(in röm. Zeit
Lacus Brigantinus, später
Schwäbisches Meer oder nach der alten Kaiserpfalz
Bodmann an seinem
Nordwestrand Bodmannsee genannt, franz.
Lac de Constance), großer
See zwischen der
Schweiz
[* 2] und
Deutschland,
[* 3] vom
Rhein gebildet
und von 9° 27' östl. L. v. Gr. und 47° 45'
nördl.
Br. durchkreuzt. Von SO. nach
NW. sich erstreckend,
ist er der größte deutsche und nächst dem
Genfer See auch der
größte
SchweizerSee,
denn er hat 196,5 km
Umfang, 62 km größte
Länge (von
Bregenz
[* 4] bis zum Einfluß der
Stockach), 14,5 km
größte
Breite
[* 5] (von
Arbon nach
Friedrichshafen) und bei mittlerm Wasserstand (398 m ü. M.) 539 qkm
(9,8 QM.) Flächenraum.
Bei
Meersburg teilt er sich in zwei
Arme, in den Untern oder
ZellerSee (von
Konstanz
[* 6] bis Radolfszell, 18 km lang, eigentlich
eine besondere Seebildung), mit der lieblichen
InselReichenau, und in den Obern oder
Überlinger See (nach der badischen
Stadt
Überlingen, auch Bodmersee genannt, 21 km lang), mit der nicht minder schönen
InselMainau; Obersee pflegt man auch
den ganzen Bodensee mit Ausnahme des
ZellerSees zu nennen. Im SO. liegt auf drei
Inseln, durch eine
Brücke
[* 7] mit dem
Festland verbunden,
die Stadt
Lindau.
[* 8]
Der Bodensee liegt innerhalb der tertiären
Formation, welche den Nordrand der
Alpen
[* 9] begleitet (über die
Funde
im
Kalkschiefer vgl.
Öhningen). In der
Eiszeit
[* 10] war er vom Rheingletscher erfüllt. Die größte Tiefe des
Sees ist im
Kreuz
[* 11] der
beiden
LinienLindau-Konstanz und
Arbon-Friedrichshafen 276 m, während der
Untersee nur eine Tiefe von 20 m hat. Sichtlich
verliert der Bodensee mit der Zeit immer mehr an Tiefe, weil die vielen hineinströmenden
Flüsse
[* 12] und
Bäche, besonders aber der
Rhein, der mitten hindurch fließt, sehr viele erdige Teile mitführen und im B. zurücklassen.
Noch im 4. Jahrh. reichte der
See bis
Rheineck, jetzt aber liegt zwischen ihm und diesem
Ort eine fast stundenbreite
ZoneLandes, die von
Kanälen und
Gräben durchschnitten ist. Das
Wasser des Bodensees ist dunkelgrünlich und klar, es schwillt
oft sehr plötzlich zur Zeit der Schneeschmelze um 3-4
m an und wird durch den
Föhn (Südwind), den Nordwest- und
Ostwind zu
haushohen
Wellen
[* 13] aufgewühlt, auch wird es ohne eine sichtliche äußere
Ursache von merkwürdig schnellem
Wechsel des Steigens und
Fallens (Ruhst genannt) beunruhigt. Um die
Gefahr der
Überschwemmungen zu vermindern, geht man neuerdings
damit um, den
Abfluß des
Untersees zu regulieren. Im Frühjahr, besonders im März, ist die
Fläche des Bodensees häufig
mit dem männlichen Samenstaub von
Wasserpflanzen
[* 14] bedeckt, was man das »Blühen des
Sees« nennt.
Gegenwärtig ist der
Verkehr auf dem an dem sieben Eisenbahnlinien münden, und der von einer schon teilweise vollendeten
Gürtelbahn umgeben werden soll, lebhafter als sonst auf einem Binnengewässer des
Kontinents, sowohl
in
Passagieren als
Getreide,
[* 17]
Wein,
Holz
[* 18] und Kaufmannsgütern. Eine
Flottille von 30
Dampfern, darunter 20 deutsche, ist beschäftigt,
die
Verbindung der ansehnlichsten Uferorte unter sich und mit Schaffhausen
[* 19] zu vermitteln. Zwischen
Romanshorn einer- und
Lindau-Friedrichshafen
anderseits kursiert eine Trajektanstalt, die über 2
Dampffähren und 17 Trajektkähne verfügt und ganze
Bahnzüge von
Ufer zu
Ufer bringt.
Die
EntfernungRomanshorn-Friedrichshafen (12 km) wird in einer
Stunde zurückgelegt.
