Bornĕo
(von dem sanskr. Bhourni, d. h. Land, Erde), die größte Insel des Ostindischen Archipels, nächst Neuguinea die größte der ganzen Erde, erstreckt sich von 7° nördl. bis 4° 20' südl. Br. und von 106° 40' bis 116° 45' östl. L. von Greenwich. Die größte Länge, von N. nach S., beträgt 1372, die größte Breite [* 2] 1179 km, der Flächeninhalt 733329 qkm, mit einzelnen zugehörigen Inselgruppen 736 500 qkm.
Oberflächengestaltung. Die
Küste von Borneo
ist 4971 km lang, wenig gegliedert und ohne erwähnenswerte
Buchten. Borneo
, nur zum kleinern
Teil gebirgig, besteht bis weit in das
Innere hinein aus einem sehr niedrigen, nur wenige
Meter über dem
Meeresspiegel gelegenen, meistens sumpfigen, häufig überfluteten und mit undurchdringlichem
Urwalde bedeckten Flachlande,
aus dem sich hin und wieder kurze Bergrücken, sowie einzelne höhere und trocknere Landstriche inselförmig erheben.
Eine lange
Kette zieht sich von dem Nordende der
Insel, dem
Kap Sampanmangio, bis zu ihrer nordwestl.
Spitze,
dem
Kap Datu, halbbogenförmig hin und trennt fast ihr ganzes nördl. Drittteil von dem übrigen.
Ein granitisches und Schiefergebirge bildet den
Kern namentlich im Westen der
Insel; darauf liegen
Devon
[* 3] und ältere
Eruptivgesteine.
Auch
Steinkohlenformation und Kreide
[* 4] kommen vor. Unweit der Nordspitze erhebt sich der 4175 m hohe granitische
Kinibalu, der höchste
Berg auf Borneo.
Von dem Gebirgszuge des Innern verläuft eine zuletzt Sakuru genannte
Kette gegen
Osten bis
zum
Kap Kaniungan; eine zweite in südöstl. und später südl.
Richtung, deren
Teile nach ihren höchsten Gipfeln, z. B. dem
Melihat u. a., benannt werden, bis zum
Kap Salatan; eine dritte endlich, die nach Südwest sich erstreckt
und deren Hauptgipfel der Dusun und Prambangan-Badak sind.
Alle diese Züge sind im
Grunde nur Hügelland und keine geschlossenen
Ketten.
Ihre
Höhen schätzt man auf 750-1600 m. Zwischen diesen Hügelzügen liegt die tertiäre Ebene,
welche an den
Küsten in Alluvialebene übergeht; Korallenbildungen finden sich besonders an der Nordspitze
der
Insel.
Klima.
[* 5] hat durchaus tropisches
Klima. In
Bandjermassin hat das Jahr 27° C. Mitteltemperatur, ist also wärmer als in
Batavia,
[* 6] mit sehr geringen Schwankungen; wärmster
Monat ist der Mai mit 27,7° C., kältester der Dezember mit 26,7° C.
Die größere südl. Hälfte von hat eine große Trocken- und eine Regenzeit, erstere von April
bis November mit dem Nordost-Monsun. Der Norden
[* 7] hat zwei Trocken- und zwei Regenzeiten. Borneo
gehört zu den niederschlagsreichsten
Gebieten.
Die Regenmenge in Sintang im
Binnenlande beträgt 3630
mm, in
Bandjermassin nahe der
Küste 2350
mm.
Bewässerung. Flüsse [* 8] von ziemlich beträchtlicher Länge, Breite und Tiefe bilden die eigentlichen Handels- und Verkehrswege in das Innere. Mehrere stehen durch zahlreiche Nebenarme und natürliche Kanäle, im Malaiischen Troussong genannt, in Zusammenhang. Von den wichtigsten münden aus: an der Nordküste der Padas, Limbang, Barram, Redjang und Batang-Lupar;
an der Westküste der Sambas und der wichtige Kapuas;
an der Südküste der Kotarinqin, Pembuang, Sampit (Katingan), Kahajan, Murong und der große Barito oder Bandjermassinfluß;
an der Ostküste der Kutei oder Mahakkam, Bulangan und Sebauwang.
