Titel
Blechbearb
eitung
[* 2] umfaßt alle bei der Herstellung von Gebrauchsgegenständen aus Blech (s. d.) vorkommenden und insonderheit von dem Klempner (s. d.) und Kupferschmied (s. d.) geübten Arbeitsverfahren. Dieselbe zerfällt im allgemeinen in vier Teile:
1) Das Zuschneiden des Rohbleches, d. i. die Zerteilung desselben nach Maßgabe von Form und Größe des herzustellenden Gegenstandes, das, da es sich meist um die Herstellung von Hohlkörpern bestimmter geometr. Form handelt, seitens des Arbeiters sowohl eine gewisse Kenntnis der darstellenden Geometrie als auch ökonom. Sinn erfordert, um die Ausnutzung des Rohbleches durch passende Verteilung der abzutrennenden Flächenstücke nach Möglichkeit zu fördern und den Abfall zu beschränken.
Schablonen aus Blech oder Pappe können bei der Herstellung von Massenartikeln hier mit Vorteil benutzt werden. Je nach der Stärke [* 3] und Art des Bleches erfolgt das Zuschneiden mit Hilfe der Schere, [* 4] des Reißers oder des Meißels. Für das Ausschneiden in sich geschlossener Durchbrechungen bildet der geradschneidige Meißel [* 5] (Scharfmeißel) das allgemeinste Hilfsmittel. Bei geringer Größe der Durchbrechungen und bestimmter, oft wiederkehrender Gestalt derselben (z. B. der Kreisform) finden auch Meißel Anwendung, deren Schneidelinie die geforderte Gestalt besitzt (Durchschlag, Hauer).– 2) Die Formgebung der Teilstücke richtet sich insbesondere nach der Gestalt der herzustellenden Gegenstände.
Unebene, flattrige Blechtafeln werden durch Überhämmern auf dem Amboß (Spannen) zu völlig ebenen, starren Platten umgebildet; cylindrische Körper über einer Rundeisenstange oder dem kegelförmigen Arm des Sperrhorns (s. d.) gebogen; die Kanten prismatischer Körper durch Umbiegen (Abkanten) des Bleches auf dem Umschlageisen (s. d.) vorgebildet und durch Hämmern zu der erforderlichen Schärfe ausgearbeitet. Zum Aufbiegen eines schmalen Randes oder Bordes (Bördels) am Umfang ¶
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bogenförmig begrenzter Blechstücke findet das Bördeleisen (s. d.) Anwendung. Komplizierte Körperformen werden durch Treiben
(s. d.), Schweifen (s. d.), Auf- und Einziehen erhalten, Arbeiten, die eine große Geschicklichkeit des Arbeiters erfordern,
und bei denen Stock, Liegamboß, Schweifstock, Horn und Pfaff sowie eine Reihe verschiedener Hämmer mit kugeliger, ballenförmiger
oder cylindrischer Bahn, die Treib-, Teller-, Schweif- und Siekenhämmer (s. Sieken) ausgedehnte Verwendung
finden. – 3) Die Verbindung der geformten Stücke erfolgt bei der Blechbearb
eitung entweder durch Nieten (s. Niet), Falzen (s. d.)
oder Löten (s. d.) mit Zinn- und Schlaglot.
Von diesen Verbindungsarten findet das Falzen bei allen Blecharten Anwendung, während das Nieten vorzugsweise bei Schwarzblech,
das Weichlöten bei Weißblech, Zink-, Messing- und Neusilberblech, das Hartlöten bei Kupferblech in Gebrauch steht. Niet-,
Falz- und Hartlotnähte sind feuerfeste Verbindungen und werden daher stets da angewendet, wo der gefertigte Gegenstand höhern
Temperaturen ausgesetzt werden soll, wie z. B. bei Kochgefäßen und Einrichtungen für
Feuerungs- und Heizanlagen. – 4) Die Schlußarbeiten bestehen bei der Blechbearb
eitung im
Verputzen der Lötnähte sowie dem Polieren, Reinigen und Putzen der fertigen Arbeitsstücke. Solchen aus Schwarzblech wird
zuweilen durch Schwärzen mit Graphit eine gleichförmige Färbung gegeben, Gegenstände aus Weiß- und Zinkblech werden nicht
selten durch Lackieren verschönt.
In neuerer Zeit hat die Blechbearb
eitung insofern einen großen Umschwung erfahren, als die Handarbeit nach amerik.