In den deutschen Bodenseehäfen kamen 1882 an
Gütern an 53,140
Ton., es gingen ab 365,630 T. Gewöhnlich ist der
See ein sehr ruhiges Gewässer und die
Fahrt sicher und angenehm. Nur wenn der
Föhn die Tiefen erregt, spüren schwächere
Personen eine Art
Seekrankheit. Die Segelschiffahrt
ist sehr gesunken.
Die nur stellenweise (gegen
NO.) schroff hineinragende Umgebung des Bodensees wird überall vonBerg- und
Hügelland, an den Mündungen des
Rheins, der
Schussen und der
Stockach sogar von kleinen Tiefebenen gebildet.
(Deutschland, Oesterreich und Schweiz). 395 m. Geographie u. Hydrographie. Unter dem Namen «Bodensee»
begreift man gemeinhin die beiden Seen, die vom Rhein durchströmt, beziehungsweise durch den etwa 3 km
langen Lauf dieses Stromes zwischen Konstanz und Gottlieben mit einander verbunden, in früheren geologischen Perioden auch
ein gemeinsames Seebecken gebildet haben und heute im S. von der Schweiz (Kantone St. Gallen
und Thurgau)
und Oesterreich (Land Vorarlberg), im
O. von Oesterreich, im N. von Bayern, Württemberg u. Baden u. im W. von Baden begrenzt werden.
Von der im Ganzen 259,3 km langen Uferlinie entfallen auf die Schweiz 71,9 km und zwar am Obersee 42,6 km, am Untersee 29,3
km. Dieser Bodensee im weitern Sinn hat seinen südlichsten Punkt bei Rorschach unter 9° 29' 50" O. L.
v. Greenw. und 47° 28' 42" N. Br., seinen nördlichsten w. Ludwigshafen und s. Spittelsberg unter 9° 2' 4" O. L. v. Greenw.
und 47° 49' 4" N. Br., seinen östlichsten n. Bregenz unter 9° 44' 59" O. L. v. Greenw. und 47° 31' 5"
N. Br., seinen westlichsten bei Stein unter 8° 51' 16" O. L. v. Greenw. und 47° 39' 35" N. Br.; die Mitte des eigentlichen
Bodensees oder des Obersees liegt unter dem Schnittpunkt von 9° 26' 51" O. L. von Greenw. und 47° 36' 0" N. Br.
Im engern Sinn versteht man unter «Bodensee» nur das
obere grössere Seebecken oder den «Obersee» im Gegensatz zu dem kleineren «Untersee», der vormals, namentlich während der
Zeit, da das an ihm gelegene Radolfzell freie Reichsstadt war, auch «Zeller See» genannt wurde. Der Obersee gabelt sich etwa
2,5 km ö. Konstanz in die Konstanzer Bucht im S., der der Rhein zum Untersee entströmt, u. in den sog.
Ueberlinger See, einen in nö. Richtung sich etwa 22 km weit erstreckenden Seebusen im N. Unter «Obersee» werden wir in der
Folge das grössere Seebecken mit Einschluss des Ueberlinger Sees, also den «Bodensee im engern Sinn» verstehen.
Was die Wandlungen anbetrifft, die der Name des Sees im Laufe der Zeiten mitgemacht hat, so spricht schon um 40 n. Chr. Pomponius
Mela von zwei durch den Rhein unweit seines Ursprungs gebildeten Seen, dem Lacus Venetus u. Lacus Acronius, während sein Zeitgenosse
Strabo ohne Nennung von Namen nur von einem grossen See und grossen Sümpfen berichtet, in die der Rhein
sich ergiesse. Seitdem Plinius um 70 n. Chr. für
den Bodensee die Bezeichnung Lacus Rætiæ Brigantinus gebraucht hatte,
kam entsprechend der Uebung der roman. Völker, die Seen nach der wichtigsten an ihnen gelegenen Ortschaft zu benennen, der
Name Lacus Brigantinus oder Lacus Brigantiæ (so namentlich bei Ammianus Marcellinus) immer allgemeiner
zur Verwendung.
Als aber im 10. Jahrhundert die Bedeutung der fränkischen Königspfalz Bodoma (jetzt Bodman am W.-Ende des Ueberlinger Sees)
die der alten Römerstadt Brigantium (Bregenz) in Schatten stellte, erhielt der See allgemein den Namen des Lacus Potamicus,
den er, in podmensê,Bodmen-, Bodem- und zuletzt Bodensee verdeutscht, bis heute beibehalten hat. Die
romanischen Sprachen blieben dagegen ihrer erwähnten Gepflogenheit treu und bezeichneten, als die Verlegung des Sitzes des
grössten alemannischen Bistums von Windisch (Vindonissa) nach Konstanz diese bis dahin weniger bedeutende Ortschaft seit
der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts zum unbestrittenen Vorort der Bodenseegegend gemacht hatte, den
See als Lacde Constance,Lagodi Costanza u. s. w. Alte St. Galler Chronisten und später Sebastian Münster nannten ihn übrigens
auch gerne mare = das Meer, und nach dem Vorgange der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Zimmernschen Chronik wurde der im
Herzen des vormaligen Herzogtums Schwaben gelegene See mit Vorliebe als das schwäbische Meer bezeichnet.
