Abgabensystems, machte er besonders durch den Gesetzentwurf über Zehntablösung seinen Namen populär, erwarb sich 1832 durch
freimütige Verteidigung der Verfassung allgemeine Achtung, zerfiel aber mit der liberalen Partei, als er das Recht derKammer,
sich in finanzielle Fragen zu mischen, im Sinn derWiener Konferenzbeschlüsse zu deuten suchte. Nachdem er 1844 das
Departement der Finanzen ausgegeben, übernahm er nach dem Rücktritt Blittersdorffs, dessen reaktionäre Absichten er mitunter
erfolgreich bekämpft hatte, als Präsident die Leitung des Ministeriums, wurde aber schon im März 1846 pensioniert und starb in
Karlsruhe.
Seit 1830 zum GeheimenRegierungsrat ernannt, auch Mitglied der Berliner
[* 10] wie der meisten europäischen Akademien, starb er in
Berlin als einer der gefeiertsten Gelehrten seiner Zeit. Böckh war der erste, welcher der höhern Auffassung der Philologie Geltung
verschaffte, wonach dieselbe in der umfassenden Kenntnis und Reproduktion des Altertums in seiner Gesamtheit
bestehen soll (s. Philologie). Seine Hauptwerke sind: »Die Staatshaushaltung der Athener« (Berl. 1817, 2 Bde.;
engl. von Lewis, Lond. 1828; 2. Aufl. 1843; franz. von Laligand, Par. 1828);
die beiden dem oben genannten Werk in der 2. Auflage
(Berl. 1851 bis 1852, 2 Bde.) teilweise
eingefügten Schriften: »Metrologische Untersuchungen über Gewichte, Münzfuße und Maße des Altertums« (das. 1838) und »Urkunden
über das Seewesen des attischen Staats« (das. 1840);
Aber auch seine kleinern Schriften sind höchst beachtenswert, als: »Graecae tragoediae
principum, Aeschyli, Sophoclis, Euripidis, num ea quae supersunt et genuina omnia sint« (Heidelb.
1808);
»Die Lehren
[* 11] des Pythagoreers Philolaos nebst den Bruchstücken«
(das. 1819) und die Ausgabe der Sophokleischen »Antigone« (das. 1843, neue Ausg. 1884);
ferner die aus der »Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft« abgedruckten Untersuchungen: »Manetho und die Hundssternperiode« (das. 1845);
»Untersuchungen über
das kosmische System des Platon« (das. 1852);
»Zur Geschichte der Mondcyklen der Hellenen« (Leipz. 1855);
»Epigraphisch-chronologische
Studien« (2. Beitrag zur Geschichte der Mondcyklen, das. 1856);
»Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten« (Berl.
1863).
Aug., Altertumsforscher, geb. zu Karlsruhe, wo sein Vater Kanzleibeamter und kaiserl. Notar
war, bezog 1803 die UniversitätHalle, wo ihn F. A. Wolfs Einfluß von dem Studium der Theologie abwendete und der Philologie
zuführte. Ostern 1806 ging er nach Berlin und wurde hier Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen. Infolge der Kriegsunruhen
kehrte er in die Heimat zurück und privatisierte im Sommer 1807 zu Heidelberg, wo er dann im Herbst eine
außerord. und 1809 eine ord.
Professur erhielt. Als Professor der Beredsamkeit und der alten Litteratur an die UniversitätBerlin berufen, wirkte Böckh hier
seit Ostern 1811 mit großem Erfolge sowohl durch feine Vorlesungen wie durch die Leitung des philol. Seminars und
seit 1820 des Seminars für gelehrte Schulen. Böckh, der fünfmal das Rektorat der Universität bekleidete, starb Durch
seine Auffassung der Philologie als einer geistigen Reproduktion des gesamten Altertums hat Böckh eine Zeit lang an G. Hermann und
der Leipziger Philologenschule Gegner gefunden, aber zweifellos zu einer tiefern Auffassung des Altertums
den Anstoß gegeben.
Ausgezeichnet ist seine Ausgabe des Pindar (2 Bde. in 4 Tln., Lpz. 1811-22, mit der Abhandlung«De metris Pindari libri III quibus
praecepta artis metricae et musices Graecorum docentur», ebd. 1811). Schon vor Vollendung dieses Werkes erschien «Die Staatshaushaltung
der Athener» (2 Bde., Berl.
1817; hierzu als 3. Band:
[* 17] «Urkunden über das Seewesen des attischen Staates», ebd. 1840; 2. Aufl. 1851; 3. Aufl., besorgt von
M. Fränkel, 1886),
ein Buch, das für die Betrachtung der nationalökonomischen und polit. Verhältnisse des Altertums bahnbrechend
wurde. Weitere Forschungen auf diesem Gebiete hat Böckh namentlich in «Metrolog.
