Hier versprach er, sein
GeheimnisSachsen
[* 7] zu offenbaren, und ward drei Jahre aufs beste verpflegt, ohne
jedoch ausgehen zu dürfen. Nach mancherlei Winkelzügen und einem verunglückten Fluchtversuch übergab er 1705 dem König
August II. einen
Aufsatz, der, voll adeptischen Unsinns, anscheinend mit großer Unbefangenheit abgefaßt ist. Die
Nichtigkeit
seiner
Kunst ward nun zwar bald klar, doch gelang es Böttger, aus einem
Thon der
Meißener Gegend ein vortreffliches,
braunrotes
Porzellan darzustellen.
Vor den eindringenden
Schweden
[* 8] ward Böttger mit drei
Gehilfen auf dem
Königstein in Sicherheit gebracht, wo sie ihre
Arbeit fortsetzen
mußten. Im J. 1707 nach
Dresden zurückgeführt, wurde er 1708 mit der Leitung des Porzellanmachens betraut
und zuletzt zum
Administrator der 1710 zu
Meißen
[* 9] errichteten
Fabrik ernannt. Bereits 1709 hatte man mit glasiertem und unglasiertem,
auch etwas weißem
Porzellan die
LeipzigerMesse bezogen, nachdem an mehrere auswärtige
Höfe schon
Geschenke abgegangen waren,
die außerordentlichen Beifall gefunden hatten. aber zeigte sich zumDirektor einer Anstalt wie die
Meißner
Porzellanfabrik nicht geeignet; überdies schien er aus irgend welchen selbstsüchtigen Absichten das Aufblühen der Anstalt
geflissentlich zu hintertreiben, ja er ließ sich 1716 mit gewissen
Personen in
Berlin wegen Mitteilung seiner
Kunst um
Geld
in eine
Korrespondenz ein.
Letzteres wurde 1719 entdeckt und hatte die gefängliche
EinziehungBöttgers
zur
Folge, von der ihn jedoch bald der
Tod befreite; er starb in
Dresden. Böttger war ein guter
Laborant, übrigens aber
ungebildet und konnte nicht einmal orthographisch schreiben.
2)
Adolf, Dichter und Übersetzer, geb. zu
Leipzig,
[* 10] empfing seine
Bildung auf der Thomasschule
und seit 1836 auf der
Universität daselbst und widmete sich dann, in seiner Vaterstadt privatisierend, ausschließlich litterarischen
Beschäftigungen und dem
Studium der neuern
Sprachen. Er starb in
Gohlis bei
LeipzigSeinen litterarischen
Ruf begründete
Böttger mit seiner 1838 begonnenen Übersetzung von
Byrons »Sämtlichen Werken« (Leipz. 1840, 5. Aufl.
1863), welche zugleich von großem Einfluß auf die
Richtung seines
Talents wurde. Weniger glücklich war er mit der
Übertragung
Shakespearescher
Stücke; dagegen lieferte er in den Übersetzungen der poetischen Werke
Goldsmiths (Leipz. 1843),
Miltons (das.
1846) und
Popes (das. 1842, 4 Bde.),
der Ossianischen
Gesänge (das. 1847),
»Hiawatha« von
Longfellow (das. 1856) u. a. wieder Proben einer ungewöhnlichen
Sprachgewandtheit. Als selbständiger Dichter hatte sich an den poetischen
ErzählungenByrons geschult, und seine
Dichtungen:
»Düstere
Sterne« (Leipz. 1852),
»Der
Fall von
Babylon« (das. 1855) und »Die
Tochter des
Kain«
(Wien
[* 12] 1865) weisen gewisse Vorzüge jener
Erzählungen unzweifelhaft auf. Eigentümlicher, anmutiger und beseelter
waren die Märchengedichte: »Ein Frühlingsmärchen« (1.-3. Aufl., Leipz.
1849) und »Die Pilgerfahrt der Blumengeister«
(Text zu
Grandvilles
»Fleurs animées«, das. 1851, 3. Aufl. 1858). Im
Drama versuchte
sich Böttger mit
»AgnesBernauer« (Leipz. 1845, 3. Aufl. 1850),
mit mehr
Glück zuletzt in der phantastischen Märchendichtung »Das Galgenmännchen«
(das. 1870),
einer Faustiade im kleinen und jedenfalls einer der sinnigsten
Produktionen des Dichters. An die erste
¶
mehr
Sammlung seiner lyrischen »Gedichte« (Leipz.
1846, 7. Aufl. 1851; neue Sammlung 1854) schließen sich die »Johanneslieder«
(das. 1847),
Von ihm rührt die Anfertigung galvanoplastischer Kopien von gravierten druckfertigen Kupferplatten, die Anwendung des
Calciumsulfhydrats zur Enthaarung von Tierhäuten (Depilatorium) her. Mit Bromeis erfand er 1842 die Hyalographie, die Kunst,
Glas
[* 19] zu ätzen und davon abzudrucken. Unabhängig von Schönbein entdeckte er gelegentlich seiner Studien über explosive
Substanzen die Schießbaumwolle und das Kollodium. Dem folgten die Erfindung der sogen. schwedischen Zündhölzer, die
Versilberung und Verplatinierung des Glases, die Herstellung von Färbungen, Bronzierungen und Überzügen der Metalle, die
Vernickelung und Verstählung leicht oxydierbarer Metalle, unter anderm die Eisenvernickelung. Neue Bereitungsweisen, z. B.
von Thallium, Cäsium, Indium, und interessante Reaktionen verdankt ihm die Chemie in großer Zahl. Aus seiner mit Th. Petersen
gemeinsam ausgeführten Untersuchung über die Nitroderivate des Anthrachinons ergaben sich neue Bildungsweisen
des Alizarins.