In neuerer Zeit endlich wird ihm immer häufiger, namentlich in wissenschaftlichen Schriften, der kurze, früher nur mehr
poetisch verwendete Name Bodan gegeben.
Ausser den bereits erwähnten Namen einzelner Teile des Sees seien schliesslich hier noch angeführt die Bezeichnungen
Konstanzer Trichter oder Tritter für die Konstanzer Bucht im Verein mit dem Rheinlauf zwischen Ober- und Untersee, Bregenzer
und Fussacher Bucht für die beiden ausgeprägteren Busen am SO.-Ende des Obersees, Zeller See für die Radolfzeller Bucht (früher,
wie schon bemerkt, den ganzen Untersee begreifend), Gnaden-See für den n. der InselReichenau und Markelfinger
Winkel für den n. der Halbinsel Mettnau gelegenen Teil des Untersees.
Der bis zu Anfang 19. Jahrhunderts der langgestreckten SO.-Bucht des letzteren gegebene Name Bernanger See (nach dem an ihrem
Eingange gelegenen thurgauischen Dorfe Berlingen, früher allgemein Bernang) ist ganz ausser Gebrauch gekommen. Die übrigen
zahlreichen Einbuchtungen des Sees tragen regelmässig die Namen je der an ihnen gelegenen wichtigsten
Ortschaft, und der seichte obere Teil des Untersees zwischen Gottlieben, Ermatingen und Reichenau-Oberzell endlich heisst Im Feld.
Schon aus Vorstehendem ist zu ersehen, dass die Uferlinie des Bodensees eine reichgegliederte ist, insofern als den Buchten
auch zahlreiche Landvorsprünge entsprechen müssen. Zumeist durch die dem See zugeführten Geschiebe
der an ihrer Spitze oder in deren Nähe einmündenden Flüsse und Bäche gebildet, führen diese
¶
mehr
Vorsprünge (die Delta's) am Bodensee in der Regel den Namen Horn. Ausser der grossen Zahl dieser «Hörner» zeichnen sich durch
einen eigentlichen peninsularen Charakter aus vor allem die Konstanzer Landzunge (auch Halbinsel Bodansrück oder der Rick
kurzweg genannt), die in einer Länge von über 20 km und, erst ihrer Spitze zu sich stärker verjüngend,
in einer Breite von 5-6 km den Untersee (beziehungsweise den Konstanzer Tritter) vom Ueberlinger See scheidet und 2-2,5 km ö.
Konstanz in den beiden Eichhörnern endet; ferner die Höri (so viel als «Bischofshöri» oder - vormals - dem Bischof von Konstanz
gehörig) oder Halbinsel Schienen zwischen dem sw. Arm des Untersees und der Radolfzeller Bucht und endlich
die zwischen dieser und dem Markelfinger Winkel mit einer Länge von 3,5 km und einer Breite von bis 0,5 km sich ebenfalls
ostwärts in den Untersee vorschiebende Mettnau, in weiten Kreisen bekannt als einstiges Besitztum des Dichters J. V.
von Scheffel. Aus dem Obersee gehören hierher noch der Obere und Untere Rheinspitz, sowie der Rohrspitz, niedrige, teilweise
versumpfte und (jedenfalls die beiden ersteren) vornehmlich durch die Geschiebe des Rheins gebildete Landzungen.
Weniger reich ist der Bodensee an Inseln. Die grösste derselben ist die Reichenau im Untersee mit einer Länge
von über 5 km und Breite von bis 1,5 km. Ihr Flächengehalt, mit Einschluss ihrer beiden nur durch schmale überbrückte
Kanäle von ihr getrennten Vorinseln Zellele und Schopfeln an ihrem SO.-Ende, beträgt 4,07 km2; ihre rund 1500 Seelen
zählende Bevölkerung ist zu einer politischen Gemeinde vereinigt, aber in die drei katholischen Pfarreien
Ober-, Mittel- und Unterzell geteilt.
