Bohrmuscheln
(Pholadidae), Familie aus der Klasse der Muscheln, [* 2] mit beiderseits klaffenden Schalen ohne Schloßzähne und Schloßband, aber mit accessorischen Kalkstückchen, welche am Schloß oder an der Atemröhre liegen. Der fast vollkommen geschlossene Mantel läßt nur eine kleine vordere Öffnung für den Durchtritt des dicken, kurzen, stempelartigen Fußes frei und setzt sich in eine lange Röhre fort, welche den verwachsenen Siphonen (s. Muscheln) entspricht, also zur Ausnahme und Entleerung des Wassers etc. dient.
Die Bohrmuscheln
leben teils am
Strand und graben sich in Schlamm und
Sand ein, teils bohren sie in
Holz,
[* 3] Kalkfelsen und
Korallen
[* 4]
Gänge,
aus denen sie die Atemröhren hervorstrecken. Bei den eigentlichen Bohrmuscheln
(Pholas L.) sind die
Schalen ziemlich
groß. Sie bohren sich in einer gewissen Tiefe unter dem Wasserspiegel, am liebsten in kalkige, senkrechte Felsmassen ein.
Ihre
Galerien bieten besonders an steinigen und felsigen
Ufern durch die konstante
Höhe unter dem Wasserspiegel ein treffliches
Kennzeichen für alte
Strandlinien und frühere
Höhen des Meeresspiegels. In sehr weichem
Material bohren
sie wohl nur mit dem
Fuß, in härterm aber mit den in sehr großer Zahl vorhandenen kleinen Raspelzähnen am vordern Teil
der
Schale, welche deutlich abgenutzt erscheinen.
Arten von Bohrmuscheln
finden sich in allen
Meeren und werden als
Speise geschätzt. Die
Dattelmuschel (Steinbohrer,
Steinfingermuschel,
Pholas Dactylus
L., s. Tafel
»Mollusken«),
[* 5]
welche an den französischen und italienischen Küsten in Kalkfelsen wohnt, zieht man den Austern vor. Merkwürdig ist das Leuchten dieser Tiere im frischen Zustand. Die Bohr-, Schiffs- oder Pfahlwürmer (Teredo L., s. Tafel »Mollusken«) richten große Verwüstungen in Häfen und Werften an dem unter dem Wasser befindlichen Holz an. Sie haben ungefähr die Länge eines Regenwurms und enden hinten in zwei lange, zuletzt getrennte Röhren. [* 6] Die am vordern Ende befindlichen Schalenrudimente sind sehr klein, aber dick und fest.
Hinten befinden sich zwei schaufelförmige, knorpelige Anhänge, durch welche das Tier mit der Kalkröhre, die es zur Auskleidung der Galerien benutzt, verwachsen ist. Man kennt 8-10 Arten, von denen mehrere auch in unsern Meeren heimisch sind. Sie vermehren sich außerordentlich schnell; die Eier [* 7] entwickeln sich im Mantelraum. Die Larven besitzen zwei den Körper vollständig umgebende Schalenklappen, ähneln demnach noch den typischen Muscheln und schwärmen einige Zeit frei umher, um sich bald am Holz festzusetzen. Die Lebensdauer des Tiers ist eine äußerst kurze. Es bedarf zur Nahrung klares Wasser von bestimmtem Salzgehalt; bei Zufluß von zu viel süßem Wasser stirbt es, während man eine enorme Vermehrung beobachtet hat (zuletzt 1858 und 1859), wenn durch Regenmangel etc. die Zuflüsse süßen ¶
mehr
Wassers stark abnehmen. Zum Schutz gegen Bohrmuscheln
bewährt sich Teeranstrich nur auf kurze Zeit, dagegen bleibt mit Kreosot imprägniertes
Fichtenholz dauernd verschont, während Eichenholz etwas weniger Widerstand leistet.