Vorbild gegenwärtig in allen ihren Teilen durch (Einführung der mechanischen Blechbearb
eitung sehr zurückgedrängt worden ist. Zur Zeit
werden Blechbearb
eitungsmaschinen verwendet, die nicht nur rascher und müheloser zum Ziele führen, sondern auch, ohne an
die Geschicklichkeit des Arbeiters größere Anforderungen zu stellen, der Ausführung der Arbeit Vollkommenheit
sichern. Die alten Verfahrungsweisen des Treibens, Schweifens, Einziehens u. s. w. sind in der mechanischen Blechbearb
eitung durch
die einfachern Verfahren des Drückens, Prägens, Stanzens u. s. w. mit Vorteil ersetzt worden, während für die Ausführung
der in ihren Grundzügen nicht geänderten Arbeiten des Schneidens, Biegens, Kantens, Bördelns (s. d.), Siekens (s. d.)
u. s. w. geeignete Maschinenanordnungen erdacht worden sind, die in Bezug auf Güte und Größe der Leistung die Handarbeit
bei weitem übertreffen.
Die Zerteilung oder das Zuschneiden des Bleches, dessen richtige Ausführung die Grundbedingung für das Gelingen aller übrigen
Arbeiten bildet, erfolgt in der mechanischen Blechbearb
eitung mittels Scheren
[* 7] und Schnitten. Je nachdem
die erstern zum Schneiden gerader Kanten oder zur Ausführung bogenförmiger Schnitte dienen, unterscheidet man Tafel- oder
Schlagscheren und Kreisscheren. Die Tafelschere für dünnere Bleche besitzt, wie dies
[* 6]
Fig. 6 der Tafel: Blechbearbeitung
smaschinen
erkennen läßt, ein festes und ein bewegliches Scherenblatt (a und b). Das letztere, bei Handbetrieb durch einen Hebel,
[* 8] einen Fußtritt oder eine Kurbel,
[* 9] bei Kraftbetrieb von einer Transmission
[* 10] aus bewegt, schwingt entweder um eine feste Drehachse
(c), Hebelschere, oder erhält eine Parallelbewegung, Parallel- oder Guillotinenschere.
Das zu zerteilende Blech ist während des Schneidens von einem Tisch (d) gestützt und gegen einen die Lage der Schnittlinie bestimmenden und deshalb verstellbaren Anschlag (e) gestoßen. Je nach der Messerlänge und der Stärke des Baues trennen derartige Scheren bei einem Schnitt oder Schlag Eisenbleche von 265 bis 2250 mm Länge und bis 5 mm Dicke. Für die Zerteilung starker Bleche, Flacheisen und Rundeisen (bis 20 mm Durchmesser) finden Hebelscheren mit doppelter Übersetzung und kurzen Blättern, ohne Tisch (s. Fig. 1) in den Schwarzblechklempnereien, Schlossereien u. s. w. mit Vorteil Anwendung. – Das Ausschneiden kreisförmiger Scheiben (Böden) von etwa 40 bis 1000 mm Durchmesser erfolgt mit Hilfe von Kreisscheren [* 6] (Fig. 4). Zwei kreisförmige am Rande zugeschärfte Scheiben bilden hier die Scherenblätter, die an den Enden zweier, meist unter einem spitzen Winkel [* 11] gegeneinander gerichteten Achsen befestigt sind und sich mit den Schneiden berühren.
Die Blechtafel wird im Mittelpunkt der abzutrennenden Kreisscheibe durch einen Körner erfaßt, der am offenen Ende des Bügels gelagert ist und so gegen die Scherenblätter gestellt wird, daß diese die herzustellende Schnittlinie berühren, worauf durch Drehung der Scherenachsen die Abtrennung des Bodens erfolgt. Durch besondere Einrichtung der Einspannvorrichtung oder durch Benutzung einer ebenen Führungsplatte zur Leitung des Bleches, kann die Kreisschere auch zum Schneiden ovaler Scheiben und gerader Streifen brauchbar gemacht werden.
Für das Ausschneiden von Böden aus großen Blechtafeln, deren Drehung unmöglich ist, werden Kreisscheren benutzt, deren Scherenblätter während der Drehung der den Boden begrenzenden Schnittlinie entlang fortgeführt werden. – Schnitte, Schnittstanzen oder Durchschnitte (s. auch Lochmaschine) [* 12] finden in der Blechindustrie insbesondere beim Ausschneiden kleiner, verschieden gestalteter Blechscheiben oder Zierstreifen Anwendung, wie sie bei der Massenfabrikation mancher Gegenstände, wie Büchsen, Blechspielwaren, Lampenteile u. dgl. verarbeitet werden.