Der Bulungan, Kapuas und Barito haben in gerader Linie eine Länge von 445, 556 und 608 km, sind auf 280, 386 und 454 km für kleinere Dampfschiffe und größere Prauwen befahrbar; ebenso der Kutei-Mahakkam. Diese Flüsse haben meistens nur ein geringes Gefälle, fließen langsam und überströmen während der Regenzeit ihre Ufer weithin. Sie haben an ihrer Mündung ausgebreitete, sich durch Anspülung immer mehr vergrößernde Deltabildungen. Die Thätigkeit der Korallen [* 9] und Mangrovewälder zeigt sich sehr wirksam. Von Landseen sind die Seen Seriang und Sumbah im obern Stromgebiete des Kapuas, südlich von dem Batang-Lupar-Gebirge, bemerkenswert.
Mineralreich. Von
Mineralien
[* 10] kommen auf Borneo
vor: Antimon, wovon aus der Landschaft Serawak jährlich 2500-3000 t ausgeführt
werden;
Eisen, [* 11] hauptsächlich in der Landschaft Bandjermassin;
Zinn, Zink, Silber und Kupfer; [* 12]
Alluvialgold beinahe überall, vornehmlich aber in Sambas an der Westküste, in Serawak und Bandjermassin, jährlich für etwa 3 Mill. M.;
Diamanten in Bandjermassin, sowie besonders in Landak an der Westküste (die Ausbeute betrug 1880: 3012 Karat);
Steinkohlen hauptsächlich in Bandjermassin, sowie in Brunei an der Nordküste.
Salz [* 13] kommt auf Borneo nicht vor und bildet einen der wichtigsten Einfuhrartikel, an der Süd-, Ost- und Westküste.
Pflanzenwelt. Erst in jüngerer Zeit sind die reichen Schätze der Flora genauer bekannt geworden, besonders durch Beccari. Der Palmenreichtum erreicht hier, besonders in den Rotanglianen, der das «Spanische Rohr» [* 14] liefernden kletternden Rohrstämme (Calamus), eine sonst ungekannte Fülle, und diese Rotangpalmen machen bei der furchtbaren Bewehrung ihrer Blattscheiden, Rippen und Geißeln mit dornigen und hakenförmig gekrümmten Stacheln die Wälder unzugänglich.
Bei der sehr niedrigen Stufe, auf welcher auf Borneo der Acker- und Gartenbau stehen, sind fast alle zur Ausfuhr kommenden Gegenstände aus dem Pflanzenreiche Erzeugnisse der Wälder. Die niederländ. Regierung ist fortwährend bemüht, den Anbau von Reis, Zuckerrohr, Indigo, [* 15] Kaffee, Baumwolle, [* 16] Pfeffer, sowie die Zucht von Kokos- und Sagopalmen, von Uncaria Gambir Roxb., der Mutterpflanze eines dem Katechu verwandten Stoffes von technischer Verwendung in der Färberei, auf Borneo zu höherer Entwicklung und weiterer Ausbreitung zu bringen.
Tierwelt. Die Fauna von Borneo ist im allgemeinen nicht weniger artenreich als die Flora und nur was Säugetiere betrifft ärmer als die von Sumatra und Java. Sie ist besonders reich an Arten von Affen, [* 17] unter denen der Orang-Utang, ein Gibbon ¶
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(Hylobates concolor Harlan.) und der Nasenaffe (Semnopithecus nasicus Cuv.) die merkwürdigsten. Von Lemuriden oder Halbaffen [* 19] kommen Tarsius spectrum Geoff., Stenops tardigradus Bennett. und der Flattermaki (Galeopithecus volans Pall.) vor. Der Indische Tapir und ein eigentümliches wildes Schwein [* 20] (Sus barbatus S. Müll.) werden hier gefunden, desgleichen der Indische Elefant, [* 21] von Wiederkäuern eine Ochsenart (Bos banteng Raffl.), drei Hirscharten (Cervus equinus Cuv., C. Russa Cuv. und Cervulus muntjac), sowie ein Moschustier (Tragulus javanicus Pall.). Die größten Raubtiere [* 22] sind eine Pantherart von mittlerer Größe (Felis macroscelis Temm.) und der Malaiische Bär. Am zahlreichsten vertreten sind die kleinern Raubtiere, die Fledermäuse, Insektenfresser [* 23] (darunter eine bloß auf Borneo vorkommende, auf Bäume kletternde Spitzmaus, Ptilocerus Lowii Gr.) und die Nager.
