und Flußpferden in Herden durchzogen wird und Löwen und Hyänen zahlreich
sind, begegnet man
in den südlichen und westlichen stark bevölkerten Gegenden, außer dem Rhinoceros in sumpfigen Wäldern,
fast ausschließlich nur Haustieren: Pferden, Eseln, Rindern, Ziegen und Schweinen, und in der Provinz Kotscham auch
noch Kamelen.
Bevölkerung. Es hat sich infolge des starken Handelsverkehrs und der fortwährenden, mit der massenhaften Einschleppung
von Sklaven verbundenen Kriege kein scharf bestimmter Rassentypus erhalten. Im allgemeinen sind die Bewohner klein, schwerfällig,
von grauer, ins Rötliche schimmernder Hautfarbe, die Frauen häßlich und sehr beleibt. Nach Ausrottung und Aufsaugung der
Urbevölkerung bilden die Kanuri (Berauni) die Masse der civilisierten Einwohner (gegen 1½ Mill.) von Bornu. Sie sind sehr reinlich,
arbeitsam und wohl unterrichtet; die Männer übertragen die Mühe der Arbeit nicht auf Frauen und Sklaven; sie begnügen sich
mit einer Frau und behandeln sie mit Achtung.
Sie sind geschickte Metallarbeiter und haben sogar gelernt, Kanonen zu gießen. Die Kanurisprache ist
die herrschende in Bornu. Die Makari oder Kotoko (im Westen des Schari), an 750000, zeichnen sich durch ihre Ausdauer im Ackerbau
und durch Findigkeit in allerlei Handwerken aus. Als Einwanderer leben in zerstreuten Gruppen Fulbe, Haussa und Tuareg (Kindi
genannt) in der Anzahl von 650000. Hervortretend in dem bunten Völkergewirr ist der seit mehrern Generationen
ansässige Araberstamm der Schua und Salamat (an 100000); er hat sich zwar nicht die Helle der Haut
[* 34] und die Regelmäßigkeit
der Züge voll erhalten, doch die Sprache, die Lust an Pferde- und Rindviehzucht und die Tapferkeit im Kriege.
Als Barbaren gelten die Manga (gegen 750000) im Westen, an der Grenze von Sokoto, und die heidn. Marghi in Wandala (Mandara, s. d.),
sowie das südlich von Logone wohnende, grausame und wilde Reitervolk der Musgu.
Staatliches. Das ReichBornu zerfällt in die ProvinzenManga, Munio, Gummel, Kodscham, Ngomati, Gudschba,
Karagoara, Damerghu, Kototo, und in die tributären Vasallenstaaten Sinder, Dikoa, Logone, Mandara. Der Sultan oder Scheich
von Bornu ist absoluter Despot; die höchsten Ämter vergiebt er an seine Sklaven, um des unbedingten Gehorsams sicher zu sein.
Er bedient sich aber auch eines Staatsrates, der aus dem Befehlshaber der Armee und aus erblichen Volksvertretern
(Kokenaua) der Kanuri und Araber zusammengesetzt ist.
Die Armee, 5000 Mann Fußvolk und 1000 Mann Reiterei, besitzt als Waffen
[* 35] Feuergewehr und Geschütze.
[* 36] Die Kavallerie trägt entweder
Panzerhemden oder dicht wattierte, bis zu den Füßen reichende Schutzröcke. Der Tribut der Vasallenstaaten und die Abgaben
der Provinzen an den Scheich bestehen in der Lieferung von Sklaven. Die natürliche Folge davon sind
fortdauernde Sklavenjagden und Kriege an den Grenzen des Reichs. Auf den großen Märkten von Kuka wird die Sklavenmasse gegen
europ. und afrik. Waren umgetauscht. Als einzig geltendes Zahlungsmittel dient aber der Maria-Theresienthaler
und als Kleingeld die Kaurimuschel, wovon 4000 Stück auf 1 Maria-Theresienthaler gehen. Es herrscht vollkommene
Handelsfreiheit, es wird keinerlei Zoll oder Steuer erhoben.
