Blindheit
ist das Fehlen des Sehvermögens.
Absolute Blindheit
besteht dann, wenn jede Lichtempfindung erloschen ist.
Man pflegt jedoch auch solche
Personen blind zu nennen, die zwar noch Lichteindrücke wahrnehmen, aber
doch nicht mehr im stande sind, sich ohne fremde Hilfe zurechtzufinden. Die Blindheit
kann dadurch entstehen, daß
die von der Außenwelt kommenden
Lichtstrahlen nicht ins innere
Auge
[* 2] und durch die lichtbrechenden
Substanzen hindurch bis zur
Netzhaut gelangen und auf letzterer ein den Außendingen entsprechendes
Bild erzeugen können; so bei
angeborenem oder erworbenem Verschluß der
Augenlider, Verdeckung der Hornhaut durch einen undurchsichtigen
Überzug
(Augenfell),
Undurchsichtigkeit der Hornhaut selbst, angeborenem oder erworbenem Verschluß der
Pupille, Undurchsichtigkeit der Linse
[* 3]
(Grauer Star)
oder des
Glaskörpers.
Ferner kann Blindheit
entstehen, wenn die Netzhaut unempfindlich gegen die
Lichtstrahlen ist, oder der
Sehnerv die Erregungen
der Netzhaut nicht mehr zum
Gehirn
[* 4] fortleitet, oder letzteres erkrankt ist und keine Gesichtswahrnehmung vermittelt, so bei
Entzündungen der
Aderhaut oder der Netzhaut selbst, bei
Blutergüssen in die Netzhaut, bei mangelhafter Beschaffenheit des
die Netzhaut ernährenden
Blutes, bei
Absperrung der arteriellen Blutzufuhr (bei Pfropf- oder Embolusbildung in der Netzhautcentralarterie),
bei Netzhautablösung, bei Geschwulstbildungen im Innern des
Auges, bei
Lähmungen und Schwund des
Sehnerven
oder des den
Sehnerven aufnehmenden Gehirnteils.
Diese
Lähmungen selbst können wieder die verschiedensten
Ursachen haben, als z. B.
Entzündungen der Hirnhäute oder des
Gehirns,
Ansammlung von Flüssigkeit an der
Basis oder in den
Höhlen des
Gehirns, Druck von
Geschwülsten des
Gehirns
oder der Schädelknochen,
Blutergüsse und
Erweichung des
Gehirns u. s. w. Bisweilen kommt auch Blindheit
vor ohne nachweisbare anatom.
Störung; dieselbe tritt meist rasch ein und verschwindet nach kurzem Bestehen wieder, z. B.
im Verlaufe von Nierenleiden durch Überladung des
Blutes mit
Harnstoff. Ein
Beispiel sehr schnell vorübergehender Blindheit
ist
das Schwarzwerden vor den
Augen, das beim Beginn oder auch bei bloßer Anwandlung einer
Ohnmacht eintritt. Andauernde Blindheit
, die
ihren Sitz im nervösen
Teile des Sehapparats (Netzhaut,
Sehnerv,
Gehirn) hat, pflegte man früher als
Schwarzen
Star (s.
Star)
zu bezeichnen.
Ob eine
Erblindung Aussicht auf
Heilung bietet oder nicht, hängt ganz von der
Ursache der Erkrankung ab.
Die
Trübungen der Hornhaut können öfters gebessert, der Verschluß der
Pupille durch
Operation beseitigt, eine undurchsichtige
Linse
(Grauer Star, s.
Star) künstlich entfernt werden. Die im nervösen
Teile des Sehapparats begründete Blindheit
bietet nur dann
Aussicht auf
Heilung, wenn sie noch frisch ist, und wenn noch keine erheblichen anatom.
Veränderungen der betroffenen
Teile eingetreten sind.
Die bei manchen Formen des Grünen Stars (s. Glaukom) plötzlich eintretenden Erblindungen können in der Regel durch eine kleine beizeiten gemachte Operation schnell wieder gehoben werden. Tiefere Erkrankungen der nervösen Centralorgane, des Rückenmarks und Gehirns, komplizieren sich nicht allein, sondern beginnen auch zuweilen mit jener Form der Erblindung, die auf einem Schwund der Sehnerven beruht: so sind Erblindungen dieser Art nicht selten die Vorläufer schwerer, auch mit psychischen Störungen einhergehender Nervenleiden.
Über die Häufigkeit der Blindheit
schwanken die Angaben aus den verschiedenen
Ländern zwischen 5
(Holland) bis auf 21
(Finland)
auf je 10000 Bewohner. In
Deutschland
[* 5] rechnet man 8‒9
Blinde auf 10000, ebensoviele in England, wo nach der Zählung im J. 1881 unter
je 100
Blinden etwa 8 von
Geburt an blind waren. Eine 1884 in
Böhmen
[* 6] angestellte
Erhebung ergab unter je 100
Blinden: durch die
Blattern erblindet 7‒8, von
Geburt an (wahrscheinlich mit Einschluß der
Augenentzündung der Neugeborenen)
12‒13, durch Verletzungen 16, durch verschiedene
Krankheiten 64.
In den
Blindenanstalten, in denen vorwiegend nur jugendliche
Blinde vorhanden sind, entfällt etwa der 8.
Teil auf angeborene, der 4. bis 3.
Teil auf die durch die
Augenentzündung der Neugeborenen
verursachte Blindheit
–
Über die rechtlichen Folgen der Blindheit
s.
Blinde. –
Vgl. Fuchs,
[* 7] Die
Ursachen und die Verhütung
der Blindheit
(Wiesb. 1885);
Kerschbaumer, Die
Blinden des Herzogtums
Salzburg
[* 8] nebst Bemerkungen über die
Verbreitung und die
Ursachen
der Blindheit
im allgemeinen (ebd. 1886);
ders., Wie viele Blinde giebt es und kann es geben (Wien [* 9] 1886);
ders.,
Die Jugendblindheit
(Wiesb. 1886);
Magnus, Die Blindheit
, ihre Entstehung und Verhütung (Bresl. 1883).