Blutbrechen
(Vomitus cruentus, Haematemesis) besteht darin, daß flüssiges oder geronnenes
Blut durch
Erbrechen aus
dem
Magen
[* 2] entleert wird. Das Blutbrechen
ist nicht eine
Krankheit für sich, sondern vielmehr eine
Erscheinung, welche
durch verschiedene krankhafte Zustände des Verdauungskanals verursacht werden kann. Ja allen
Fällen ist sie die
Folge einer
Gefäßzerreißung im
Magen oder allenfalls im obersten Teil des
Zwölffingerdarms, durch verschiedene Zustände veranlaßt.
Die häufigste Ursache ist das sogen. runde Magengeschwür (s. d.), ferner der Magenkrebs und eine oberflächliche Gewebsveränderung der Magenschleimhaut, welche mit dem Namen der hämorrhagischen Erosion [* 3] belegt wurde. Diese genannten Gewebskrankheiten veranlassen die heftigsten Blutergüsse in den Magen, doch können dieselben auch noch durch andre Veränderungen hervorgerufen werden. Namentlich müssen ätzende Substanzen, wie metallische Gifte, verschluckte spitze Gegenstände, heftiges, überangestrengtes Erbrechen, Schlag oder Stoß auf die Magengegend, Fall auf den Rücken hierher gerechnet werden; zuweilen sind auch Platzen eines Aneurysmas, die Zerreißung von Arterien, welche atheromatös entartet sind, und andre eigentümliche Veränderungen der Magengefäße, wie beim Skorbut und bei der sogen. Bluterkrankheit, Ursache der Magenblutung gewesen.
Auch bei Krankheiten, welche mit Stauung des Bluts in der Pfortader einhergehen, z. B. bei Leberverhärtung, Klappenfehlern des Herzens etc., kommen gelegentlich Magenblutungen vor; ebenso hat man bei Frauen nach Unterdrückung der Menstruation sogen. vikariierende Magenblutungen beobachtet, wobei die Blutung jedoch stets mehr aus den Haargefäßen stattfindet. Die Menge des durch Erbrechen entleerten Bluts ist eine sehr verschiedene: von einigen Tropfen kann dieselbe bis zu ganz außerordentlich großen, mehrere Schoppen betragenden Mengen anwachsen, je nachdem die Blutung von Haargefäßen oder von einer durch geschwürige oder krebsartige Veränderungen der Magenschleimhaut bewirkten Zerreißung eines größern Gefäßes herrührt.
Das Blut ist, je nachdem es längere oder kürzere Zeit im Magen verweilte, und je nachdem es langsamer oder rascher sich in größerer oder geringerer Menge ergossen hat, entweder hellrot gefärbt und flüssig oder geronnen und dunkel gefärbt, entweder unvermischt oder dem Mageninhalt beigemengt, zuweilen von teerartiger Beschaffenheit. Zuweilen erscheint das ohne daß demselben irgend welche hierauf deutende Krankheitserscheinungen vorausgegangen wären.
In der Regel aber sind schmerzhafte Gefühle im Magen längere oder kürzere Zeit vorher vorhanden, welche sich auf das ursachliche Leiden [* 4] des Magens beziehen, oder es zeigen sich diejenigen Erscheinungen, welche durch die angeführten Krankheiten hervorgerufen werden. Zuweilen stellen sich Ohnmachtsanwandlungen ein, starkes Pulsieren im Unterleib, Blässe des Gesichts, Kälte der Hände und Frostschauer mit kühlen Schweißen, Zittern, Sausen in den Ohren, Umnebelung des Gesichts etc. Dann wird den Kranken übel, und es stellt sich Erbrechen ein, wodurch mit mehr oder weniger anstrengendem Würgen das Blut entleert wird und zwar zuweilen in so großer Menge, daß es gleichzeitig zu Mund und Nase [* 5] herausdringt. Je nach der Menge des entleerten Bluts ist der Puls klein und äußerst schnell, die Kranken haben ein erdfahles oder wachsgelbes Aussehen, Ohnmachten kehren öfters wieder, Krämpfe und sogar Scheintod können eintreten.
Die Gemütsstimmung solcher Kranken ist gewöhnlich eine sehr ängstliche und gedrückte. Solche Anfälle sind in der
Regel
nicht vereinzelt, sondern sie wiederholen sich leicht, nicht allein in kürzern, sondern auch in längern
Zeiträumen, und man muß darauf gefaßt sein, das Blutbrechen
, wo es einmal vorhanden war, über kurz oder lang wiederkehren
zu sehen. Für die
Praxis ist es von großer Wichtigkeit, festzustellen, daß das
Blut in der That aus dem
Magen herrührt.
Kinder z. B. erbrechen zuweilen nicht unbeträchtliche
Mengen von
Blut, welches zwar aus dem
Magen kommt,
aber durch Verschlucken dahin gelangt war, indem es entweder von
Nasenbluten, oder von Saugen an kranken Brustwarzen, oder
von blutenden
Stellen des
Mundes herrührt. Es ist auch schon vorgekommen, daß
Magenblutungen (von
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Militärpflichtigen, hysterischen Weibern) simuliert wurden. Einen solchen Betrug kann nur der umsichtige Arzt, je nach Umständen
mit Hilfe des Mikroskops, aufdecken. Ist Blutbrechen
eingetreten, so muß der Kranke vor allen Dingen zur Ruhe gebracht und auch geistig
möglichst beruhigt werden. Man legt demselben einen kalten Umschlag auf die Magengegend, gibt ihm kleine
Mengen kaltes Wasser zu trinken, oder man läßt ihn Eispillen verschlucken. Das Zimmer sei kühl und auch die Bedeckung des
Kranken nicht zu warm. Im Notfall, wenn nicht schnell ärztliche Hilfe da ist, gibt man säuerliche Getränke, Limonade oder
etwas Essig mit Wasser und legt Senfteige auf die Waden.
Alles, was gereicht wird, auch dünne Brühen, muß kalt sein und darf nur in geringer Menge gereicht werden. Zur Ernährung empfiehlt sich in solchen Fällen die von Liebig herrührende Vorschrift einer kalt bereiteten Fleischbrühe (s. Bouillon). Längere Zeit hindurch muß strenge Diät eingehalten werden; selbst wenn die Blutungen schon tagelang ausgesetzt haben, dürfen nur Brühen gereicht werden. In allen Fällen aber ist die schleunige Berufung ärztlicher Hilfe nötig. Um die Kräfte zu heben, müssen die Kranken in der Genesungszeit eine kräftige, dabei aber leichtverdauliche Nahrung genießen und lange Zeit hindurch jeden Exzeß vermeiden, namentlich sich vor geistigen Getränken wie vor allem, was den Magen im geringsten zu reizen im stande ist, möglichst hüten.