Bonivard
Franz von, der »Gefangene von Chillon«, aus einer angesehenen savoyischen Familie 1496 geboren, war seit 1513 Prior zu St.-Victor in Genf. [* 2] Neben Philippe Berthelier und Bezanson Hugues eins der Häupter desjenigen Teils der Genfer Bürgerschaft, welcher die Selbständigkeit der Stadt gegen den Herzog von Savoyen verteidigte, wurde er 1519 von diesem gefangen genommen, erhielt aber 1520 durch die Vermittelung des Bischofs Pierre de la Beaume die Freiheit und sein Priorat wieder.
Da er sich durch die lockenden Anerbietungen des Herzogs nicht gewinnen ließ, bemächtigte sich dieser 1530 seiner zum zweitenmal und warf ihn in die unterirdischen Kerker des Schlosses Chillon, aus denen er erst 1536, als die Berner das Schloß eroberten, befreit wurde. Statt seines mittlerweile durch die Reformation aufgehobenen Stiftes erhielt der durch die lange Kerkerhaft an Leib und Geist geschwächte Mann das Genfer Bürgerrecht samt Jahrgeldern und schrieb im Auftrag der calvinischen Regierung seine »Genfer Chronik« (»Les chroniques de Genève«, Genf 1831, 2 Bde.),
in welcher er
die Gegner
Calvins möglichst schwarz malte. 1551 legte er dadurch, daß er seine Büchersammlung der Stadt vermachte, den
Grund zur
Genfer Stadtbibliothek und starb 1570. Bonivard
ist der Gegenstand von
Byrons »The prisoner of
Chillon«. Erst neuerdings
ist sein geschichtliches, weniger erbauliches
Bild wieder ans
Licht
[* 3] getreten.
Vgl. Merle d'Aubigné, Geschichte der Reformation, Bd. 1 (a. d. Franz., Elberf. 1863).