Titel
Bochara
(Bokhara, Buchara), einst der berühmteste der Staaten in Zentralasien, [* 2] der sich vom Kaspischen Meer bis zum Bolor Tagh und zwischen 36° und 42° nördl. Br. erstreckte, jetzt ein sehr zusammengeschrumpftes Gebiet, im N. vom russischen Generalgouvernement Turkistan, im W. von dem chinesischen Pamirplateau, im S. gegen Afghanistan [* 3] vom Amu Darja, im O. von der Sandwüste Karakum begrenzt (s. Karte »Zentralasien«),
hat gegenwärtig mit dem seit 1877 annektierten Karategin ein Areal von 239,000 qkm (4340,4 QM.). Im W. ist das Land Steppe, im O. wird es von zahlreichen Gebirgsketten (Gasi Melek, Bobatagh, Burtachgebirge u. a.) durchzogen, welche sich der die Nordgrenze bildenden Serafschan- und Hissarkette und dem Samarkandtau anfügen. Die einzigen Flüsse [* 4] sind der Amu Darja oder Dschichun (der Oxus der Alten) mit Surchab, Kasirnaghan, Surchan, der zuerst die Südgrenze bildet, dann der Ostgrenze parallel läuft, und der Serafschan (Polytimetus), welcher sich im Dengissee (Oxiana Palus) verliert.
Das
Klima
[* 5] ist in den
Ebenen trocken und gesund, aber im
Winter so streng, daß der
Amu Darja 3-4
Wochen lang zugefroren ist und
um die Stadt Bochara
der
Schnee
[* 6] liegen bleibt. Der
Sommer dagegen ist sehr heiß und trocken; doch wird die
Hitze gemäßigt durch die Nordwinde, welche freien Zutritt haben, während der hohe
Hindukusch den Andrang der warmen Südwinde
abwehrt. Unter dem Einfluß dieses im ganzen günstigen
Klimas und mit
Hilfe eines ausgedehnten Bewässerungssystems
gibt der
Boden längs der
Flüsse (besonders das fruchtbare und an Ortschaften reiche
Thal
[* 7] des
Serafschan) reichliche
Ernten an
Korn und
Früchten.
Man baut
Weizen,
Roggen,
Gerste,
[* 8] eine Art
Hirse,
[* 9]
Mais,
Sesam,
Obst, vorzügliche
Melonen,
Feigen,
Wein,
Tabak,
[* 10]
Hanf und in den
Gärten
der Stadt Bochara
Granaten.
[* 11] Auch
Baumwolle
[* 12] wird sorgfältig gebaut, jedoch sehr unvollkommen gereinigt; gesucht ist von alters her
Bocharas
Seide,
[* 13] die jedoch nach neuerer
Prüfung nicht von der erwarteten
Güte ist. Das Mineralreich bietet
Waschgold,
Salz,
[* 14]
Alaun,
[* 15]
Schwefel,
Salmiak und besonders
Kohlen.
Tiere des
Landes sind wilde
Esel,
Hirsche,
[* 16]
Antilopen,
Bären,
Wölfe,
Füchse,
Schakale,
Reiher,
Heuschrecken.
[* 17] Von
Haustieren zieht man
Herden von
Schafen mit Fettschwänzen, besonders eine Art mit
dunkelschwarzem
Fell und gekräuselter
Wolle, die ein bei den Persern beliebtes
Pelzwerk
[* 18] liefert; vorzügliche
Pferde,
[* 19]
Esel und feinhaarige
Ziegen. Das gewöhnliche Lasttier ist das zweihöckerige
Kamel. Die sehr bunt gemischte
Bevölkerung
[* 20] von Bochara
(s. die Tafel
»Asiatische
Völker«),
[* 21]
deren Zahl auf 2,130,000 geschätzt wird, setzt sich zusammen aus
1) Kirgisen (s. d.), etwa 45,000 Seelen;
2) Karakalpaken (s. d.), welche hier nur wenig zahlreich auftreten;
3)
Turkmenen (s. d.) und zwar den 3000
Familien zählenden Sakar, 20 km oberhalb Tschardshui, und 25 km weiter aufwärts am
Amu Darja den tschaudorschen Geschlechtern der Sajar und
Eski, zusammen 200 Kibitken (hinter denselben beginnen die Niederlassungen
der mindestens 30,000 Kibitken zählenden Erssary, welche aber nur zum Teil von Bochara
abhängen);
4) Uzbeken (s. d.), welche hier als Eroberer auftraten und deshalb das Recht haben, dem Lande den Chan, resp. Emir zu geben;
teils Nomaden, teils angesessen, teils halbangesessen, sind sie die unzuverlässigsten und unruhigsten Unterthanen;
ihre Zahl mag an 200,000 Köpfe betragen;
5) Tadschik (s. d.), welche hier, 600,000 Seelen zählend, das numerische Übergewicht haben und infolgedessen auch nur hier auf ihre Nationalität stolz sind;
in der Wahl der Mittel, sich Reichtümer anzusammeln, nicht wählerisch, werden ihnen viele ehren- und nutzbringende Ämter von dem Emir gegen eine Kaufsumme überlassen;
sie leben als Ackerbauer, Handwerker und Handelsleute und sind sowohl in Bezug auf den Reichtum als auch in industrieller Beziehung den Uzbeken überlegen;
ein besonderer Zweig der Tadschik, die Galtschi (»Bergbewohner«),
leben in dem östlichen Teil von Bochara;.
