Blüte
[* 2] nennt man in der
Botanik jedes Organ einer
Pflanze, das zur Hervorbringung echter Samen
[* 3] bestimmt ist. Da den
Kryptogamen echte Samen fehlen, so kann bei ihnen von einer Blüte
nicht die Rede sein. Nur den
Phanerogamen kommt diese Eigenschaft
zu, und man hat sie deshalb auch oft im Gegensatz zu den
Kryptogamen als
Blütenpflanzen bezeichnet. Die
Blüte
ist stets als ein
Sproß zu betrachten, dessen
Blätter, nach der Funktion, die ihnen zufällt, mehr oder weniger umgeändert
sind und gewöhnlich gedrängter zusammenstehen als an andern
Sprossen. An einer vollständigen Blüte
unterscheidet man vier
Arten von Blattorganen: die Kelchblätter, Blumenblätter,
Staubblätter und Fruchtblätter (s. Fig. 1). Da diese vier
Arten
von
Blättern in den meisten Fällen in
Kreisen angeordnet sind, so spricht man auch von Kelchblatt- (k), Blumenblatt- (b),
Staubblatt- (s), Fruchtblattkreisen (f).
Den
Kelch (calyx) und die
Blumenkrone (corolla) faßt man auch unter dem
Namen der
Blütenhülle (Perianthium)
zusammen.
Andröceum nennt man die Gesamtheit der
Staubblätter, Gynäceum die Gesamtheit der Fruchtblätter. Das Perianthium
kann einer Blüte
völlig fehlen, und außerdem kann auch entweder das
Andröceum oder das Gynäceum fortfallen.
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Je nach dem Vorhandensein oder Fehlen eines oder mehrerer jener vier Blattkreise unterscheidet man mehrere Arten von V. Sind
alle Blattformen ausgebildet, so heißt die Blüte
vollständig, fehlen dagegen eine oder mehrere davon, nennt man
sie unvollständig. Besteht das Perianthium aus gleichartigen Blattformen, so nennt man dasselbe auch Perigonium und
eine solche V. eine monochlamydeische oder Perigonblüte
im Gegensatz zu jenen, in denen das Perianthium aus Kelch und Blumenkrone
besteht, die als dichlamydeische bezeichnet werden.
Fehlt das Perianthium vollständig, so heißt die Blüte
nackt. Jede Blüte
, die zugleich Andröceum und Gynäceum besitzt, mag ein
Perianthium vorhanden sein oder nicht, heißt eine einbettige, monoklinische oder Zwitterblüte (^). Fehlt
dagegen entweder das Gynäceum oder das Andröceum, so nennt man die Blüte
eingeschlechtig zweibettig oder diklinisch und bezeichnet
die in denen bloß das Andröceum ausgebildet ist, als männliche (♂), diejenige dagegen, die nur ein Gynäceum besitzt,
als weibliche (♀). Außerdem unterscheidet man noch, je nachdem die männlichen oder weiblichen Organe
auf demselben oder auf zwei verschiedenen Individuen vorkommen, einhäusige und zweihäusige Blüte.
Kommen
an einer
Pflanze sowohl dikline wie monokline Blüte
vor, so nennt man sie vielehig oder polygamisch.
Die Ausbildung der einzelnen Blüte
nteile ist eine sehr mannigfaltige, und es beruhen auf den Verschiedenheiten,
die sich in der Zahl, der Form, der gegenseitigen Anordnung, dem Vorhandensein oder Fehlen der einzelnen Blattformen in der
Blüte
u.s.w. vorfinden, fast sämtliche systematischen Einteilungen der Phanerogamen in Familien, Gattungen und Arten. Das Linnésche
System nahm nur Rücksicht auf die Ausbildung des Andröecums und Gynäceums; die neuern sog.
natürlichen Systeme dagegen nehmen auch die Ausbildung der übrigen Blüte
nteile als Unterscheidungsmerkmale an, beschränken
sich aber fast ganz und gar auf die Blüte oder ziehen höchstens noch die Form der Blütenstände (s. d.)
mit in ihre Betrachtung. Aus diesem Grunde ist das Studium der ein so wichtiges für die systematische
Botanik geworden, und es hat sich infolgedessen eine sehr umfangreiche Terminologie der Blütenform ausgebildet.