An den Küsten kommt eine Art Seekuh (Halycore cetacea Illig.) nicht selten vor. Von zahmen Säugetieren finden sich daselbst nur wenige Büffel und Pferde. [* 24] Viehzucht [* 25] besteht dagegen nicht. Unter den sehr zahlreichen Vögelarten befinden sich viele schöne und merkwürdige, darunter der merkwürdige Schild-Nashornvogel (Rhinoplax scutatus Boddaert.). Auch die Reptilien sind zahlreich. In den Landseen und Flüssen kommen zwei Arten von Krokodilen (Crocodilus biporcatus Cuv. und Gavialis Schlegelii S. Müll.), und zwar die erstere außerordentlich häufig vor. Ebenso häufig sind Schlangen [* 26] und sowohl in den Flüssen als an der Küste Schildkröten. [* 27] Die Flüsse, Seen und das Meer unweit des Landes sind außerordentlich fischreich. Von andern Tieren sind besonders die Insekten [* 28] und unter diesen die prachtvollen Käfer [* 29] und Schmetterlinge [* 30] sowie die wilden Bienen, deren Wachs einen wichtigen Ausfuhrartikel bildet, erwähnenswert.
Bevölkerung [* 31] und Staatenbildung. Die Gesamtzahl der Einwohner ist schwer zu schätzen, beläuft sich am wahrscheinlichsten auf 1 740000, d. h. 2,3 auf 1 qkm, und besteht hauptsächlich aus Dâjat (s. d.), den ältesten Bewohnern der Insel, einem Zweige der malaiisch-polynes. Völkerfamilie; 250-300000 größtenteils von Sumatra eingewanderten Malaien, 60-70000 Chinesen, 30-35000 Bugi, ungefähr 3500 Arabern und höchstens 1000 Europäern und fremden Asiaten.
Die eigentlichen Malaien stifteten schon vor mehrern Jahrhunderten sowohl längs der Küste von Borneo als an den Ufern seiner großen Flüsse, namentlich des Kapuas und Barito eine Menge kleinerer und größerer mohammed. Reiche, wie Brunei an der Nordküste; Sambas, Pontianak, Mampawa, Matan, Landak und Sukadana an der Westküste; an der Südküste Bandjermassin. Ebenfalls mohammed. Reiche wurden von den Bugi an der Ostküste, hauptsächlich an den Ufern des Flusses Kutei gegründet.
Von diesen war das älteste und mächtigste das bis 1889 noch selbständige Reich Brunei, welches von dem Portugiesen Lorenzo de Gomez, dem ersten Europäer, der 1518 Borneo besuchte, sowie von Pigafetta, dem Reisegefährten von Magalhães 1521 Bourné, Burné und Brauni genannt ward und seinen Namen der ganzen Insel gegeben hat; es erstreckt sich längs der ganzen Nordküste, vom Kap Sampanmangio bis Kap Datu. Einen Teil desselben, die Landschaft Serawak (s. d.), übertrug der Sultan 1842 an den Engländer James Brooke (s. d.) als erbliches Lehen, trat die Insel Labuan (s. d.) der engl. Regierung ab und stellte sein Reich unter engl. Protektorat. 1889 wurde auch Serawak unter brit. Oberhoheit gestellt.
Die Hauptstadt ist Brunei (s. d.). Die andern malaiischen Bugireiche haben entweder zu bestehen aufgehört oder sind gegenwärtig Vasallenstaaten der Niederländer. Alle diese Staaten betrieben bis in neuere Zeit in großartiger Weise Seeräuberei. Von den Bewohnern des nordöstlichsten, dem Sultan der Sulu-Inseln gehörenden Teils, geschieht solches häufig auch jetzt noch. Die Chinesen auf Borneo, deren Zahl noch zunimmt, sind Kaufleute, Landbauer und hauptsächlich Goldwäscher, die Araber daselbst Handelsleute.