6) Hindu, wenn auch wenig zahlreich, etwa 500, so doch infolge ihres Reichtums von Einfluß;
7) Zigeunern, welche namentlich bei Hissar vorkommen und vielleicht über 1000 Seelen zahlen;
8) Afghanen, welche als Händler in den Städten zerstreut wohnen;
9) Arabern, unweit Wardanli und Wafkent, Nachkommen der ersten mohammedanischen Eroberer, ansässig oder halbangesessen und meist mit Malen von Teppichen, Viehzucht und [* 22] mit Aufkaufen von Pferden beschäftigt;
10) Juden, welche sich mehr mit Handwerk als mit Handel beschäftigen.
Der
Handel hat sich bedeutend gehoben, und insbesondere ist die Ausfuhr nach Rußland gestiegen seit Vorschiebung
der russischen
Grenze bis nahe an die Stadt Bochara
, welche den
Mittelpunkt des
Handels bildet. Die Haupthandelsrouten gehen in nördlicher
Richtung nach
Fort Perowsk am
Sir Darja und nach Kasalinsk, beide nach
Orenburg führend;
östlich nach Samarkand und von hier auf russischem Gebiet weiter nach Taschkent, Tschimkent ¶
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und Fort Perowsk, Semipalatinsk oder Chokand; den Amu Darja aufwärts zieht die Straße nach Kaschgar, über Schehrisebz, Balch
und die Pässe Bamian oder Chewak über den Hindukusch nach Afghanistan und Indien; westlich nach Astrabad zieht die Straße entweder
den Amu Darja abwärts nach Chiwa und dann südwestlich oder von Bochara
südwestlich durch die Turkmenenwüste.
Eine Telegraphenlinie von Katykurgan nach Bochara
, 190 km lang, wovon 30 km auf russisches Gebiet kommen, wurde 1885 eröffnet.
Zwischen und Rußland gehen über 3000 Kamele;
[* 24] der Handel hat, verglichen mit 1825, um 300 Proz. zugenommen und übersteigt
jetzt 30-40 Mill. Mk. im Jahr.
Baumwolle, rohe Seide, getrocknete Früchte, Häute sind Hauptgegenstände der Ausfuhr;
Waffen, [* 25] eiserne Geschirre, Kalikos, Tuche, Zucker, [* 26] Arzneien, Baumwollwaren kommen aus Rußland;
Kalikos, besonders aber Shawls, Indigo [* 27] und Droguen aus Indien;
Thee, Wolle, Edelsteine, [* 28] Leder aus Ostturkistan.
Die Regierungsform ist eine despotische Monarchie; die Mollas oder Priester haben
große Macht. Der Beherrscher Bocharas
, der gewöhnlich mit dem Titel Chan bezeichnet wird, nennt sich
Emir (»Fürst«). Die Sklaverei wurde auf russische Einwirkung hier abgeschafft. Die Armee zählte (nach Koslenko) 1870 ungefähr
13,000 Mann mit 200 Geschützen. In letzter Zeit wurde angefangen, die Soldaten nach russischen Regiments auszubilden. Sie sind
bekleidet mit roten Jacken, ledernen Hosen,
[* 29] Stiefeln und Lammfellmützen. Die Artilleristen, größtenteils
Iraner, haben blaue Röcke mit rotem Kragen. Gegenwärtig sollen bereits gezogene Gewehre im Gebrauch sein.