Hinsichtlich des Perianthiums unterscheidet man je nach Anzahl und gegenseitiger Anordnung der dasselbe zusammensetzenden Blätter verschiedene
[Abb.: [* 4] Fig. 2 Bilduntertext: 1. Schematische Darstellung einer vollständigen Blüte. 8. Nackte Blüte (Eiche). 3. Röhrenförmig. 4. Becherförmig. 5. Trichterförmig. 6. Glockenförmig. 7. Krugförmig. 8. Tellerförmig. 9. Radförmig. 10. Lippenblume. 11. Rachenförmig. 12. Maskiert. 13. Zungenförmig. 14. Schmetterlingsblüte. 15. Blüte mit perigynischer Insertion. 12. Blüte um epigynischer Insertion. 12. Blüte mit hyogynischer Insertion. 13. Blattwinkelstäudige Blüte. 19. Endständige Blüte.] ¶
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Formen. Diese einzelnen Blätter können entweder miteinander verwachsen sein oder nicht. Im erstern Falle nennt man den Kelch oder die Blumenkrone verwachsen- oder einblätterig, im zweiten Falle getrennt- oder vielblätterig.
Ebenso wie die einzelnen Teile des Perianthiums verwachsen oder getrennt sein können, so ist dies auch der Fall bei den übrigen Teilen der Blüte, den Staubgefäßen oder Staubblättern und den Stempeln oder Fruchtblättern. In den meisten Fällen stehen die Staubblätter getrennt nebeneinander, und nur bei einigen wenigen Familien, wie z. B. bei den Leguminosen [* 6] und bei den Malvaceen, findet Verwachsung statt. Gewöhnlich verwachsen sie alle untereinander, seltener in zwei oder mehrere Partien; im erstern Falle heißen sie einbrüderig oder monadelphisch, im letztern je nach der Anzahl der Bündel, zu denen sie verwachsen, zwei- oder mehrbrüderig (di- oder polyadelphisch).
Auch kommt es vor, z. B. bei den Orchideen [* 7] und Aristolochiaceen, daß Andröceum und Gynäceum gegenseitig verwachsen, man spricht dann von mannweibigen oder gynandrischen Blüte. (Näheres über den Bau des Andröceums und Gynäceums s. Staubgefäße, [* 8] Staubbeutel und Gynäceum.) Sind die Blütenteile gleichmäßig nach allen Seiten hin ausgebildet, so heißt die Blüte regelmäßig oder aktinomorph. Hierher gehört die Mehrzahl der Blüte. Ist die Anordnung und Form der Blütenteile so beschaffen, daß man durch die ganze Blüte eine Ebene legen kann, auf deren beiden Seiten symmetrische Hälften der Blüte liegen, so nennt man dieselbe unregelmäßig oder zygomorph. Zu den aktinomorphen gehören z. B. die Blüte der Campanulaceen, Primulaceen u. s. w., zu den zygomorphen sind zu rechnen z. B. die Blüte der Labiaten, der Orchideen, Schmetterlingsblütler u. s. w.