Nicht selten schließt sich hierbei an das Ausschneiden des Rohstücks sofort dessen Ausgestaltung zu dem Gebrauchsgegenstand durch Pressen, Prägen oder Ziehen an. Die Einrichtung der Schnittstanzen deckt sich daher auch in vielen Fällen mit derjenigen der Präg- und Ziehpressen; als Beispiel s. Fig. 10, die eine Schraubenpresse mit Reibungsantrieb darstellt. Diese Bauart erweist sich insbesondere für die Ausführung solcher größerer Präg- und Stanzarbeiten aus Kupfer, [* 13] Messing und Zink geeignet, die sonst mit Hilfe des Fallwerks (s. d.) hergestellt werden. Am untern Ende des mit der Schraubenspindel a verbundenen, senkrecht geführten Schlittens b ist die Oberstanze eingespannt.
Ihr gegenüber liegt auf dem Tisch c des Gerüstes die Unterstanze oder Matrize. Das am obern Spindelende sitzende, am Umfang cylindrisch abgedrehte und belederte Schwungrad d bildet mit den beiden Scheiben e und f, die mit der Antriebwelle g verschiebbar sind, ein Reibungsgetriebe, durch das bei stetiger Drehung der Welle der Preßspindel abwechselnd eine Rechts- und Linksdrehung erteilt wird, je nachdem der Arbeiter mittels des Steuerhebels h die eine oder die andere der beiden Scheiben e und f gegen das Schwungrad preßt. – Zum Stanzen kleiner, flacher Gegenstände sind Handschraubenpressen (s. Balancierpresse), [* 14] für tiefere, wie z. B. Patronenhülsen, Excenterpressen mit Elementarkraftbetrieb, sog. Kraftziehpressen in Anwendung, ¶
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deren Bauart [* 2] Fig. 8 veranschaulicht. Der Prägstempel a ist in der Prismenführung b geführt und wird von der Antriebwelle c aus unter Vermittelung des Radvorgeleges d e und der Excenterwelle f bewegt. Die Gegenform des Stempels ruht auf dem mittels des Schraubengetriebes g verstellbaren Tisch h. Ein von der Vorgelegswelle aus betriebenes Hebelwerk i dient zum selbstthätigen Auswerfen der fertigen Wertstücke. – Das Drücken des Bleches, das insbesondere zur Herstellung von Hohlkörpern mit kreisförmigem oder ovalem Querschnitt dient, hält bezüglich seiner Ausführung die Mitte zwischen dem Prägen und Treiben, indem bei demselben die Formänderung statt wie bei dem letztern durch eine Anzahl dicht aneinander gesetzter Schläge, durch einen Druck hervorgebracht wird, der, nach einer Schraubenlinie fortschreitend, das Arbeitsstück an eine Holz- oder Metallform (Drückfutter) anschmiegt.
Futter und Arbeitsstück sind hierbei an der rasch umlaufenden Spindel einer Drehbank [* 16] (Drückbank) befestigt; zur Druckausübung dient ein am Arbeitsende verstählter und ballenförmig oder hornartig gestalteter Eisenstab (Drückstahl), den der «Drücker» mit den Händen faßt und, durch die Auflage der Drehbank unterstützt, gegen das gefettete Arbeitsstück führt. – Für die Herstellung von Falzen, Gesimsprofilen, scharfen, stumpfen und rundlichen Abbiegungen an Blechtafeln bis zu 2 m Länge bietet die Abbiegemaschine, auch Abkante- oder Falzmaschine genannt, ein treffliches Hilfsmittel.
Die Hauptteile dieser Maschine [* 17] bilden drei an den Kanten gerade gehobelte Eisenwangen [* 2] (Fig. 3), die so angeordnet sind, daß die beiden Spannwangen a, b übereinander, die Biegwange c und Spannwange b aber nebeneinander liegen. Die Spannwangen fassen das abzubiegende Blech zangenartig und werden durch den Druck zweier Excenter [* 18] e geschlossen. Eine verstellbare Anschlagschiene d bestimmt die Kantbreite. Die Biegwange ist um ihre obere, der Wange b zunächst liegende Arbeitskante drehbar und biegt bei der Drehung aus der Stellung c in die Stellung c' das von den Spannwangen gehaltene Blech um die Arbeitskante der Wange a winkelförmig ab. Der Abstand der Biegwangenkante von den Spannwangen bestimmt die Schärfe der Abkantung, sodaß durch die Vergrößerung desselben rundliche Abbiegungen erhalten werden.