Die Haupt- und Residenzstadt des Landes ist Kuka (s. d.). In ganz Bornu drängt sich die Bevölkerung in große Ortschaften zusammen,
am meisten am
¶
mehr
Südende und im Süden des Tsadsees, ferner im Westen am Waube. Zu den volkreichsten gehören Ngornu (Angornu) und Gudschba mit 20000 E.,
Maschena und Gummel mit 12000 E., Surrikulo mit mehr als 10000 E., Borsari mit 7500 E.; ferner in den tributären Landschaften
Logone und Dikoa mit je 15000 E. und Doloo in Mandara sogar mit 30000 E. Die ehemalige Haupt- und Residenzstadt
Birni oder Ghasr-Eggomo, am rechten Ufer des Waube, liegt seit der Zerstörung durch die Fulbe 1808 in Trümmern.
Geschichte. Bornu war einst ein Teil des ReichsKanem (s. d.), das, im 9. Jahrh. gegründet,
seit Ende des 11. Jahrh. mohammedanisch, sich in der ersten Hälfte des 12. Jahrh.
vom Niger bis zum Nil, über ganz Fessan und südlich bis weit jenseit des Tsad erstreckte. Aus seinen Trümmern gründete der
König Ali-Dunámami (1472-1505) das eigentliche ReichBornu. Dessen Sohn Edriß Katakarmábi (1505-26) eroberte sogar Kanem wieder,
das nun bis zum Anfang des 19. Jahrh. eine Provinz von Bornu blieb.
Die höchste Blüte
[* 38] erreichte Bornu unter Edrih Alaóma (1571-1603), welcher Damerghu, die Tuareg im NW., die Tibbo (Tebu) um Bilma,
die heidn. Grenzvölker der Budduma, Marghi und Mandara im S. unterwarf und die Verbindung mit der Küste wiederherstellte. Unter
den nachfolgenden friedlichen und üppigen Königen sank jedoch die Macht B.s rasch, sodaß es dem 1808 begonnenen
Angriffe der Fellata nicht widerstehen konnte. Die Hauptstadt Birni fiel in deren Hände, und der schwache Ahmed ibn Ali (1793-1810)
verlegte seine Residenz.
Ein frommer Araber aus Fessan, Mohammed el-Kanemi, rettete den Staat durch seinen Sieg bei Ngornu, und sein
Sohn Omar (seit 1835) beseitigte die alte Dynastie, indem er den König Ibrahim 1846 ermordete und dessen Sohn Ali auf dem
Schlachtfelde tötete. Omar residierte in dem von ihm neuerbauten Kuka, aber ohne den energischen Geist seines Vaters, weshalb
nicht nur die nördl. Provinzen von den Tuareg, wie Kanem von den Tibbo und dem Beherrscher von Wadai (s. d.)
bedrängt wurden, sondern auch der Kern des Reichs durch innere Unruhen erschüttert ward. 1853 mußte Omar seinem BruderAbd
e'-Rahmán weichen, der sich in offenem Aufruhr des Throns bemächtigt hatte, aber im Dez. 1854 überwunden und
getötet wurde, sodaß Omar seitdem unbehindert bis zu seinem gegen Ende 1881 erfolgten Tode herrschte. Bornu wurde 1823 zum
erstenmal von Europäern bereist und zwar von Denham, Clapperton, Oudney, Hillmann, Toole; 1852 von Richardson,Barth und Overweg; 1853 von
Vogel und Beurmann. Die eingehendste Kenntnis verdanken wir aber Nachtigal (1871 und 1872). Matteucci und
Massari gehören zu den jüngsten Besuchern des Landes (1880).
Litteratur. Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika (5 Bde.,
Gotha 1855-58);