Blei
[* 2] (Plumbum; chem. Zeichen oder
Symbol =
Pb;
Atomgewicht = 207), von den ältern Chemikern
Saturnus (♄) genannt, eins
der am häufigsten vorkommenden Metalle und nächst dem Zinn und Kupfer
[* 3] am längsten bekannt. Die
Römer
[* 4] fertigten
Röhren
[* 5] zu Wasserleitungen aus und
Plinius erwähnt schon, daß man Blei
nicht ohne Zinn löten könne.
Gediegen
findet sich das Blei
nur selten, so bei
Alston
Moor in
Cumberland im Kalkstein, im
Goldsande am
Ural und
Altai, auf Erzlagern bei
Pajsberg in Wermland, in Höhlungen des
Meteoreisens von
Tarapaca in
Chile.
[* 6] Meist findet sich das an Schwefel gebunden im
Bleiglanz
(s. d.); außerdem kommt es vor als
Weißbleierz
[* 7] (s. d.) oder
Cerussit, als
Grün- oder
Braunbleierz oder
Pyromorphit (s. d.),
als
Krokoit oder Rotbleierz
(s. d.), als
Anglesit (s. d.) und als
Gelbbleierz (s. d.).
Das reine Blei
, welches durch Zusammenschmelzen von reinem
Bleioxyd mit
Kohle gewonnen wird, ist ein bläulichgraues, stark glänzendes
Metall, färbt ab und zeichnet sich durch Weichheit und
Biegsamkeit aus, weshalb es einen ziemlich hohen
Grad von Dehnbarkeit, aber nur geringe absolute Festigkeit
[* 8] besitzt. Das
specifische Gewicht des raffinierten Blei
ist 11,37,
das des gegossenen 11,352 und das des gewalzten 11,358. Das Blei
gehört zu den leichtflüssigen Metallen, es schmilzt
schon bei 332° und destilliert bei Weißglut (gegen 1700°). Es läßt sich nur schwierig feilen, indem
die Feilspäne ihrer Weichheit wegen die Vertiefungen der
Feile
[* 9] verstopfen.
An der Luft überzieht es sich langsam mit einem Oxydhäutchen; schneller bildet sich beim Schmelzen eine Decke [* 10] von grauem Suboxyd (Bleiasche, Bleikrätze), das durch längeres Glühen erst in gelbes, dann in rotes Bleioxyd oder Mennige (s. d.) übergeht. Blei ist ein Metall von großer technischer Wichtigkeit. Man benutzt es zu Röhren, Platten, zu Bleifolie, zu Pfannen und Kammern zur Schwefelsäurefabrikation, zur Schrot- und Kugelfabrikation, zu Bleimantelgeschossen für gezogene Geschützrohre, zu elektrischen Leitungen (s. Bleikabel), zu Plomben, zu Buchdruckertypen, bei gewissen, auf die Gold- und Silbergewinnung [* 11] bezüglichen Hüttenprozessen sowie zur Darstellung verschiedener technisch wichtiger Präparate, Legierungen u. s. w. In der Heilkunde wird Blei vielfach in Form von Bleipflaster, Bleisalbe, Bleiwasser u. s. w. als äußerlich anzuwendendes Mittel benutzt.
Alle Bleiverbindungen wirken als heftige Gifte auf den Organismus, es ist daher Vorsicht bei der Verwendung von bleiernen oder Blei enthaltenden Gegenständen geboten (s. Bleivergiftung). Mit Bleiglasur versehene irdene Töpfe sollten nie zur Bereitung von Speisen dienen, weil die in den Nahrungsmitteln enthaltenen oder denselben zugesetzten Säuren (Essig) die Glasuren auflösen. Der Gebrauch von bleiernen Wasserleitungsröhren (s. Bleiröhren) kann gefährlich werden, aber nur dann, wenn das Wasser sehr weich ist.
In den Bleiverbindungen fungiert das Blei als zwei- und vierwertiges Element (s. Bleiamalgam, Bleicarbonat, Bleichlorid, Bleichromat, Bleijodid, Bleinitrat, Bleioxychlorid, Bleioxyd, Bleisuboxyd, Bleisulfat, Bleisulfid, Bleisuperoxyd, Bleizucker, Mennige).
Für die Gewinnung des Blei im großen ist das bei weitem wichtigste Erz der Bleiglanz (s. d.), der je nach seiner Reinheit auf verschiedene Weise verarbeitet wird. Zumeist geht der Verhüttung eine Konzentration des Bleigehalts im Erze auf mechan. Wege vorher. (S. Aufbereitung.) Die Verhüttung des Bleiglanzes richtet sich nach der Beschaffenheit und Menge der unhaltigen Beimengungen. Sie erfolgt durch Röstarbeit, Röstreduktionsarbeit oder durch Niederschlagsarbeit.
Das Röstverfahren, das Erze mit quarzarmer Gangart voraussetzt, beruht darauf, daß durch Erhitzen von Bleiglanz bei Luftzutritt ein Teil sich in Oxyd und Sulfat umwandelt, und daß aus deren Stoffen und dem noch unveränderten Bleiglanz bei gesteigertem Erhitzen (Reaktionsperiode) unter Entwicklung von schwefliger Säure metallisches Blei resultiert. Der nach dem Abfließen des Blei verbleibende oxydhaltige Rückstand wird durch Kohle reduziert (Rückstandsperiode).