Untersuchungen über Gewichte, Münzfüße und Maße des Altertums» (Berl. 1838) niedergelegt. Neben diesen
Arbeiten beschäftigte ihn seit 1815 ununterbrochen die Sammlung und Erklärung der griech.
Inschriften, deren Ergebnisse in dem «Corpus inscriptionum graecarum»
(Bd. 1-4 in 13 Tln., Verl. 1828 -77) niedergelegt sind, das er im Auftrage der Akademie der Wissenschaften
herausgab, und das nach seinem Rücktritt von Franz, E. Curtius und Kirchhoff fortgesetzt wurde. Höchst beachtenswert sind
auch B.s übrige Schriften. So die Schriften zu Plato («Commentatio in Platonis qui vulgo fertur Minoem», Halle 1806; «Simonis
Socratici dialogi quatuor», Heidelb. 1810),
die kritische Untersuchung über die drei großen griech. Tragödiendichter (lateinisch,
Heidelb. 1808),
die Abhandlung«Über die Versmaße des Pindaros» (Berl. 1809); die «Entwicklung der Lehren des Pythagoreers
Philolaos» (ebd. 1819); die
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«Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten» (Berl.
1863). Viele Abhandlungen von ihm enthalten die «Denkschriften» der Akademie, der er seit 1814 als Mitglied angehörte; sie
bilden den 5. und 6. Band seiner «KleinernSchriften» (hg. von Ascherson, Bratuscheck und Eichholtz, 7 Bde., Lpz.
1858-72). Auch an der neuen Ausgabe der Werte Friedrichs d. Gr. nahm Böckh als Direktor des dafür ernannten
akademischen Ausschusses teil. Seine Vorträge über «Encyklopädie und Methodologie der philol. Wissenschaften» gab Bratuschek
heraus (Lpz. 1877; 2. Aufl. 1886, besorgt von Klußmann). Sein Briefwechsel
mit K. O. Müller erschien Leipzig 1883. -
Christian Friedr. von, bad. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. in Karlsruhe,
studierte Kameralwissenschaften in Jena und Heidelberg und trat als Finanzassessor beim Hofratskollegium zu Mannheim
in den Staatsdienst, wurde 1828 Finanzminister, nachdem er 1825 den Adel erhalten hatte. Er bearbeitete nach seinem Eintritt
in das Finanzministerium (1811) mit Nebenius ein neues System der direkten Steuern, brachte strenge Ordnung
in die Verwaltung und den Staatshaushalt und begründete den Kredit des Landes aufs neue. Ein Gegner des Feudalwesens und des
alten Abgabensystems, kam er den Vorschlägen der Kammer für Ablösung der Zehnten und Fronen bereitwillig entgegen. 1844 gab
er das Departement der Finanzen ab und trat als Präsident an die Spitze des Gesamtministeriums, nahm aber im März 1846 seine
Entlassung. Böckh starb zu Karlsruhe.
Richard, Statistiker, Sohn von AugustBöckh, geb. in Berlin, studierte daselbst sowie in Heidelberg Jura
und Cameralia, trat 1845 in den preuß. Justizdienst, arbeitete als Referendar bei den Regierungen zu Potsdam
und Erfurt,
[* 19] dann von 1852 als Regierungsassessor unter Dieterici im StatistischenBureau zu Berlin und seit 1855 bei der Regierung
und dem Oberpräsidium in Potsdam, wo er die Aufgabe hatte, eine Musterstatistik dieses Bezirks festzustellen. 1864 wurde
er nach Engels Eintritt wieder in das StatistischeBureau berufen, woselbst er seit der Einrichtung des statist.
Kursus 1862 Bevölkerungsstatistik lehrte, 1864 zum Regierungsrat ernannt wurde und als ältestes Mitglied und Vertreter des
Direktors bei der Neugestaltung der deutschen Statistik hauptsächlich mitwirkte. Insbesondere war er 1871 eine Zeitlang
bei dem damaligen Oberpräsidium in Straßburg
[* 20] thätig. 1875 übernahm er die Direktion des StatistischenBureaus der Stadt
Berlin, in welcher Stellung es ihm gelang, seine statist. Theorien in größerm Umfange in die Praxis einzuführen; er wurde 1881 Zum
außerord.
Professor für Statistik, 1885 zum Geh. Regierungsrat ernannt, 1886 Mitdirektor des Staatswissenschaftlich-statist.
Seminars. Seine Forschungen und Arbeiten über das deutsche Sprachgebiet kamen bei der Abgrenzung gegen Frankreich in Betracht.
Von seinen Schriften sind hervorzuheben: «Ortschaftsstatistik und historisch - geographisch - statist. Übersicht
des Regierungsbezirks
Potsdam» (Berl. 1861),