Titel
Böttger
,
1) (Böttcher oder Böttiger) Johann Friedrich, Erfinder des Meißner Porzellans, geb. (nach Angabe aus seiner Büste im Japanischen Palais in Dresden [* 2] zu Schleiz, [* 3] wo sein Vater Münzwardein war, erlernte in Berlin [* 4] die Apothekerkunst, trieb auch Alchimie und flüchtete aus Berlin, weil er sich gerühmt hatte, Gold [* 5] machen zu können, und man ihn deshalb als Adepten festhalten wollte, 1701 nach Wittenberg, [* 6] ward dort auf preußische Requisition, angeblich wegen verschiedener Veruntreuungen, verhaftet, auf seine Bitte aber unter sächsischem Schutz von dort nach Dresden abgeführt.
Hier versprach er, sein
Geheimnis
Sachsen
[* 7] zu offenbaren, und ward drei Jahre aufs beste verpflegt, ohne
jedoch ausgehen zu dürfen. Nach mancherlei Winkelzügen und einem verunglückten Fluchtversuch übergab er 1705 dem König
August II. einen
Aufsatz, der, voll adeptischen Unsinns, anscheinend mit großer Unbefangenheit abgefaßt ist. Die
Nichtigkeit
seiner
Kunst ward nun zwar bald klar, doch gelang es Böttger
, aus einem
Thon der
Meißener Gegend ein vortreffliches,
braunrotes
Porzellan darzustellen.
Vor den eindringenden
Schweden
[* 8] ward Böttger
mit drei
Gehilfen auf dem
Königstein in Sicherheit gebracht, wo sie ihre
Arbeit fortsetzen
mußten. Im J. 1707 nach
Dresden zurückgeführt, wurde er 1708 mit der Leitung des Porzellanmachens betraut
und zuletzt zum
Administrator der 1710 zu
Meißen
[* 9] errichteten
Fabrik ernannt. Bereits 1709 hatte man mit glasiertem und unglasiertem,
auch etwas weißem
Porzellan die
Leipziger
Messe bezogen, nachdem an mehrere auswärtige
Höfe schon
Geschenke abgegangen waren,
die außerordentlichen Beifall gefunden hatten. aber zeigte sich zum
Direktor einer Anstalt wie die
Meißner
Porzellanfabrik nicht geeignet; überdies schien er aus irgend welchen selbstsüchtigen Absichten das Aufblühen der Anstalt
geflissentlich zu hintertreiben, ja er ließ sich 1716 mit gewissen
Personen in
Berlin wegen Mitteilung seiner
Kunst um
Geld
in eine
Korrespondenz ein.
Letzteres wurde 1719 entdeckt und hatte die gefängliche
Einziehung Böttgers
zur
Folge, von der ihn jedoch bald der
Tod befreite; er starb in
Dresden. Böttger
war ein guter
Laborant, übrigens aber
ungebildet und konnte nicht einmal orthographisch schreiben.
Vgl.
Engelhardt,
Joh.
Fr. Böttger
(Leipz. 1837).
2)
Adolf, Dichter und Übersetzer, geb. zu
Leipzig,
[* 10] empfing seine
Bildung auf der Thomasschule
und seit 1836 auf der
Universität daselbst und widmete sich dann, in seiner Vaterstadt privatisierend, ausschließlich litterarischen
Beschäftigungen und dem
Studium der neuern
Sprachen. Er starb in
Gohlis bei
Leipzig
Seinen litterarischen
Ruf begründete
Böttger
mit seiner 1838 begonnenen Übersetzung von
Byrons »Sämtlichen Werken« (Leipz. 1840, 5. Aufl.
1863), welche zugleich von großem Einfluß auf die
Richtung seines
Talents wurde. Weniger glücklich war er mit der
Übertragung
Shakespearescher
Stücke; dagegen lieferte er in den Übersetzungen der poetischen Werke
Goldsmiths (Leipz. 1843),
Miltons (das.
1846) und
Popes (das. 1842, 4 Bde.),
der Ossianischen
Gesänge (das. 1847),
»Hiawatha« von
Longfellow (das. 1856) u. a. wieder Proben einer ungewöhnlichen
Sprachgewandtheit. Als selbständiger Dichter hatte sich an den poetischen
Erzählungen
Byrons geschult, und seine
Dichtungen:
»Düstere
Sterne« (Leipz. 1852),
»Habana« [* 11] (das. 1853, 2. Aufl. 1854),
»Der
Fall von
Babylon« (das. 1855) und »Die
Tochter des
Kain«
(Wien
[* 12] 1865) weisen gewisse Vorzüge jener
Erzählungen unzweifelhaft auf. Eigentümlicher, anmutiger und beseelter
waren die Märchengedichte: »Ein Frühlingsmärchen« (1.-3. Aufl., Leipz.
1849) und »Die Pilgerfahrt der Blumengeister«
(Text zu
Grandvilles
»Fleurs animées«, das. 1851, 3. Aufl. 1858). Im
Drama versuchte
sich Böttger
mit
»Agnes
Bernauer« (Leipz. 1845, 3. Aufl. 1850),
mit mehr Glück zuletzt in der phantastischen Märchendichtung »Das Galgenmännchen« (das. 1870),
einer Faustiade im kleinen und jedenfalls einer der sinnigsten Produktionen des Dichters. An die erste ¶
mehr
Sammlung seiner lyrischen »Gedichte« (Leipz. 1846, 7. Aufl. 1851; neue Sammlung 1854) schließen sich die »Johanneslieder« (das. 1847),
die Lieder »Auf der Wartburg« (das. 1848) und die Sammlungen: »Heilige Tage« (Wien 1865) und »Neue Lieder und Dichtungen« (Troppau [* 14] 1868) an.
Außerdem sind noch folgende Dichtungen sehr verschiedener Art, aber von gleicher Formvollendung hervorzuheben: »Till Eulenspiegel« (Leipz. 1850);
»Kameen« [* 15] (das. 1856, 2. Aufl. 1861);
»Buch der Sachsen« (das. 1858),
ein Versuch, die Geschichte der alten sächsischen Kurlande und ihrer Bewohner poetisch zu verherrlichen;
die »Historien der Liebe« (das. 1860) und »Goethes Jugendliebe« (das. 1861, 3. Aufl. 1870).
Eine Gesamtausgabe seiner »Poetischen Werke« erschien in 6 Bänden (Leipz. 1864 bis 1866).