Man unterscheidet verschiedene Röstverfahren. Bei dem Kärntner Prozeß wird langsam und bei niedriger Temperatur geröstet, bei dem englischen Verfahren wird rasch und höher in größern Flammöfen erhitzt. Die belgische und oberschlesische Methode ist eine Vereinigung der beiden vorhergehenden. Der Röstreduktionsmethode (Zugutemachung) werden Bleiglanze unterworfen, die viel fremde Schwefelmetalle oder quarzreiche Gangart enthalten. Durch das Rösten wird der Schwefel teilweise verflüchtigt, und gleichzeitig bilden sich Metalloxyd und schwefelsaure Salze.
Die geröstete Masse wird dann unter Zusatz von Schlacken zur Aufnahme der Erden und Metalloxyde und unter Zusatz von Kohle einer reduzierenden Schmelzung unterworfen. Hierdurch entsteht aus Bleioxyd metallisches Blei; aus den schwefelsauren Salzen bilden sich Schwefelmetalle (Bleistein). – Unter Niederschlagsarbeit versteht man die Zerlegung des Bleiglanzes durch Eisen [* 12] oder eisenhaltige Materialien. Es bildet sich hierbei neben Schlacken und Bleistein metallisches Blei. Wegen der unvollkommenen Gewinnung des und wegen verhältnismäßig hoher Betriebskosten wird dies Verfahren nur noch selten angewandt.
Das nach obigen Methoden in Flamm- und Schachtöfen erhaltene Blei (Werkblei) enthält meist noch Antimon, Arsen, Kupfer, Zink, Eisen, Silber u. s. w. und muß deshalb gereinigt werden. Oft genügt nur ein einfaches Umschmelzen bei niederer Temperatur zur Beseitigung der Nebenbestandteile; das leichtflüssige Blei saigert aus, während eine kupfer-, zink- und eisenreichere Bleilegierung obenauf schwimmt (Gekrätz, Schlicker) und abgezogen werden kann. Unreineres aber muß in Flammöfen eingeschmolzen und vermittelst Zuführung von Luft oder Einführung von überhitztem Wasserdampf oder auch Umrühren mit oxydierenden Substanzen, wie Bleiglätte, Salpeter u. s. w., gereinigt werden. Bei dieser Art der Reinigung werden teils durch Verflüchtigung, teils durch Überführung in abziehbare Gekrätze oder Schlicker alle Beimengungen außer Silber abgeschieden. Über die Abtrennung des letztern s. Silber, über die elektrolytische Gewinnung und Reinigung von Blei s. Elektrometallurgie. [* 13]
An der Spitze der Bleiproduktion stehen gegenwärtig die Vereinigten Staaten [* 14] von Amerika [* 15] mit jährlich etwa 210000 t; der Hauptort für die dortige ¶
mehr
Bleigewinnung ist Leadville in Colorado. 1830 betrug die nordamerik. Produktion erst 7600 t, 1870 auch nur erst 17200 t, um von da ab rasch zu steigen. Sehr reich an Bleierzen ist Spanien [* 17] (der Distrikt Linares in der Provinz Jaén wurde schon von den Karthagern und Römern abgebaut); ein sehr erheblicher Teil dieser Erze wird aber nicht in Spanien selbst verarbeitet, sondern vorzugsweise nach England und Deutschland [* 18] ausgeführt. Über die Bleierzgewinnung der ganzen Erde schwanken die Angaben sehr bedeutend.
Für 1892 wird dieselbe anzunehmen sein zu etwa 920000 t im Werte von etwa 96 Mill. M. Davon entfallen auf Europa [* 19] 670000 t, auf Amerika 220000 t, der Rest auf die übrigen Erdteile. Deutschland produzierte 1892 auf 65 Haupt- und 50 Nebenbetrieben mit 14500 Arbeitern 163372 t Bleierze im Werte von 14,7 Mill. M. und zwar in Rheinland,Westfalen, Schlesien, [* 20] Nassau, im Harz und im sächs. Erzgebirge. – Die Gewinnung von metallischem Blei ist 1892 für Europa zu etwa 310000 t, für ganz Amerika zu 210000 t, für die übrigen Erdteile zu 10000 t anzunehmen, sodaß die Produktion der Erde etwa 530000 t im Werte von rund 120 Mill. M. beträgt. In Europa stellte sich die Gewinnung von Rohblei in Deutschland auf 101404 t (Wert 21,4 Mill. M.), in Spanien etwa 98000 t, Großbritannien [* 21] 42000 t, Belgien [* 22] 12500 t, Frankreich 8200 t, Italien [* 23] 21000 t, Österreich-Ungarn [* 24] 15200 t, Rußland 3600 t, Griechenland [* 25] und Schweden [* 26] etwa je 1000 t.
In Deutschland waren mit der Verhüttung von Blei 14 Haupt- und Nebenbetriebe mit über 3000 Arbeitern beschäftigt und zwar in Stolberg [* 27] und Mechernich (beide bei Aachen), [* 28] Düsseldorf, [* 29] Freiberg, [* 30] im Harz und in Oberschlesien. – Die Ausfuhr von rohem Blei (inkl. Bruchblei und Bleiabfällen) aus dem Deutschen Reiche hat sich in den letzten 10 Jahren vermindert, sie betrug 1880 noch 45419 t, 1885: 41123 t, 1889: 32780 t, 1892: 25660 t. Dagegen zeigte die Einfuhr von Blei eine Zunahme; sie betrug 1890: 12766 t, 1892: 17501 t.
Die Durchschnittspreise für Blei auf den verschiedenen deutschen Plätzen betrugen pro 100 kg: 1882: 28,20, 1883: 25,22, 1884: 21,76, 1885: 22,51, 1886: 26,07, 1867: 25,26, 1888: 27,73, 1889: 26,37, 1890: 27,17, 1891: 25,62, 1892: 26,5 M.