[* 2] (spr. -doh), eine der größten, schönsten und reichsten
StädteFrankreichs, Hauptstadt des
Departements der
Gironde, liegt 6 m ü. M. in einer weiten
Ebene am linken
Ufer der
Garonne, die hier eine gewaltige nach
O. geöffnete Biegung macht, in der
LandschaftBordelais des ehemaligen
Guienne oder
Aquitanien, am Vereinigungspunkt von vier
Eisenbahnen und an dem
Punkt, 100 km oberhalb der Flußmündung, bis zu welchem mit der
Flut selbst noch transatlantische
Dampfer
gelangen können. Mit der gegenüberliegenden Vorstadt La
Bastide ist Bordeaux durch eine steinerne
Brücke,
[* 3] die Anfang dieses
Jahrhunderts des beweglichen
Untergrundes halber mit sehr großen Schwierigkeiten erbaut wurde,
¶
Obgleich nicht am Meer selbst gelegen, ist Bordeaux doch nächst Marseille
[* 5] und Havre
[* 6] die dritte Seestadt Frankreichs. Die Garonne, die
mit trüben, schmutzig gelben Fluten an der Stadt vorbeifließt, bildet ein weites, halbmondförmiges Hafenbassin (Port de
la Lune), das mit seinen breiten, langgestreckten, von schönen Häusern begrenzten Kais, die zu den schönsten
derartigen AnlagenEuropas gehören, 1200 SchiffenRaum gewährt. Doch genügt dieser Raum dem beständig wachsenden Verkehr längst
nicht mehr, und so ist am untern Ende der Stadt, dem Stadtteil Bacalan, noch ein 1879 vollendetes, 10 Hektar großes Bassin
angelegt worden, das auch bei Ebbe 6½ m Tiefe hat.
Den Kern von Bordeaux bildet die mittelalterliche Altstadt mit engen, krummen und finstern Gassen in der Nähe des gewaltigen Quinconceplatzes;
um sie haben sich die neuern Statteile ^[richtig: Stadtteile] gelagert. Die meisten Prachtbauten, alle in einem übereinstimmenden
Stil ausgeführt und durch prächtige Treppen,
[* 7] Säulenportiken und zahlreiche von Pilastern umrahmte Fenster
gekennzeichnet, stammen aus der Zeit Ludwigs XV. In Menge vorhandenes billiges, dabei treffliches Baumaterial fiel dabei sehr
ins Gewicht.
Unter den zahlreichen schönen Platzen sind nächst dem mit den Kolossalstatuen von Montesquieu und Montaigne und zwei als
Leuchttürmen dienenden Rostralsäulen geschmückten Quinconce (an dessen Stelle ehemals die berüchtigte,
unter Ludwig XIV. erbaute Citadelle stand) als dem Zentrum von Bordeaux die Allées de Tourny (mit monumentalem Springbrunnen an Stelle
des 1870 vom Volk herabgeworfenen Reiterstandbildes Napoleons III.), die von der Place Tourny und vom Theaterplatz begrenzt
werden, dann die schöne Parkanlage des Jardin public hervorzuheben. hat an 50 katholische und 3 prot.
Kirchen (darunter seit 1867 eine deutsch-evangelische). Architektonisch besonders ausgezeichnet sind: die gotische KathedraleSt.-André (im 11.-14. Jahrh. erbaut), einschiffig und auffallend breit, mit einem reich
mit Statuen geschmückten, von 2 eleganten, 50 m hohen Türmen flankierten Portal und schönem Chor, dabei der 1450 erbaute,
isoliert stehende Glockenturm Peyberland;
die Kirchen St.-Michel, ebenfalls mit isoliertem, 107 m hohem Glockenturm, ein Werk der
spätern Gotik aus dem 15. Jahrh., St.-Seurin u. a. Von den
übrigen Gebäuden sind hervorzuheben: das Stadthaus mit prächtigem Hof;
[* 8]
das Theater
[* 9] (1775-80 erbaut), im strengern antikisierenden
Stil und von großartigen Verhältnissen (dasselbe diente 1871 der Nationalversammlung als Beratungslokal);
Bordeaux verdankt seine Größe und seinen Reichtum dem Handel und zwar vorzugsweise dem Weinhandel, in welchem
es die erste Stelle in Frankreich einnimmt, und der sich schon seit dem 13. Jahrh., namentlich mit England, stetig entwickelte.