Residenz ist die Stadt Bochara
mit 360 Moscheen, 103 Schulen für die Unterweisung in den Lehren
[* 30] des Korans, 24 Hauptbazaren (dazu 22 in der
Umgegend), 38 Karawanseraien, 16 öffentlichen Bädern und 70,000 Einw., während früher 150,000 angenommen
wurden. Bochara
gilt den Völkern Mittelasiens als Ort des guten Geschmacks und Sitz aller Gelehrsamkeit und Heiligkeit. An Tagen religiöser
Feste bedecken sich die Plätze mit Buden aller Art; Athleten und Taschenspieler zeigen ihre Künste, Pferderennen und Kamelkämpfe
finden statt; alles drängt und stößt sich, und Diebe finden reiche Ernte.
[* 31] Übrigens wird die Stadt nach
Sobolew (»Russische
[* 32] Revue«, Bd. 4) durch Flugsand aus der Kisilkumwüste in kurzer Zeit verschüttet sein, wenn der Versandung
nicht von seiten der Russen durch umfassende Kanalisierung der einst bebauten und bewohnten Steppen an der Nordgrenze
des Landes Einhalt gethan wird.
Andre bedeutendere Orte sind: Kermine am Serafschan, Karschi am Fuß der Karschiner Berge;
Fährstellen über den Amu Darja sind: Tschardshui, Kerki, Chodshasalja, Termes;
Städte zweiten Ranges sind: Wardansi, Chatyrtschi, Karakul, Tschiraktschi, Jakobak, Husar, Dschnau, Schirrawat und Hissar, die östlichste Stadt von allen.
Schachrssjabss (Schehrisebz) ist keine Stadt, sondern eine ganze Gruppe von Städten und Dörfern aus einer etwa 20 km langen, 8 km breiten und von einer Mauer umgebenen Strecke mit den Hauptorten Schaar und Kitab.
[Geschichte.]
Eine genaue Bestimmung der Grenzen
[* 33] des alten Transoxanien, welches erst mit dem Auftreten Scheibanis und der Uzbeken Bochara
genannt
wurde, ist nicht wohl möglich. Die Ufergegenden des Serafschan zusammen mit den südlich bis zum Oxus und den nördlich bis
zur Kisilkumwüste sich erstreckenden Landstrichen repräsentieren seit dem Beginn der geschichtlichen Ära ununterbrochen
das politisch ungeteilte Transoxanien. In der vorislamitischen
Zeit steht nur fest, daß die Urbevölkerung einem iranischen
Volksstamm angehörte; auf einer hohen Kulturstufe stehend, waren auch schon damals die Bodenbebauung und die Industrie sehr
entwickelt (vgl. Baktrien). Zu Ende dieser Zeitepoche, im 6. und 7. Jahrh. n. Chr., hatten aber bereits die Türken in vielen
Orten die Herrschaft an sich gerissen und wären wohl damals schon ausschließlich die Herren des Landes
geworden, wenn nicht Mohammed durch die Verkündung seiner Lehre
[* 34] um dieselbe Zeit mehr als der Hälfte Asiens eine ganz neue
Gestaltung verliehen hätte.
Gleich nach Begründung des Islam begannen die Araber in Transoxanien einzufallen. Dreimal hatte es das Joch derselben abgeworfen und den alten Glauben wieder angenommen, bis es endlich 709 zum viertenmal seine Thore öffnen mußte und nun endgültig zum Islam bekehrt wurde. Während der arabischen Herrschaft (714-874) war Transoxanien zu einem integrierenden Teil der Provinz Chorasan herabgesunken; die Emire von und Samarkand waren vollständig abhängig. Eine neue Ära bricht mit der Herrschaft der Samaniden (s. d.) für das Land an, das von nun ab den Namen Maverannahs, d. h. Transoxanien, führte.
Nach dem Tode des ersten Samaniden, Nasr bin Ahmed (892), wird sein Bruder Ismail Alleinherrscher von ganz Transoxanien und dessen
Residenz Bochara
somit zum Mittelpunkt Zentralasiens. Im N. erstreckte sich Ismails Reich bis an den Rand der Großen
Steppe, im Q. bis in die Thäler des Thianschangebirges, im S. bis zum Persischen Golf, an den Nordrand Indiens, und im W. schieden
es nur wenige Tagereisen von der Residenz der Kalifen. Nach dem Tod Ismails (907) waren die Herrscher des Samanidengeschlechts
meist hilflose Puppen in den Händen ihrer Beamten.
