Boote.
Borggreve - Borneo

* 7
Seite 19.131. Die
Technik
war in den letzten
Jahren mit Erfolg bemüht, den
Freunden des Wassersports wie den
Fluß- und Hafenbehörden
Fahrzeuge zur
Verfügung zu stellen, welche vom
Winde
[* 3] unabhängig und annähernd gefahrlos sind, auch zu
ihrer Bedienung keine Fachkenntnisse erfordern. Außer den elektrischen Booten
(s. d.)
kommen in dieser
Richtung namentlich die Naphthaboote
, bei welchen statt
Wasser
Naphtha verdampft wird, und Petroleumboote
,
die ihre Triebkraft durch einen der Gasmaschine ähnlichen
Motor erhalten, in Betracht. Der
Motor der Naphthaboote
von
Escher,
Wyß u. Komp. in Zürich,
[* 4] die neuerdings größere Verbreitung fanden, beruht auf dem von Darrow
in
London
[* 5] zuerst erneuerten
Vorschlag,
Dampfmaschinen
[* 6] nicht mehr durch
¶
mehr
Wasserdampf, sondern durch den Dampf [* 8] einer flüchtigern Flüssigkeit, wie Naphtha (Benzin, Ligroin, Gasolin), zu betreiben. Vorn am Fahrzeug befindet sich ein vom Wasser umgebener und daher kühl bleibender Behälter, welcher vor Antritt der Fahrt mit Naphtha gefüllt wird. Setzt man eine Pumpe [* 9] in Bewegung, so dringt Luft in den Behälter und nimmt so viel Naphthadampf auf, daß sie, aus einem kleinen Brenner ausströmend, entzündet werden kann. Der ganz hinten angeordnete Schlangenrohrkessel wird aus dem Naphthabehälter mittels einer Pumpe gespeist, welche durch eine exzentrische Scheibe der Schraubenwelle bewegt wird.
Heizung (Lokalheizung:

* 11
Heizung.Durch Kondensationsröhren, welche sich außerbords nahe am Kiel [* 10] hinziehen und mithin kühl erhalten werden, gelangt die verdampfte Naphtha in flüssiger Form wieder in den Behälter zurück. Der Verbrauch beschränkt sich also auf das Öl, welches zur Vorwärmung des Kessels mittels des erwähnten kleinen Brenners und zur Heizung [* 11] desselben mit Hilfe eines unter der Schlange [* 12] angeordneten größern Rundbrenners verwendet wird. Gespeist wird dieser Brenner durch einen Injektor, [* 13] der Kessel aber beim Antritt der Fahrt mit einer Handpumpe, später jedoch durch die Umdrehung der Maschine [* 14] selbst.
Diese ist eine dreicylindrige Vertikalmaschine und steht in einem Kasten, in welchen der Abdampf der Brenner gelangt; dieser entweicht von dort durch einen kleinen Schornstein ins Freie. Die Steuerung erfolgt durch die Schraubenwelle und ist derart eingerichtet, daß man vor- oder rückwärts fahren kann. Der Kessel ist auf 16 Atmosphären geprüft; es tritt jedoch das Sicherheitsventil bereits bei 4,5 Atmosphären in Thätigkeit. Die Maschine ist hinten angeordnet, wodurch der ganze Raum verfügbar bleibt; diese Anordnung wird durch die große Leichtigkeit des Motors im Verhältnis zu einem Dampfmotor gleicher Kraft [* 15] ermöglicht.
Einmal in Gang [* 16] gesetzt, was nur einige Minuten beansprucht und durch das Anzünden der Naphtha mittels eines Streichholzes geschieht, arbeitet die Maschine durchaus selbstthätig, solange der Naphthavorrat reicht. Ein Übelstand ist es, daß man die Geschwindigkeit der Maschine nicht ermäßigen kann; man muß sie außer Betrieb setzen, wenn ein Hindernis ein langsames Fahren erheischt. Die Maschine ist so sorgfältig gebaut, daß eine Gefahr im großen und ganzen ausgeschlossen erscheint.
Man hat indes mit der Möglichkeit zu rechnen, daß das Schlangenrohr undicht wird oder der Dampfhahn abschmilzt, in solchem
Fall würde leicht Öl in größerer Menge in den Brennerraum austreten und eine Explosion veranlassen. Auch erfordert die Behandlung
eines so flüchtigen Stoffes wie Naphtha immerhin Vorsicht. Escher, Wyß u. Komp. bauen hauptsächlich drei Gattungen Naphthaboote:
Boote
von 5,50 m Länge für 8-10 Personen mit einer zweipferdigen Maschine und einer Geschwindigkeit von 10 km,
solche von 8 in Länge für 15-20 Personen mit einer vierpferdigen Maschine und einer Geschwindigkeit von 12 km, endlich Boote
von 10 m
Länge mit Kajütte. Diese fassen 20-25 Personen, haben eine Maschine von 6 Pferdekräften und erreichen 13 km in der Stunde. Der
Vorrat reicht zu einer 20-26 stündigen Fahrt. Der Betrieb stellt sich angeblich auf 60-70 Pf. in der Stunde
bei der vierpferdigen Maschine.
Mannheim