Lange, bevor man die Stadt erreicht, sieht man die Spuren des großartigen Verkehrs, der den Weinexport zum Hauptgegenstand
hat; das regste Leben entfaltet sich aber in den zum Bahnhof führenden Straßen und im Hafen. Der Weinexport
(s. Bordeauxweine) ist infolge der Verwüstungen durch die Phylloxera nicht
allzusehr zurückgegangen, da einzelne Distrikte
(Médoc) noch wenig angegriffen sind und man jetzt ungeheure MengenWein aus Spanien,
[* 10] Sizilien
[* 11] etc. zu sehr niedern Preisen
bezieht und zum Verschneiden verwendet oder, hergerichtet, als Bordeauxweine in den Handel bringt. hat infolgedessen jetzt auch
bedeutende Weineinfuhr.
in der Ausfuhr (außer Wein): Holz, Weizen und Mehl, Kohle und Ölpflanzen.
Die gesamte Warenbewegung im Hafen betrug 1882: 2,147,217 Ton. im Wert von mehr als 800 Mill. Fr., wovon auf den internationalen
Handel 1,868,058, auf den Binnenhandel 279,159 T. entfielen. Der Schiffahrtsverkehr umfaßt ca. 20,000 Schiffe
[* 18] im Jahr (1882 liefen 11,046 Schiffe mit 1,584,778 T. ein und 10,665 Schiffe mit 1,640,808 T. aus). Auf den internationalen Verkehr
(insbesondere mit England, Nordamerika,
[* 19] Argentinien, Chile,
[* 20] Spanien, Deutschland
[* 21] etc.) kamen 1883: 1416 ein- und 1445 ausgelaufene
Schiffe mit 923,355, resp. 930,915 T. Auch der Kabeljaufang wird von
Bordeaux aus betrieben. 1882 sind von demselben 126 Schiffe mit 20,2 Mill. kg frischem Kabeljau zurückgekehrt.
Theater. Die Stadt besitzt auch ein Irren-, ein Waisen- und Findelhaus, mehrere Hospitäler, Kranken- und Wohlthätigkeitsanstalten
etc. Bordeaux ist der Sitz des Präfekten, des Generalkommandos des 18. Armeekorps, eines Erzbischofs, eines protestantischen Konsistoriums,
eines Appellhofs, eines Tribunals erster Instanz und der übrigen Departementsbehörden sowie eines Handelsgerichts und zahlreicher
Konsulate fremder Staaten (darunter auch eines deutschen Konsulats). In Bordeaux sind geboren: Richard II. von
England, der römische Dichter Ausonius, die Malerin RosaBonheur, die Staatsmänner Gensonnet, Ducos, Cabarrus u. a.
Geschichte. Bordeaux war als Burdigala Hauptort der Bituriges Vivisci, seit Augustus Hauptstadt der Provinz Aquitania II., nach des
hier gebornen Dichters AusoniusBeschreibung eine schöne, feste Stadt, Mittelpunkt mehrerer Straßen, das
wichtigste Emporium im südwestlichen Gallien, mit einer berühmten Hochschule, und Residenz mehrerer Kaiser. Noch jetzt sind Überreste
aus der spätrömischen Zeit vorhanden. Die christliche Zeit von Bordeaux datiert vom J. 272. Als Hauptstadt Aquitaniens teilte
es dessen Schicksale. 407 verbrannten die Vandalen, Alanen etc. die Stadt; 412 kam sie in die Gewalt derGoten, 507 in die des Frankenkönigs Chlodwig; 732 wurde sie von den spanischen Arabern unter Abd ur Rahmân erstürmt und geplündert, 735 aber
von KarlMartell wiedererobert.
Karl d. Gr. ernannte 778 einen Grafen von Bordeaux. Im 9. Jahrh. wurde Bordeaux von
den Normannen wiederholt geplündert und um 900 unter Karl dem Einfältigen wieder aufgebaut. Aber erst, als mit des letzten
Herzogs von Aquitanien, Wilhelms IX., Erbtochter Eleonore das Land an Heinrich vonAnjou und so 1154 an England kam, begann sich
Bordeaux zu heben. SchonHeinrich II. erweiterte die Stadt und gab ihr große Privilegien, die 1236 von Heinrich
III. bestätigt wurden. Als der SchwarzePrinz, Eduards III. Sohn, Guienne als Fürstentum erhielt, ward Bordeaux Sitz eines glänzenden
Hofs.