Die größte Anarchie herrschte. Die Uiguren, ein türkischer Volksstamm im Thianschan, versuchten unter Boghrachan an den Trümmern
des Samanidenreichs sich zu bereichern. Der Tod Boghras (998) rettete Transoxanien, bis (999) Ilikchan von Kaschgar in Bochara
einzieht.
Seine Herrschaft wurde in den Bezirken von Kesch, Samarkand und Chokand nicht respektiert. 1004 traten die
Seldschukkiden (s. d.) auf. Die Herrschaft derselben hatte ihren Kulminationspunkt
unter Melikschan.
Nach dessen Tod (1092) brachen Aufruhr und Fehde zwischen den einzelnen Familiengliedern aus. und Samarkand wurden nun der Zankapfel zwischen den Uiguren im O. und Charesm (Chiwa) im W., bis der große Mongolenchan Dschengis (s. d.) 1218-26 sich ganz Transoxanien unterwarf; auch Charesm verleibte er seinem Reich ein. Noch bei Lebzeiten verteilte er dasselbe unter seine Söhne: Tschagatai erhielt das Reich von den Uigurischen Pässen bis Charesm, Turkistan und Transoxanien inbegriffen;
Die Dynastie der Dschengisiden endigte schon 1363, als mit deren Verfall die Türken die Fahne der Unabhängigkeit aufpflanzten. 1363 tritt Timur (s. d.) gegen die Tschagataiden auf. Bald ohne Rivalen, wird er in Balch zum Emir von Transoxanien ausgerufen. Seine Residenz verlegte er nach Samarkand. Nach 100jähriger Anarchie verstand er es, Transoxanien eine Führerrolle in der Weltgeschichte anzuweisen. Er hatte sich zum Herrn des gesamten islamitischen Ostens gemacht und war unumschränkter Herrscher von Transoxanien. Mit seinem Tod haben die Länder am Oxus und Jaxartes ihre Weltrolle beschlossen. 1499 machte Scheibani Mehemmed Chan, ein Dschengiside, mit seinen uzbekischen Reiterscharen durch Besitznahme des ¶
mehr
Throns von Samarkand der Herrschaft der Timuriden ein Ende. Fünf Jahre später hatte er sich zum Herrn von ganz Turan und Endidschan
im O., von Scharuchie und Taschkent im N., von Hissar, Badachschan und Balch im S. und von Charesm im W. gemacht. Bisher politisch
hochbedeutend, sinkt Transoxanien nunmehr zu dem unbedeutenden Chanat Bochara
herab. Die Regierung seiner Nachfolger,
der Scheibaniden (1510-97), trug den Stempel der Uneinigkeit und damit den der Machtlosigkeit.
Nur unter Abdullah Chan (1555-97), dem »Wohlthäter seines Volkes«, gewann Transoxanien, als dessen unumschränkter Herrscher
er sich 1570 huldigen ließ, wiederum seinen alten Glanz. Handel, Ackerbau und Wissenschaft fanden in ihm
einen Gönner. Auf die Dynastie der Aschtarchaniden (s. d.) (1597-1737) folgte das Haus Mangit (s. d.). Innere Anarchie, Verfall
der Fürstenwürde, thatsächliche Macht der Wesire, das sind die charakteristischen Merkmale jener Epoche der Geschichte Bocharas
,
die aber zum großen Teil in Dunkel gehüllt ist.
Erst mit dem Auftreten des Emirs Nasrullah (1826-60) gewinnt Bochara
infolge des Vorgehens Rußlands in Mittelasien
wieder neues Interesse. Nasrullah Bahadir Chan gibt ein Beispiel, wie viele Schandthaten ein mohammedanisch-asiatischer Despot
zu begehen im stande ist, und was ein durch Bigotterie geknechtetes Volk an Tyrannei ertragen kann. Seine Kriege mit Schachrssjabss,
den Chanaten Chokand und Chiwa, mit Persien
[* 36] und Afghanistan, mehr oder weniger mit Erfolg gekrönt, ließen
ihn glauben, den Russen und Engländern trotzen zu können.
Anstatt dem bereits mit Rußland im Krieg begriffenen Chokand (s. d.) beizustehen, schwächte er dasselbe noch durch stete Einfälle. Schon früher hatte Rußland mit Bochara Verbindungen angeknüpft; die erste politische Mission leitete Negri 1820; infolge der nach Bochara abgesandten englischen Mission unter Burnes erschienen 1834 der Russe Demaison und 1835 Witkowitsch am Hof [* 37] Nasrullahs. Ebensowenig wie diese richtete 1840 Buteniew aus. Der zur Anknüpfung eines Freundschaftsbündnisses im Hinblick auf die Ereignisse in Afghanistan entsandte englische Oberst Stoddart wurde sogar nebst dem später nachfolgenden Kapitän Arthur Conolly hingerichtet.
