Bleistifte
(Bleifedern,
Graphitstifte) wurden anfänglich aus dem im Übergangsthonschiefer zu
Borrowdale in
Cumberland
vorkommenden trefflichen
Graphit in der
Weise angefertigt, daß man das
Mineral mit
Sägen
[* 2] in dünne
Blätter zerteilte, diese
durch
Schleifen auf einer horizontalen
Scheibe glättete und dann in
Stifte zerschnitt,
welche in
Holz
[* 3] eingefaßt
wurden. Von diesen echten englischen Bleistiften
unterschied man früh die künstlichen, zu deren
Darstellung der Mangel an
so schönem
Graphit, wie ihn die genannten
Gruben lieferten, die Fabrikanten nötigte.
Aus den Abfällen der echten und aus erdigem und staubförmigem Graphit bereitete man mit Hilfe eines Bindemittels, wie Schwefel, Schwefelantimon, Leim, Gummi, Kolophonium etc., solide Massen, aus welchen unmittelbar die Stifte geformt oder nach dem Trocknen in Platten und Stäbchen geschnitten wurden. Gegenwärtig verwendet man als Bindemittel ausschließlich geschlämmten Thon, mischt denselben auf Mühlen [* 4] sehr sorgfältig mit dem geschlämmten Graphit und füllt die Masse in Cylinder, deren Bodenplatte mit Löchern versehen ist.
Indem nun ein Kolben unter starkem Druck in den Cylinder hineingetrieben wird, tritt die Masse aus der Bodenplatte in Form von Stäbchen aus, welche aus Brettern aufgefangen, getrocknet und bei völligem Abschluß der Luft je nach der gewünschten Härte stärker oder schwächer gebrannt werden. Zur Fassung der Graphitstäbchen dient jetzt sehr allgemein das Holz der virginischen Zeder (Juniperus virginiana), für geringere Sorten das westindische Zedern- oder Zuckerkistenholz von Cedrela odorata und für die billigsten heimisches Pappel-, Erlen-, Ahorn- oder Weißbuchenholz.
Aus diesen Hölzern werden die Fassungen dadurch hergestellt, daß man sie zuerst in dünne Brettchen zersägt, diese auf Hobelmaschinen [* 5] sauber abhobelt und durch kleine Kreissägen in entsprechend schmale Stäbchen zerschneidet, die zugleich an einer Seite mit der Nute versehen werden. Hierzu dient ebenfalls eine Kreissäge. Nach dem Einlegen der Graphitstäbchen wird die Nute durch ein schmales eingeleimtes Holzstäbchen verschlossen, wenn nicht, wie es neuerdings fast immer geschieht, die Fassungen durch Zusammenleimen zweier gleicher genuteter Stäbchen gebildet werden. -
Die ältern
Maler bedienten sich der
Stile, die sie aus
Italien
[* 6] erhielten, und welche nach
Beckmann wirklich aus
Blei
[* 7] bestanden,
nach andern aber nur wegen des bleifarbenen
Striches, den sie gaben, Bleistifte
genannt wurden. Jedenfalls kannte man im
Mittelalter
unsre Bleistifte
noch nicht, wenn auch die Benutzung des
Graphits zum Schreiben viel älter sein mag. Erst als 1664 die
Graphitgrube zu
Borrowdale entdeckt worden war, kam der Bleistift
[* 8] in seiner heutigen Form aus und fand alsbald solchen Beifall,
daß der englische
Zentner
Graphit mit 3360 Mk bezahlt wurde.
Diese englischen Bleistifte
wurden um 1680 in
Deutschland
[* 9] bekannt, und 1726
gab es in
Stein bei
Nürnberg
[* 10] bereits
Bleistiftmacher. Die junge
Industrie wurde von der bayrischen
Regierung in besondern
Schutz genommen; 1766 erteilte diese dem
Grafen Kronsfeld die
Konzession zur Errichtung einer Bleistiftfabrik in Zeltenbach. Inzwischen war aber das ursprüngliche
Material, obwohl die englische
Regierung eine Zeitlang die Ausfuhr des
Graphits bei
Todesstrafe verboten
hatte, sehr knapp geworden, und man bemühte sich vergebens, durch allerlei chemische
Prozesse und Mischungen eine brauchbare
Graphitmasse herzustellen. Epochemachend war daher die
Erfindung der noch jetzt gebräuchlichen Thonmischung, welche 1795 gleichzeitig
durch
Conté, einen der größten
Industriellen
Frankreichs (geb. 1755 zu St.-Cénery bei
Séez,
Orne; gest. 1805 in
Paris),
[* 11] und durch Hardtmuth in
Wien
[* 12] (gest. 1816) gemacht wurde. Die
Crayons-Conté erschienen bereits auf der ersten
¶
mehr
Industrieausstellung in Paris 1798 und fanden von Jahr zu Jahr weitere Verbreitung, so daß die Nürnberger Industrie, welche bei der alten Methode des Zersägens künstlicher Mischungen stehen geblieben war, nach und nach von der Konkurrenz völlig ausgeschlossen wurde und stark in Verfall geriet. Im J. 1816 errichtete die bayrische Regierung eine Fabrik in Obernzell bei Passau, [* 14] welche mit verbesserten Maschinen und zweckmäßigen Mischungen nach dem Verfahren von Conté arbeitete und so eine Pflanzschule guter Arbeiter wurde.
Diese Fabrik ging 1821 in die Hände der Gebrüder Rehbach über und ward 1836 nach Regensburg
[* 15] verlegt. Aber auch in Nürnberg
fand ein Umschwung statt, indem Lothar Faber in seiner 1760 von Kaspar Faber in Stein gegründeten Fabrik das
neue Verfahren einführte und das Etablissement zu einer Musteranstalt erhob, an welche sich die gesamte Bleistiftfabrikation
Bayerns und Deutschlands
[* 16] anlehnte. Seitdem behauptet Deutschland in der Bleistiftfabrikation unbestritten den ersten Rang, zumal
sich Faber das vorzüglichste Material, welches in der neuern Zeit (1847) bekannt geworden ist, den sibirischen
Alibertgraphit, zu sichern wußte. Nürnberg besitzt gegen 26 Bleistiftfabriken, welche mit etwa 5500 Arbeitern jährlich
gegen 250 Mill. Bleistifte
im Wert von etwa 8,400,000 Mk. produzieren. Nächst Bayern
[* 17] liefern Frankreich und Österreich
[* 18] die meisten
und besten Bleistifte
, während die englische Industrie im ganzen nicht mehr viel bedeutet.
Mit der Fabrikation der Bleistifte
ist die der farbigen Stifte, der Rot-, Blau-, Schwarz- und Pastellstifte, verbunden, welche zum Teil
wie Bleistifte
hergestellt werden, nur daß statt des Graphits verschiedene Farbekörper, wie Blutstein, Ruß, Zinnober,
[* 19] Berliner Blau,
[* 20] Ultramarin, Grünerde etc., und statt des Thons oft andre Klebemittel (Leim, Gummi arabikum, Hausenblase etc.)
zur Anwendung kommen, in welchem Fall natürlich das Brennen wegfällt. Sortimente von Pastellstiften (s. Pastellfarben) sind
als Creta polycolor (vielfarbige Kreide)
[* 21] im Handel. Durch Zusatz von Anilinfarben zu einer Mischung von Graphit und Thon werden
die sogen. Tintenstifte erzeugt, deren Schrift durch Anfeuchten mittels eines nassen Löschblattes wie
Tinte in das Papier zieht.