Blumen-
und
Früchtemalerei
, ein
Fach malerischer
Darstellung, wobei man das koloristisch Wirksame der
Erscheinung, das
in den Blumen und
Früchten liegt, zu vergegenwärtigen sucht. Der mannigfaltige
Reichtum der Pflanzenwelt, verschieden gestaltete
Gerätschaften,
Blumentöpfe,
Vasen,
[* 2] Korbgeflechte, Weingläser etc., dann als
Staffage
Vögel,
[* 3]
Schmetterlinge,
[* 4]
Käfer
[* 5] und
andre
Insekten,
[* 6] alles dies bietet ein reiches
Material für künstlerische
Komposition dar. Es ist hier aber namentlich
alle Überladung zu vermeiden und
Harmonie und
Kontrast der
Farben wohl zu berücksichtigen, damit ein schönes abgerundetes
Ganze entstehe. Zur Naturwahrheit der
Darstellung gehört insbesondere treue Wiedergabe der eigentümlichen
Textur der
Blüten
und
der
Blätter und
des so vielfache
Nüancen zeigenden
¶
mehr
Grüns der letztern, der charakteristischen Stellung derselben und
überhaupt richtiges Auffassen des ganzen Charakters der
Pflanzen, wobei aber nicht sowohl ängstlich treue Abbildung der Organe, Staubgefäße
[* 8] etc., auf welche es dem Botaniker ankommt,
als vielmehr Herstellung eines malerisch wirksamen Bildes zu erstreben ist. Wiewohl schon in der antiken Malerei Nachbildungen
von Früchten und Blumen vorkommen, so tritt doch die Blumenmalerei als besondere Gattung nur vereinzelt aus.
Der griechische Maler Pausias hat in ihr Ruhm erlangt. Ebensowenig kennt das Mittelalter dieselbe, und erst, nachdem in den Niederlanden
der Realismus der Ölmalerei zur Herrschaft gelangt war, begann sich allmählich eine Blumenmalerei zu bilden,
welche sich namentlich unter dem Einfluß der niederländischen Meister zu höchster Virtuosität entfaltete. Jan Brueghel,
R. Savery, Blumen-
und Früchtemalerei
van der Ast, Snyders, Fyt, Adriaenssen, D. Seghers sind die hervorragendsten derselben.
Von großer Bedeutsamkeit war das Wirken des Koloristen Jan Davidsz de Heem, an den sich eine große Anzahl von
holländischen und vlämischen Künstlern, C. de Heem, W. van Aelst, A. Mignon u. a., anreihen. Das 17. Jahrh. war die Blütezeit
dieser Malerei, doch ward auch im 18. noch Treffliches geleistet, namentlich von der Rachel Ruysch, und in Jan van Huysum, dem
»Phönix« der Blumen-
und Früchtemaler
, erstand noch ein Künstler, der, wenn seine Farbe auch die frühere
Klarheit und Tiefe vermissen läßt, doch an Feinheit der Ausführung alle seine Vorgänger übertrifft. In andern Ländern
brachte es diese Malerei zu geringerm Erfolg; namentlich in Italien,
[* 9] wo schon zu Anfang des 16. Jahrh. Giovanni da Udine wundervoll
stilisierte Blumen-
und Früchteornamente malte (Farnesina, Loggien des Vatikans), diente sie meistens
nur dekorativen Zwecken.
Die neuere Zeit sah die in großem Verfall, und die ihr zugewandten Künstler vom Ende des 18. und vom Anfang des 19. Jahrh.
sind mit Ausnahme weniger, wie Redouté, J. ^[Jan] van Dael, Saint-Jean, Saint-Pierre, Völcker, Preyer u. a., der
Vergessenheit anheimgefallen. Seit dem Beginn der 50er Jahre hat im Zusammenhang mit der wachsenden Herrschaft des Kolorismus
die Blumen-
und Früchtemalerei
wiederum einen bedeutenden Aufschwung genommen, in Belgien
[* 10] durch Robie, in Frankreich durch Vollon und Ph. Rousseau, in
Deutschland
[* 11] durch Th. und R. Grönland, namentlich aber durch die Thätigkeit von Künstlerinnen wie Anna
Peters, H. v. Preuschen, M. Hormuth-Kallmorgen, E. Hedinger u. a.,
welche Wahrheit der Charakteristik mit Reichtum und Kraft
[* 12] des Kolorits zu verbinden wissen.