Bogos
,
ein erst in den letzten Jahrzehnten näher bekannt gewordenes hamitisches Hirtenvolk, in einem
Teile
des
Abessinien im Norden
[* 2] vorgelagerten Berglandes. Die Bogos
grenzen südlich an Hamasen, östlich an die
Mensa, nördlich und
westlich an die
Beni-Amer. Ihr Land liegt zu beiden Seiten des prachtvollen Gebirgsthals des Ansebaflusses und sucht in Mannigfaltigkeit
der
Tier- und
Pflanzenwelt seinesgleichen in
Afrika.
[* 3]
Die Bevölkerung zählt etwa 8000
Köpfe. Davon besteht
nur ein Drittel aus eigentlichen Bogos
(Schmagillis), welche das
Belén
(Bilin) sprechen.
Den Rest bilden die ihnen unterthanen Leute, welche, wie die
Mensa und Habáb,
Tigrē (s. d.) genannt werden. Die Bogos
, den
Agaw
in Hochabessinien verwandt und im 16. Jahrh. in ihre jetzigen Wohnsitze eingewandert, nennen
sich auch nach ihrem sonst unbekannten Stammvater Boasgor (d. h.
Söhne des Boas) oder nach ihrer
Sprache
[* 4] Belén. Die Bogos
sind schön gebaut, haben angenehme
Gesichtszüge, kluge
Augen, eine vom
Gelb bis ins Dunkelbraune wechselnde
Hautfarbe, reiches, etwas krauses und grobes
Haar,
[* 5] das in Locken fast bis auf die Schultern fällt.
Sie bezeichnen sich als Christen, haben aber nur noch wenige Reste vom Christentum. Sie sind vorwiegend Hirten und haben 20 Dörfer und Weiler. Fast das ganze Jahr hindurch zieht etwa ein Drittel der Bevölkerung [* 6] mit den Herden in den Bergen [* 7] umher. Der Feldbau beschränkt sich auf Durra und Tabak. [* 8] Die Häuser sind halbkugelförmige Strohhütten von ungefähr 5 m Durchmesser. Alle Mitglieder eines Stammes, d. i. die Nachkommen eines gemeinsamen Stammvaters für sieben Generationen, machen eine einheitliche Verbrüderung, eine Blutsverwandtschaft aus und sichern sich Leben und Sicherheit zu. Die Mordthat des einen belastet alle mit Blutschuld; wird einer ermordet, so haben alle das Recht und die Pflicht der Blutrache.
Die Würde des Stammhäuptlings (Sim), ein Ehrenamt ohne Macht, vererbt sich nach der Erstgeburt. Die Frau ist gesetzlich
rechtlos; Scheidung ist leicht, aber selten; Polygamie erlaubt, aber nicht häufig. Bis 1844 fast unabhängig, wurden die
Bogos
später teils durch die westlichen mohammed.
Volker, teils durch die Emporkömmlinge in
Tigre und
Abessinien
unterjocht. Im Juli 1872 kamen sie unter ägypt. Oberherrschaft. Seit 1884 stehen sie unter
der Herrschaft des
Kaisers von
Abessinien. Hauptort des
Landes ist das Dorf
Kerén mit etwa 300 Strohhütten und einer
Kirche
der Lazaristenmission. –
Vgl.
Munzinger, Die
Sitten und das
Recht der Bogos
(Winterthur 1859);
Issel, Viaggio
nel Mar Rosso e tra i Bogos
(4. Aufl., Mail. 1885);
Reinisch, Die Bilin-Sprache in Nordafrika (Wien [* 9] 1882);
ders., Die Bilin-Sprache (Bd. 1: Texte, Lpz. 1883: Bd. 2: Wörterbuch, Wien 1887).