Unter Richard II. trat Bordeaux 1379 gegen die Angriffe der Franzosen an die Spitze eines Bündnisses der Städte von
Bordelais, mußte jedoch mit Karl VII. kapitulieren und 1453, weil es im Oktober 1452 den Engländern die Thore wieder
geöffnet, auf seine Privilegien verzichten, die es aber meist zurückerhielt. Als sich 1548 die Stadt wegen Einführung
der Salztaxe empörte, wobei der Gouverneur de Morems ermordet wurde, nahm der ConnetableMontmorency blutige
Rache an ihr.
[* 2] Die Stadt zählte 1886: 230,489 (als Gemeinde 240,582) Einw. Im Hafen von Bordeaux sind 1887: 11,940 beladene Schiffe
mit 1,724.686 Ton. ein- und 8682 Schiffe mit 1,342,814 T. ausgelaufen. Auf die internationale Schiffahrt entfielen vom Gesamttonnengehalt
der ein- und ausgelaufenen Schiffe (3,067,500 T.) mehr als zwei Drittel (2,086,899 T.). Der Warenverkehr
beim Zollamt von Bordeaux erreichte einen Wert von 378,3 Mill. Frank in der Einfuhr und 392 Mill. Fr. in der Ausfuhr. Der Export von
Wein und Spirituosen allein bezifferte sich auf mehr als 160 Mill. Fr. Die städtischen Einnahmen beliefen sich 1887 auf 9,5
Mill. Fr., darunter lieferte der Oktroi einen Ertrag von 5V3 Mill. Fr.
[* 2] Der Schiffsverkehr im Hafen von Bordeaux umfaßte 1889: 1788 beladen eingelaufene Schiffe von 1,106,433 Ton. und 1567 beladen
ausgelaufene Schiffe von 967,889 T. Die französische Flagge wurde von der britischen noch um etwas übertroffen. Vom Gesamttonnengehalt
der ein- und ausgelaufenen Schiffe, 2,074,322 T., kamen nämlich auf Schiffe britischer Nationalität 894,583,
auf französische Schiffe 820,296 T. Auf die deutsche Flagge entfielen 37,042 T. Der wichtigste Artikel des Warenverkehrs sowohl
in der Ein- als in der Ausfuhr war, wie immer, Wein.
ein neuer Teerfarbstoff für Braunrot auf Wolle an Stelle der Orseille;
ist sehr echt
und soll angeblich aus Naphtylamin bereitet werden und zu den Azofarben gehören: man erhält den Farbstoff als dunkelrotbraunes
Pulver, das sich in Wasser mit einer dem Bordeauxwein ähnlichen Farbe löst. B. ist, sofern es nicht zu Malerfarben weiter
zubereitet ist, zollfrei.
1) Arrondissement des franz. Depart. Gironde, hat 4254,12 qkm, (1891) 480 358 E., 158 Gemeinden und zerfällt in 19 Kantone,
nämlich 7 Kantone von und die Kantone Audenge (582,19 qkm, 10 214 E.), Belin (548,05 qkm, 9913 E.),
Blanquefort (279,64 qkm, 17 949 E.), Cadillac (98,71 qkm, 12 423 E.),
Carbon-Blanc (225,10 qkm, 24407 E.), Castelnau (824,48
qkm, 20 279 E.), Créon (211,63 q km, 16 508 E.), Labrède (330,17 qkm, 13 137 E.), Pessac (381,45 qkm, 19 306 E.),
Podensac (237,99 qkm, 17 407 E.), St. André-du-Cubzac (86,30 qkm, 9397 E.), La Teste (368,52 qkm, 19 672 E.). - 2) Hauptstadt
des Depart. Gironde und des Arrondissements Bordeaux, eine der schönsten StädteFrankreichs, in 6 m Höhe, halbmondförmig am linken
Ufer der Garonne, 100 km oberhalb ihrer Mündung, in der Landschaft Bordelais des ehemaligen Guyenne oder
Aquitanien, der Bevölkerung
[* 32] nach die viertgrößte Stadt des Landes, hat (1891) 237 734, als Gemeinde 252 415, mit den Kantonen 289 746 E.