Die Pfarrkirche in Mittel-Zell ist die Kirche des einst hochberühmten und mächtigen Benediktiner-KlostersReichenau. Gleichfalls
im Untersee oder (hydrographisch richtiger) im Rhein an dessen Ausfluss oberhalb des Städtchens Stein liegen drei weitere,
ganz kleine Inselchen, St. Othmars Insel und Im Werd genannt. Zwei schilfbewachsene, während der Hochwasserstände
regelmässig überflutete Bodenerhebungen am Einfluss des Rheins in den Untersee verdienen den Namen eigentlicher Inseln nicht;
die eine aber, Langenrain geheissen, ist durch eine auf ihr aufgedeckte vorgeschichtliche Töpferwerkstätte bekannt geworden.
Im Obersee liegen folgende Inseln: 1. Im ö. Teil des Sees, seit 1517 durch eine 219 m lange Brücke und
seit 1853 durch einen 550 m langen Eisenbahndamm mit dessen N.-Ufer verbunden, die InselLindau.
Ursprünglich drei, durch schmale Wasserarme von einander getrennte Inselchen, sind diese erst im 19. Jahrhundert durch Auffüllung
der Kanäle zu einer einzigen 0,41 km2 grossen Insel verbunden worden, auf der die Stadt Lindau erbaut
ist. Es ist dies unzweifelhaft die nämliche Insel, deren sich nach Strabos Bericht der Kaiser Tiberius im Kampfe gegen die
Vindelicier als Stützpunkt bediente. (Vergl. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees. IV, 1873; S. 57 ff.). 2. Im
sö. Teile des Ueberlinger Sees, seit 1857 durch eine 400 m lange Fahrbrücke mit dessen S.-Ufer verbunden,
die 0,44 km2 grosse Mainau mit vormaligem Deutschordens-Schloss, der jetzigen Sommerresidenz des Grossherzogs von Baden.
(Vergl. besonders Roth v. Schreckenstein. DieInselMainau. Karlsruhe 1873). 3. Oberhalb des Ausflusses des Rheins aus dem Obersee
bei Konstanz, dieser Stadt vorgelagert und durch eine Fahrbrücke mit ihr verbunden, die 1,8 ha grosse
Konstanzer (Dominikaner- oder Macaire'sche) Insel mit dem 1785 durch Kaiser Joseph II. aufgehobenen, geschichtlich merkwürdigen
Dominikaner-Kloster, in dessen durch Neubauten noch vergrösserten Räumen sich seit 1875 das sog. Insel-Hotel befindet. (Vergl.
die Arbeiten von Eberh. Graf Zeppelin. Ueber dasDominikanerkloster in Konstanz; C. Häberlins histor.Fresken im Kreuzgang desInsel-Hotelsin Konstanz und Zur Frage desUrsprungsder grossenHeidelbergerLiederhandschrift...
in Schr. des Ver. f. Gesch. des Bodensees. VI, 1875; XIX, 1890 und XXVIII, 1899). - Das sog. Inselchen bei Romanshorn ist
nur ein mächtiger erratischer Block von wenigen Quadratmetern Fläche, während die Galgen-Inseln bei
Lindau und die erst neuerdings entstandene Schulzen-Insel bei Eriskirch als blosse Sandanhäufungen keine besondere Bedeutung
haben.
Die grösste Länge des Bodensees von Bregenz bis Stein beträgt in der, allerdings teilweise über Land verlaufenden Luftlinie
69,2 km, die des Obersees von Bregenz bis an's Ende des Ueberlinger Sees bei Ludwigshafen ebenso 63,5 km
u. von Bregenz bis Konstanz 46,1 km. Dem Thalweg des Sees entlang misst die Linie Bregenz-Stein 76,1 km, Bregenz-Ludwigshafen
67,3 km und Bregenz-Konstanz 50,1 km. Die grösste Breite des Obersees zwischen dem schweizerischen Ufer nö. Neukirch im Egnach
und der Mündung der Friedrichshafener Aach erreicht 14 km. Der Ueberlinger See ist an seinem Anfang zwischen
Meersburg und dem Eichhorn 5 km und von der Verengerung zwischen Nussdorf und Dingelsdorf an durchschnittlich 3 km breit.
Die Konstanzer Bucht hat eine mittlere Breite von 2 km. Der sehr unregelmässig gestaltete Untersee ist oberhalb
der InselReichenau zwischen dem schweizerischen und badischen Ufer bis 3,5 km breit, die grösste Breite des offenen Sees nw.
dieser Insel beträgt 7 km; an seiner schmalsten Stelle beim eigentlichen hydrographischen Ausfluss des Rheins zwischen Eschenz
und Stiegen ist der See bis auf 150 m verengt.