Die äußere Gestalt der Blüte, die vorzugsweise durch die verschiedenartige Ausbildung des Perianthiums erzielt wird, zeichnet sich durch großen Formenreichtum aus. Die nackten Blüte sind sehr einfach gebaut; so besteht z. B. die Zwitterblüte der Esche nur aus einem Stempel und zwei Staubgefäßen (s. Fig. 2). In den meisten Fällen ist es die Blumenkrone, die den ein charakteristisches Aussehen giebt. Bei den regelmäßig gebauten Blüte unterscheidet man hinsichtlich der Blumenkrone je nach der Gestalt der letztern unter andern röhrige [* 5] (Fig. 3), becherförmige [* 5] (Fig. 4), trichterförmige [* 5] (Fig. 5), glockenförmige [* 5] (Fig. 6), krugförmige [* 5] (Fig. 7), tellerförmige [* 5] (Fig. 8), radförmige [* 5] (Fig. 9). Die genannten Formen gehören sämtlich den verwachsenblätterigen Blumenkronen an. Unter den zygomorphen Blüte sind die wichtigsten Formen der Blumenkrone bei den verwachsenblätterigen die Lippenblume [* 5] (Fig. 10), rachenförmig [* 5] (Fig. 11), maskiert [* 5] (Fig. 12), zungenförmig [* 5] (Fig. 13), bei den getrenntblätterigen die schmetterlingsförmige [* 5] (Fig. 14).
Außer diesen normalen Blattkreisen kommen in manchen auch noch Nebenkreise vor, so ist eine äußere Umhüllung des Kelchs, der sog. Außenkelch, [* 9] bei einigen Pflanzen vorhanden, z. B. bei der Erdbeere. In der Blumenkrone kommen nicht selten ebenfalls noch ein oder mehrere Blattkreise vor, die man in manchen Fällen als Nebenkrone bezeichnet, man findet eine solche bei den Arten der Gattungen Narcissus und Passiflora, hauptsächlich bei den letztern sehr schön ausgebildet.
Die Achse, an der alle diese Blattkreise sitzen, nennt man die Blütenachse, auch Blüten- oder Fruchtboden (torus, thalamus, receptaculum). Nach der Gestalt der Blütenachse und der Anfügung der Blütenteile unterscheidet man mehrere Formen. Ist der Blütenboden konvex, halbkugelig, kegel- oder walzenförmig und steht das Gynäceum auf der Spitze, sind die übrigen Blütenteile aber tiefer angefügt, so spricht man von unterweibigen oder hypogynischen Blüte (Fig. 17). Verbreitert sich dagegen die Blütenachse zu einer Scheibe, oder ist sie schwach becherförmig vertieft, sodaß also die Spitze, wo das Gynäceum steht, am Grunde des Bechers liegt, und sind außerdem die übrigen Blütenteile etwa in gleicher Höhe wie das Gynäceum eingefügt, so bezeichnet man die Blüte als umweibige oder perigynische [* 5] (Fig. 15). Wird die Vertiefung des Blütenbodens stärker, und stehen Perianthium und Andröceum am obern Rande der krug- oder trichterförmigen Vertiefung, also oberhalb des im Grunde der Vertiefung sich befindenden Gynäceums, so sind sie oberweibig oder epigynisch [* 5] (Fig. 16). Das Gynäceum bezeichnet man bei hypogynischen Blüte als oberständig, bei epigynen als unterständig.
Betreffs der Stellung der an den Achsen, an denen sie stehen, unterscheidet man zunächst Einzelblüten und solche, die zu Blütenständen vereinigt sind; die erstern sind Blüte, die direkt an einem laubblatttragenden Stengel [* 10] sich befinden. Steht die Einzelblüte (flos solitarius) seitlich an einem Stengel, so heißt sie seiten- oder auch blattwinkelständig [* 5] (Fig. 18), da sie in diesem Falle stets aus der Achsel eines Laubblattes entspringt; besitzt sie einen deutlichen Blütenstiel, so heißt sie gestielt; ist derselbe nur sehr kurz ausgebildet, so heißt sie sitzend. Schließt ein laubblatttragender Sproß mit einer ab, so heißt sie endständig, z. B. die Blüte von Paris [* 11] quadrifolia L. [* 5] (Fig. 19). –
Vgl. Schumann, Meine Untersuchungen über den Blütenanschluß (Lpz. 1890).
(Über die Bezeichnungen der Blutenstände s. den Artikel Blütenstand.) [* 12]