Über die Garonne (nach ihrer Vereinigung mit der Dordogne [26 km unterhalb B.] Gironde genannt) führt nach
der Vorstadt La Bastide die schönste BrückeFrankreichs, 487 m lang, 15 m breit, mit 17 Bogen,
[* 33] die 1811-21 von dem ältern
Deschamps mit einem Aufwande von mehr als 7½ Mill. Frs. erbaut worden ist, außerdem eine Eisenbahnbrücke mit Fußgängersteig.
Anlage, Straßen, Plätze. Das frühere altertümliche Ansehen der Altstadt schwindet mehr und mehr durch
Anlage neuerer Straßen und Häuser. Die unter Ludwig XV. durch Thätigkeit des Intendanten von Guyenne, Aubert de Tourny, 1743-54
angelegten und die in neuester Zeit entstandenen Stadtviertel und Vorstädte, besonders Le
[* 35] Pavé und Le Quai des Chartrons,
sowie der Quai de Bacalan, Hauptsitze des Weinhandels, sind regelmäßig und geschmackvoll, zum Teil prächtig
gebaut, haben herrliche Straßen, darunter die Cours du Chapeau rouge und Cours de l'Intendance, angenehme Promenaden und viele
schöne Plätze, darunter die große, mit Bäumen bepflanzte und mit den Statuen von Montaigne und Montesquieu geschmückte
Place des Quinconces (390 m lang, 330 m breit, mit zwei 20 m hohen als Leuchttürme dienenden und mit
Statuen des Handels und der Schiffahrt gezierten Säulen),
[* 36] ferner der schöne, mit engl. Garten- und Parkanlagen versehene Jardin
Public, die Place Gambetta, der Börsenplatz mit monumentalen Springbrunnen und die Allée de Tourny.
Das auf letzterer befindliche Reiterstandbild Napoleons III. aus Zinkguß wurde von Volkshaufen
umgerissen und in die Garonne geworfen. Der Hafen, in dem Kauffahrteischiffe von 2000 bis 2500 t ohne Schwierigkeit mit der
Flut den Strom heraufkommen, kann 1200 Schiffe aufnehmen. Er hat bei mittlerm Wasserstand eine Tiefe von (1886) 5,69 m, die
aber bis auf 7,19 m gesteigert werden soll, und schöne breite Quais von 2847 m Länge. Trotzdem genügte
er dem Verkehr nicht mehr; deshalb wurde 1879 am untern Ende der Stadt ein 10 ha großes Bassin für 76 große Schiffe dem
Verkehr übergeben, an das sich seit 1893 zwei neue breite Quais anschließen. (S. umstehenden Situationsplan.)
Bauwerke. hat etwa 50 kath., mehrere prot. sowie seit 1866 eine deutsch-prot. Kirche für den deutschen Teil der Bevölkerung
und für die deutschen Seefahrer. Die 1873 niedergebrannte Synagoge (erbaut 1810) ist durch eine neue ersetzt. AusgezeichneteGebäude sind die Kathedrale St. André, erbaut 13. bis 15. Jahrh., 1868-75 ausgebaut und freigelegt,
mit got. Türmen (81 m) und alleinstehendem, mächtigem Glockenturm, Pey
¶
mehr
Berland genannt; ferner die Kirchen St. Michel und Ste. Croix, in Basilikenform aus dem 10. Jahrh., der alte erzbischöfl. Palast,
der, seit Jahren Stadthaus, in einem Nebengebäude eine sehenswerte Gemäldegalerie mit alten Meisterwerken beherbergt, die
Börse, in welcher Napoleon III. zuerst das Wort sprach: «L'Empire c'est la paix», das Präfekturgebäude,
das Marinehotel, der Bazar, die GalerieBordelaise, der Justizpalast (erbaut 1844), das großartige Hospital St. André mit 650 Betten,
das Hospital für Greise (im alten Benediktinerkloster), das Proviantmagazin für die Marine, das Abattoir oder Schlachthaus
(1831-32 erbaut), das Zellengefängnis, der Friedhof De la Chartreuse neben dem BotanischenGarten, die öffentlichen
Bäder, die Markthalle auf dem Marché des grands hommes und die Centralmarkthalle an der Porte St. Julien. Von alten Bauwerken
ist merkwürdig die Porte du Palais, jetzt de Cailhau.