Die Meereshöhe des Bodensees wird auf Grund des schweizerischen Präzisions-Nivellements mit 398 m angegeben.
Die Kommission der fünf Uferstaaten für die Herstellung der 1893 vom Eidg. topographischen Bureau in Bern
herausgegebenen Bodenseekarte
in 1:50000 nahm dagegen hierfür unter Zugrundelegung der 71jährigen Wasserstandsbeobachtungen am Konstanzer Pegel 395 m
über (Berliner) Normal-Null bei Mittelwasserstand an. Der Mittelwasserstand des Untersees liegt um 0,3
m tiefer als der des Obersees, seine Meereshöhe beträgt demnach 397,7 bezw. 394,7 m.
An Hand der erwähnten internationalen Karte ist vom Eidg. topographischen Bureau der Flächengehalt des gesamten Bodensees
bei Mittelwasser zu 538,482 km2, der des Obersees allein zu 475,482 km2 und der des Untersees zu
63,0 km2 berechnet worden. Die periodischen Schwankungen im Wasserstand und damit die wechselnde Grösse der Seeoberfläche
hängen wesentlich von den Niederschlags- und besonders den Schneeverhältnissen im Einzugsgebiet des Sees u. zwar vornehmlich
von denjenigen im Gebiet des Rheines, als des grössten Zuflusses zum See, ab. Die regelmässigen Hochwasserstände
fallen daher in die Zeit nach der Schneeschmelze im Hochgebirge, also auf Ende Juni und Anfangs Juli, die regelmässigen
Niederwasserstände in die Zeit des geringsten Wasserabflusses vom Gebirge her, also in die Monate Januar und Februar. Ausserordentliche
Hochwasserstände treten aber auch im Mai auf, wenn spätgefallene Schneemassen im Alpenvorland und dem
ganzen übrigen Einzugsgebiet zugleich mit etwa noch zurückgebliebenem Winterschnee unter dem Einfluss warmer Winde (namentlich
des Fön) und durch
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gleichzeitige ausgibige und anhaltende Regengüsse zu raschem Schmelzen gebracht werden, oder im September, wenn besonders
reichliche Herbstregen dem vom Sommer her noch ziemlich angefüllten Seebecken gewaltige Wassermengen aus seinem gesamten
Einzugsgebiet zuführen. Nach Ausweis einer 60 jährigen Beobachtungsreihe erheben sich die regelmässigen Hochwasserstände
im Durchschnitt 1,26 m über den Mittelwasserstand, während die Niederwasserstände im Durchschnitt
0,86 m darunter sinken. Die durchschnittliche Jahresschwankung beträgt also 2,12 m.
Das Einzugsgebiet des Bodensees fällt zusammen mit demjenigen des Rheins oberhalb des Ausflusses dieses Stroms bei Stein. Nach
S., O. und N. in weitem Bogen begrenzt durch die Wasserscheiden gegen den Po und die Donau ist es nach
W. und auf längerer Strecke auch gegen S. hin auf einen nur wenige Kilometer breiten Gürtel beschränkt, weil hier die
Wasserscheide gegen die unterhalb Stein in den Rhein mündenden Flüsse und Bäche seine Grenze bildet. Das gesamte Einzugsgebiet
umfasst einen Flächenraum von 10906 km2, wovon auf dasjenige des Rheins oberhalb seiner Einmündung
in den Bodensee 6564 km2, auf dasjenige der übrigen dem See zufliessenden Flüsse und Bäche 4342 km2 entfallen.
Die beiden Teile des Einzugsgebietes verhalten sich demnach bezüglich ihres Flächenraums ungefähr wie 3:2. Vom Flussgebiet
des Rheins oberhalb des Sees werden 266 km2 von Gletschern eingenommen. Bei niederem Wasserstand führt
der Rhein dem See nur 50 m3 in der Sekunde zu, bei ausserordentlichem Hochwasser ist die sekundliche Wasserzufuhr des Rheins
auf 1900 bis 2100, ja sogar bis auf 3000 m3 berechnet worden; während des regelmässigen Hochwasserstandes dürfte dieselbe
etwa 1200 m3 betragen.
Die sekundliche Wasserzufuhr durch sämtliche übrigen Zuflüsse wird auf etwa 1800 m3, die durch
atmosphärische Niederschläge (Regen u. s. w.) unmittelbar in den See gelangende Wassermenge auf 375 bis 687 m3 in der
Sekunde geschätzt. Für die dem See durch seine sämtlichen Zuflüsse jährlich zugeführten Geschiebe- und Schlamm Mengen
fehlt es z. Z. noch an zuverlässigen Ermittelungen; sie mögen aber immerhin 4 Millionen m3 betragen.