Daß auf auch Negrito vorkommen sollten, wie verschiedene europ. Schriftsteller berichten, ist durchaus irrtümlich. Die Niederländer kamen 1598 unter Olivier van Novord nach und zwar nach Brunei. Ihm folgte 1604 Wybrand van Warwyk. Die erste ihrer Handelsfaktoreien auf Borneo wurde 1606 zu Sukadana gegründet. Andere entstanden zu Bandjermassin (s. d.) 1606 und 1608, zu Sambas 1609. Gegenwärtig sind die Niederländer die herrschende Macht auf und besitzen daselbst ein Gebiet, das sich von Kap Datu auf der Nordwestküste bis zu dem unter dem 1.° nördl. Br. gelegenen Kap Kaniungan an der Ostküste erstreckt.
Besonders durch die 1350-54 an der Westküste und 1859-62 an der Südküste geführten Kriege wurde die niederländ. Macht gefestigt. Ihr Gebiet besteht aus zwei getrennten, besondere Residentschaften bildenden Abteilungen, «der westlichen» mit der Hauptstadt Pontianak, sowie «der südlichen und östlichen» mit der Hauptstadt Bandjermassin. Durch Vertrag vom hatte eine engl. Compagnie von den Sultanen von Sulu und Brunei das nordöstliche Borneo sich abtreten lassen; die Grenze des Gebietes bildete nördlich der Kimanis-, östlich der Sibukufluß; in Sandakan, auf der Ostseite, wurde ein Resident und brit. Vicekonsul eingesetzt. Nach dem Traktat vom ist die Grenze zwischen England und Holland genauer festgestellt und Borneo zerfällt demnach in folgende Besitzungen und Protektorate:
Besitzungen und Protektorate | qkm | Einwohner |
---|---|---|
A. Englisch | 207500 | 496000 |
1) Brit. Nordborneo (mit Labuan) | 80300 | 126000 |
2) Sultanat Brunei | 21000 | 50000 |
3) Serawak | 106200 | 320000 |
Borneo Niederländisch | 528900 | 1120500 |
1) Westborneo | 154500 | 419100 |
2) Süd- und Ostabteilung | 374400 | 701400 |
Handel. Außer Sandakan (7000 E., darunter 131 Europäer) ist in Nordborneo Kudat (1000 E.) noch wichtiger Hafen; Sandakan ist besonders für den Verkehr mit Celebes, den Philippinen und Neuguinea geeignet; im ganzen bestehen schon 25 Handlungshäuser daselbst. 1890 betrug die Ausfuhr 3 789 278 M. Wert, die Einfuhr 8 475 974 M. Tabak [* 32] (als Deckblatt für Cigarren), Kokosnüsse, Bienenwachs, Vogelnester, Sago, Kampfer und Guttapercha sind die Hauptausfuhrartikel, Gold, [* 33] Kohlen und Zinnober [* 34] sind in Menge vorhanden, vor allem aber kolossale Massen Nutzholz.
Litteratur. Mundy, and Celebes (2 Bde., Lond. 1840);
Beth, B.s Westerafdeeling (2 Bde., ¶
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Zalt-Bommel 1846);
J. Brooke, Private correspondence, hg. von Templer (3 Bde., Lond. 1853);
S. Müller, Reizen en onderzoekingen in den Indischen Archipel (neue Ausg., 2 Bde., Amsterd. 1857);
van Rees, Montrado (Rotterd. 1860);
Spenser of Saint-John, Life in the forest of the far East (2 Bde., Lond. 1862);
Bock, [* 36] Reis in Ost-en Zuid-Borneo (Haag [* 37] 1881);
Hatton, The New-Ceylon; being a sketch of British North Borneo (Lond. 1882);
Hatton, North-Borneo (ebd. 1885);
Meyners, Bijdragen tot de Kennis der geschiedenis van het Bandjermasinsche Rijk (Leid. 1863-86);
Posewitz, Borneo (Berl. 1889);
Handbook to British North Borneo (Lond. 1890);
Wallace, Malay Archipelago (neue Ausg., ebd. 1891).
Karten: Map of Borneo 1:3 200000 (ebd. 1886); Map of British Borneo 1:640000 (ebd. 1886).