Behörden. Bordeaux ist der Sitz eines Erzbischofs (zur Kirchenprovinz Bordeaux gehören die Erzdiöcese
und die Diöcesen Agen, Angoulême, Luçon, Perigueux, Poitiers, La Rochelle, St. Denis, Réunion und Bourbon,
Basse-Terre und Guadeloupe, St. Pierre, Martinique und Fort de France), eines prot. Konsistoriums, eines Präfekten und der übrigen
Departementsbehörden, eines Obergerichtshofs, Gerichtshofs erster Instanz, von sechs Friedensgerichten, eines Handelsgerichts,
Gewerberats, einer Handelskammer, Hauptdouane sowie der Kommandos des 18. Armeekorps, der 35. Infanteriedivision
und 70. Infanteriebrigade und ist Garnison des 57. und 144. Infanterie-, 6. Husarenregiments, der 18. Traineskadron und der 18. Gendarmerielegion.
Bildungswesen. Die 1441 vom Papst Eugen IV. gegründete Universität bildet eine Académie Universitaire mit 1837 Studierenden
und vier Fakultäten (ohne Theologie). Außerdem befindet
sich hier seit 1712 eine Akademie der Wissenschaften
und Künste, eine öffentliche Bibliothek (160000 Bände, 250 Manuskripte, darunter ein Handexemplar der «Essais» von
Montaigne), eine Gemäldegalerie, ein Lyceum, zwei theol. Seminare, Schulen für Hebammen, für Chemie, für Geometrie, eine
Bildhauer-, Zeichen- und Malerschule, seit 1631 eine Schiffahrts- oder Hydrographische, eine Matrosen-, eine Gewerbe-, eine
Handels- und andere Schulen.
Ferner befindet sich zu Bordeaux seit 1786 ein Taubstummeninstitut, in großem weitläufigem schönem Gebäude, eine Linnésche,
eine Philomatische und andere gelehrte und gemeinnützige Gesellschaften, ein Antiquitäten- und Naturalienkabinett, die Baumschule
und Sternwarte des Departements, ein Irren-, ein Waisen-, ein Findelhaus, verschiedene Hospitäler, Kranken- und Wohlthätigkeitsanstalten.
Zehn Freimaurerlogen arbeiten unter dem GrandOrient de France zu Paris;
[* 38] die früher zahlreichen deutschen
Mitglieder derselben wurden 1870 gestrichen.
Außer dem GroßenTheater (1755-80 von Victor Louis erbaut, in neuerer Zeit restauriert, lange eins der schönsten Europas
und 1871 Sitzungssaal der Nationalversammlung) bestehen noch das Théâtre français, Théâtre des Arts,
Théâtre Louit oder BouffesBordelaises und Les Folies Bordelaises. Die Münze in Bordeaux prägt unter dem Zeichen K. Bordeaux ist der Geburtsort
des engl. Königs Richard II., der Malerin Rosa Bonheur und der Staatsmänner Ducos, Cabarrus, Gensonnet u. a.
Seife, Parfümerien, Weinessig und Liqueuren. Die Bordeauxliqueure gehören mit zu den feinsten und besten, und einige Fabriken
genießen Weltruf.
Handel. Nächst Marseille und Havre ist Bordeaux der wichtigste Handelshafen Frankreichs, und nach Nantes
[* 42] und Havre hat es den größten
Anteil an dem franz.-amerik. Handel. In denGeschäften mit Cognacbranntwein und den berühmten westfranz.
Weinen, die als Bordeauxweine (s. d.) in alle Welt gehen, nimmt es den ersten Rang ein. Daher
ist der Weinhandel der wichtigste Nahrungszweig der Stadt, welchem dieselbe vorzugsweise ihren Reichtum und ihre Größe verdankt,
und der sich schon äußerlich auf Straßen, Plätzen, den Quais, auf dem Strome und in fast allen Lebensverhältnissen
und Industrieerzeugnissen der Einwohner bemerklich macht.
Bordeaux' Gesamtausfuhr in Weinen belief sich (1890) auf 1 025 755 hl, darunter 945 830 hl in Fässern. Davon gingen nach Deutschland 164 406 hl
in Fässern und 2434 hl in Flaschen, nach England insgesamt 211 799 hl, nach Argentinien 235 008 hl. Die
amtlichen Erhebungen haben jedoch ergeben, daß in demselben Jahre 1 648 205 hl Wein eingeführt worden sind, von denen 164 239 hl
auf Portugal, 914 570 hl auf Spanien, 385 255 hl auf Algerien und 108 665 hl auf Österreich-Ungarn entfielen.