Um den seit etwa einem Jahrhundert immer verderblicher gewordenen Ueberschwemmungen des Rheins ein Ziel zu setzen, wurde am zwischen
Oesterreich und der Schweiz ein Staatsvertrag abgeschlossen, demgemäss die beiden grossen Krümmungen des Stroms bei Diepoldsau
und Rheineck durch Herstellung eines neuen Flussbettes abgeschnitten und die Wasser des Rheins durch das
untere Stück von Brugg nach Fussach in gerader Linie in den Bodensee geleitet wurden. Während an dem obern Durchstich noch
gearbeitet wird, ist der untere vollendet und nimmt der Strom durch ihn seinen Lauf seit dem
Ausser dem Rhein münden in den Bodensee noch 235 Flüsse und Bäche und zwar in den Obersee 189, in den Untersee 46. Hievon
sind die wichtigsten links vom Rhein die Goldach, die beiden Steinachen, die EgnacherAach und die Salmsach, sämtliche zwischen
Rorschach und Romanshorn mündend; rechts vom Rhein die Dornbirner und die Bregenzer Aach zwischen der Rheinmündung
und Bregenz, die Laibach zwischen Bregenz und Lindau, die Argen, Schussen und Friedrichshafener Aach oder Rothach zwischen Lindau
und Friedrichshafen, die Linzgauer oder SeefelderAach, zwischen Meersburg und Ueberlingen, die Stockach zwischen Ludwigshafen
und Bodman und endlich die HegauerAach, bei Radolfzell mündend.
Für die letztere ist anfangs der 1860er Jahre festgestellt worden, dass sie hauptsächlich von der Donau gespeist wird,
deren Gewässer zeitweise nahezu vollständig in Klüften des Juragebirgs bei Möhringen versinken, um 14 km weiter s. bei
dem Städtchen Aach im Hegau als kräftiger Fluss wieder ans Licht zu treten und sich in den Untersee zu
ergiessen. Es kann daher in gewissem Sinn auch das Donaugebiet bis kurz oberhalb Möhringen zum Einzugsgebiet des Bodan gerechnet
werden.
Die Gewässer aller dieser Flüsse und Bäche vereinigen sich also in den Becken des Obersees, der bei einer Maximaltiefe von
251,8 m (oder rund 252 m) unter Mittelwasser (auf der Kreuzung der Linien Uttwil-Immenstaad und Kesswil-Fischbach)
eine Wassermenge von 47609,21 Millionen m3 (bei Mittelwasser) enthält, und des Untersees, der bei einer Maximaltiefe von
46,4 m (zwischen Berlingen und Gaienhofen) 1760,32 Millionen m3 (gleichfalls bei Mittelwasser) fasst. Das Volumen des gesamten
Bodensees beträgt hienach bei Mittelwasser 49369,53 Millionen m3. Die mittlereTiefe beträgt:
Die genaue Kenntnis der vom Wasser des Bodensees erfüllten und bedeckten Wanne verdanken wir erst der auf gemeinsame Kosten
der fünf Bodenseeuferstaaten im eidgenössischen topographischen Bureau zu Bern
im Massstab von 1:25000 gezeichneten
und im Massstab von 1:50000 vervielfältigten, im Jahr 1893 erschienenen Bodenseekarte. (Bodenseeforschungen aus Anlass derHerstellung der neuen Bodenseekarte; Abschn. II von Eberh. Graf Zeppelin im XII. Heft der Schriften des Ver. für Gesch. desBodenseesu. seiner Umgebung.Lindau 1893).
Betrachten wir an Hand dieser Karte das Becken des Bodensees genauer, so haben wir auch hier, wie bei den Seen
überhaupt, vor Allem zu unterscheiden zwischen der Uferzone und dem Seekessel. (Ueber die theoretischen Fragen und die Nomenklatur
des Folgenden vergl. F. A. Forel. LeLéman. 2 vol. Lausanne 1892 und 1890; F. A. Forel. Handbuch der Seenkunde.
Stuttgart 1901).
A. Die Uferzone
ist derjenige breitere oder schmalere Gürtel rings um den See, der teils dem Land-, teils dem Seegebiet angehört, auf dem
aber das Wasser einen unmittelbaren und dauernden Einfluss auf das Festland und seine Gestaltung ausübt. Da es in erster
Linie die Bewegung des Wassers, das Gewell, ist, das diesen Einfluss bedingt, so fallen die Grenzen der
Uferzone zusammen mit den Grenzen der Einwirkung des Gewells auf das Festland, und zwar die obere Grenze mit dieser Einwirkung,
während der regelmässigen Hochwasserstände, die untere während der regelmässigen Niederwasserstände.