Die Strafe für diesen frevelhaften Mord ereilte Nasrullah nicht mehr. Er starb 1860. Sein Sohn Mozoffer eddin, der noch jetzt regierende Chan, trat wenn auch nicht in sittlicher, so doch in politischer Beziehung in die Fußstapfen seines Vaters. Er nahm den Kampf mit Schachrssjabss und besonders mit Chokand wieder auf. Die über Chudojar Chan den Kiptschaken gegenüber übernommene Protektorrolle brachte ihn mit den bereits bis an den Sir Darja vorgeschrittenen Russen notwendigerweise in Konflikt.
Schon waren die chokandischen Städte Turkistan, Tschemkent, Taschkent in russischem Besitz, als Mozoffer gegen die Kiptschaken zog, diese schlug und Chudojar auf den Thron [* 38] Chokands setzte. Eine an den Oberkommandierenden der Russen, Tschernajew, gerichtete Aufforderung, das eroberte Territorium zu räumen, hatte die Entsendung des Obersten Struwe zur Folge. Ersterer wird von Mozoffer gefangen genommen. Als Antwort überschreitet Tschernajew im Februar 1866 den Sir Darja, dirigiert sich auf Dschizak, einen Ort im Besitz Bocharas, muß sich aber vor dem überlegenen Feind zurückziehen.
Tschernajew wird durch Romanowski ersetzt; der kühn gewordene Emir ergreift selbst die Offensive, stellt sich an die Spitze seines Heers, wird aber bei Jirdschar entscheidend geschlagen. Die kleinen Festungen Nan, Chodschent werden, letzteres nach sechstägiger Belagerung, 4. Juni besetzt; am 14. Okt. nehmen die Russen Dschizak, 30. Okt. Uratjube, die beiden letzten Stützpunkte des Emirs im Thal des Sir Darja. Die Widerstandskraft der Bocharen war aber noch nicht gebrochen: sie drängten den Emir zum Gaza (Religionskrieg), ohne indessen das Vorschreiten der Russen aufhalten zu können. 1867 nimmt General Kaufmann Jengikurgan, zieht er in Samarkand ein.
Während der Emir sich in voller Flucht nach Kermine begibt, nehmen die Russen Kettekurgan. Die Schlacht auf den Serabulakschen Höhen 14. Juli zertrümmerte endlich die letzte bocharische Armee und machte den Emir zu einem Vasallen Rußlands. Der Friede wurde geschlossen: Zahlung von 125,000 Tillas (1½ Mill. Mk.), verschiedene handelspolitische Abmachungen und Einverleibung des eroberten Territoriums seitens Rußlands waren die Bedingungen. Die Unruhen in seinem eignen Lande, durch den Kette-Töre (Kronprinzen) Abd ul Melik, Dschura Bay und Baba Bay aus Schachrssjabss angezettelt, konnte der Emir nur mit Hilfe der Russen niederwerfen.
Abd ul Melik starb später eines gewaltsamen Todes in Chiwa. Seitdem bestehen zwischen und Rußland die freundschaftlichsten Beziehungen. Der Emir leistete sogar in dem Krieg Rußlands mit Chiwa wenigstens in betreff der Verpflegung werkthätige Hilfe. Infolgedessen wurde demselben auch in dem mit Chiwa (s. d.) abgeschlossenen Frieden von letzterm ein am rechten Ufer des Amu Darja gelegenes Stück Land abgetreten.
Vgl. Chanikow, Bochara (Petersb. 1841; engl., Lond. 1845);
Derselbe, Mémoires sur la partie meridionale de l'Asie centrale (Par. 1863);
Vambéry: Reisen in Mittelasien (2. Aufl., Leipz. 1873), Skizzen aus Mittelasien (das. 1868), Geschichte Bocharas (Stuttg. 1872);
Wenjukow, Russisch-asiatische Grenzlande (deutsch, Leipz. 1874);
Petermanns »Geographische Mitteilungen« 1880; Jaworskij, In Afghanistan und dem Chanat Buchara.
Reise der russischen Gesandtschaft 1878-79 (deutsch, Jena [* 39] 1885); Lansdell, Russian central Asia (Lond. 1885).