Einer Gesamtausfuhr von 6125 hl Liqueurweinen steht eine Einfuhr von 17 518 hl gegenüber. Der
Export von Branntwein bezifferte sich auf 123 740 hl; Spiritus, reiner Alkohol, wurden 2228, Essig 5568 hl ausgeführt. Der
Weinhandel beschäftigte ehedem eine große Anzahl von Deutschen, und verschiedene hervorragende Handlungshäuser befinden
sich noch im Besitze von Deutschen oder deutschen Abkömmlingen. Ansässige deutsche Familien giebt es seit
dem Kriege von 1870/71 nur noch wenige.
Viele Handlungshäuser haben Zweiggeschäfte in den Kolonien am Senegal und monopolisieren fast den ganzen dortigen Handel.
hat bedeutende Entrepots von Salz-, Handels- und Ausrüstungsgegenständen für Afrika,
[* 43] Amerika,
[* 44] West- und Ostindien,
[* 45] vier Banken
sowie Assekuranz- und andere Gesellschaften dieser Art. 1885 belief sich die Ausfuhr auf 308, die
Einfuhr auf 295,8, 1888 auf 400,97 und auf 381,14 Mill. Frs. Ausfuhrartikel sind außer Wein, Branntwein und gewebten Stoffen
vorzüglich Konserven, Mehl, Takelwerk für die Marine, Weinessig, Walnüsse, Äpfel, getrocknete Pflaumen (Katharinen- und
Anthony-Pflaumen genannt) und andere, besonders eingemachte und kandierte Früchte, Schinken, Brennholz,
Terpentinöl, Harz und Harzprodukte, Weinstein, Glasflaschen, Kork,
[* 46] Honig u. s. w. Eingeführt werden besonders Kolonialwaren,
Eisen, Zinn, Blei,
[* 47] Kupfer,
[* 48] engl. Steinkohlen, Farbstoffe, Zimmer- und Schiffbauholz, Pech, Hanf, Leder, Heringe, Pökelfleisch,
Schmalz, Petroleum, Senegal-Gummi, Vanille, Kakao u. s. w.; von Deutschland besonders Bau-, Schiffsholz, Spiritus und Runkelrübensirup.
Geschichte. Im Altertum hieß Bordeaux Burdigala und galt als Hauptort der Bituriges Vivisci. Unter den Römern
sehr begünstigte Hauptstadt der Provinz Aquitania II. und nach der Beschreibung des Dichters Ausonius, der hier geboren wurde,
eine schöne, feste Stadt mit betürmten Mauern, 14 Thoren, vielen Palästen, Tempeln u. s. w., galt sie schon damals als das
wichtigste Emporium im südwestl. Gallien und hatte auch eine der berühmtesten Hochschulen. Aus der Römerzeit
stammen Überreste von Mauern, Thoren, Wasserleitungen, Bädern, eines Amphitheaters (Palais gallien) und anderer großer Gebäude,
sowie Grabsteine, Inschriften, Münzen,
[* 84] Statuen.
Die christl. Kirche von hat ihren Ursprung vom J. 272. Die Vandalen, Alanen u. s. w. steckten die Stadt 407 in Brand, 412 kam
sie in die Gewalt der Westgoten, 507 in die des Frankenkönigs Chlodwig; 732 wurde sie von den span.
Arabern unter Abd-ur-Rahman erstürmt und geplündert, 735 aber von Karl Martell wiedererobert. Karl d. Gr. ernannte 778 einen
Grafen von Bordeaux. Von den Plünderungen durch die Normannen (845, 848) erholte sich Bordeaux erst im Anfang des 10. Jahrh.
Aber erst als mit des letzten Herzogs (Wilhelms IX.) Erbtochter Eleonore das Land an Heinrich von Anjou und so 1154 an England
kam, begann Bordeaux als Hauptstadt des Herzogtums sich zu heben. König Heinrich II. von England erweiterte die Stadt und gab ihr
bedeutende Freiheiten, welche Heinrich III. 1236 bestätigte. Unter den drei Eduards, namentlich unter
Eduard III., geschah vieles für Erweiterung der Stadt und Hebung
[* 85] des Handels. Als Eduards III. Sohn, der Schwarze Prinz, Guyenne
als
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