Während erstere eine deutlich erkennbare und feste ist, fehlt es für den Bodan bis heute an Untersuchungen
über die Wirkung des Gewells noch abwärts; es erscheint jedoch die Annahme begründet, dass sie ungefähr bei 10 m Tiefe
ihr Ende erreiche. Die umgestaltende Einwirkung des Gewells macht sich in zweifacher Weise geltend: durch Auswaschung oder
Ausspühlung (Erosion) des Ufers und durch Anschwemmung (Alluvion). Jenachdem die eine oder andere dieser
beiden vielfach in einander übergreifenden Erscheinungen vorwaltet, unterscheiden wir
¶
von den RömernLacus Brigantinus (Bregenzersee) oder LacusVenetus et Acronius, seit dem 9. Jahrh. Lacus Podamicus
und Mare Podanum, im spätern Mittelalter Bodam- oder Bodmensee, später auch wohl Schwäbisches Meer oder Konstanzersee (frz.
Lac de Constance) genannt, einer der für den Nordfuß der Alpen charakteristischen Flußseen, vom Rhein
und mehrern kleinern Zuflüssen gespeist, liegt zwischen der schweiz. und der schwäb.-bayr.
Hochebene auf der Grenze von Deutschland (Baden, Württemberg und Bayern),
[* 31] Österreich
[* 32] (Vorarlberg) und der Schweiz (Kantone St.
Gallen, Thurgau
und Schaffhausen)
und wird von 47° 40' nördl. Br. und 9° 30' östl. L. von Greenwich durchkreuzt. Der hat
die Gestalt eines von SO. gegen NW. hakenförmig zugespitzten
Keils und ist der größte deutsche, nächst dem Genfersee auch der größte schweiz.
See. Der nordwestlich verengte Teil wird nach der bad. Stadt Überlingen auch der Überlingersee genannt.
Gewöhnlich wird auch die kleinere, westlich von Konstanz gelegene Seebildung unter dem Namen Zeller- oder Untersee zum Bodensee gerechnet,
während letzterer selbst als Obersee bezeichnet wird. Beide Seebecken werden durch den 4 km langen, 2-500 m breiten Rheinlauf
zwischen Konstanz und Gottlieben verbunden. Der Bodensee ist 63 km lang (von Bregenz bis zum Einfluß der Stockach)
und bis zu 14 km breit (Egnach-Friedrichshafen); der Umfang mit Einschluß des Zellersees beträgt 220 km, der Flächenraum 539
qkm,
die Mittelhöhe über dem Meere 395 m. Der Zellersee liegt um 1 m niedriger als der und ist auch bei weitem nicht
so tief wie dieser, dessen größte Tiefe zwischen Arbon und Friedrichshafen 276 m beträgt.
Die seit einiger Zeit vom Ingenieur Hörnlimann vorgenommenen Tiefenmessungen haben ergeben, daß das Rinnsal des Rheins
am Grunde des Sees bis auf 10 km in den See hinaus zu verfolgen ist. Dasselbe ist anfangs 600 m breit
und 70 m tief und verläuft 7½ km in gerader Richtung auf Langenargen zu, wo es durch eine aus Ablagerungen entstandene Erhöhung
gegen Romanshorn hin abgelenkt wird; am Ende hat es nur noch eine Tiefe von 7 m und die Hälfte der anfänglichen Breite. Das
Wasser des Sees ist licht blaugrün und klar; zur Zeit der Schneeschmelze schwillt es oft plötzlich
um 1-2, selten um 3-4 m an; durch den Föhn (Südwind), aber auch durch den Nordwest- und Ostwind wird es oft zu hohen Wellen
aufgewühlt. Den «Seiches» des Genfersees entspricht das als «Rinnen» bekannte
Steigen und Fallen
[* 33] des Wasserspiegels. Eine eigentümliche Erscheinung ist auch das sog.
«Blühen» des Sees im Mai, wobei die Oberfläche namentlich des Untersees mit gelbem Blütenstaube der umliegenden Obstbaumpflanzungen
bedeckt ist.
Das Klima der Seegegend ist im allgemeinen mild, im Spätherbst und Winter sehr nebelig. Der Untersee friert fast jeden Winter
zu, der Obersee selten, so: 1259, 1276, 1420, 1435, 1465, 1573, 1624, 1695, 1789, 1830 und 1880. Der
Fischreichtum nimmt allmählich ab, doch geschieht neuerdings viel zu dessen Hebung
[* 34] durch Einsetzen künstlicher Fischbrut;
von den 26 Fischarten sind die wichtigsten die Lachsforellen, die Grundforellen oder Rheinlanken, Welse, Hechte, Barsche und
(namentlich im Untersee) Blaufelchen, welche, wie Heringe gesalzen und geräuchert, unter dem Namen Gangfische
in den Handel kommen.