Adolf, Dichter und Übersetzer, geb. zu Leipzig, studierte seit 1836 daselbst Philologie,
vorzüglich die neuern Sprachen, privatisierte in Leipzig und starb in dem VorortGohlis. Böttger debütierte mit gelungenen
Übertragungen engl. Dichter, deren vorzüglichste die von Byrons «Sämtlichen Werken» (Lpz. 1840)
war. In den eigenen Dichtungen B.s ist der Einfluß engl. Vorbilder nicht zu verkennen. An Byrons Art und
Weise klingen an «Habana» (1853),
der «Fall von Babylon» (1855) und «Kameen» (1856; 2. Aufl.
1861). Eine zweite Gruppe von B.s Dichtungen erinnert an die Märchenpoesie des «Sommernachtstraums»;
«Ein Frühlingsmärchen» (1849; 3. Aufl. 1850)
und «Die Pilgerfahrt der
Blumengeister» (Text zu Granvilles «Fleurs animées», 1851; 3. Aufl.
1857) stehen hier obenan. Sonst sind etwa noch zu nennen: «Gedichte» (1846; 7. Aufl. 1850),
ein satir.-komisches Epos, das die Geschichte der ehemaligen sächs. Kurlande in Romanzen behandelt, «Das Galgenmännchen»
(1870),
eine phantastische, faustartige Märchendichtung. B.s Drama«AgnesBernauer» (Lpz. 1845; 3. Aufl. 1850)
fand keinen dauernden Bühnenerfolg. Böttger beherrschte die Form vortrefflich, aber seine glatte, anmutige Leichtigkeit
ist ohne tiefere Gedanken. B.s «Gesammelte Werke» erschienen (6 Bde.)
Lpz. 1865‒66. –
Böttcher oder Böttiger, Joh. Friedr., der Erfinder des Meißener Porzellans,
geb. zu Schleiz im reuß. Vogtlande, kam als Lehrling in die Zornsche
Apotheke zu Berlin, wo er 1701 infolge alchimist. Versuche in Gefahr geriet, als Adept verhaftet zu werden. Er begab sich daher
nach Dresden. Hier errichtete ihm der Fürst Egon von Fürstenberg zum Zwecke des Goldmachens ein Laboratorium
[* 20] in seinem Palais. Als jedoch B.s Arbeiten ohne Erfolg blieben, versuchte er im Sommer 1704 nach Wien zu entfliehen, wurde aber
zurückgebracht und gezwungen, seine alchimist.
Geheimnisse schriftlich zu offenbaren. Infolgedessen übergab Böttger endlich im Herbst 1705 dem König August Ⅱ. einen weitläufigen
Aufsatz, dessen eigenhändige Urschrift in den Archivakten noch aufbewahrt wird, voll mystischen
Unsinns. Auf Veranlassung des Grafen von Tschirnhausen wurde hierauf eine Fabrik errichtet, um die im Lande tot und unbrauchbar
liegenden Gesteine
[* 21] und Erden zu nützlichen Dingen, z. B. Verfertigung von Porzellan, Borax
[* 22] u. s. w., zu verwenden, und B.s
Geschicklichkeit dabei in Anspruch genommen.
Die Unternehmung gelang, und Böttger brachte aus einem braunroten Thone der Meißener Gegend ein Porzellan
zu stande, welches das bereits von Tschirnhausen selbst verfertigte an Dauer und Schönheit weit übertraf. Böttger ward nun mit
Geschenken überhäuft, jedoch nicht auf freiem Fuß gelassen, weil man die Anfertigung des Porzellans als Geheimnis behandelt
wissen wollte. Als 1706 die Schweden in Sachsen einfielen, wurde Böttger nebst drei Gehilfen heimlich nach dem
Königstein, 1707 wieder nach Dresden gebracht.
Nach dem Tode des GrafenTschirnhausen übernahm er 1708 die Aufsicht und Leitung des Porzellanmachens und ward zuletzt Administrator
der Porzellanfabrik. Zu Ostern 1709 konnte zum erstenmal auf der LeipzigerMesse glasiertes und unglasiertes
(auch etwas weißes) Porzellan aus B.s Fabrik zum Verkauf ausgestellt werden. 1710 richtete man die Albrechtsburg zu Meißen
zu einer großen Porzellanfabrik ein und außerdem wurde Michaelis 1711 eine besondere Werkstatt für das weiße Porzellan,
das bisher noch sehr selten war, gegründet. Böttger ließ sich indes 1716 und 1717 mit Männern
in Berlin wegen Mitteilung seiner Künste für Geld in eine Korrespondenz ein, die aber 1719 entdeckt wurde und seine Verurteilung
zur Folge hatte. Er starb in Dresden. Ein Denkmal (Bronzebüste) wurde ihm 1892 in Meißen errichtet. –
Vgl. Engelhardt,
Joh. Friedrich Böttger, Erfinder des sächs. Porzellans (Lpz.
1837).