* 17
Mannheim. Die Maschine der Petroleumboote
ähnelt in allen wesentlichen Punkten der bewährten Gasmaschine (s. Petroleumkraftmaschinen,
Bd. 12) und gewährt deren Vorteile. Hauptsächlich bekannt geworden
sind bisher drei Konstruktionen von Petroleummaschinen für
Wasserfahrzeuge: Benz in Mannheim
[* 17] arbeitet mit
Benzin und mit elektrischer Zündung, weshalb sich seine Fahrzeuge keiner erheblichen Verbreitung erfreuen. Sie haben auch
den Übelstand, daß die Maschine den mittlern, d. h. den besten Platz des Bootes einnahm. In mehrfacher Hinsicht besser sind
die Petroleum-Schiffsmotore von L. Daimler in Kannstatt,
[* 18] welche durch die Aktiengesellschaft für automatischen
Verkauf in Berlin
[* 19] in den Verkehr gebracht wurden.
Die Maschine arbeitet zur Not mit Lampenpetroleum; doch wird ein etwas leichteres (0,67-0,70) Öl vorgezogen. Der Betrieb ist sehr wohlfeil, da der Motor angeblich nur 500 g Öl für die Pferdekraft und Stunde verbraucht. Die zweicylindrige Vertikalmaschine arbeitet fast geräuschlos und verursacht trotz der 600-700 Umdrehungen in der Minute keine erheblichen Erschütterungen. Sie ist ganz hinten angeordnet und wird durch den Steuermann, der dahinter seinen Sitz hat, mit bedient.
Leipzig

* 20
Leipzig.
Sehr wichtig ist es, daß man auch langsam und rückwärts fahren kann. Die Geschwindigkeit ist anscheinend etwas größer
als bei den Naphthabooten.
Sie steigt angeblich auf 5 m in der Sekunde oder 18 km in der Stunde. Capitaine
endlich brachte in neuester Zeit durch Grob u. Komp. in Leipzig
[* 20] einen auch für Wasserfahrzeuge berechneten eincylindrigen
Petroleummotor
[* 21] in den Verkehr, welcher zu 1, 2 und 4 Pferdekräften gebaut wird und gewöhnliches Lampenpetroleum
benutzt.
Der Verbrauch beträgt angeblich 0,6-0,8 Lit. für die Stunde und Pferdekraft. Die Maschine macht 280-500 Umdrehungen in der Minute.
Die beschriebenen Fahrzeuge eignen sich ihrer steten Fahrbereitschaft, leichten Bedienung und verhältnismäßig wohlfeilen
Betriebes wegen zu Schiffsbeibooten
, zu Booten für Hafen-, Polizei- und Zollbehörden sowie endlich zu Vergnügungsbooten
,
vorausgesetzt natürlich, daß die Führer der mit mehr oder weniger flüchtigen Mineralölen betriebenen
Fahrzeuge die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln nicht außer acht lassen. Sie fanden in Deutschland,
[* 22] Frankreich, der Schweiz
[* 23] und Amerika
[* 24] bereits ziemliche Verbreitung, wogegen die Engländer die elektrischen Fahrzeuge bevorzugen.