Die Maschinen sind teils liegend, teils stehend angeordnet, letzteres, insbesondere die größten, für die Verarbeitung
von Eisenblechtafeln bis 2 m Länge und 3 mm Dicke bestimmt. – Nächst diesen, für die Herstellung kantiger
Biegungen bestimmten Maschinen bilden die zum Runden des Bleches, zum Zweck der Herstellung von Röhren
[* 19] verschiedener Weite
bestimmten Rundmaschinen eine der Hauptarten von Blechbearbeitung
smaschinen. In der durch
[* 2]
Fig. 9 veranschaulichten
Bauart sind derartige Maschinen zum Runden von Blechen bis 10 mm Dicke und 4 m Länge geeignet.
Das Biegen erfolgt mittels dreier cylindrischer Walzen, von denen, wie dies [* 2] Fig. 7 zeigt, die beiden Transportwalzen a und b übereinander liegen und durch zwei Zahnräder so verbunden sind, daß sie bei der Drehung in verschiedenem Sinne umlaufen. Die dritte Walze c, die Biegwalze, ist hinter den erstgenannten Walzen gelagert und kann in einem Führungsschlitz des Gestelles durch Excenter oder Schrauben [* 20] hoch und tief gestellt werden. Sie bestimmt die Krümmung des gebogenen Bleches derart, daß der höchsten Stellung der kleinste Krümmungshalbmesser, also das engste Rohr, entspricht. Um bis zum Schluß der Rundung gebogene Röhren aus der Maschine entfernen zu können, ist die obere Transportwalze so gelagert, daß sie ohne Schwierigkeit aus einem ihrer Lager [* 21] ausgehoben und dann das fertige Rohr von ihr abgezogen werden kann. Um auch solche Bleche runden zu können, an deren Rand sich eine Drahteinlage oder ein Hohlumschlag befindet, sind an dem einen Ende der Walzen verschieden weite Drahtnuten eingedreht. – Die Maschinen zum Sieken, Bördeln, Drahteinlegen und Prägen von fortlaufenden Simsstreifen, die in der mechan. Bearbeitung des Bleches eine hervorragende Bedeutung besitzen, sind Walzwerke, deren Walzen an den über das stützende Gerüst hinausragenden Enden Kaliber tragen, die den verschiedenen Arbeiten entsprechend gestaltet sind.
Durch Auswechselung der kalibrierten Walzenteile wird ein solches Walzwerk, [* 22] wie es [* 2] Fig. 2 der Tafel veranschaulicht, für die vielseitigste Verwendung geeignet. Um jedoch in größern Werkstätten die möglichst rasche Verwendbarkeit der Maschine zu sichern, pflegt man für die Hauptarbeiten besondere Maschinen aufzustellen, die dann ihrer Verwendung entsprechend als Siekenmaschinen, Bördelmaschinen, Gesimsmaschinen u. s.w. bezeichnet werden. Das vordere Lager der obern Walze dieser Maschinen ist in der Höhenrichtung verstellbar, um nach Bedarf das Kaliber der sog. Façonwalzen zu öffnen oder zu schließen, sodaß auch geschlossene Rohre auf der Maschine bearbeitet werden können, sobald der Rohrdurchmesser größer als der Kaliberwalzendurchmesser ist.
Eine Führungsplatte, die in verschieden großem Abstand von den Kalibern eingestellt werden kann, dient
in besondern Fällen zur sichern Führung des Arbeitsstückes. In andern Fällen, wie beim Bördeln und Vornehmen, welche Arbeiten
die beistehenden
[* 2]
Fig. 1 und 2 veranschaulichen, fällt die Führung allein der Hand
[* 23] des Arbeiters zu. Besonders große Gesimsmaschinen,
die zuweilen auch für Motorenbetrieb eingerichtet sind, werden zur Herstellung breiter Simsstreifen
aus Zinkblech zum Schmuck von Bauwerken verwendet. Zur Formung gerader Streifen dieser Art stehen in den Bauklempnereien auch
Ziehbänke
[* 2]
(Fig. 5) in Gebrauch, die mit Riemenzug, Kettenzug, Zahnstange oder Schraubenspindel
sowie für Hand- oder Motorenbetrieb eingerichtet sind. Das «Zieheisen» derselben
wird aus zwei in der Regel aus Zink gegossenen Ziehbacken gebildet, die übereinander stehen und an den
gegeneinander gerichteten Arbeitsseiten, dem herzustellenden Simsquerschnitt entsprechend, profiliert sind, sodaß sie dem
auf der Abbiegmaschine
vorbereiteten Arbeitsstück beim Durchzug die genaue Endform zu erteilen vermögen.