Von Konchylien sind 22 Arten, von Vögeln 73 Arten, worunter viele nordische Wasser- und Sumpfvögel, beobachtet worden. Dem Botaniker
bieten die Ufer eine großenteils alpine und subalpine Flora. Geologisch gehört das Gebiet des Bodensee hauptsächlich
dem Alluvium, Diluvium
[* 35] und der obern Süßwassermolasse an; nur bei Rorschach und Bregenz treten die marine Molasse und die
Nagelfluh bis an den See heran. Unstreitig hatte der Bodensee früher eine weit größere Ausdehnung
[* 36] nach Süden.
Noch im 4. Jahrh. reichte er bis Rheineck; jetzt liegt zwischen den beiden, durch
die Ablagerungen des Rheins und der Bregenzerach gebildet, ein 3-4 km breiter Streifen flachen, zum Teil sumpfigen, am Ufersaume
mit Röhricht bestandenen Schwemmlandes, das von zahlreichen Gräben, Kanälen, Bächen und alten Rheinläufen durchschnitten
wird. Der Rhein mündet jetzt zwischen zwei langen schmalen Landzungen 4½ km unterhalb des Städtchens und seine
Sinkstoffe arbeiten weiter an der allmählichen Ausfüllung des Seebeckens. Von den zahlreichen andern Flüssen, die dem See
zufließen, münden die Argen, der Schüssen, die Aachen
[* 37] von Bregenz, Dornbirn und Friedrichshafen und die Steinach in den Obersee,
die Aach von Uhldingen und die Stockach in den Überlingersee und eine weitere Aach in den Zellersee.
Schon außerhalb der eigentlichen Alpen gelegen, von Niederungen (an den Flußmündungen) und zahmem Hügel- und Bergland umgeben,
ohne Steil- und Felsufer, hat der See weder die Großartigkeit des Königs- oder des Walensees noch die
¶
mehr
Mannigfaltigkeit des Vierwaldstättersees oder die Lieblichkeit der ital. Seen aufzuweisen.
Wohl aber macht die gewaltige Wasserfläche, namentlich vom östl. Ufer aus sowie von der Konstanzer
Gegend bei Abendbeleuchtung gesehen, mit ihrem verschwimmenden Horizont und ihren wechselnden, wundervollen Licht- und Farbeneffekten
einen überwältigenden Eindruck. Die Ufer sind anmutig, von Obst- und Weingärten, reichen Getreidefeldern,
üppigen Wiesen und Waldungen umgürtet. Am südl. Horizont türmen sich die Alpengipfel der
Sentisgruppe, des Rhätikon und dcs Vorarlbergbis in die Firnregion auf. Im O. zeigen sich die grünen Voralpen des Allgäus,
im NW. die Basaltkegel des Hegaus mit ihren Burgen und Ruinen.
Auf eine frühzeitige Besiedelung der Ufer des Bodensee weisen die zahlreichen Pfahlbaustationen,
besonders am Überlinger- und Untersee, sowie viele Überreste aus der Römerzeit hin. Heute gehört die Umgebung des Bodensee zu
den dichtbevölkertsten Gebieten Deutschlands.
[* 39] Freundliche Schlösser und Villen, Bauernhöfe und Fischerhütten, behäbige
reinliche Dörfer, belebte Marktflecken, stattliche, jetzt meist weltlichen Zwecken dienende Klöster,
altertümliche Städte spiegeln sich im bunten Kranze in den Uferwellen.
Handel und Schiffahrt sind trotz Beschränkung durch den nahen Rheinfall bei Laufen infolge der starken
Besiedelung der Ufer und der in neuester Zeit vermehrten Verkehrswege außerordentlich lebhaft. Seit Eröffnung der bayr.
Eisenbahn (München-Lindau) und der württemb. (Stuttgart-Friedrichshafen) Bahn, der Vorarlberger Bahn (Lindau-Bregenz-Bludenz),
der Linien Konstanz-Offenburg (bad. Schwarzwaldbahn), Radolfszell-Schaffhausen, Radolfszell-Ulm sowie der schweiz. Linien Winterthur-Konstanz-Romanshorn,
Zürich-Romanshorn-Rorschach, St. Gallen-Rorschach und Chur-Rorschach ist der Bodensee die
besuchteste Eingangspforte der Schweiz geworden und damit seine kommerzielle Bedeutung, der Personen- und Warenverkehr ungemein
gestiegen.